63. Auf unsere Weise
63. AUF UNSERE WEISE
Und so erwachte Dumbledores Armee erneut wieder zum Leben. Aufs Neue und doch so wie eh und je. Leise geflüsterte Worte auf den Fluren, zwischen denen die eingeweiht waren. Eine einfache Kameradschaft an kalten Morgenden im Oktober, wenn Ginny und Inga sie zum Sportprogramm ein beorderten.
Irgendwie erinnerte Emily es an die Zeit im Drachenreservat mit Sirje, Yuna, Charlie, Ari und Noah. Sie hätte niemals gedacht, dass sie diese Zeit, diesen Ort vermissen würde. Emily musste tief schlucken und schob die Sehnsucht beiseite.Schließlich sollte sie sich doch freuen, dass sie endlich wieder zurück in Hogwarts war, hatte sie sich doch das ganze letzte Jahr darauf hin gefiebert wieder zurück zu gehen können.
Aber das Hogwarts ihrer Vorstellungen war ein anderes Hogwarts, als das sie jetzt erlebte. Sie hatte den Krieg nicht vergessen, aber in ihrer Vorstellung war nicht Harry, ein siebzehnjähriger Junge, die Hoffnung der Zaubererwelt. Sie hatte nicht gedacht, dass nun drei Todesser über das Schloss herrschten und die grässlichen Ideologien Voldemorts überall verbreiteten.
Nun war es ein Grund mehr, sich noch mehr anzustrengen.
Was Ginny an diesem Morgen auch ziemlich ernst nahm, denn ihre Stimme dröhnte über das noch von Morgennebel verhangene Ufer des Schwarzen Sees und trieb alle an noch schneller zu laufen. Emily seufzte und versuchte die letzten Reserven zu mobilisieren, um ins Ziel zu rennen.
Selbst die kleine Imogen biss die Zähne zusammen und sprintete die letzten Meter zur Ziellinie, ihr Atem bildete weiße Wolken in der kalten Luft. Josh schleppte sich hinter Imogen ins Ziel, sein kräftiger Körper war für ihn zumindest hier ein Nachteil. Ritchie, Jimmy und Demelza hatten offenbar keine Probleme und quatschen mit den Mitgliedern der DA, die sich ebenfalls zum Sport eingefunden hatten, ohne dass sie überhaupt wussten, dass es die DA war. Solange niemand aus der DA einer gegnerischen Quidditchmannschaft angehörte, funktioniert es mit dem gemeinsamen Training.
Aber war es nicht auch irgendwo das Ziel von Dumbledores Armee, dass sie alle zusammen arbeiteten, egal welchem Haus sie angehörten? Hatte es ihnen der Sprechende Hut nicht versucht zu sagen? Die einzige Rivalität, die sich in diesen Zeiten leisten konnten, war die auf dem Quidditchfeld bis der Schnatz gefangen wurde.
Ginny und Inga quälten die Anwesenden noch mit einer Runde Kraft- und Dehnübungen, schließlich war der Sprint um den See nur das Aufwärmtraining gewesen. Emily war heilfroh, als das Training endlich ein Ende fand.
"Irgendwann wirst du mir dankbar sein." Inga sah grinsend zu, wie Emily sich vom Boden aufrappelte.
"Hmm", murmelte Emily unentschlossen. "Und wann wird das sein?"
"Vermutlich nicht heute", gab Inga immer noch grinsend zu. Die längeren Strähnen ihres Haares waren zu einem strengen Zopf geflochten, was ihr ein wildes Aussehen verlieh, auch wenn die Seite schon längst nicht mehr raspelkurz rasiert war. Doch auch sie wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers den Schweiß von der Stirn.
Wenigstens ein Zeichen, dass das Training auch die sportliche Inga zum Schwitzen brachte. Emily war fast ein bisschen neidisch auf Ingas lange Beine. "Vermutlich."
Ginny trat zu Inga und Emily. "Habt ihr noch einen Moment?" Alle anderen hatten sich bereits auf den Weg zum Schloss gemacht, entweder auf dem schnellsten Weg in die Dusche oder zum Frühstück.
"Klar", antworte Emily für Inga und sich. "Was gibts?"
Ginny sah sich vorsichtig um, bevor sie sich näher zu den beiden stellte. "Wir sollten uns langsam einen Plan überlegen." Sie senkte die Stimme. "Wie wir das Schwert holen."
Seit dem Gespräch in Ginnys Zimmer hatten sie nicht mehr darüber gesprochen, fiel Emily auf. Es wurde höchste Zeit, dass sie das Schwert holten und zu Harry schafften. "Das Schwert wird in einem Glaskasten im Büro des Schulleiters aufbewahrt", sagte Emily. "Ich habs gesehen, als ich dort zur Befragung war." Das einzig Nützliche an der Befragung.
