60. Carrow

60. CARROW

Die Glocke, die das Ende der Stunde signalisierte, hallte wie ein Donnerschlag durch den stillen Klassenraum. Alle Blicke lagen auf Neville, ruhig und selbstsicher und mit geradem Rücken. Schüchterner, tollpatschiger Neville, den es nicht mehr gab.

Eine Frage, nur eine Frage.

Eine einzige Frage hatte Neville gebraucht, um Alectos Reden zu enttarnen. Um das ganze Lügengespinst einzureißen, um zu zeigen was sie alle bereits gewusst hatten. Dass keine Wahrheit in Alectos Worten lag.

Alecto schien sprachlos zu sein, ihr Mund klappte hilflos auf und zu.

"Schnell raus hier", zischte Inga Emily zu und griff nach ihren beiden Taschen.

Emily sprang auf die Füße und zog gemeinsam mit Hannah Neville aus dem Klassenzimmer, sie mussten schnell sein, bevor Alecto noch auf die Idee kam Neville zu bestrafen. Gryffindors und Hufflepuffs nahmen Neville in ihre Mitte, leiteten ihn geschützt zwischen ihnen aus dem Raum. Die Ravenclaws beeilten sich ihnen zu folgen. Niemand sprach ein Wort, nicht mal auf dem Flur, als sie sich alle schnellen Schrittes von Alectos Klassenzimmer entfernten.

Erst ein Stockwerk unterhalb, blieben sie alle stehen, fühlten sich wenigstens ein bisschen in Sicherheit. Da war Gelächter, erleichtert und hell, und Aufregung, rote Wangen und Adrenalin.

"Das war genial, Neville." Seamus haute Neville auf die Schulter und lachte.

Neville grinste schwach und knickte etwas unter der Wucht von Seamus Schlag ein. "Ich hab doch nur eine Frage gestellt."

"Und was für eine Frage", meinte Emily begeistert. Nevilles Idee war so viel besser, so viel durchdachter gewesen als ihr Impuls einfach aufzuspringen und etwas zu machen. Was hätte sie schon tun können, Alecto ins Gesicht schlagen sollen?

"Und McGonagall kann sich noch nicht mal beschweren", sagte Parvati mit einem Grinsen. "Schließlich hast du nur eine Frage zum Unterricht gestellt."

Alle lachten und für den Augenblick schien Hogwarts so hell und freundlich wie eh und je.

"Wir müssen trotzdem noch Amycus überstehen", warnte Susan.

Lautes Stöhnen antwortete Susan, bevor sich dann doch alle auf dem Weg zum Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste machten. Falsch, dachte sich Emily. Es waren nur noch die Dunklen Künste. Falscher Name, falscher Professor, war ihr Lehrer doch ein Todesser.

Auf dem Weg trafen sie auf Ginny, Luna und die restlichen Sechstklässler, die nun Unterricht bei Alecto haben würden.

"Wie war es bei Alecto?", fragte Ginny leise Emily.

Emily verdrehte die Augen. "Alecto labert absoluten Mist, aber hört sich gerne selbst reden. Und Verteidigung?" Die Sechstklässler hatten nämlich zuerst Verteidigung gehabt.

"Amycus weiß definitiv was die Dunklen Künste sind." Ginny zuckte mit den Schultern. "Sein Gerede über muggelstämmige Hexen und Zauberer ist schwer zu ertragen."

"Viel Glück", murmelte Emily, bevor sie wieder den Anderen hinterher eilte um nicht zu spät zu kommen.

Auch das Klassenzimmer für Verteidigung - nein, falsch, Dunkle Künste, verbesserte Emily sich in Gedanken wieder - war magisch vergrößert worden, damit alle Häuser Platz fanden.Doch statt den Reihen aus dunklen Tischen, zogen sich die Plätze nun wie eine Tribüne entlang einer Wand. In der Mitte des Raumes blieb eine große Fläche frei. Es erinnerte Emily sehr an Bilder aus Muggel-Universitäten, als sie die paar Stufen zu ihrem Platz hochstieg. Die Klappsitze quietschen leise, als sich alle einen Platz suchten. Alle Gespräche waren verstummt, schließlich stand nun Amycs unten auf und beobachtete seine Schülerinnen und Schüler aus dunklen Augen.

"Guten Morgen", sagte Amycus. Seine Stimme war leise, dennoch schnitt sie durch die Stille.

