55. Bereit

55. BEREIT

Ein paar Tage später, stand für Emily und Sirius ein weiterer Besuch in der Winkelgasse an. Sirius hatte für Emily einen Termin bei Gringotts vereinbart, denn nun da Emily und Harry in der Zaubererwelt volljährig waren, hatten sie das Recht über ihr Geld, über ihr Erbe selbst zu bestimmen.

Nachdem es noch früh war, lag die Winkelgasse verlassen da und Emily und Sirius konnten unbehelligt die Bank betreten. Emily war bisher nie in der Bank gewesen, das Geld abheben hatte immer jemand anders für sie erledigt. Umso faszinierter sah sich Emily in der riesigen Eingangshalle um, die mit eleganten Läufern, blitzenden Kronleuchtern und sehr viel teurem Marmor ausgestattet war. An den Wänden entlang reihten sich die Bankschalter aus dunklem Mahagoniholz, an denen bereits zahlreiche Kobolde arbeiteten und die Neuankömmlinge mehr oder weniger verstohlen musterten.

Sirius hingegen schenkte den Kobolden keinen weiteren Blick, sondern schritt auf den großen Empfangsschalter zu, an dem ein Kobold in rot-goldener Uniform bereits auf sie wartete und sie mit kritischen Blicken begutachtete.

"Guten Morgen", sagte Sirius kühl. Mit den gut geschnittenen Roben, aus feinem, weichen Stoff und der geraden Haltung, sah er wie das Oberhaupt einer reichen, einflussreichen Familie aus. "Wir haben einen Termin um Neun."

Emily vergaß nämlich nur allzu leicht, dass Sirius nicht nur Sirius war, sondern inzwischen auch tatsächlich das Oberhaupt der Blacks. Aus was für einer Familie Sirius stammte und welche Erziehung er niemals ganz verleugnen konnte.

Der Kobold nickte nur. "Bitte geben Sie mir Ihre Zauberstäbe um Ihre Identität zu prüfen. Dies ist eine neue Vorschrift des Ministeriums." Mit keiner Regung verriet der Kobold, was er davon hielt, dass sich das Ministerium in die Angelegenheiten von Gringotts einmischte.

Emily reichte dem Kobold ihren Zauberstab, der ihn neugierig beäugte. "Ein Gregorovitch", murmelte der Kobold, "sieht man selten hier. Interessant."

Der Kobold wirkte etwas unheimlich, deshalb sparte Emily sich eine Antwort. Außerdem wollte sie nicht unbedingt erklären, wie eine junge Britin an einen Zauberstab von Gregorovitch aus Prag kam, wenn doch alle anderen einen Zauberstab von Ollivander hatten. Auch Sirius Zauberstab wurde genauestens geprüft, obwohl Emily keine Ahnung hatte woran der Kobold erkennen konnte, dass es ihre Zauberstäbe waren.

"Sehr wohl, Miss Potter und Mr Black", sagte der Kobold und gab den beiden ihre Zauberstäbe zurück. Emily fühlte sich direkt wohler mit dem Zauberstab in der Hand. "Gornuk wird sich jetzt um Ihre Angelegenheiten kümmern." Er deutete auf den Kobold, der unbemerkt neben dem Tresen aufgetaucht war.

"Kommen Sie bitte mit." Gornuk führte Emily und Sirius aus der Empfangshalle in einen schmalen, aber nicht weniger teuer ausgestatteten Flur, der zu Gornuks Büro führte. Auch das Büro glänzte vor lauter Marmor und teurem Mahagoniholz.

Emily war sich sicher, dass die ganzen Möbel sogar noch teurer waren als die Möbel von Sirius Mutter am Grimmauldplatz oder in dem Landsitz der Blacks. Wenn man jedoch die Feindseligkeiten und Schwierigkeiten zwischen Kobolden und Zauberern bedachte, konnte Emily fast verstehen, dass die Kobolde so versuchten Eindruck zu erwecken. Und es auch schafften, zumindest bei Emily.

"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte Gornuk, nachdem sie Platz vor seinem Schreibtisch genommen hatten.

"Miss Potter ist kürzlich volljährig geworden", sagte Sirius mit fester Stimme, "und möchte sich deshalb einen Überblick über die finanzielle Lage ihrer Familie verschaffen."

