70. Unerwartet
70. UNERWARTET
Snapes Gesicht war niemals kälter und stiller gewesen als in diesem Moment. Die schwarzen Augen so, so endlos.
Emily war sich nicht mehr sicher, ob Snape wütend war und schon längst jenseits aller Vernunft. Das erste Mal an diesem Abend spürte sie wirkliche Angst um ihr Leben, so, so tief in ihren Knochen. Zum ersten Mal bezweifelte sie den Sinn ihrer Aktion.
Snape war ein ausgebildeter Todesser, die rechte Hand Voldemorts. Wie hatten sie denken können, dass sie ausgerechnet Snape überlisten konnten?
Ohne ein weiteres Wort ging Snape an Ginny und Emily vorbei zu seinem Schreibtisch. Achtlos warf er das Schwert auf den Tisch, der dumpfe Aufprall auf dem alten Holz ging Emily durch Mark und Bein. Snape ließ sich auf den Stuhl hinter dem Schreibtisch fallen. "Näher treten", befahl er. Selbst seine Stimme war eisig.
Für einen winzigen Moment überlegte Emily, ob sie durch die geöffnete Tür entkommen konnte. Aber sie waren immer noch gefesselt. Von Ginnys Händen tropfte das Blut auf den Boden. Emilys Knie zitterten und sie hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt noch rennen konnte. Lieber biss sie auf den Schal, ein verzweifelter Versuch, die Entdeckung noch einen Moment hinauszuzögern.
Auch wenn ein genauer Blick Snapes auf ihre Augen, ihm nur allzu sehr verraten würde, wer da vor ihm stand. Doch sie reckte nur den Kopf und trat vor den Schreibtisch.
Ginny schien zu einem ähnlichen Entschluss gekommen zu sein, denn auch sie trat vor Snapes Schreibtisch.
Zwei Verurteilte, vor dem Richter.
Snape hob seinen Zauberstab und richtete ihn auf die beiden. Vielleicht doch eher ein Henker, schoss es Emily durch den Kopf, bevor ein Lichtblitz die beiden umhüllte. Unsichtbare Hände rissen ihnen Schal und Mütze vom Kopf. Der Stoff peitschte gegen Emilys Wange, doch Emily nahm es kaum mehr wahr. Was sie aber sah, waren Snapes dunkle Augen, die sich für einen Bruchteil einer Sekunde überrascht weiteten.
"Ginny Weasley und Emily Evans Potter." Snapes Gesicht verriet keine Überraschung mehr, keine weiteren Gefühle, wenn er denn überhaupt etwas anderes als Ärger verspürte. "Harry Potters treueste Anhängerinnen versuchen das Schwert von Gryffindor zu stehlen." Er beugte sich leicht vor. "Nun, dann können Sie mir wohl auch erzählen, wo Harry Potter zu finden ist, nicht wahr?"
Ginny und Emily schwiegen.
"Wo ist Harry Potter?", fragte Snape erneut.
"Wir wissen nicht, wo Harry ist", antwortete Emily endlich. Ihre Gedanken hingen immer noch daran, dass Snape bei ihr ausgerechnet den Mädchennamen ihrer Mutter verwendet hatte, auch wenn es nicht mehr Teil ihres legalen Namens war.
Snape lehnte sich wieder zurück. "Und warum wolltet ihr dann das Schwert stehlen?"
Wieder schwiegen Emily und Ginny.
"Ich frage ein letztes Mal: warum wolltet Ihr dann das Schwert stehlen." Snape musste keine Miene verziehen, dennoch schien der runde Raum zehn Grad kälter zu werden.
Es erinnerte Emily wieder daran, dass Snape ein ausgebildeter Todesser war.
Ginny blickte schnell zu Emily, bevor sie übertrieben seufzte. "Es war eine dumme Wette." Sie zuckte mit den Schultern. "Verstehen Sie? Wir haben heute das Spiel gewonnen und waren vielleicht ein bisschen übermütig. Wir haben gewettet, dass wir bis zum höchsten Turm fliegen können. Und dann naja dann -"
"Haben wir uns gedacht, wir könnten uns das Schwert holen", sprang Emily Ginny bei. Sie hatte keine Ahnung was die Story sein sollte, aber sie hoffte, dass die kleinen Halbwahrheiten die Geschichte etwas glaubhafter machten. "Ich mein es ist immerhin das Schwert von Gryffindor."