"Guten Morgen, Professor Carrow", kam es von der Klasse zurück, die Erinnerung an seine Schwester noch frisch in ihren Gedanken.

Amycus nickte nur zufrieden. "Ich begrüße Sie zu Ihrer ersten Stunde in den Dunklen Künsten-" So etwas wie Vorfreude leuchtete auf dem breiten Gesicht auf. "Künste, mit denen Sie bisher viel zu wenig zu tun hatten, weil meine Vorgänger allesamt der fälschlichen Meinung waren Ihnen die Verteidigung gegen eben jene Künste beizubringen zu müssen."

Vielleicht wäre Umbridge ihnen geneigter gewesen praktische Unterrichtseinheiten zu geben, wenn es sich um die Dunklen Künste selbst gehandelt hätte, schoss es Emily bei der Erinnerung an die letzte Professorin in diesem Fach, die sie selbst erlebt hatte, durch den Kopf.

"Was meine Vorgänger sträflich außer Acht gelassen haben", fuhr Amycus fort, "oder vielleicht auch nicht wussten, was soll man schließlich von Kreaturen erwarten?" Er lachte auf, begeistert, als ob er einen Witz gemacht hatte.

Einige Schüler lachten mit ihm, während die meisten die Lippen zusammen pressten und schwiegen.

Emily ballte die Fäuste unter dem Tisch. Ihre Wut war nicht in Alectos Klassenzimmer zurück geblieben, sondern schwelte immer noch unter der Haut. Wie konnte Amycus es wagen so überhaupt den einzig fähigen Lehrer sprechen, den sie in diesem Fach gehabt hatten? Aber natürlich, Remus war der einzige Professor in all den Jahren, der keine Verbindung zu den Todessern hatte. Gut, und Lockhart. Aber Lockhart war schon vor seinem Unfall ein unfähiger Zauberer gewesen und zählte nun wirklich nicht als Professor.

"Die Macht liegt nicht in der Verteidigung gegen die Dunklen Künste, nein die Dunklen Künste sind Macht selbst." Eine dunkle, fast schon unheilige Hingabe begleitete Amycus Worte. "Die Dunklen Künste sind mächtiger als Ihr euch vorstellen könnt, unendlich und glorreich. Wer die Dunklen Künste beherrscht, kann vieles erreichen und ich werde euch diese Kunst im kommenden Jahr lehren - in all ihren Facetten."

Ein Schauder rann über Emilys Rücken und ihre Gedanken sprangen zu den Unverzeihlichen Flüchen. Die erste Stunde bei Moody, der am Ende auch nur ein getarnter Todesser gewesen war. Hier im gleichen Klassenzimmer.

"Aber zuerst werde ich Ihr Können und Ihre Fähigkeiten testen", rief Amycus. "Wie Sie sehen, wurde das Klassenzimmer auf meinen Wunsch hin umgebaut, ich lege viel Wert auf Ihre praktischen Fähigkeiten, insbesondere bei Ihrem Jahrgang. Sie werden am Ende des Jahres Ihre Prüfungen ablegen und dann in die wirkliche Welt hinaustreten. Und darauf werde ich Sie vorbereiten."

Genau, damit möglichst viele den Todessern beitraten, kaum, dass sie einen Fuß aus Hogwarts gesetzt hatten oder ihren Eltern folgten, dachte Emily bitter.

Nach und nach rief Amycus die Schülerinnen und Schüler paarweise in alphabetischer Reihenfolge nach vorne um sie in kleinen Duellen gegeneinander antreten zu lassen. Jedes Paar hatte zwei Minuten Zeit um sich gegenseitig zu entwaffnen, während Amycus zusah und sich tatsächlich Notizen machte. Er sagte kaum etwas, rief nur das nächste Paar auf.

Die Gryffindors wechselten irritierte Blicke, hatten sie doch ein ganz anderes Verhalten von Amycus erwartet, aber sie wollten sich auch nicht beklagen.

Noch nicht.

Emily war zumindest froh, dass die Patil-Zwillinge im Alphabet vor ihr dran waren, denn dann war ihre Duellpartnerin Parvati und nicht Pansy Parkinson. Auch wenn ihr Padma nun Leid tat, doch es war vielleicht besser und weniger explosiv als wenn Emily sich mit Pansy duellieren musste, die schon wieder einen gehässigen Blick zur Schau trug.

