65. Brennende Bücher
65. BRENNENDE BÜCHER
Es war noch dunkel, als Emily wieder nach Hogwarts zurück kehrte. Nach dieser Nacht war ihr etwas schwindelig, als die grünen Flammen des Flohpulvers wieder erstarben und sie sicher in McGonagalls Kamin landete. “Guten Morgen Professor”, sagte Emily leise und schüttelte den Staub von ihrer zerknitterten Kleidung.
“Guten Morgen, Emily”, erwiderte McGonagall. McGonagall wartete bereits neben dem Kamin auf Emily, trotz der frühen Uhrzeit schon tadellos gekleidet, das graue Haar zu einem strengen Dutt gebunden. Doch auch McGonagall schien die Trauer wie ein dunkler Umhang zu umgeben.
Emily hatte ihre Eltern verloren, McGonagall hatte in diesem Krieg, der an diesem Tag sein grausames Ende fand, zahlreiche Freunde, Schülerinnen und Schüler sterben sehen und zu Grabe getragen. “Danke, dass Sie das möglich gemacht haben.”
McGonagall nickte nur kurz. “Filch ist noch in den Kerkern unterwegs, wenn Sie also ungesehen zurück in den Gemeinschaftsraum wollen, dann sollten Sie sich beeilen.”
Emilys Mundwinkel zuckten. “Kein Problem.”
Heute morgen waren ihr sogar die Treppen gewogen und Emily gelangte in Rekordzeit hinauf in ihren Schlafsaal. Die Vorhänge an Lavenders und Parvatis Betten waren noch zugezogen, so dass Emily die Chance nutzte um ungesehen im Badezimmer zu verschwinden und erst einmal eine ausgiebige Dusche zu nehmen.
So früh war auch noch ausreichend heißes Wasser vorhanden, so dass Emily die Temperatur ganz aufdrehte und das heiße Wasser auf ihren Rücken prasseln ließ. Ihre Narben begannen zu brennen, aber Emily ignorierte es. Wichtiger war es den Staub, die Asche, die Myriaden von Gefühlen der letzten Nacht von sich zu waschen.
Nur die Trauer blieb, zu tief in ihrem Sein verwurzelt um sich einfach von der Haut waschen zu lassen. Wie ein dumpfer Herzschlag unter ihrer Haut, keine messerscharfen Risse mehr. Aber sie war leichter zu ertragen.
Das Bad war schon längst in Dampfschwaden gehüllt, als Emily den Wasserhahn wieder abdrehte und aus der Dusche trat um sich abzutrocknen. Mit einem schnellen Zauber trocknete sie ihre Haare und zog die Schuluniform über.
Lavender und Parvati waren in der Zwischenzeit auch wach geworden, doch keine der beiden sagte etwas dazu, dass Emily offensichtlich nicht die Nacht in ihrem eigenen Bett verbracht hatte. Emily war den beiden dafür dankbar. Sie wünschte den beiden nur schnell einen guten Morgen, sie musste dringend hinunter zum Frühstück, sie brauchte eine riesige Tasse schwarzen Tees um nicht am Frühstückstisch gleich wieder einzuschlafen.
Doch im Gemeinschaftsraum wartete bereits Inga auf Emily. Ingas Krawatte hing ihr ungebunden um den Hals, die Bluse nur halb in den Rockbund gesteckt. “Hej Emily.”
“Was machst du denn hier?”, entfuhr es Emily.
Doch Inga lachte nur. “Ich schieb es mal auf den Schlafmangel, dass du dich so sehr über mich freust.”
“Natürlich freue ich mich”, stotterte Emily verlegen. “Ich hab nur nicht mit dir gerechnet. Vor allem nicht um die Uhrzeit.”
“Ich mit mir auch nicht”, gab Inga freimütig zu. “Aber McGonagall hat gesagt, dass du vorm Frühstück wieder zurück sein musst, also dachte ich mir ich warte auf dich.”