"Ich dachte es kann nur aus dem Hut gezogen werden?" Ginny runzelte die Stirn. "Aber egal, das macht es eigentlich einfacher."
Emily war sich da nicht so sicher. "Der Glaskasten ist bestimmt mit diversen Schutzzaubern belegt. Aus dem Hut könnten Ginny oder ich einfach das Schwert ziehen."
"Müsst ihr da nicht in besonderer Not sein, oder sowas?", fragte Inga. "Ich mein, ansonsten wäre euch das Schwert bei eurer Einteilung schon auf den Kopf gefallen?"
Die drei mussten bei der Vorstellung, dass jedem Gryffindor das Schwert auf den Kopf rutschen würde, lachen. Madam Pomfrey würde sicher begeistert sein.
"Möglich", erwiderte Ginny. "Aber ich habe auch keine Lust mit dem Hut zu diskutieren, warum wir das Schwert dringend brauchen."
"Was machen wir dann?", fragte Emily. "Ich bin mir nicht sicher, wie viele Bücher zum Flüche und Schutzzauber brechen wir noch in der Bibliothek haben." Emily hatte den Eindruck, dass noch so einige Bücher verschwunden waren, einige Regale sahen etwas leer aus. "Außerdem müssen wir erstmal den richtigen Zauber finden, bevor wir Gegenzauber suchen können."
"Ich bin dafür, dass wir den Glaskasten einfach zerschlagen, ich kann mir eh nicht vorstellen, dass so viele Schutzzauber darauf liegen.", schlug Inga vor. Ihre Augen blitzten begeistert auf. "Ein einfaches Bombarda sollte reichen und das Schwert wird das schon aushalten. Snape wird eh mitbekommen, dass das Schwert weg ist."
Ginny nickte. "Okay, wir zerstören den Kasten und nehmen uns das Schwert. Dann schaffen wir es so schnell wie möglich zu Harry. Emily, kannst du herausfinden, wo Harry ist?"
"Ich kann es auf jeden Fall versuchen." Emily zuckte mit den Schultern. Keine Ahnung, ob Harry ihr seinen Aufenthaltsort verraten würde, aber sie hoffte, dass das Schwert Überredung genug war.
"Gut. Dann müssen wir nur noch klären, wie wir in das Büro kommen."
Nur noch, Ginny hatte gut reden, dachte sich Emily. "Der Eingang wird durch einen Wasserspeier geschützt, für den man ein Passwort braucht. Ich weiß nicht, ob die Karte uns das Passwort verrät." Die Karte des Rumtreibers kannte die Passwörter zu den Geheimgängen, aber die hatten sich auch seit Jahrzehnten nicht geändert. "Ansonsten brauchen wir einen anderen Weg."
"Und eine Ablenkung", fügte Inga hinzu. "Wir können schlecht einbrechen, wenn Snape noch im Büro ist."
Ginny seufzte. "Ich glaube, wir sollten uns Unterstützung holen. Wir können nicht alles allein machen."
"Mein Vorrat an den Zauberscherzen dürfte noch im Geheimgang nach Hogsmeade liegen", sagte Emily. "Das können wir für die Ablenkung nutzen."
"Fragen wir Neville?", schlug Inga vor.
"Und Luna", kam es von Ginny.
"Irgendwo einbrechen ist echt komplizierter als ich dachte", seufzte Inga.
"Du sagst es, Inga", murmelte Emily. "Du sagst es."
☽ ◯ ☾
Das Leben hatte die nervige Angewohnheit immer wieder ihre Pläne zu durchkreuzen, stellte Emily fest. Die Lehrerinnen und Lehrer hatten mit den Mengen an Aufsätzen und Hausarbeiten nicht nachgelassen. Ginny und die anderen Quidditchkapitäne stellten Trainingspläne für ihre Teams auf. Hannah und Ernie setzten regelmäßig Treffen für die Vertrauensschülerinnen und Vertrauensschüler an, bei denen die Teilnahme verpflichtend war. Emily und Neville stellten fest, dass sie auch noch für die Patrouillenpläne für Gryffindor zuständig waren und bei Merlin, sie hatten gar nicht gewusst wie viel Streit eifersüchtige Drittklässler anzetteln konnten, deren Auseinandersetzungen sie auch noch schlichten mussten.