Die Doppelstunde bei Amycus verging dank der Duelle sehr viel schneller als die Stunden bei seiner Schwester. Dennoch zeichnete sich auf den meisten Gesichter deutliche Erleichterung ab, als sie Amycus und das Klassenzimmer hinter sich lassen konnten. Doch auch auf dem Flur wagte kaum einer sich lachend und lärmend zu unterhalten, wie es sonst nach dem Unterricht üblich war.

Erst als sie die Eingangshalle erreichten und sich unter die Menge der anderen Schülerinnen und Schüler, die ebenfalls in Richtung Große Halle und Mittagessen stürmten, mischen konnten, wagten sie es sich zu unterhalten.

Inga setzte sich zu Neville, Emily und Leo an den Gryffindortisch. „Das war jetzt irgendwie nicht das, was ich von Amycus erwartet habe."

„Ich auch nicht", murmelte Neville. „Er hat Muggel ja noch nicht mal erwähnt."

„Ich glaube allerdings nicht, dass uns das Thema erspart bleibt", sagte Emily mit düsterer Miene. „Amycus hebt sich das Thema bestimmt auf."

„Darauf kannst du wetten." Ginny ließ sich neben Emily auf die Bank fallen. Ihr sommergebräuntes Gesicht war seltsam blass.

Selbst Luna, die Ginny im Schlepptau hatte, sah etwas weniger verträumt als sonst aus. Luna suchte sich einen Platz gegenüber von Ginny.

„Amycus hat genau die gleiche Einstellung zu Muggeln wie seine Schwester", sagte Ginny. „War Alecto bei euch auch so schlecht gelaunt oder ist sie immer so drauf?"

„Der Grund für Alectos schlechte Laune sitzt neben mir." Inga lachte und deutete auf Neville, der rot im Gesicht anlief.

„Leute, die sich mit Alecto anlegen, sind meine liebsten Menschen." Ginny grinste breit. „Was hast du angestellt?"

„Ich habe möglicherweise Alecto gefragt", begann Neville leise, „warum in den letzten Jahren immer eine muggelstämmige Hexe Jahrgangsbeste war, wenn doch angeblich reinblütige Hexen und Zauberer so viel mächtiger sind."

Ginny heulte vor Lachen auf, auch Luna musste schmunzeln. Selbst Emily und Inga lachten bei der Erinnerung an Alectos Gesichtsausdruck, als sie realisiert hatte worauf Neville abzielte.

„Naja, McGonagall hat nie verboten Fragen zu stellen", sagte Emily grinsend.

„Bis auf ihre schlechte Laune, ging es bei Alecto eigentlich", berichtete Ginny, „wir mussten das Flugblatt lesen und dann hat sie sich mit den Slytherins unterhalten. Anscheinend ist einer von denen mit den Carrows verwandt." Sie zuckte mit den Schultern. „Ich war mir nicht sicher, ob ich etwas sagen sollte oder nicht, aber ich hab noch nicht mal die Chance bekommen. Wir wurden einfach ignoriert. Wie war Amycus?"

„Nicht wie erwartet", sagte Inga. „Ich wusste nicht mal, dass Amycus so Wörter wie Facetten überhaupt kennt. Aber es war fast so, als ob er uns was beibringen möchte."

„Die Lehrer sollen uns ja auch etwas beibringen", meldete sich Leo überraschend zu Wort.

„Ob wir das hören möchten, ist eine ganz andere Sache", fügte Inga seufzend hinzu.

„Das ist ja auch der Plan", sagte Leo leise.

Inga, Neville, Ginny, Luna und Emily sahen Leo neugierig an.

„Sie können uns ja auch nicht nichts beibringen", erklärte Leo. „Hogwarts ist immer noch eine Schule und auch die Todesser möchten, dass ihre Kinder, ihre Erben eine ordentliche Ausbildung erhalten. Wenn die Kinder sich bei ihren Eltern beschweren würden, dann würden das auch die Carrows zu spüren bekommen. Sie sind zwar nicht sonderlich kompetent, aber die Dunklen Künste beherrschen die beiden bis zu einem gewissen Grad. Sonst wären sie auch keine gezeichneten Todesser."