"Mr Potter ist verhindert, nehme ich an?", fragte Gornuk.

"Mr Potter hat seine Schwester in allen Angelegenheiten, die die Finanzen der Familie Potter betreffen, bevollmächtigt für beide zu entscheiden", erklärte Sirius.

Emily war heilfroh, dass Sirius sie begleitete, denn ohne ihn wäre sie vermutlich vollkommen überfordert gewesen zwischen dem förmlichen Auftreten und dem Vermögen. Und tatsächlich wartete ein Vermögen auf die Zwillinge, dass ihre Vorfahren hauptsächlich mit Zaubertränken und Haarpflegeprodukten erwirtschaftet hatten. Emily fand es immer noch eine riesige Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet Harry und sie von diesen Leuten abstammten, hatten sie beide doch weder ein großes Talent für Zaubertränke, noch perfektes Haar.

Es dauerte ziemlich lange bis Gornuk Emily erklärt hatte, welche Firmenanteile, Aktien und Patente den Potters gehörten, was sich an Schmuck und anderen Antiquitäten in dem Familienverlies befand. Darüber hinaus gab es noch Verliese für Emily und Harry, die dafür gedacht waren sie bis zum siebzehnten Lebensjahr zu versorgen. Wenigstens hatten weder die Dursleys noch das Waisenhaus gewusst, dass es dieses Geld gab, sonst wäre vermutlich nicht mehr viel davon da.

Mit Sirius und Gornuks Hilfe brachte Emily die Unterlagen auf den neuesten Stand, bekam eine Inventarliste und aktualisierte einige Investitionen, damit sie einen besseren Gewinn erzielten. Außerdem nutzte sie das Geld um einige neue Investitionen zu tätigen, deswegen war sie ja schließlich hier. Emily hatte sich sogar eine Liste gemacht.

Sich ein Beispiel an Sirius Auftreten nehmend, erklärte Emily dem anfangs etwas verdutzten Kobold mit fester Stimme, dass eine große Summe auf ein Nummernkonto der Schweizerischen Banque magique überwiesen werden sollte. Dort unterhielt Lilium nämlich ihr einziges Konto, was die Organisation und ihre Aktionen finanzierte.

Weiterhin ging eine gewisse Summe auf das Konto von Wendell und Monica Wilkins in Australien, getarnt als Startkapital für australische Neubürger. Schließlich hatte niemand anderes als Emily die Pässe gefälscht, während Lilium den Begleitschutz gestellt hatte. Nur Hermine wusste nichts von Emilys Beteiligung.

Ein weiteres Anliegen Emilys war die Forschungsarbeit von Damocles Belby. Mit dieser Zuwendung würde Belby ein weiteres Projekt zur Verbesserung des Wolfsbann-Trankes finanzieren können.

Natürlich spendete Emily dem Drachenreservat eine größere Summe. Schließlich sollten die Drachen keinen Hunger leiden, nur weil Moreau bei seinen Forschungen schon wieder die Geräte zerstört hatte. Außerdem wollte sie den nicht mehr ganz so kleinen Rubeus gut versorgt wissen. Sie durfte nur Yuna, Charlie und all den anderen nicht davon erzählen, sonst würde sie das ihr ganzes Leben vorgehalten bekommen.

Als letztes gingen mehrere tausend Pfund an das Waisenhaus in London. Natürlich nicht direkt, denn sonst würde das Geld nicht bei den Kindern ankommen, sondern an eine Baufirma, die das alte Haus renovieren würde und eine Agentur, die weiteres Personal bereitstellen würde. Das Waisenhaus war nämlich in keinem besseren Zustand, als Emily es verlassen hatte.

Sirius zuckte zusammen, als Emily das Waisenhaus erwähnte. Emily tat es fast schon Leid, dass sie in an ihre Zeit im Waisenhaus erinnern musste, aber es war ihr seltsam wichtig, dass es vielleicht ein paar andere Kinder besser als sie haben würde, schließlich konnte nicht jeder in eine magische Welt flüchten und dort seine Familie finden. Sie fühlte sich immer noch ein bisschen schuldig dafür, dass sie damals nur Linus ein besseres Leben ermöglichen konnte.