Stimmt, Emily hatte McGonagall gebeten Inga und Ginny Bescheid zu geben. Es schien ewig her zu sein, dabei war sie kaum mehr als zwölf Stunden weg gewesen. Emilys Blick wurde weich. “Danke Inga.” Sie umarmte ihre beste Freundin.
Inga erwiderte die Umarmung. “Wie geht es dir, Emily? Und ich mein jetzt so wirklich und nicht so Ich-bin-eine-Gryffindor-und-so stark-mäßig?”
Erstickt lachte Emily auf. “Das würde ich niemals tun. Aber-” Sie machte eine Pause, versuchte die Worte zu finden. “Es tut weh, so unglaublich weh. Aber ich bin gerade auch so erschöpft und eigentlich fühle mich vor lauter Gefühlen gerade hohl und überwältigt zugleich. Macht das irgendwie Sinn?”
“Klar.” Inga nicke kräftig. “Deine Gefühle machen immer Sinn.” Ein Schatten flog über ihr Gesicht, so schnell, dass Emily sich nicht sicher war, ob sie es sich nur eingebildet hatte. “Es tut mir Leid, dass ich nicht schon früher an diesem Tag für dich da gewesen bin. Ich wusste nicht, dass du es gar nicht wusstest. Ich dachte immer ihr wollt einfach nicht darüber reden. Erst letztes Jahr habe ich es über Ginny mitbekommen, dass-”
“Wir absolut keine Ahnung hatten, dass heute der Todestag unserer Eltern ist”, beendete Emily Ingas Satz. “Es ist irgendwo schon pathetisch, oder?”
Inga schüttelte so energisch den Kopf, dass ihr die langen Strähnen ihres Haares ins Gesicht flogen. “Ganz und gar nicht. Ihr seid die letzten, die etwas dafür können.”
“Vermutlich ja.” Wobei Emily auch nicht wusste, wem sie dafür die Schuld geben konnte. Vielleicht noch Petunia Dursley oder Albus Dumbledore. Die Zaubererwelt? Aber die feierte lieber den lebendigen Helden, als dessen tote Eltern. Zumindest war es damals so gewesen, nun jagten sie ihn.
Inga gähnte. “Sorry. Mir fehlt ne Stunde Schlaf. Sollen wir runter gehen, ich brauch dringend Kaffee. Also nur wenn es okay für dich ist? Wir können heute auch schwänzen.”
“Schon okay”, sagte Emily. “Ich brauche auch dringend Tee und schwänzen heben wir uns für was Wichtigeres auf, ja?”
Inga sah Emily böse an. “Du bist wichtig, ja?”
Fast schon lachend, hob Emily die Hände. “Okay, ich hab verstanden. Du bist die Beste, Inga, weißt du das?”
“Natürlich weiß ich das”, erwiderte Inga grinsend. “Aber es ist trotzdem schön zu hören.”
☽ ◯ ☾
Egal wie sehr Emily mit diesem Tag zu kämpfen hatte, für die meisten anderen Schülerinnen und Schüler in Hogwarts war Halloween immer noch ein Tag zum Feiern. Alle freuten sich auf das große Festessen am Abend, außerdem hatten die Siebtklässler von Ravenclaw beschlossen danach noch eine Party für ihren Jahrgang zu schmeißen. Es standen noch keine Klausuren an, die Hausaufgaben konnten auch mal warten. Und wenn man der Gerüchteküche glauben konnte, hatte Terry Boot es angeblich geschafft seinen eigenen Alkohol zu brauen, den er heute Abend ausschenken wollte.
Vielleicht sollte Emily auch froh sein, dass es auch unter Snape immer noch ein Halloweenfest gab, schoss es ihr durch den Kopf als sie abends die Große Halle betrat. Nichtsdestotrotz wärmte es ihr das Herz, dass die Große Halle im vertrauten Glanz hell erstrahlte. Abertausende Kerzen geisterten unter dem verzauberten Nachthimmel hin und her, dazwischen schwebten wieder die Kürbisse, die Hagrid jedes Jahr züchtete.