Emily nickte. Was Leo sagte, ergab tatsächlich Sinn. Der Schulrat bestand derzeit hauptsächlich aus Todessern, die Kinder in Hogwarts hatten und die wollte natürlich sicherstellen, dass ihr Nachwuchs auch etwas lernte. Dumme Erben konnte niemand gebrauchen.

„Also will Amycus uns alle zu kleinen Todessern ausbilden", fasste Inga es zusammen.

„Über kurz oder lang: ja", erwiderte Leo.

„Aber das ist so falsch", stieß Inga angewidert hervor.

„Das wissen wir", versuchte Emily die Freundin zu beruhigen.

„Genau, wir wissen das", sagte Leo. „Aber die jüngeren Schülerinnen und Schüler vielleicht nicht. Die Erstklässler? Alecto und Amycus sind das erste, was sie über Magie, Muggel und die Dunklen Künste zu hören bekommen."

„Die Todesser sind schon dabei Hogwarts nach ihren Vorstellungen umzubauen", sagte Emily langsam. „"Hagrid darf das Schloss nicht mehr betreten, sie haben uns allen die Bücher genommen, die ihnen nicht passen."

„Und das ist vermutlich nur der Anfang." Jedes Lachen war aus Ginnys Stimme verschwunden.

Neville sah sich hastig über seiner Schulter um, bevor er die Stimme senkte. „Wir sollten darüber nachdenken die DA wieder zusammen zu rufen."

„Ich bin auf jeden Fall dabei", kam es wie aus der Pistole geschossen von Ginny.

Emily warf einen Blick zum Lehrertisch, der Platz des Schulleiters wie so oft in den letzten Tagen leer. Daneben die Carrows und McGonagall, die mit einem Auge ihre Schülerinnen und Schüler fest im Blick zu haben schien, obwohl sie sich mit Professor Sprout unterhielt. McGonagalls Worte und Ermahnungen dieses Jahr aufzupassen, hallten ihr immer noch in den Ohren. Sie fühlte sich der Professorin seltsam verpflichtet. Aber nur weil Dumbledores Armee zurück war, hieß das noch lange nicht , dass sie offen gegen die Carrows rebellierten, oder? „Ich bin auch dabei."

„Klar", sagte Inga. „Einmal DA, immer DA." Sie sah ziemlich vergnügt aus.

Auch Luna und Leo stimmten Neville zu. „Wir sollten uns allerdings hier nicht mehr darüber unterhalten", warnte Leo.

„Ich sende euch eine Nachricht", murmelte Neville.

☽ ◯ ☾

Bevor Neville jedoch zu einem Treffen aufrufen konnte, standen am Wochenende erst einmal die Auswahlspiele für die Quidditchmannschaften an. In der Mannschaft von Gryffindor waren mehrere Positionen mehr oder weniger freiwillig neu zu besetzen, da Harry, Ron und Dean fehlten. Zur neuen Kapitänin war Ginny ernannt worden, die nun nach Bill und Charlie die dritte Weasley an der Spitze des Teams war.

Emily hatte ihren Feuerblitz wieder und war fest entschlossen ihren Platz im Team wieder zurück zu erobern. Das musste sie auch, denn Ginny hatte festgelegt, dass jeder aus dem Team zu den Auswahlspielen antreten musste, egal wie lange er oder sie bereits im Team spielte. Ginny wollte nur die Besten für ihr Team. Emily fand es nur fair.

Gemeinsam mit Inga ging Emily hinunter zum Stadion. Auf den Tribünen tummelten sich schon die Kapitäne der anderen Teams und einige andere Quidditchspieler. Ravenclaws Auswahlspiele hatten gerade eben stattgefunden, die für Hufflepuff und Slytherin am nächsten Tag. Natürlich, alle wollten schon mal schauen, wen die gegnerischen Teams als neue oder alte Spielerinnen und Spieler auswählten. Auch Ginny saß seit dem Frühstück auf der Tribüne und hatte Ravenclaws Auswahlspiele beobachtet.

"Du rockst das." Inga fiel Emily schwungvoll um den Hals und Emily ertrank beinahe in der Masse an Wollschals, denn Inga hatte mal wieder ihren alten Gryffindorschal um den Hals geschlungen, zusammen mit ihrem Hufflepuffschal. Egal, wie mild es heute für einen Septembertag in den Highlands war. "Ich feuer dich an."