"Eine Wette?", fragte Snape ungläubig.
"Klar, wir wetten ständig", sagte Ginny, nun etwas selbstsicherer in der Lüge. "Was Gryffindors in ihrer Freizeit so machen."
Oh Merlin, sie würden sich noch um Kopf und Kragen reden, aber alles besser, als wenn Snape bemerkte, dass er den wahren Grund schon längst herausgefunden hatte. Er durfte niemals wissen, dass das Schwert wirklich für Harry war, sonst, sonst-
Emily hatte keine Ahnung, was Snape mit ihnen anstellen würde.Und solange Inga, Luna und Neville die Nacht unbeschadet überstanden, würde sie Snape Lüge um Lüge auftischen.
Snape schüttelte beinahe unmerklich den Kopf. "Gryffindor. Nur Muskeln, aber kein Gehirn. Selbst Geschichte Hogwarts berichtet davon, dass umfassende Schutzzauber auf vielen Räumen liegen. Insbesondere auf dem Büro des Schulleiters, wo zahlreiche unschätzbar wertvolle Artefakte aufbewahrt werden. Diese informieren mich, sobald jemand das Büro während meiner Abwesenheit betritt. Die Geschichte mit der Wette ist wirklich nett, aber wie erklären Sie dann, dass die Carrows Neville Longbottom, Inga Bergström und Luna Lovegood in der Nähe der Großen Halle aufgegriffen haben. Zusammen mit einer Kiste Feuerwerk, was offensichtlich ein Ablenkungsmanöver darstellen sollte?" Nun schwelte doch die Wut in den dunklen Augen.
Emily verzichtete auf die Frage zu antworten. Ihr Herz raste, hoffentlich ging es den dreien gut. Hoffentlich hatten die Carrows die drei nicht bestraft, nicht so, wie sie es bei Padma getan hatten.
Hoffentlich.
Hoffentlich.
Hoffentlich.
"Ich frage Sie ein letztes Mal", sagte Snape leise und bedrohlich, "wo ist Harry Potter und was hatten Sie mit dem Schwert vor?"
"Wir wissen nicht, wo Harry Potter ist", sagte Emily müde, "er hat allen Kontakt zu uns abgebrochen."
"Emily hat Recht", sagte Ginny. "Wir haben Harry seit der Hochzeit meines Bruders nicht mehr gesehen. Seitdem Yaxley uns befragt hat."
"Wir haben ihm auch nicht geschrieben oder mit ihm gesprochen", fügte Emily hinzu, sich nur allzu gut an die Befragung am Anfang des Schuljahres erinnernd.
Snape stand auf und stützte die Hände auf den Tisch. Für einen Moment verrutschte der linke Ärmel seiner Robe und das Dunkle Mal blitzte düster auf. "Ihre Strafe für den versuchten Diebstahl an einem wertvollen, historischen Stück und Besitz der Schule, werde ich Ihnen morgen mitteilen. Erwarten Sie meine Nachricht. Bis dahin dürfen Sie Ihren Schlafsaal nicht verlassen. Essen wird Ihnen von den Hauselfen gebracht." Er fixierte die beiden mit seinem Blick. "Haben Sie mich verstanden?"
"Ja", sagte Ginny.
Emily nickte. "Ja. Wir müssen vorher zur Krankenstation, damit sich Madam Pomfrey Ginnys Hände ansehen kann."
"Lass es, Emily", zischte Ginny nur.
Snape blickte zu Ginnys Händen, von denen das Blut tropfte und bereits eine kleine Lacke auf dem Boden gebildet hatte. "Ich sehe keine Verletzungen, die einen Besuch auf der Krankenstation nötig machen."
Emily wollte schon widersprechen, doch Ginny schüttelte den Kopf.