Emily fürchtete den Moment, in dem Ginny ihre Drohung wahr machen würde und sie mit den Kürbissen trainieren lassen würde, denn Hagrid schien sich dieses Jahr mal wieder selbst übertroffen zu haben.
Ausnahmsweise saß Snape mit am Lehrertisch, was immer noch ein ungewohnter Anblick war. Ohne eine Miene zu verziehen, beobachte er wie sich die Halle füllte. Die Carrows hingegen gehörten zu den Letzten, die ihre Plätze einnahmen. Snape verzichtete auf eine Ansprache, nicht, dass ihm überhaupt jemand zuhören wollte. Das Festessen tauchte einfach auf den Tischen auf und so begann das Halloween-Fest, als sei es einfach ein lästiger Termin im Kalender des Schulleiters.
Emily saß zwischen Neville und Ginny, das Festmahl interessierte sie zum ersten Mal in all den Jahren kaum. Die beiden ließen es sich trotzdem nicht nehmen ihren Kelch mit Kürbissaft zu füllen oder ihr Kleinigkeiten zum Essen auf den Teller zu legen. Emily aß und trank brav, ohne wirklich zu schmecken, was die Hauselfen gekocht hatten. Aber vielleicht schadete es nach den Unmengen an schwarzen Tee, die seit heute Morgen in einem verzweifelten Versuch nicht im Unterricht einzuschlafen, konsumiert hatte, auch nicht.
Gespräche und Gelächter rauschten an Emily vorbei, umhüllten sie mit etwas Wärme. Es tat gut, dass ihre Freunde da waren, ohne dass Emily in diesem Moment etwas tun musste. Langsam fühlte sie sich wieder bei den Lebenden angekommen.
Die Gryffindors schwelgten gerade in den Erinnerungen an vergangene Halloweenfeste, als Snape am Lehrertisch aufstand.
“Es ist doch gar nicht so spät”, murmelte Seamus irritiert und sah auf seine Taschenuhr. Auch die anderen Schülerinnen und Schüler sahen verwundert zu ihrem Schulleiter auf.
“Als Teil unserer neuen und alten Traditionen, lade ich alle Schülerinnen und Schüler in den Innenhof von Hogwarts ein”, sagte Snape. Dunkle Augen wanderten durch die Große Halle. Sein Tonfall verriet jedoch, dass es keinesfalls eine freundliche Einladung war, sondern nur ein schlecht verhüllter Befehl. “Hauslehrer und Vertrauensschüler, bitte begleiten Sie Ihr Haus nach draußen und sorgen dafür, dass sich alle ordentlich aufstellen.”
Kein Applaus antwortete Snape. Er schien auch keinen zu erwarten, denn er verschwand direkt in der kleinen Kammer hinter dem Lehrertisch.
Die Hauslehrer standen nur langsam auf und gingen zu den Haustischen. Sprout und McGonagall tauschten besorgte Blicke, bevor sie sich um ihre Erstklässlerinnen und Erstklässler kümmerten.
Auch am anderen Ende des Tisches tauschten Emily, Neville, Leo und Ginny nicht weniger besorgte Blicke. Dumpf erinnerte sich Emily daran, dass McGonagall bereits gestern davon gesprochen hatte, dass die Carrows etwas planten. Und McGonagall war nicht begeistert gewesen.
“Deshalb war der große Innenhof vermutlich die letzten Tage gesperrt”, sagte Leo.
“Was will Snape denn draußen?” Ginny schüttelte den Kopf, bevor sie sich aufmachte um McGonagall mit den Schüler zu helfen.
“Wir sollten auch helfen”, sagte Neville und reichte Emily eine Hand um ihr von der Bank aufzuhelfen.
Emily nickte nur. Snapes Ankündigung hatte mit einem scharfen Stich die Nebel um sie herum zerrissen und dumpfe Anspannung kroch in ihren Körper.
