50. Ein Wiedersehen

50. EIN WIEDERSEHEN

Emily seufzte erleichtert auf, als die Schutzzauber um das Haus der Diggles elektrisch auf ihrer eiskalten Haut kribbelten. Sie hatten es geschafft. Endlich.

"Alles in Ordnung bei dir, Emily?", fragte Sirius besorgt, den Helm bereits unter den Arm geklemmt.

Emily nickte nur, während sie versuchte ihre eingefrorenen Gliedmaßen zu bewegen und von dem Motorrad zu klettern. Die Drachenlederjacke hatte zwar die schlimmste Kälte abgehalten, aber der Pullover drüber und die Jeans waren völlig durchnässt von den Wolken. "Bei dir?" Emily musste sich zwingen, dass ihre Zähne nicht klapperten.

"Wir sollten uns beeilen", erwiderte Sirius nur.

Doch da stürzte schon Mrs Diggle aus dem Haus und begrüßte die beiden herzlich. Am liebsten hätte Mrs Diggle, die genauso begeisterungsfähig war wie ihr Mann, ihnen Kaffee, Tee und Kuchen angeboten.

Nur das blaue Aufglühen des Portschlüssels, den ihnen Mrs Diggle reichte, bewahrte Emily und Sirius vor einem längeren Aufenthalt. Was Sirius auch ganz recht war, denn Mrs Diggle war völlig fasziniert von Sirius gutem Aussehen und seiner "dunklen" Vergangenheit. Scheinbar las Mrs Diggle zu oft die Hexenwoche, in der wohl jede Woche über Sirius berichtet wurde.

Hastig legten Emily und Sirius einen Finger auf die alte Teekanne und wurden davon gezogen. Emily, die Reisen per Portschlüssel inzwischen ohne Probleme meisterte, landete sicher auf beiden Füßen im Obstgarten vor dem Fuchsbau. Sirius, der noch das Motorrad transportieren musste, schwankte leicht.

"Endlich", murmelte Sirius, doch Emily war sich nicht sicher, ob sich das darauf bezog, dass sie Mrs Diggle entkommen waren oder dass sie den Fuchsbau heile erreicht hatten.

Sophia und Lasse traten aus dem krummen und schiefen Schatten des Fuchsbaus und gingen auf Emily und Sirius zu. Beide hatten die Zauberstäbe bereits gezogen. Auf Sophias Gesicht war keine Regung zu erkennen.

Emily hatte ihren Zauberstab immer noch in der Hand, in diesen Zeiten konnte man niemals zu sicher sein.

"Sirius, welchen Song haben die Rumtreiber für dich zu deinem siebzehnten Geburtstag gespielt?", fragte Sophia.

Sirius Augen verengten sich. "Dancing Queen", grummelte er. "Danke für den Ohrwurm."

"Immer wieder gerne." Sophias ruhige Maske brach mit einem breiten Grinsen.

"Ich muss dich auch noch was fragen", protestierte jedoch Sirius. "Sophia, wen hast du damals im Wald gefesselt zurück gelassen?"

Sophia hob eine Augenbraue. "Wilkes. Emmett Wilkes. Aber das wissen inzwischen zu viele."

"Emily, was hast zu zerstört, als wir uns das letzte Mal gesehen haben?" Lasse übernahm die Sicherheitsfrage für Emily. Seine blauen Augen funkelten belustigt, was Emily viel zu sehr an seine jüngere Schwester erinnerte.

"Ein Fenster", sagte Emily seufzend. "Und ich habe euch nicht gesehen, sondern nur gehört. Gesehen haben wir uns erst am nächsten Tag."

Lasse lachte. "Sehr gut."

"Lasses Identität habe ich bereits überprüft", sagte Sophia und senkte den Zauberstab. "Kommt rein. Ihr beiden seid das letzte Paar, die anderen warten bereits im Wohnzimmer. Stimmt es wirklich, dass Mad-Eye tot ist?"

Sirius nickte langsam. "Ja, ein Todesfluch hat ihn getroffen und er ist gestürzt. Mundungus ist getürmt."