Deshalb fluchte Emily, als eine Eule von Hagrid sie erreichte, der sie für den nächsten Nachmittag zum Tee bat. Eigentlich hatte sie überhaupt keine Zeit dafür, aber sie hatte auch ein schlechtes Gewissen, weil sie dieses Schuljahr noch kein Wort mit Hagrid gewechselt hatte. Bestimmt wollte er wissen, wie es Harry ging. Mit einem Seufzer kritzelte sie ihre Antwort unter Hagrids Brief und schickte die Eule wieder zurück.
Dampfender Tee und ein Teller mit Hagrids eher berüchtigten, als berühmten Keksen erwarteten Emily bereits, als Hagrid sie in seine Hütte ließ. "Hi Hagrid, wie gehts dir?", fragte Emily und versuchte gleichzeitig Fang abzuwehren, der sich unbändig über den Besuch freute.
"Ganz gut", erwiderte Hagrid und zog Fang am Halsband zu sich zurück. "Hätt nicht gedacht, dass ich das mal sag, aber ich vermiss das Unterrichten fast schon."
"Du warst ja auch ein guter Lehrer." Emily lächelte, während sie auf einen der übergroßen Stühle kletterte. Zumindest in Hagrids Hütte hatte sich nichts verändert: ein kleines Feuer glomm noch im Kamin, die Möbel riesig und zusammengeschustert wie eh und je. Werkzeuge und Kräuterbündel hingen unter der Decke. Auf dem Tisch ruhte ein hölzerne Kiste.
"Danke, Emily." Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf Hagrids Gesicht. "Wie läuft es oben im Schloss? Ich krieg kaum noch etwas mit hier unten."
Das konnte sich Emily vorstellen, da Hagrid inzwischen kaum das Schloss betreten durfte. "Außer, dass die Carrows Idioten sind, ist es fast wie immer. Das siebte Schuljahr ist anstrengend." Der Unterricht war anstrengend, Quidditch war anstrengend, DA war anstrengend.
"Da bist du nicht die Erste, die das sagt." Hagrid schmunzelte und schob Emily den Teller mit den Keksen zu. "Ich kann mich noch sehr gut an Charlie Weasley erinnern, der saß hier verzweifelt und wollte am liebsten sofort zu seinen Drachen."
Aus Höflichkeit nahm Emily einen der Kekse und tunkte ihn in den Tee. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, dass Charlie und Hagrid sich gut verstanden hatten. Hatten die beiden nicht sogar auf der Hochzeit von Fleur und Bill gemeinsam beinahe ein ganzes Fass Honigmet geleert?
"Oh." Hagrid sprang auf die Füße und die kleine Hütte bebte beinahe. Er nahm eine kleine Schachtel vom Kaminsims und setzte sich dann wieder. "Wo wir grad bei Charlie sind, sie haben nen Drachen in ihrem Reservat nach mir benannt." Seine dunklen Augen strahlten. "Sie haben mir sogar Fotos geschickt." Aus der Schachtel zog er einen Stapel Fotografien.
Emily verbarg ihr Grinsen hinter der Teetasse. Nicht jedes Ordensmitglied war darüber informiert worden, wo sie das letzte Jahr verbracht hatte. Aber sie hatte auch nicht das Herz Hagrid zu unterbrechen und ihm zu erzählen, dass sie dem kleinen Drachen seinen Namen gegeben hatte. Lieber ließ sie sich von Hagrid die Fotos zeigen, die sie gemacht hatte und hörte ihm begeistert zu. Kleine Drachenbabys waren eine prima Ablenkung von der Welt außen herum.
"Natürlich ist er jetzt schon größer als auf den Fotos", berichtete Hagrid mit dem Stolz eines Großvaters. "Aber Ari hatte leider keine neuen Fotos für mich. Ich soll dir noch etwas von ihr geben."
Emily richtete sich auf. "Ari war hier?"
Hagrid nickte. "Wir haben uns kurz im Eberkopf getroffen, ist schon ein paar Tage her. Sah ziemlich müde aus, die Arme."
"Wenn Ari mal kurz von Rumänien hier vorbei kommt", sagte Emily, "wundert mich das nicht." Die Reise per Portschlüssel war heftig auf diese Distanz. Schade, dass Aris Zeit nur für ein Treffen mit Hagrid gereicht hatte, sie hätte Ari auch gerne wieder gesehen.
Hagrid stand wieder auf und zog aus einem seiner Küchenschränke etwas und gab es dann an Emily weiter. "Ari meinte, du wüsstest um was es geht."
"Klar." Emily nickte und nahm die schlichte, lederne Mappe entgegen. Ein neuer Auftrag von Lilium. "Hat sie sonst noch etwas gesagt?"
Hagrid schüttelte den Kopf. "Sie wollte schnell weiter, sie musste für die Arbeit noch etwas erledigen. Aber Rubeus geht es gut, er kann schon ordentlich Feuer spucken."