Gornuk versprach Emily alle Transaktionen in die Wege zu leiten, natürlich mit aller Verschwiegenheit, für die Gringotts bekannt war. Zudem reichte er Emily einen kleinen Sack Galleonen aus ihrem Verlies, damit sie etwas Geld für Hogsmeade mit nach Hogwarts nehmen konnte.

"Danke", sagte Emily und reichte Gornuk im Gegenzug einen Stapel Pergament, fein säuberlich gebunden und mit einem großen Siegel versehen. Natürlich waren die Papiere auch noch mit weiteren Schutzzaubern versehen, damit sie nicht gefälscht werden konnten. "Dies ist das Testament von meinem Bruder und mir."

Emily war stolz darauf, dass ihre Hände nicht zitterten, als Gornuk die Papiere entgegennahm. Zusammen mit Bill, Sirius und Elliott Sayre hatte Emily die letzten Tage damit verbracht das Testament aufzusetzen. Eine gruselige Vorstellung mit siebzehn seinen letzten Willen aufzuschreiben, aber sie waren nun einmal in einem Krieg.

Emily kannte die Geschichten des ersten Krieges, der Kinder des Krieges nur allzu gut. Niemand war sicher in diesen Zeiten.

Und Emily kannte die Wahrheit. Die Wahrheit, dass ihr Bruder die meistgesuchteste Person der britischen Zaubererwelt war, der Auserwählte und Voldemorts Erzfeind.

Die Wahrheit, dass die Todesser auch genauso hinter ihr her waren.

Emily wollte auf keinen Fall, dass ihr Geld auch noch in die Hände der Todesser fiel, sollte ihr oder Harry etwas passieren. Sie musste auf alles vorbereitet sein und deshalb hatte sie diese Vorkehrungen getroffen.

Dennoch war Emily erleichtert, als sie die Bank verlassen und in die Sonne der Winkelgasse treten konnte.

"Ein bisschen gruselig finde ich die Kobolde ja immer noch", murmelte Sirius und schüttelte sich wie ein nasser Hund.

"Ich finde Erwachsensein ist ganz schön anstrengend", stöhnte Emily und schüttelte ihre Hand aus. Von den Millionen an Formularen, Vollmachten und Kontoanweisungen, die sie hatte unterschreiben müssen, hatte sie schon fast einen Krampf in der Hand bekommen. Ganz zu schweigen von ihrem Kopf, der vor lauter Zahlen nur so schwirrte.

Sirius lachte. "Man gewöhnt sich irgendwann dran. Aber du machst dich schon ganz gut." Ein bisschen Stolz sprach aus seinen Worten.

"Können wir ein Eis essen gehen?", fragte Emily. Die Sommerhitze hatte kaum nachgelassen.

"Fortescues ist geschlossen", erwiderte Sirius grimmig. "Florean wurde letzten Sommer entführt und seitdem nie wieder gesehen."

Entsetzt sah Emily Sirius an. Sie mochte Florean Fortescue, schließlich hatte er an Harry und sie im Sommer vor ihrem dritten Jahr ihr Körpergewicht an Eis verfüttert und mit historischen Fakten ausgeholfen. "Was wollten die denn ausgerechnet von Fortescue?"

Sirius zuckte mit den Schultern. "Das ist eine Frage, die wir uns schon öfters gestellt haben. Und nicht nur bei Florean."

Plötzlich war Emily trotz der Hitze irgendwie kalt und sie rieb sich über die Arme. "Dann lass uns lieber heim."

"Nichts lieber als das."

***

Emily wollte sich eigentlich am Wohnzimmer vorbei schleichen, doch Sirius schien nur auf sie gewartet zu haben, denn er tauchte im Flur auf, kaum dass Emily einen Schritt auf der Treppe gemacht hatte. Dabei knarzten die Stufen noch nicht mal. Emily versuchte ihren leisen Seufzer zu verbergen und setzte lieber ein Lächeln auf. Es war ja nicht so, dass Sirius ihr verbieten würde zu gehen, aber sie hatten schon mindestens siebzehn Mal über dieses Thema gesprochen und ein weiteres Mal musste Emily sich Sirius Ausführungen nicht anhören.