"Mad-Eye war so unverwüstlich", sagte Sophia leise. Mad-Eye war einer von Sophias Mentoren in ihrer Ausbildung zur Aurorin gewesen.

Auch in Lasses Gesicht lag Anspannung, denn er auch war von Mad-Eye ausgebildet worden, genauso wie Tonks.

Mad-Eye war nicht das erste Opfer dieses Krieges aus dem Orden, Emmeline Vance war letztes Jahr ermordet worden. Aber das machte seinen Tod nicht leichter zu ertragen.

"Hilfst du mir mit dem Motorrad, Sophia?", fragte Sirius. "Dann könnt ihr beiden schon einmal reingehen und du kannst dich wieder aufwärmen, Emily."

"Klar." Emily war klar, dass Sirius einen Moment mit Sophia alleine sein wollte.

"Nach dir." Lasse bedeutete Emily vorzugehen.

"Nachdem sich Inga beschwert hat, dass sie noch keine Jacke hat", sagte Emily leise zu Lasse, "gehe ich davon aus, dass sie auch zu Lilium gehört."

Als Lasse nickte, fielen ihm die blonden Haaren in die Stirn. "Ja, Inga hat den Schwur am Beginn der Sommerferien abgelegt. Sie war da sehr fordernd." Er grinste. "Ihr könnt über Lilium reden, aber seid vorsichtig und trefft Vorsichtsmaßnahmen. Achtet dennoch darauf nicht zu viele Details preiszugeben. Inga darf nichts von deinem Auftrag erfahren, ja? Das soll so geheim wie möglich bleiben. Deine Arbeit ist sehr wertvoll für uns."

Trotz der eiskalten Knochen und der Müdigkeit in ihrem Körper, erfüllte bei Lasses Worten warmer Stolz Emily. "Danke."

"Je nachdem wie der Sommer läuft, haben wir auch noch etwas für euch zu tun", sagte Lasse.

Emilys Gesicht hellte sich auf. "Wirklich?"

"Abwarten", erwiderte Lasse vergnügt. "Erst nach der Hochzeit."

Die Hochzeit von Fleur und Bill am ersten August hatte Emily schon fast wieder vergessen. Dabei war das ein weiterer Grund, warum Harry zum Fuchsbau gebracht worden war, denn dann musste nur ein Haus mit mächtigen Schutzzaubern versehen werden. Und ein bisschen konnte Emily ihren Bruder verstehen, denn der Fuchsbau war in all den Jahren auch Heimat geworden.

Im Wohnzimmer herrschte Chaos. Viele zu viele Menschen drängten sich in den kleinen Raum, selbst Hagrid hatte sich hier rein gequetscht. Was es auch nicht viel besser machte. Wenigstens war es wirklich warm hier drin, wenn auch die Luft unglaublich stickig war.

"Was ist passiert?", fragte Emily, als sie bemerkte, dass alle um eins der Sofas herumstanden.

"Snape", sagte Ginny düster, die mit Inga neben Emily aufgetaucht war. "Einer seiner Flüche hat George erwischt. Er hat nur ein Ohr verloren, er hat noch Glück gehabt-" Ihre Stimme verlor sich.

Emily legte einen Arm um Ginny, was ihr viel schwieriger fiel als noch vor einem halben Jahr, denn Ginny war noch einmal ein Stück in die Höhe geschossen. "Also ist Snape tatsächlich zur anderen Seite übergelaufen." Ihre Stimme war ebenso düster wie Ginnys.

"Scheint so", erwiderte Inga und verzog das Gesicht. "Wir sind alle von Todessern angegriffen worden, die müssen gewusst haben, dass wir in dieser Nacht fliegen wollen. Keine Ahnung wer uns verraten hat, Mundungus war es nicht. Der hat nicht das Zeug dazu."

"Ich glaub's auch nicht", sagte Ginny. "Ich bin froh, dass es euch gut geht. Mum war schon ganz gestresst, weil so viele ihre Portschlüssel verpasst haben."