Auch die anderen Schülerinnen und Schüler waren nicht weniger nervös und aufgeregt, insbesondere die Erstklässler, die völlig verwirrt waren was nun passierte. Es dauerte gefühlt ewig bis alle Schülerinnen und Schüler sich im richtigen Innenhof versammelt hatte und keine Nachzügler zurück blieben.
Wenn etwas dunkle Gedanken zumindest zeitweise vertrieb, dann war es eine Horde Erstklässler voller Zucker und Kürbissaft zu hüten. Emily war fast schon froh, als sie sich bei den anderen Gryffindors einordnen konnte.
Jedes Haus stand nach Jahrgängen aufgereiht an einer der Seiten des großen Innenhofes. Alle Lehrerinnen und Lehrer traten langsam in den Innenhof, selbst Sybill Trelawney, die seit Beginn des Schuljahres ihren Turm nicht mehr verlassen hatte. Kurz fragte sich Emily, wo Firenze der Zentaur abgeblieben war, aber der durfte vermutlich nicht mehr unterrichten. Auch Hagrid und Fang hatten sich eingefunden, der riesige Hund hockte brav zu Hagrids Füßen. Ihnen gegenüber stand Filch mit Mrs Norris, die Fang sehr misstrauisch beäugte. Sogar Madam Pomfrey und Mrs Pince standen bei den anderen Hauslehrern.
Es hatten sich wirklich alle Bewohner Hogwarts unter dem irrlichternden Fackellicht versammelt. Die verzogenen Schatten an den Wänden, ließen diese Versammlung noch surrealer und geisterhafter wirkten, als zuvor.
Emily lief ein kalter Schauder über den Rücken und sie zog ihre Robe enger um sich. Snape hatte ihnen natürlich auch keine Zeit lassen Mäntel und Umhänge zu holen, trotz der eisigen Temperaturen. Und es würde ein zu großes Chaos entstehen, wenn man alle Umhänge mit einem Zauber herbei holen würde.
Vor Emily hüpfte auch Ginny von einem Fuß auf den anderen. “Können die mal hinne machen”, murmelte Ginny Demelza zu. “Wenn mein Team sich deswegen erkältet-” Sie ließ die Drohung unvollendet.
Es erinnerte Emily ein wenig an das Halloween, an dem Durmstrang und Beauxbatons in Hogwarts für das Trimagische Turnier eingetroffen waren. Doch damals standen sie alle freudig aufgeregt vor den Toren des Schlosses. Kein Vergleich zu diesem Abend, so eingepfercht und frierend im Innenhof. Ein Jahr, das so geendet war, wie es niemals jemand hätte ahnen können.
Endlich traten Snape und die Carrows in den Innenhof, ihre dunklen Roben schienen das flackernde Licht geradezu zu schlucken. Schatten verbargen halb ihre Gesichter, fast wie die Todessermasken, die sie oft genug getragen hatten. Doch dieses Mal blieb Snapes Gesicht steinern und starr, die der Carrows nahezu ekstatisch. Denn heute Abend waren keine Masken mehr nötig.
Eine unheilvolle Ruhe senkte sich über den Innenhof. Als ob jeder den Atem anhielt.
Snape nickte Amycus zu, der einen Schritt hervor trat und dann eine der Fackeln in seine offene Hand fliegen ließ.
“Heute”, rief Amycus laut. “Heute Abend werden wir unsere Welt, unsere Schule von dem Schmutz der Jahrhunderte, der falschen Führung, der falschen Werte befreien.” Seine Stimme hallte durch den Innenhof und hinterließ ein schwaches, bitteres Echo.
Mit einem Lächeln trat Alecto neben ihren Bruder, ihren Zauberstab in der Hand. Das Fackellicht ließ ihre verzerrten Gesichtszüge noch gröber aussehen.
“Der Schmutz wird brennen.” Amycus stieß seine Fackeln zum Himmel, bevor er seinen Zauberstab hervorzug und gemeinsam mit Alecto leise etwas heraufbeschwor.