"Ich bin dann mal weg", sagte Emily und nahm ihre Jacke vom Garderobenständer im Flur. "Euch viel Spaß heute Abend." Tonks und Remus waren mit Teddy da, eigentlich wollten sie nur fürs Abendessen vorbeischauen, aber vermutlich würden sie mal wieder im Gästezimmer übernachten, weil es schon so spät wurde.

"Pass auf dich auf, Emily, ja?" Sirius lehnte im Türrahmen und betrachtete Emily besorgt.

"Du bist wie eine Glucke, Sirius", sagte Tonks lachend, die mit Teddy auf dem Arm, neben Sirius aufgetaucht war. "Lass Emily doch ihren Spaß."

Emily warf Tonks einen dankbaren Blick zu. "Ich bin ja nur bei Fred und George."

"Auf einer Party", ergänzte Sirius.

"Partys sind gut." Tonks stieß Sirius ihren freien Ellenbogen in die Rippen. "Bleib mal locker."

Sirius jaulte vor Schmerz auf, während Teddy nur gluckste. Auch Tonks und Emily konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen, was Teddy noch mehr dazu brachte zu lachen.

"Ich hoffe, du wirst dich irgendwann auch auf Partys schleichen wollen", murmelte Sirius Teddy zu, dessen Haare sich blitzschnell schwarz färbten, "und deine Mutter will dir nur ein paar gut gemeinte Ratschläge mit auf den Weg geben."

"Da haben wir noch ein paar Jahre Zeit", sagte Tonks und vergrub ihr Gesicht in Teddys Haaren. "Erst mal bleibst du so klein und süß, nicht wahr?"

Teddy antwortete damit, dass er kräftig an Tonks Haaren zog. Was nun wiederum Sirius zu schallendem Lachen brachte.

"Ich geh dann jetzt mal wirklich." Emily schob sich weiter in Richtung Tür, lieber ausnutzen, wenn Teddy alle um seinen kleinen Finger wickelte. Aber der Kleine war halt auch einfach zu süß. "Bis später."

"Denk daran: nicht betrunken apparieren", rief Tonks Emily hinterher.

"Und wenn etwas ist, kannst du immer eine Nachricht schicken", fügte Sirius noch hinzu.

"Danke euch." Mit diesen Worten schloss Emily die Tür hinter sich und lief auf die Grundstücksgrenze zu, um von dort aus zu Fred und George zu apparieren. Das hatte sie sich auch alles irgendwie leichter vorgestellt. Sie wollte doch nur auf die Party bei Fred und George gehen.

Schnell apparierte Emily in den Hinterhof von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und traf dort auf Inga, die auch gerade erst angekommen sein musste.

"Schicksal", lachte Inga und umarmte Emily. "Komm, lass uns rauf gehen."

"Irgendwie komisch auf eine Party zu gehen", murmelte Emily, als die beiden die Treppen zur Wohnung hochstiegen.

"Warum?", fragte Inga. "Weil wir in einem Krieg sind?"

"Irgendwie ja", erwiderte Emily mit einem Schulterzucken. Es war kein richtiges schlechtes Gewissen, dass sie bei dem Gedanken an die Party hatte, aber ganz wohl war ihr nicht dabei.

"Ich verstehe was du meinst", sagte Inga leise. "Aber wir können doch nicht aufhören zu leben, oder? Für mich würde es sich zumindest komisch anfühlen, wenn ich mich verstecke und mich nicht mehr aus meinen Haus raustraue? Ein bisschen als hätten die anderen schon gewonnen."

"Ich hoffe nur, dass Harry, Ron und Hermine gut geht", gab Emily zu. Seitdem Harry ihr die Karte und die Münzen geschickt hatte, hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als davon auszugehen, dass es den dreien gut ging.

"Klar, geht es denen gut", beruhigte Inga Emily. "Sie haben Hermine und zweihundert Dosen Ravioli."

"Nicht so beruhigend."

"Hermine oder die Ravioli?"

"Die Ravioli natürlich", lachte Emily.

"Falls es dich beruhigt, wir machen ja nicht nur Party", sagte Inga. "Es ist ja auch ein Treffen von Lilium."