Emily ließ ihren Blick über den versammelten Orden wandern. Sophia und Sirius betraten gerade wieder das Wohnzimmer und wurden sofort von Kingsley und Mr Weasley in eine heftige Diskussion verwickelt. Die vier gehörten zu den ältesten und erfahrensten Mitgliedern des Ordens, würde nun einer von ihnen der neue Anführer des Ordens werden?

Mrs Weasley hockte neben ihrem Sohn, der noch blass auf dem Sofa lag, und flößte ihm immer neue Heiltränke ein. Fred kniete auf der anderen Seite und flüsterte leise mit George.

Harry, Ron und Hermine hatten sich in die andere Ecke verzogen, auch sie flüsterten leise miteinander. Hermine, die Emilys Blick bemerkt hatte, hob den Kopf und lächelte Emily zu. War das etwa als Entschuldigung gemeint, weil Harry sich stur weigerte Emily anzusehen? Er hatte sie nicht mal begrüßt. Dennoch fiel Emily ein Stein vom Herzen, als sie Harry wohlbehalten zwischen Hermine und Ron sitzen sah.

Am Kamin standen Ari, Charlie, Lasse, Yuna und Fleur. Emily war froh, dass alle wieder wie sie selbst aussahen, das Erlebnis in der Küche vom Ligusterweg war komisch genug gewesen. Es schüttelte sie immer noch leicht, wenn sie daran dachte.

Bill kam aus der Küche, in den Händen eine Flasche Feuerwhiskey und Gläser für alle. Es sprach für den Stress des Abends, dass Mrs Weasley nicht protestierte, als er auch Ginny, Emily und den anderen Jüngeren ein Glas Feuerwhiskey einschenkte.

"Auf Mad-Eye." Bill hob sein Glas.

"Mad-Eye", erwiderten sie alle, das Glas zu Ehren Mad-Eyes erhoben.

Und so nahmen sie erneut Abschied von einem großen Zauberer, jeder Abschied seltsam angemessen für den Zauberer. Und erneut stellte sich die Frage nach dem Verrat.

***

"Allerherzlichsten Glückwunsch", murmelte Emily. "Schön, dass wir uns in den Ferien so oft gesehen haben. Schön, dass wir miteinander geredet haben."

Emily pfefferte die Haarbürste wieder zurück auf die Ablage und warf einen vernichtenden Blick auf ihr Spiegelbild. Warum hatte sie ausgerechnet das unzähmbare Potter-Haar geerbt? Und warum war sie noch mal mit Harry als ihrem Bruder gestraft? Der Idiot, der glaubte etwas total Nobles zu tun, wenn er sich weigerte mit Emily zu sprechen?

Harry hatte sich nach dem Toast auf Mad-Eye gleich in Rons Zimmer verzogen und war den ganzen Abend nicht mehr gesehen worden. Von Ginny hatte Emily erfahren, dass Hedwig gestorben war und nur deswegen, hatte Emily darauf verzichtet Harry an diesem Abend zur Rede zu stellen. Sie wusste, wie wichtig Hedwig für Harry gewesen war.

Aber heute Abend würde Emily sich ihn vorknöpfen, komme was wolle. Mrs Weasley hatte den Potter-Zwillingen versprochen eine kleine Gartenfeier auszurichten und Emily würde die Gelegenheit nutzen um Harry zur Rede zu stellen. Sicherlich konnte sie Harry irgendwo abpassen, denn noch nicht mal Harry hatte einen Grund hervor bringen können, warum sie ihren Geburtstag nicht zusammen feiern sollten.

Und wenn sie ihn nicht an ihrem Geburtstag, dann an der Hochzeit am darauf folgenden Tag. Oder an jedem weiteren Tag in den Ferien. Spätestens in Hogwarts würde er ihr nicht mehr aus dem Weg gehen können. Auch wenn da ein leiser Verdacht war, dass Harry nicht mehr nach Hogwarts zurück kehren würde. Umso wichtiger, dass sie mit ihm sprach.

Emily straffte ihre Schultern und verteilte eine großzügige Portion von Seidenglatts Haargel in die Haare. Wenigstens konnte sie die Ironie, dass ausgerechnet ihr Großvater dieses Haargel erfunden hatte, nur um dann an seinen Sohn und seine Enkelkinder das unbezähmbare Haar zu vererben, bewundern. Allerdings wusste sie selbst nicht, warum sie sich überhaupt so viel Mühe machte, ihre glatten Haare würden Harry sicherlich nicht davon überzeugen mit ihr zu reden.