"Verlassen Sie mein Büro. Machen Sie keinen Dreck auf den Fluren", sagte Snape. "Die Fesseln lösen sich, sobald Sie Ihren Gemeinschaftsraum betreten."
Schweigend verließen Ginny und Emily das Büro. Es war gar nicht so einfach mit den gefesselten Armen zu gehen, aber sie wollten so schnell wie möglich so weit weg wie möglich von Snapes Büro. Auf den Fluren brannten nur noch schwach die Lichter, Emily fragte sich, wie spät es in dieser Nacht schon war? Vermutlich war es schon fast Morgen.
Ginny brach die Stille. "Wir haben es versaut."
"Ja", murmelte Emily. "Aber so richtig."
Sie waren so, so verdammt.
☽ ◯ ☾
Die dunklen Flure Hogwarts wirkten in den frühen Morgenstunden schier endlos, doch irgendwann erreichten sie das Porträt der Fetten Dame. Was auch immer Snape für eine Macht über die Schule hatte, aber die Fette Dame schwang ohne ein weiteres Wort offen und ließ Ginny und Emily in den Gemeinschaftsraum treten.
Vielleicht ließen auch die blassen Gesichter und die Fesseln um ihre Körper, die Fette Dame verstummen.
Emily wollte es gar nicht wissen.
Wenigstens hielt Snape sein Wort und die Fesseln verschwanden, sobald die beiden die Schwelle zum Gemeinschaftsraum übertreten hatten.
Kribbelnd rauschte das Blut endlich wieder durch ihre Adern und leise seufzte Emily auf. Mit den nun freien Händen zog sie auch das Tuch von ihrem Hals. Es hing sowieso nur noch schief. Seinen Nutzen hatte es letzten Endes sowieso verfehlt.
"Wie geht es deinen Händen?", fragte Emily leise. In der Sicherheit des rot und goldenen Turmzimmers wagte sie wieder mit Ginny zu sprechen.
"Die Blutung hat aufgehört." Wie zum Beweis zog Ginny ihre Hände aus den Taschen ihres Pullovers und hob ihre Hände. Dunkle Striemen zogen sich über die helle Haut, kupferne Spritzer, noch dunkler als die zahlreichen Sommersprossen. "Ich hab noch Dittany und eine Salbe von Mum in meinem Koffer."
"Soll ich dir helfen?", fragte Emily. Sie brauchten dringend ein richtiges Set mit Verbänden und Medikamenten. Was wenn sich irgendwann noch jemand bei einer Aktion verletzte und schnell Hilfe benötigte? Snape hatte Ginny ja jetzt schon verboten zu Madam Pomfrey zu gehen. Emily seufzte. Noch heute Mittag hatte sie geglaubt, das alte Hogwarts sei zurück.
Ginny schüttelte den Kopf. "Komme schon klar. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob wir noch überwacht werden. Wir sollten schnell in unsere Schlafsäle."
"Du hast Recht." Emily warf einen Blick zurück auf den Eingang, als ob dort jeden Moment Snape auftauchen konnte. Sie schob den Gedanken von sich, sonst würde sie heute Nacht nicht mehr viel schlafen. Sie folgte Ginny die Treppe zu den Schlafsälen hinauf. "Wenn was ist, gib sofort Bescheid, ja?"
Ginny nickte und versuchte sich an einem Lächeln. "Mum musste mich schon mal schlimmer zusammen flicken."
"Gute Nacht, Ginny." Emily wartete bis Ginny in ihrem Schlafsaal verschwunden war und folgte dann der Treppe weiter nach oben zu ihrem Schlafsaal. Schnell huschte sie ins Badezimmer und schloss die Tür, bevor sie Licht machte. Das grelle Licht stach in ihren Augen, aber sie kramte mit zittrigen Fingern ihre Galleone aus dem Brustbeutel, den sie immer noch um den Hals trug.
Es blinkte eine Nachricht von Inga auf. Uns geht es gut. - IB.
Emily hätte vor lauter Erleichterung heulen können. Wenigstens das. Hoffentlich. Hoffentlich.