Das hatte Emily fast schon wieder vergessen: es war das erste Mal, dass Inga und sie ein größeres Treffen von Lilium besuchen durften. Emily kannte nur die kleineren Treffen aus dem Reservat und Inga hatte bisher noch niemanden von Lilium kennen gelernt. Den Schwur hatten Lasse und Ari ihr abgenommen und die beiden kannte sie bereits.

Inga wippte auf ihren Fußspitzen auf und ab, bevor sie an die Tür klopfte.

Ein roter Schopf tauchte in dem Türspalt auf, doch die tiefere Stimme verriet, dass es Charlie war und nicht einer der Zwillinge, der ihnen die Sicherheitsfragen stellte. Emily schalt sich leise, das sie unten im Hof nicht Ingas Identität geprüft hatte. Sie musste vorsichtiger werden.

Fred und Georges Wohnung war bereits rappelvoll, aber das war auch nicht so schwierig, schließlich bestand die Wohnung aus zwei kleinen Schlafzimmern, einer Küche, Wohnzimmer und Badezimmer. Die Wände waren in leuchtenden Farben gestrichen, die oft mit den kunterbunten Möbeln in Kontrast standen, aber es passte zu den beiden.

Charlie schickte Emily und Inga in die Küche, wo schon die meisten waren, schließlich standen dort Essen und Getränke. "Nehmt euch was mit, dann können wir gleich mit den Besprechungen anfangen."

In der Küche wurden Emily und Inga mit großem Hallo empfangen. George drückte beiden direkt ein Butterbier in die Hand und die anderen rückten ein Stück auf um Platz für die beiden zu machen.

"Hier ist dein versprochener Geburtstagskuchen." Sirje war ebenfalls hier und reichte Emily ein Stück vom Schokoladenkuchen.

"Echt?" Emily strahlte Sirje an. "Ich liebe dich, weißt du was?"

"Lieben wir nicht alle Sirje für ihren Kuchen?" Charlie kam in die Küche und stellte noch einen weiteren Kasten Butterbier auf die Theke.

"Hey, ich liebe Sirje auch noch wegen ihren anderen Werten", protestierte Yuna lautstark zum Gelächter der Anderen, während Sirje knallrot wurde. Yuna zog ihre Freundin in die Arme und küsste sie, was die meisten zu noch mehr zum Lachen brachte.

Emily lauschte glücklich dem Geplänkel und stopfte sich gleich ein weiteres Stück von Sirjes Schokoladenkuchen rein. Hier in der kleinen Küche, kam es ihr fast wieder wie die Abende in Sirjes Küche im Reservat vor. Ein bisschen vermisste sie schon das Leben im Reservat. Und vielleicht noch mehr die Freunde, die sie dort gefunden hatte.

"Sind alle da?" Ari steckte den Tür zur Küche rein. "Können wir anfangen?"

"Ich glaub schon", antworte George. "Zumindest alle, die zugesagt haben." Er sprang vom Fensterbrett runter, auf dass er sich zusammen mit Inga gequetscht hatte und klatschte in die Hände. "Lasst uns ins Wohnzimmer gehen."

Neben dem Kamin fanden Emily und Inga noch ein Plätzchen auf dem Boden, die beiden Sofas und alle Stühle waren bereits belegt. Die meisten hatten es sich auf einfach irgendwo bequem gemacht. Emily winkte Angelina, Katie und Tamsin zu, die es sich auf einem der Sofas bequem gemacht hatten. Auf der Lehne hockte Oliver Wood, den Emily beinahe nicht mehr erkannt hatte hinter dem Drei-Tage-Bart und den breiten Schultern.

Es überraschte Emily wenig, dass ausgerechnet die drei Mädchen zu Lilium gehörten, waren sie in der Schule doch auch schon Teil von Dumbledores Armee gewesen. Und auch Oliver war nicht der Typ, der tatenlos zusah. Zumindest solange er nicht von Quidditch besessen war.

Lee Jordan war ebenfalls hier, die Haare immer noch in Dreadlocks. Er grinste Inga zu, die nur lachte. Die beiden verstanden sich trotz der Trennung weiterhin gut.

Ein paar Leute kannte Emily nicht namentlich, sie war sich nur sicher, dass sie auch mal in Hogwarts gewesen waren. Vermutlich waren sie in den Jahrgängen über ihr gewesen, denn Inga und sie schienen die Jüngsten hier zu sein.