Einen letzten grimmigen Blick in den Spiegel werfend, verließ sie ihr Zimmer und ging hinunter ins Wohnzimmer, wo schon Sophia und Sirius auf sie warteten. Die beiden hatten sich den Tag über alle Mühe gegeben keine schlechte Laune bei Emily aufkommen zu lassen, wofür ihnen Emily auch dankbar war. Sie seufzte, die Dankbarkeit hatte sie den beiden vermutlich nicht wirklich gezeigt.

"Sollen wir los?", fragte Sirius und klatschte begeistert in die Hände.

"Wir sollten wirklich los", meinte Sophia lachend. "Er fragt schon nach dem Kuchen."

Emilys Mundwinkel zuckten. "Dann wird es höchste Zeit."

Die drei verließen das Haus und den Bereich der Schutzzauber, um dann auf einen Hügel nahe des Fuchsbaus zu apparieren. Dort warteten schon Charlie und Ari auf sie. Heute hatte Ari ihre natürliche Haarfarbe, ein dunkles Braun, während Charlie nun auf einmal raspelkurze Haare hatte. Anscheinend hatte Mrs Weasley ihren Sohn in die Finger gekriegt und ihm die Haare geschnitten. Nachdem sie sich alle gegenseitig die Sicherheitsfragen gestellt hatten, geleiteten Ari und Charlie die drei zum Fuchsbau.

Sie erreichten den festlich geschmückten Obstgarten, der hinter dem Fuchsbau lag. Lila Laternen, auf denen groß die Zahl "17" prangte, schweben über den Tischen. In den Bäumen hingen violette und goldene Papierschlangen, selbst die Blätter des Holzapfelbaumes waren golden gefärbt. Auf einem der Tische standen zwei riesige Torten: ein goldener Schnatz und ein roter Quaffel.

Hagrid war auch da, genauso wie Tonks und Remus, der den kleinen Teddy in einer Trage vor der Brust trug. Entweder hatte Remus sich an den Schlafmangel gewöhnt oder Teddy ließ seine Eltern mehr schlafen, denn Remus sah längst nicht so erschöpft aus, wie zuvor. Tonks wirkte mit Kind und Ehemann an der Seite glücklicher als je zuvor, ihr Haar das knalligste Pink, dass Emily je gesehen hatte. Sirius stürzte sich sofort auf Teddy, den Kuchen zumindest für den Moment vergessen.

Von Harry war keine Spur zu sehen.

"Oh, Emily, da seid ihr ja." Mrs Weasley zog Emily in eine Umarmung. "Herzlichen Glückwunsch, meine Liebe."

"Danke Mrs Weasley", murmelte Emily.

"Harry, Ron und Hermine kommen sicherlich auch gleich", sagte Mrs Weasley hastig. "Sie sollten nur noch ein paar Teller holen."

"Ist schon gut." Emily winkte ab.

"Dann können wir dir ja zuerst gratulieren." Inga und Ginny standen neben Mrs Weasley und grinsten. "Endlich 17, Emily. Ich hab lang genug auf dich gewartet." Inga fiel Emily schwungvoll um dem Hals. "Alles Gute zum Geburtstag."

"Ich glaube nicht, dass man das Geburtstagskind kaputt machen sollte, bevor es Kuchen gegessen hat", meldete sich Ginny zu Wort. "Inga, lass Emily los."

"Ich würde das auch sehr schätzen", ächzte Emily und rieb sich verstohlen über die Rippen, nachdem Inga sie doch los gelassen hatte. "Aber danke, Inga."

"Alles Gute, Emily." Auch Ginny umarmte Emily, immerhin nicht so fest wie Inga.

"Ich hoffe nur, dass Emily nicht das gleiche Geschenk bekommt wie ihr Bruder", feixte Inga und grinste Ginny an.

"Was hat Harry denn von dir bekommen?", fragte Emily neugierig.