Ginny und ich sind wieder zurück. - EP.
Sie legte die Galleone auf die Ablage vor dem Spiegel, bevor sie sich die dunkle Kleidung vom Körper riss. Feiner Staub klebte noch auf dem Stoff, ebenso wie getrocknetes Blut von Ginny. Vielleicht war es auch ihres, denn sie entdeckte ein paar Schnitte auf ihren eigenen Händen. Das Wasser im Waschbecken färbte sich rot und braun und schwarz, als sie begann sich zu waschen. Mit jedem Strich des Handtuches über ihren müden Körper, verließ auch das Adrenalin ihn.
Als die Buchstaben auf ihrer Galleone sich zu einer neuen Nachricht formten, waren Emilys Knie weich und sie musste sich auf den Rand des Waschbeckens stützen. Ihr Gesicht war kreidebleich im Spiegel, die Sommersprossen traten so stark hervor, dass sie unweigerlich wieder an Ginnys blutende Hände denken musste.
Was für ein Desaster.
Emily nahm die Galleone und rutschte an der Wand zu Boden. Wie geht es euch? Seid ihr okay? - IB.
Emily vergrub die Hände in den Haaren. Physisch gesehen mochten sie okay sein, aber Snapes Urteil stand noch aus. Dieses Nicht-Wissen würde sie noch in den Wahnsinn treiben. Sie hatten alles gewagt, alles verloren. Wir haben das Schwert nicht. Snape hat uns erwischt. - EP.
Aber geht es euch gut? Hat Snape euch etwas getan? - IB.
Er hatte ihnen vielleicht körperlich nichts angetan, aber seine Weigerung Ginny zur Krankenstation gehen zu lassen, sprach für Emily Bände. Außerdem wussten sie ja immer noch nicht, was ihre Strafe sein würde. Und nachdem was die Carrows Padma angetan hatten, gab es in Emilys Vorstellung kein Limit mehr. Nein. Ginny hat sich nur am Glas geschnitten. Warten noch auf unser Urteil. -P.
Wir auch. Sitzen bis morgen in unseren Schlafsälen fest. - IB.
Carrows nicht begeistert, dass sie uns nicht direkt bestrafen konnten. - IB.
Wie haben euch die Carrows erwischt? - EP.
Ehrlich gesagt keine Ahnung. Wir haben niemanden gesehen. Aber vielleicht hat uns ein Schüler gesehen und verraten. - IB.
Emily seufzte. Sie hätte Inga, Luna und Neville die Karte des Rumtreibers geben sollen. Dann wären vielleicht nur Ginny und sie von Snape erwischt worden. Denn die Karte half auch nichts gegen die Schutzzauber. Klar, hatten sie erwartet, dass das Schwert irgendwie geschützt war, aber nicht, dass Snape so schnell wieder auftauchte, weil die Carrows bereits die anderen drei geschnappt hatten.
Wir müssen also alle warten. - IB.
Das ist fast das Schlimmste. - IB.
Ja. - EP. Und das war vermutlich genau das, was Snape auch bezweckt hatte. Jeder von ihnen befand sich praktisch in Isolation, ohne genau zu wissen, wie es den Anderen ging. Und zumindest aus seiner Sicht ohne eine Möglichkeit zu kommunizieren. Wenigstens weiß er nichts von den Galleonen. - EP.
Oh ja. Die Galleonen sind das Beste, was uns passieren konnte. - IB.
Solange wir nicht irgendwelches todbringendes Unkraut umtopfen müssen, komme ich mit jeder Strafe klar. - IB.
Emily schnaubte leise. Deinen Humor möchte ich haben. - EP.
Galgenhumor, alles nur Galgenhumor. - IB.
Wie geht es Neville und Luna? - EP.
Gut soweit. Neville hat ein paar blaue Flecken, weil er sich beinahe mit Amycus angelegt hat. Aber sonst alles okay. - IB.
Nachdem alle wieder heim gekehrt sind, sollten wir wohl schlafen. - IB.
Dieser Tag hat mich fertig gemacht. - IB.