Auf der anderen Seite des Raumes stand Ari auf und klatschte in die Hände. Sofort erstarben die leisen Gespräche und alle wandten sich aufmerksam Ari zu. "Danke, dass ihr alle da seid", rief Ari.

Ob Ari wohl die Anführerin von Lilium war, fragte sich Emily, als Ari von dem letzten Flugblattaktion berichtete. Es hatte sich bisher niemand offiziell als Anführer oder Anführerin des Widerstandes zu erkennen geben und Emily war davon ausgegangen, dass Lilium gemeinschaftlich von Ari, Charlie, Yuna und Sirje geführt wurde, nachdem diese die Gruppe gegründet hatten.

Doch Charlie, Yuna und Sirje hielten sich im Hintergrund, während Ari weiter berichtete. Dafür beobachtete Charlie seine Freundin mit unverhohlenen Stolz. Neben Charlie, lehnte Noah an der Wand.

Emily verschluckte sich beinahe an dem Schluck Butterbier und versuchte ihr Husten zu unterdrücken. Natürlich musste Noah gerade jetzt zu Emily herüber schauen. Emily versuchte zu lächeln, doch sie befürchtete, dass es mehr zu einer Grimasse geriet.

Inga beäugte Emily neugierig, sagte aber wenigstens nicht. Zumindest für den Moment, denn Inga würde sie sich sofort nach der Besprechung auf Emily stürzen, dessen war sich Emily sicher.

Lieber wandte Emily ihre Aufmerksamkeit nach vorne, wo inzwischen Fred, George und Lee über ihr neuestes Projekt sprachen. Die drei hatten einen Piratensender gegründet, Potterwatch, der über das Radio für alle frei empfangbar war und die neuesten Nachrichten wahrheitsgetreu berichten wollte. Nachdem der Tagesprophet fest in der Hand des Ministeriums war und somit auch den Todessern unterstand, konnte man dort nur noch gefälschte Propaganda lesen.

Einzig der Klitterer berichtete noch unzensiert, aber dank seines Rufes lasen nicht viele Leute die Zeitung von Lunas Vater. Von daher war es gut, dass es noch eine weitere Quelle gab. Und Radio war überall empfangbar und nicht so auffällig wie Flugblätter oder verbotene Schriften. Selbst in Hogwarts standen überall Radios herum. Emily war froh, dass sie nun auch in Hogwarts Informationen über die Welt außerhalb der Schule empfangen konnte.

"Wenn alles gut geht, gehen wir nächste Woche auf Sendung", berichtete Fred. "Passwort ist Lilium. Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit." Er verbeugte sich übertrieben unter dem Applaus der Anwesenden.

Den Platz der Zwillinge nahm jetzt Charlie ein, in dem er sich einfach zwischen die beiden stellte und sie zur Seite schob. Fred und George setzten gespielt verletzte Mienen auf, als sie sich zu ihren Plätzen zurück begaben. "Unser eigener Bruder", murmelte Fred, während Charlie, ganz der große Bruder, nur die Augen verdrehte.

"Ich wollte nur Bescheid geben, dass die Entwicklung unseres Kommunikationsmittel gut vorangeht", sagte Charlie. "Ich denke, dass wir euch bis Ende des Monats die Galleonen zur Verfügung stellen können."

Ingas Kopf wirbelte zu Emily herum. "Hast du damit was zu tun?", flüsterte Inga.

Emily grinste nur und zuckte mit den Schultern. Es war irgendwie schön zu sehen, dass sie einen Beitrag zur Arbeit von Lilium leisten konnte, der sinnvoll war. Sie musste sowieso noch mal mit Ari reden, wie sie am besten weiter fälschen konnte, sobald sie in Hogwarts war. Aber das wollte Emily später machen, wenn sie Ari in einem ruhigen Moment abpassen konnte. Schließlich wussten nicht viele, dass Emily die Fälscherin war und das sollte auch so bleiben. Es beruhigte Emily zumindest schon einmal, dass es mit Dawn jemanden gab, der notfalls auch ihren Job übernehmen konnte. Sie mussten auf alles vorbereitet sein.