Ginny zuckte nur mit dem Schultern. "Einen Kuss", verriet sie dann doch breit grinsend.

Emily verzog das Gesicht. "Inga, du bist doch doof."

"Aber Ginnys Selbstbewusstsein hätte ich gerne", sagte Inga. "Ein Kuss. Der auch gleich so gut sein muss, dass er länger reicht."

"Was kann ich da nur sagen?" Ginny zwinkerte Emily und Inga zu. "Ich bin eben gut."

Emily und Inga brachen in Gelächter aus, doch Emily wurde schnell wieder ernst. "Also kehrt Harry nicht nach Hogwarts zurück?"

Ginny runzelte die Stirn. "Du weißt nichts?"

"Nein", stieß Emily zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. "Harry geht mir aus dem Weg, er weigert sich seit Dumbledores Beerdigung mit mir zu reden. Er hat mir ja sogar verboten in den Ligusterweg zu gehen, weil er mich nicht sehen will."

"Ich hab keine Ahnung, was Harry, Hermine und Ron planen", sagte Inga. "Außer, dass sie letztes Jahr zu sehr beschäftigt waren um mit der DA weiterzumachen."

"Ich weiß auch nichts", sagte Ginny langsam. "Zumindest nicht richtig. Ich kanns mir aber vorstellen. Harry hat an Dumbledores Beerdigung mit mir Schluss gemacht."

"Was?" Emily sah Ginny erstaunt an. "Das hat mir auch keiner erzählt."

"Naja, wir sind ja auch davon ausgegangen, dass ihr weiterhin Kontakt habt", antwortete Ginny. "Auf jeden Fall hat Harry mit mir Schluss gemacht, weil er mich schützen möchte. Sagte, dass er noch ein paar Dinge erledigen muss. Alleine."

"Als ob Ron und Hermine ihn irgendwo alleine hingehen lassen würden", murmelte Emily bitter. "Mal abgesehen davon, dass Harry ohne die beiden kaum nen Meter weit kommen würde."

Ginny nickte nur. "Mum vermutet auch schon so etwas, sie hat die ganze Zeit über versucht die drei voneinander zu trennen, hat uns allen dämliche Aufgaben zur Vorbereitung gegeben. Aber trotzdem planen die drei etwas. Wahrscheinlich hat es etwas mit dem Unterricht bei Dumbledore zu tun, den Harry letztes Schuljahr hatte."

Emily ballte die Hände zu Fäusten. Nur weil Harry der von der Prophezeiung Auserwählte war, hieß, dass doch noch lange nicht, dass er alles alleine machen musste. Und warum durften Ron und Hermine alles wissen und sie nicht?

Ich hab gesehen, wie du branntest.

Harrys Stimme echote in Emilys Gedanken und nahm ihr für einen kurzen Moment den Atem. Aber sie wollte doch nur ihrem Bruder helfen.

"Also tut Harry mal wieder etwas fürchterlich Nobles, in dem er beschließt, dass er euch beiden nichts erzählt?" Inga sah zwischen Emily und Ginny hin und her.

"Jep", sagte Emily seufzend.

"Das ist Harry", fügte Ginny hinzu.

"Läuft bei euch", sagte Inga trocken. "Ich hab Tequila in meiner Handtasche, falls es zu schlimm wird."

Die drei brachen in Gelächter aus und zumindest für den Augenblick erschien Emily alles etwas leichter.

***

Gegen sieben Uhr waren endlich alle Gäste da, selbst Harry, Hermine und Ron waren wieder aufgetaucht, auch wenn sie auffällig lang gebraucht hatten um die zwei Teller zu holen, mit denen sie aus der Küche kamen.

"Alles Gute zum Geburtstag, Harry." Emily war vorgestürmt und umarmte Harry, bevor ihr Bruder wieder zwischen den Gästen verschwinden konnte.

Harry versteifte sich bei Emilys Berührung. "Dir auch, Emily", murmelte Harry schnell. "Wie geht es dir?"