Ein dunkles Rauschen erfüllte die Luft im Innenhof, wie die Schwingen von tausenden und abertausenden Krähen. Am liebsten hätte Emily sich die Ohren zugehalten, doch sie richtete ihren Blick auf den Himmel über ihnen. Kleine Schatten und dunkle Umrisse füllten schnell den Himmel, so dass selbst die Fackeln nicht mehr den Innenhof erhellen konnten.
“Bei Merlin”, keuchte Neville neben Emily. “Was ist das?”
Leise Schreie ertönten und die vorderen Reihen drängten immer weiter zurück. McGonagall rief ihr Haus zur Ruhe auf, doch auch sie hatte bereits ihren Zauberstab gezückt und nach oben gerichtet.
“Das sind Augureys”, schrie irgendjemand, was zu noch mehr Panik führte. Augureys hatten ein dunkles Gefieder und waren in der Zaubererwelt als Todesomen bekannt. Einen Augurey zu sehen, war noch schlimmer als dem Grimm zu begegnen.
Irgendwie konnten selbst die Augureys Emily nicht aus der Ruhe bringen, von Todesomen hielt sie nicht mehr viel.
“Ruhe”, donnerte Amycus Stimme magisch verstärkt durch den Innenhof. “So beruhigt euch doch.” Er stand immer noch in der Mitte, Fackel und Zauberstab hoch erhoben.
Erinnerungen an die Nacht nach dem Finale der Weltmeisterschaft durchzuckten Emily und es hätte sie in diesem Moment nicht überrascht, wenn erneut das Dunkle Mal über Hogwarts auftauchen würde. Ihre rechte Hand hielt längst ihren Zauberstab umklammert, aber noch hatte sie ihn nicht gezogen.
Auch die Hände von Ginny, Neville, Leo und einigen anderen Gryffindors waren verdächtig tief in ihren Taschen vergraben. Aber niemand von ihnen hatte einen Ton geäußert, sondern blickte starr zum Himmel oder zu Amycus.
Amycus und Alecto ließen sich nicht beirren, sondern schwangen erneut ihre Zauberstäbe gen Himmel. Die Schatten verdichteten sich zu einer langen Säule, einem riesigen Tornado nicht unähnlich, der sich immer mehr zu Boden streckte.
“Der Schmutz wird brennen”, jaulte Amycus erneut. “Der Schmutz wird brennen, während unsere starken Traditionen und Gebräuche bestehen bleiben.” Amycus dirigierte die dunkle Masse wie ein unheiliger Zeremonienmeister. Ruckartig senkte er seinen Zauberstab und was auch immer für ein Zauber den Tornado zum Leben erweckt hatte, zerbrach. Mit einem ohrenbetäubenden Donnern trafen die Schatten auf dem Boden auf, feine Schockwellen rasten unter der Wucht durch das Pflaster und das Gemäuer.
Selbst Emily spürte das Beben in ihrem Körper vibrieren. Die Haare auf ihren Armen stellten sich auf, ob der Magie in der Luft oder der Schockwelle wegen, vermochte sie nicht mehr zu sagen.
Das Donnern und Poltern schien kein Ende zu nehmen. Staubwolken erhoben sich und fegten über sie hinweg. Schneller als es Emily bewusst war, hatte sie ihren Zauberstab gezückt und Schutzzauber über sich und die Anderen gelegt. Funken sprühten durch die Luft, als ihre Magie auf die der anderen traf, sie war nicht die Einzige, die instinktiv reagiert hatte.
“Das alles hier wird zu Asche”, schrie Amycus in die Dunkelheit, in den Staub hinein. “Zu Asche.”
“Könnten Sie bitte versuchen nicht die Schülerinnen und Schüler in Gefahr zu bringen?” McGonagalls Stimme war laut und klar zu hören, bevor sie die Staubwolken über dem Innenhof verschwinden ließ. Auch die anderen Hauslehrer hatten ihre Zauberstäbe gezückt, genauso wie viele der älteren Schülerinnen und Schüler.