Nach Charlies Bericht schien der offizielle Teil der Versammlung vorbei zu sein, denn Lee drehte die Musik auf und die Leute verteilten sich wieder auf die Wohnung. Niemand konnte mehr ahnen, dass hier noch vor wenigen Minuten ein Widerstandstreffen stattgefunden, anstatt einer Party. Fred und George waren die perfekten Gastgeber für so ein Treffen, niemand wunderte sich, wenn ihre zahlreichen Freunde hier ein und aus gingen.

"Ich glaube, dass wird heute schon wieder nichts mit einem Duell." Emily grinste Noah an, der neben ihr in der Küche stand.

Noah lachte. "Ich glaube auch. Selbst Fred und George dürften etwas dagegen haben, wenn wir ihre Wohnung in Schutt und Asche legen."

"Ein kleines bisschen vielleicht", erwiderte Emily. "Es sei denn, du möchtest einen Rückzieher machen?"

"In deinen Träumen", schnaubte Noah. Doch in den blauen Augen blitzte der Schalk auf. "Es sei denn, du traust dich nicht mehr."

Emily machte eine abwehrende Handbewegung. "Oh bitte. Dich besiege ich locker."

"Auch ohne Instant-Finsternispulver?"

"Natürlich."

Die beiden grinsten sich an. Noah hob seine Butterbierflasche. "Dann auf unser Duell, Emily."

Emily stieß mit Noah an, bevor sie einen tiefen Schluck Butterbier nahm.

"Gehörst du eigentlich zu den Weasleys?", fragte Noah. "Ich mein, deinen richtigen Vornamen kenne ich ja."

"Ne." Emily schüttelte lachend den Kopf. "Nicht alle rothaarigen Zauberer in England sind Weasleys." Emily konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft sie für einen der Weasleys gehalten wurde. Nicht, dass es sie störte, sie war sogar stolz darauf für eine Weasley gehalten zu werden. "Da musst du wohl weiter raten."

"Werde ich machen", sagte Noah. "Was-"

Noah wurde unterbrochen von Fred, der in die Küche platzte und brüllte: "Leute, es sind wieder Sternschnuppen zu sehen. Wir können alle guten Wünsche gebrauchen, also ab auf die Dachterrasse mit euch." Schon war er wieder verschwunden und dann hörte man seine Stimme aus dem Wohnzimmer.

Emily fand es etwas schade, dass sie sich nicht mehr mit Noah unterhalten konnte, denn in dem plötzlichen Chaos, das ausbrach, verloren sie sich aus den Augen. Es dauerte, bis sich alle unter großem Gelächter durch den schmalen Flur und die enge Stiege hoch auf das Dach zwischen Gauben und Schornsteinen gequetscht hatten. Aber am Ende fand jeder ein Plätzchen und hatte sein eigenes Butterbier wieder in der Hand.

Die Nachtluft war immer noch warm und die Winkelgasse und London lagen glitzernd vor ihnen, während über ihnen die Sterne leuchteten und fielen und fielen.

So viele Wünsche.

So viele Wünsche an die Sternschnuppen, dass sie alle den Krieg heile überstehen würde, dass ihre geliebten Menschen leben würden.

So viele Wünsche, dass der Krieg bald vorbei sein würde.

"Lang, lang ist her." Fred und George waren neben Emily aufgetaucht.

"Ja", murmelte Emily, ohne den Blick vom Himmel zu nehmen. Sie wollte keinen Wunsch verpassen. Wollte einen Wunsch für jeden ihrer Liebsten. Dabei hatte sie schon fast vergessen, dass im August die Perseidenschauer waren. Und noch tiefer vergraben waren die Erinnerungen an lang vergangene Nächte im Fuchsbau.

So viele Jahre waren vergangen. So viele Erlebnisse seit damals. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen, genauso wenig wie Fred und George die Zwillinge waren, die nur den nächsten Streich im Kopf hatten. Sie alle waren nun Kämpfer in diesem Krieg. Hatten ihren Rolle, ihre Aufgabe.

Und Emily war bereit.

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Das ist irgendwie eins meiner Lieblingskapitel aus Anathema. Und es ist das letzte Kapitel, bevor Emily nach Hogwarts zurück kehrt. Danke für euren vielen Votes, Kommentare und euren Support :)

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