Mich auch. - EP. Emily ließ die Galleone sinken und musste gähnen. Die Ereignisse des Tages holten langsam ihren Körper ein, auch wenn ihr das Quidditchspiel so ewig weit weg erschien. Gute Nacht. - EP.
Wusstest du, dass du meine beste Freundin bist? - EP.
Gut, dass du es mir sagst. - IB.
Emily konnte Ingas Lachen förmlich hören, das Glitzern in den blauen Augen sehen. Sie musste lächeln.
Gute Nacht, Emily. - IB.
☽ ◯ ☾
Trotz oder vielleicht gerade wegen der letzten Stunden, Tage, fiel Emily in einen tiefen Schlaf, kaum, dass sie sich hinter den Vorhängen ihres Bettes verkrochen hatte. Sie erwachte erst, als bereits das helle Mittagslicht im Raum stand. Diffuse Bilder hingen noch vor ihren Augen, ihre Träume waren alles andere als beruhigend gewesen.
Dunkles Haar. Dunkle Augen. Dunkles Mal. Keine Ahnung, ob Snape, Amycus oder Alecto.
Jemand schrie lauthals.
Blitze, als Zaubersprüche auf sie einprasselten.
Kein Schutz, kein Schild.
Rotes Haar. Rotes Blut.
Emily drehte sich um und vergrub den Kopf in ihrem Kissen. Sie wollte doch nur, dass die Bilder aufhörten. Snape würde sie sicherlich angemessen bestrafen, indem sie für den Rest des Schuljahres die dreckigen Kessel schrubben durften. Ganz bestimmt.
Im Schlafsaal polterte etwas und Emily hielt die Luft an, sie wollte noch nicht Lavender und Parvati begegnen. Ihnen erklären müssen, warum sie den Schlafsaal nicht verlassen durfte. Sie wollte nicht Parvati in die Augen sehen, deren Schwester nach der Strafe der Carrows immer noch im Krankenflügel lag. Auch wenn es Padma schon besser ging.
Jemand trippelte über den Holzboden, viel zu leise und klein, als, dass Lavender oder Parvati sein konnten, dann piepste eine Stimme: "Hallo Miss Emily."
Emily riss die Vorhänge auf. "Dobby?"
Vor ihr stand der kleine Hauself und nickte so fröhlich, dass seine Mützen verrutschen. "Hallo Miss Emily. Dobby bringt Essen aus der Küche vorbei. Als Dobby gehört hat, dass jemand Essen zu Harrys Ginny und Miss Emily bringen soll, hat Dobby sich gemeldet." Neben Dobby, schwebte ein Tablett mit frischem Toast und einer Teekanne. "Harrys Ginny ist noch nicht wach, deshalb hat Dobby das Tablett auf den Nachtisch gestellt und ist bei Miss Emily.
Ginny würde wahrscheinlich einen Tobsuchtsanfall bekommen, wenn sie hörte, dass jemand sie Harrys Ginny nannte, aber Emily war nicht in der Stimmung dies mit einem Hauself zu diskutieren, der gerade erst das Konzept der Freiheit entdeckt hatte. "Du bist noch in Hogwarts?", fragte Emily Dobby. Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass Dobby nach Dumbledores Tod die Schule verlassen hatte, da es auch Dumbledore gewesen war, der den freien Elf eingestellt hat.
Dobby nickte heftig. "Dobby mag seine Arbeit in Hogwarts. Dobbys Freunde sind hier."
"Und Snape bezahlt dich weiterhin für deine Arbeit?", fragte Emily misstrauisch.
"Nicht Snape." Dobby schüttelte den Kopf. "Professor McGonagall gibt Dobby jedes Mal sein Geld. Sie kümmert sich um die Hauselfen."
Emily hatte auch fast nichts anderes erwartet. "Wenn du jemals Hogwarts verlassen willst, dann kannst du zu Sirius, Remus, Tonks oder Sophia gehen, ja? Wir werden dir helfen."
Dobby sah Emily mit riesengroßen Augen an, die sich langsam mit Tränen füllten. "Dobbys Freunde-" Schluckauf unterbrach seine Rede. "Dobby hat so gute Freunde." Er schmiss sich auf Emilys Bett und vergrub den Kopf in ihrer Bettdecke.