“Stecken Sie alle die Zauberstäbe weg”, schrie Alecto nur als Antwort. “Niemand zaubert hier.”
Snape ignorierte McGonagalls Zwischenruf, sondern neigte nur seinen Kopf zu Amycus und Alecto. “Fahrt fort.”
Der flackernde Licht reichte nicht aus um zu erkennen zu was Alecto und Amycus nun die dunklen Schatten formten, sie türmten sich nur immer höher und höher in der Mitte des Innenhofes auf. Es dauerte nicht lang, bis Emily die Slytherins, die den Gryffindors gegenüber standen, nicht mehr erkennen konnte.
Stille hatte sich längst wieder über die Versammlung gelegt, das fröhliche Fest in der Halle längst vergessen.
Endlich schienen Alecto und Amycus mit ihrer Arbeit fertig zu sein, denn mit stolzem Gesicht wandte sich Amycus ihnen wieder zu. “Wir werden heute den Schmutz der Generationen verbrennen”, rief er. “Die Welt der Zauberer wird heller leuchten denn je.” Triumphal sah er sich um und schritt langsam um den Schatten herum, so dass alle Schülerinnen und Schüler ihn sehen konnten.
Alecto schien an seinen Lippen zu hängen und nickte begeistert. “Muggel und Schlammblüter sind schwach, wir Hexen und Zauberer sind mächtig. Magie ist Macht.”
“Magie ist Macht”, tönte es als Antwort aus mehreren Ecken, die Stimmen seltsam körperlos. “Magie ist Macht.”
Erneut lief Emily ein Schauder über den Rücken, als die Worte in ihren Ohren dröhnten.
Alecto und Amycus hoben die Zauberstäbe. Fauchend schossen zwei Flammen aus ihren Zauberstäben hervor und erhellten für einen Moment den Nachthimmel, bevor sie auf den Schattenhaufen in der Mitte trafen.
Erst jetzt verstand Emily was der Schatten in ihrer Mitte war.
Ein Scheiterhaufen.
Erst jetzt enthüllte das Licht woraus der Scheiterhaufen bestand.
Bücher.
Hunderte, tausende, abertausende Bücher.
Millionen von Seiten, Milliarden Buchstaben.
Unzähliges Wissen.
“Unsere Bücher”, wisperte Emily. “Sie verbrennen unsere Bücher.”
Helles Licht füllte den Innenhof, als große Teile der Bibliothek von Hogwarts zu ihren Füßen lagen und Feuer fingen. Schneller als jedes normale Kaminfeuer fraßen sich die Flammen durch den Scheiterhaufen und entzündeten Buch für Buch, Seite für Seite.
Emily hatte sich keine Gedanken gemacht wo die Bücher, die zu Beginn des Schuljahres aus ihren Koffern genommen und beschlagnahmt worden waren, gelandet waren. Sie war davon ausgegangen, dass Amycus und Alecto die Bücher einfach entsorgt hatten.
Nun hatte sie ihre Antwort.
Vor ihr brannten nun die Chroniken von Narnia, die Emily von Hermine zu Weihnachten geschnekt bekommen hatte.
Jane Austens Stolz und Vorurteil brannte zusammen mit Little Women.
Hannahs Märchenbuch.
Doch es waren nicht nur Bücher von Muggelautorinnen, sondern auch jene von muggelstämmigen Autoren. Die Bücher zur Verteidigung gegen die Dunklen Künste, die sie von Remus und Sophia geschenkt bekommen hatte und von denen doch eins im Koffer gelandet war.
Es erklärte auch, warum in den letzten Wochen so viele Bücher in der Bibliothek nicht mehr auffindbar gewesen waren. Auf dem Scheiterhaufen waren nun vermutlich auch alle Exemplare des Kompendium der Efeugewächse zu finden.
Und nun brannten sie alle.
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