"Schön", murmelte Emily. In Gedanken war sie schon dabei ihren Zeitplan für die nächsten Tage um zu schmeißen, damit sie alles zeitnah erledigen konnte. Vielleicht brauchte sie einen von Hermines farbkodierten Zeitplanern, damit sie alles unter einen Hut bekam. Von elf bis elfdreißig stand Rebellion gegen die Obrigkeiten auf dem Plan. Oder Hermines Zeitumkehrer, den würde sie auch nehmen. Naja, solange sie alles mit Humor nehmen konnte, war vermutlich nicht alles verloren.
Hagrid griff nach der Kiste, die schon auf dem Tisch stand und schob sie zu Emily hinüber. "Ich muss dir noch etwas geben, deshalb hab ich dich eingeladen."
"Die ist für mich?" Emily blickte verwundert auf die schmale Holzkiste hinab, die ganz unscheinbar aussah. Sie erkannte die Scharniere für den Deckel, aber kein Schloss. "Wieso? Weißt du was drin ist?"
"Keine Ahnung", erwiderte Hagrid. "Dumbledore hat mir aufgetragen es dir zu geben, wenn du nach Hogwarts kommst."
Emily klappte der Mund auf. "Das ist von Dumbledore?"
Hagrid nickte nur.
Warum?
Warum hatte Dumbledore ihr doch etwas hinterlassen? Und warum bekam sie es erst jetzt? Warum gehörte die Kiste nicht zu seinem offiziellem Erbe, stand nicht im Testament? Sollte Harry nichts davon erfahren? Oder vielmehr, warum sollte das Ministerium nichts davon erfahren?
Warum, warum, warum?
Was zur Hölle hatte das nun wieder zu bedeuten?
"Weißt du warum ich es erst jetzt bekommen sollte?", fragte Emily und wusste doch schon, dass auch Hagrid keine Ahnung haben würde. Dumbledore hatte noch nicht mal Harry verraten, wozu er sein Erbe brauchen würde. Wieso sollte er ihr dann irgendwas verraten, dachte Emily bitter.
Hagrid zuckte mit den Schultern. "Ich weiß auch nichts."
"Da bist du nicht der Einzige", murmelte Emily leise und starrte auf die Kiste vor ihr.
"Er kam ein paar Tage vor seinem Tod bei mir vorbei", sagte Hagrid und Tränen sammelten sich bei der Erwähnung von Dumbledore in seinen dunklen Augen. "Wusste natürlich nicht, dass seine Tage da schon gezählt waren-" Er schnäuzte in sein riesiges Taschentuch. "Hat mir aufgetragen, dass ich dir diese Kiste geben sollte, wenn du wieder in Hogwarts bist. Habs beinah vergessen, aber hier ist sie."
"Kein Problem", sagte Emily abwesend. Was hatte Dumbledore nur vor? "Danke Hagrid." Sie verkleinerte die Kiste mit einem schnellem Zauber und steckte sie in die Hosentasche.
"Wie geht es Harry?", fragte Hagrid und kam damit endlich zu dem von Emily längst erwarteten, aber sicherlich nicht ersehnten Thema. "Hast du etwas von ihm gehört? Von Ron und Hermine?"
Emily schüttelte den Kopf. "Kein einziges Wort." Auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach, aber sie wollte Hagrid nicht den einzigartigen Weg erklären auf dem sie mit Harry kommunizieren konnte, wenn keiner der beiden sich stur stellte. "Ich hab keine Ahnung, was sie seit Bill und Fleurs Hochzeit machen." Das war nun wiederum doch die Wahrheit.
Steile Falten zeigten sich auf Hagrids Stirn. Fang legte seinen massigen Kopf auf Hagrids Oberschenkel und jaulte leise auf. "Ich hoff nur, dass es dem Jungen da draußen gut geht." Hagrid sah aus dem Fenster, als ob Harry dort gleich auftauchen würde, wenn er es nur ganz fest daran glaubte. Hagrid war Harrys Wegbegleiter in die Zaubererwelt gewesen und immer für ihn da gewesen. Auch wenn Hagrid ihnen so manches verraten hatte, was er besser nicht hätte tun sollen.
"Wenn ich etwas von ihm höre, dann sag ich dir sofort Bescheid", sagte Emily sanft.
Erleichtert sanken Hagrids Schultern, aber die Sorge blieb auf seinem Gesicht geschrieben. "Das wäre schön, Emily."