"Hmm", murmelte Emily und versuchte lieber ihren Zopf neu zu flechten, denn die Hälfte aller Strähnen hatten sich schon längst wieder gelöst. Alles um die leichte Nervosität zu vertuschen, die Emily seit dem Frühstück ergriffen hatte. Es war echt lang her, dass sie auf ihren Feuerblitz gestiegen war und für Gryffindor gespielt hatte.

"Mensch, du bist die beste Spielerin in Gryffindor", lachte Inga und stupste Emily aufmunternd an. Leider hatte Inga ihre eigenen Kräfte mal wieder überschätzt und Ingas Ellbogen landete eher unsanft in Emilys Seite und sie stolperte zur Seite.

"Inga", zischte Emily und rieb sich über die Seite. "Ich bin kein Klatscher."

"Sorry." Inga machte ein verlegenes Gesicht. "Sag bloß nicht Ginny, dass ich ihre beste Spielerin schon vor dem ersten Spiel kaputt gemacht habe."

Emily verdrehte die Augen. "Schon gut. Und ich bin nicht die beste Spielerin. Ginny ist viel besser."

"Na gut, vielleicht nach Ginny", gab Inga zu. "Aber wenn die später nicht professionell spielt, fresse ich deinen Besen."

Ruckartig schloss Emily ihren Besen in die Arme. "Geh bloß nicht an meinen Feuerblitz."

Inga lachte nur, bevor sie zu den Tribünen hinaufkletterte. "Du machst das schon, Emily. Ich drück dir die Daumen."

Nun musste Emily auch lachen. Sie machte sich auf den Weg zum Spielfeld, wo schon Ginny und ein paar andere warteten.

"Du möchtest wieder als Jägerin spielen, oder?" Ginny hatte ein Klemmbrett in der Hand und notierte geschäftsmäßig Emilys Namen auf ihrer LIste. "Dann kannst du dich zu Demelza stellen."

Emily hatte Demelza bisher nur kurz gesehen, sie wusste nur, dass Demelza im gleichen Jahrgang wie Ginny war.

"Hi Emily", begrüßte Demelza sie fröhlich. "Cool, dass du wieder fit genug bist um Quidditch zu spielen."

"Naja, erst einmal muss ich es wieder ins Team schaffen", meinte Emily lachend, während sie Ginny beobachtete wie Ginny die Namen und Positionen aller weiteren Aspiranten für das Team aufschrieb. Emily hatte jetzt schon das Gefühl, dass Ginny den Job als Kapitänin organisierter anging als ihr Bruder im letzten Jahr.

Demelza schüttelte den Kopf, so dass die rotbraunen Haaren flogen. "Ach, ich glaube das wird was. Wir können auf jeden Fall jede erfahrene Spielerin gebrauchen, die wir kriegen können." Sie zuckte verlegen mit den Schultern. "Letztes Jahr war es zwischendurch etwas chaotisch. Also nichts gegen deinen Bruder."

"Ist schon okay. Ich bin auch nicht immer begeistert von Harry." Was momentan eigentlich eher eine Untertreibung war, dachte sich Emily. "Außerdem bin ich sowieso für mehr Frauen als Kapitäninnen."

"Ich auch." Demelzas blasses Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.

Vor ihnen hatte Ginny nun die letzten Anwärterinnen und Anwärter in Gruppen eingeteilt, auch zu Demelza und Emily hatten sich noch ein paar weitere Gryffindors gesellt. Die meisten hatte Emily schon mal gesehen, konnte aber überhaupt nicht einschätzen wie gut sie Quidditch spielten.

Auf jeden Fall beneidete Emily Ginny nicht um ihren Job, als sie zusah wie Ginny mit lauter Stimme eine Horde Erstklässler zurecht wies, die nur am Kichern waren. Ginnys Stimme dröhnte auch ohne Zauber über das riesige Feld.

"Meinst du wir sagen das noch, wenn wir die ersten Trainings überlebt haben?", flüsterte Demelza Emily zu, als Ginny nun auch die Jägerinnen erst einmal an den Rand beorderte, weil zuerst die Sucherinnen und Sucher spielen sollten.

"Ginny hat sechs ältere Brüder", meinte Emily nur, lachend. "Was erwartest du von ihr?"