"Ist schon okay, Dobby." Etwas ungelenk tätschelte Emily Dobbys Rücken. "Alles gut." Mit dem überenthusiastischen Dobby kam sie klar, aber ein zu Tränen gerührter Dobby? "Dobby, magst du einen Schluck Tee?" Alles um den Hauself abzulenken.
Doch ihre erneute Freundlichkeit brachte einen neuen Heulanfall bei Dobby hervor. "Miss Emily ist so großzügig zu Dobby", schluchzte Dobby.
Emily seufzte. Vielleicht hielt sie lieber den Mund und wartete ab, bis Dobby sich wieder beruhigte. Ihr Talent im Trösten schien wohl nicht das Größte zu sein.
Irgendwann hatte Dobby sich auch wieder beruhigt und setzte sich wieder auf. Seine Handtuchtoga war nun etwas fleckig und feucht und er hatte mindestens zwei Hüte verloren, aber wenigstens weinte er nicht mehr. "Hat Miss Emily etwas von Harry Potter gehört? Dobby hat nichts mehr von Harry Potter gehört."
Jetzt war es Emily, die Dobby mit großen Augen ansah. "Du hast Harry gesehen?"
"Nein", stotterte Dobby. "Nein."
"Dobby", sagte Emily warnend, sie war sich ziemlich sicher, dass Dobby gerade log. "Hast du auch Hermine und Ron getroffen?"
"Neeein", wiederholte Dobby und sah sich unsicher im Zimmer um.
"Du wirst dich nicht bestrafen", sagte Emily vorsichtshalber. "Ich würde nur gerne wissen, wie es meinem Bruder geht. Dann kannst du doch verstehen, Dobby, oder?"
Dobby nickte vorsichtig.
"Du hast also Harry, Hermine und Ron getroffen, nicht wahr?", fragte Emily erneut. "Aber Harry wird dich gebeten haben Stillschweigen zu bewahren, oder?"
"Es tut mir Leid, Miss Emily", piepste Dobby traurig. Sein Kopf und Schultern sanken zusammen, was ihn noch trauriger aussehen ließ, als zuvor. "Dobby darf nichts sagen." Plötzlich richtete er sich strahlend auf. "Aber Dobby konnte Harry Potter helfen. Er hat seine Aufgabe bestens erledigt und den Dieb für Harry Potter gefang-". Er schlug sich die Hand vor den Mund.
"Nicht bestrafen", schrie Emily, als Dobby Anstalten machte vom Bett zu krabbeln. "Alles ist gut, Dobby. Du bist ein guter Elf, ja?" Erschöpft lehnte sich Emily zurück in ihre Kissen, während Dobby erneut sein Gesicht in ihrer Bettdecke vergrub. Warum zur Hölle hatte Dobby einen Dieb für Harry gefangen? Brauchte Harry einen Dieb, der ihm das Schwert von Gryffindor stahl? Und hatten sie jetzt Harrys Pläne vereitelt, weil sie selbst versucht hatten das Schwert zu stehlen?
Bei Merlin, warum hatte Harry nicht einfach gesagt was sein Plan war? Warum immer nur diese Geheimnisse?
Sie war einfach nur müde und wütend und erschöpft. Sie hatte keine Lust mehr.
Ihr Blick fiel auf die Mappe von Lilium, auf den Beutel mit den Galleonen der DA, die unter ihrem Kopfkissen hervor ragten. Sie musste sich dringend ein besseres Versteck suchen, aber es erinnerte sie an ihre anderen Aufgaben, an ihre Verantwortung gegenüber Lilium, gegenüber Dumbledores Armee.
Sie hatte in diesem Krieg genug zu tun. Von nun an, würde ihr egal sein, was ihr Bruder tat. Sollte er doch machen, was er wollte. Sie wollte es gar nicht mehr wissen.
Sie würde sich um Lilium kümmern.
Und um Hogwarts. Hogwarts würde nun ihre Priorität sein.
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