☽ ◯ ☾
Emily blieb bei Hagrid, bis es Zeit für das Abendessen wurde. Es hatte sich herausgestellt, dass im letzten Jahr nicht nur Norberta Nachwuchs bekommen hatte, sondern auch Seidenschnabel. Der Hippogreif lebte nun unter dem Namen Federflügel wieder in der Herde im Verbotenen Wald und war nun stolzer Vater. Ein bisschen zu stolz, denn Hagrids Hände trugen die Spuren von seinem wirklich nicht seidigem Schnabel. Das kleine Hippogreiffohlen war mit Mutter und Vater auf einer Weide nahe Hagrids Hütte unter gebracht und war beinahe süßer als ein Drachenbaby. Aber auch nur beinahe.
Auf jeden Fall sorgte der Kleine dafür, dass Emily sich ganz schön beeilen musste, um noch pünktlich in die Große Halle zu gelangen. Mit den gefährlichen Sachen in ihren Hosentaschen wollte sie nun wirklich nicht die Aufmerksamkeit von irgendjemanden erregen.
Außer Atem und mit fliegenden Roben, erreichte Emily die Eingangshalle und musste erst einmal stehen bleiben um Luft zu holen. Wenigstens war sie definitiv nicht die Letzte, genug Schülerinnen und Schüler trudelten auch gerade erst im Schloss wieder ein. Es war vermutlich einer der letzten sonnigen Tage in den Highlands.
Selbst Hannah kehrte mit einer kleinen Gruppe Erstklässler zurück. Rosige Wangen und windzerzaustes Haar verrieten Emily, dass sie vermutlich den Nachmittag draußen am Schwarzen See verbracht hatten. Emily fühlte sich fast schon ein bisschen schuldig, dass sie mit den Erstklässlern aus Gryffindor noch keine Unternehmungen gemacht hatte, gehörte das etwa zu ihren Aufgaben als Vertrauensschülerin dazu? Aber wann hätte sie dazu auch Zeit finden sollen? Vor allem gerade jetzt, wenn ein neuer Auftrag für Lilium zu erledigen war? Und sie mal kurz eben ein Schwert stehlen wollten? Warum hatte McGonagall sie noch mal zur Vertrauensschülerin gemacht?
Gedankenverloren merkte Emily kaum, wie sie hinter Hannahs Gruppe landete und ihnen in Richtung Großer Halle folgte.
"Danke, dass du uns die Geschichten erzählt hast, Hannah", sagte ein blondes Mädchen mit piepsiger Stimme.
"Aber nächstes Mal vielleicht ein bisschen weniger Romanzen, ja?" Der Junge verzog sein Gesicht, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte. "Gibt es keine Ritter in deinen Märchen?"
Hannah lachte nur. "Natürlich gibt es in den Märchen auch Ritter, Riley. Ich schau mal, ob ich mich noch an eine Geschichte erinnern kann."
"Gibt es die nicht in der Bibliothek?", fragte das blonde Mädchen. "Vanessa hat gesagt in der Bibliothek gibt es alle Bücher. Und Vanessa ist in Ravenclaw, die muss es also wissen."
"Märchenbücher der Muggel hat es mal in der Bibliothek gegeben", musste Hannah zugeben. "Und ich hatte mal ein eigenes Märchenbuch." Für einen Moment sah Hannah traurig aus, doch sie lachte schnell wieder.
Emily erinnerte sich daran, dass Hannahs ermordete Mutter keine Zauberin gewesen war. Hannah war also genauso wie Emily mit dem Märchen der Muggelwelt aufgewachsen. Und das Märchenbuch war vermutlich in der ersten Nacht beschlagnahmt worden.
"Aber ich weiß noch genug um euch die Geschichten bald zu erzählen", sagte Hannah. "Also macht euch keine Sorgen. Im Gemeinschaftsraum müssten auch noch ein paar Schallplatten sein, dann können wir sogar Musik hören. Ich wette ihr habt noch nie die Beatles gehört." Riley, das blonde Mädchen und die anderen Kinder sahen begeistert aus. "Aber denkt dran, in der Großen Halle reden wir nicht darüber, ja?"
Ein Mädchen mit dicht gelocktem Haar verdrehte die Augen. "Natürlich Hannah. Wir haben schon verstanden."
Hannah lächelte Emily, die der Gruppe immer noch wie eine verlorene Erstklässlerin folgte, zu. Schau her, ich tue auch etwas, schien Hannahs Lächeln zu sagen, ich kämpfe auf meine Weise.
"Danke Hannah", wisperte Emily Hannah zu, bevor Emily zum Gryffindortisch abbog. Vielleicht waren Angriffe auf die Carrows nicht der Weg zum Widerstand.
Oder zumindest nicht der einzige.
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