Am Ende musste sich Emily eingestehen, dass sie ein weniger hartes Auswahltraining erwartet hatte. Ginny ließ jede Gruppe erst mehrere Runden fliegen, bevor sie von jeder Gruppe ausgewählte Manöver verlangte. Dann wurden spezifische Spielzüge getestet, was bedeutete dass Demelza, Emily und die anderen Jäger endlos über das Feld sausten und sich Pässe zuwarfen. Dann ging es ans Tore werfen und wer weniger als drei Tore schoss, kam vermutlich gar nicht erst in Ginnys engere Auswahl.

Emily war heilfroh, als Ginny endlich das Signal zum Landen gab. War Quidditch schon immer so anstrengend gewesen oder war der ganze Schokoladenkuchen von Sirje Schuld an ihrer schlechte Form?

"Vielen Dank, dass ihr euch alle für das Team gemeldet habt", verkündete Ginny, ihr Klemmbrett wieder in der Hand. Ein Bleistift steckte in dem unordentlichen Dutt auf ihrem Kopf und auch ihr Gesicht zierten ein paar Schweißperlen. "Wir haben leider nur sechs freie Plätze, daher kann ich nicht allen von euch einen Platz anbieten. Ein paar von euch kommen in die Reserve und haben so vielleicht eine Chance ins Team aufzurücken."

Die alten und neuen Treiber waren Jimmy Peakes und Richie Coote, die unter Beifall nach vorne zu Ginny traten. Sie waren ebenfalls im sechsten Jahr.

Neue Sucherin wurde Imogen Grey, eine Viertklässlerin. Mit ihrer schmalen Statur, war sie unglaublich flink und wendig auf dem Besen gewesen und hatte die Konkurrenz hinter sich gelassen. Ginny schien erleichtert zu sein eine gute Sucherin gefunden zu haben, sie wäre auch wieder als Sucherin eingesprungen, wenn sich niemand anderes gefunden hätte. Aber ihr Herz hing an einer anderen Position.

Josh McCallahan, ein Fünftklässler mit breiten Schultern und blonden Locken wurde Hüter. Imogen konnte sich locker zweimal hinter ihm verstecken.

"Als Jägerinnen darf ich wieder begrüßen", rief Ginny grinsend, "Demelza Robbins und Emily Potter."

"Wusste ich's doch", schrie jemand von der Tribüne und Emilys Wangen färbten sich knallrot, als sie Ingas Stimme erkannte.

Unter großem Gelächter, traten auch Demelza und Emily zum Team. Gelächter, dass schnell verschwand, denn Ginny setzte hinter die Auswahlspiele gleich noch ein Training für ihre Mannschaft, schließlich war das Feld gerade frei.

Mit brennenden Muskeln, windzerzausten Haaren und dreckigen Klamotten schleppte sich Emily spätnachmittags mit Ginny, Demelza und Imogen in die Mädchenumkleide.

"Ginny, von wem hast du eigentlich diese Foltermethoden gelernt?", seufzte Emily, als sie sich endlich auf die Bank fallen lassen konnte und eine Flasche Wasser auf Ex trank.

Ginny grinste nur. "Habs mir selbst ausgedacht. Ich will den Quidditchcup gewinnen. Nächstes Jahr auch, dann habe ich nen Triple und bin besser als Bill und Charlie."

"Heiliger Merlin, steh uns bei." Demelza sank neben Emily auf die Bank. "Meinst du wir können mit dir mithalten, Ginny?"

"Wenn ich mit euch fertig bin, klar." Ginnys Grinsen wurde nur noch breiter. "Ich erstell euch noch Trainingspläne, dann könnt ihr Hagrids Kürbisse alleine stemmen."

"Wir starten mit kleinen Kürbissen", beruhigte Emily Imogen, die noch etwas schüchtern den älteren Mädchen zuhörte.

"Für dich habe ich auch erst die kleinen Kürbisse eingeplant, Emily."

Emily klappte der Mund auf, nur weil sie immerhin einen halben Kopf größer als Imogen war.

"War nen Scherz, Emily", sagte Ginny lachend, "du kriegst natürlich die größten Gewichte, du bist schließlich die Älteste."

Imogen und Demelza lachten nur als Emily Ginny mit der leeren Flasche abwarf, doch auch die beiden mussten lachen. Emily hatte diese selbstverständliche Kameraderie so sehr vermisst und vielleicht, vielleicht würde das Jahr in Hogwarts gar nicht so schlimm werden.

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