Emily legte den Kopf. Ehrlich? Das war es, was Harry wissen wollte? "Gut. Die Ferien in Ynys Môn waren sehr angenehm." Sie konnte sich diese Spitze nicht verkneifen. Wusste nicht woher das plötzliche Bedürfnis kam, ihrem Bruder weh zu tun. Vielleicht weil sie nicht ihren Schmerz hinausschreien konnte. Sie wollte Harry wissen lassen, wie weh ihr die Trennung tat. Doch sie tat es nicht.

Weil Harry immer noch so, so müde aussah.

Harry zuckte bei Emilys Worten zusammen. "Schön, dass freut mich."

"Wie waren deine Ferien?", fragte Emily höflich, während ihr Herz schrie und fragte, was sie hier gerade tat. "Du hast mir gar nicht geschrieben."

"Emily", sagte Harry warnend. "Ich habe dir gesagt-"

Ein silbernes Licht tauchte im Obstgarten auf und nahm über den Tischen die Gestalt eines Wiesels an, das auf den Hinterbeinen stand und mit Mr Weasleys Stimme sprach: "Zaubereiminister begleitet mich." Dann löste sich der Patronus auf.

"Wir gehen dann mal besser", sagte Remus sofort, die Hand schützend über Teddys Kopf gelegt.

"Tut uns Leid, ihr beiden." Tonks blickte entschuldigend drein und folgte ihrem Ehemann hastig, beide liefen in Richtung der Grenze der Schutzzauber davon.

Bei der momentanen Anti-Werwolf-Politik des Ministeriums konnte Emily verstehen, dass die beiden keine Lust auf eine Begegnung mit dem Zaubereiminister hatten.

"Emily, komm zu uns." Sirius winkte Emily zu sich und Sophia. Beide waren von ihren Plätzen aufgestanden, Sophia hatte den Zauberstab bereits in der Hand.

"Wenn jemand fragt, du warst letztes Jahr im Sanatorium St. Kamillus in der Schweiz, ja?", flüsterte Sirius Emily noch zu, bevor er sich halb vor sie stellte.

Keine Sekunde später tauchten Mr Weasley und Scrimgeour auf, schweigend von allen beobachtet. Was wollte der Minister hier?

"Verzeihen Sie, dass ich störe", sagte Scrimgeour. "Besonders da ich sehe, dass ich hier ungeladen in eine Festlichkeit hineinplatze." Seine gelben Augen verharrten auf den beiden Torten und wanderten dann über die Gäste. "Ich muss Sie, Mr Potter, um eine persönliche Unterredung bitten. Ebenso wie Mr Ronald Weasley und Miss Hermine Granger." Seine Augen wanderten weiter und blieben für einen kurzen Moment an Emily hängen, doch dann ignorierte er sie.

Harry, Ron und Hermine folgten dem Minister in den Fuchsbau, während Mrs Weasley sofort auf ihren Ehemann zu stürmte und ihn in eine feste Umarmung zog.

"Hat Rufus dir verraten, was er hier will?", fragte Sophia sofort.

Mr Weasley schüttelte den Kopf, er sah müde aus. Linien hatten sich auf seiner Stirn eingegraben. "Nein. Er sagte mir nur, dass er dringend mit Harry, Ron und Hermine sprechen muss. Es war entweder die Wahl ihn jetzt mitzunehmen oder dass die drei eine Vorladung ins Ministerium erhalten."

Sirius setzte sich wieder auf seinen Stuhl, nur um dann gleich wieder aufzuspringen. "Einer von uns hätte mit rein gehen sollen."

"Rufus wird den dreien nichts tun", beruhigte Sophia ihn. "Er will Harry immer noch als Aushängeschild fürs Ministerium."

Schweigend warteten sie alle darauf, dass die drei wieder zurück kehrten. Niemand wagte es den Kuchen anzuschneiden.

Endlich tauchte Scrimgeour wieder auf, das Humpeln in seinen Schritten noch deutlicher erkennbar als vorhin. "Auf Wiedersehen." Ohne ein weiteres Wort, ging er davon.

"Das war komisch", murmelte Inga und Emily konnte nur zustimmen.

Als Mrs Weasley verkündete, dass Scrimgeour das Grundstück verlassen hatte, schien ein kollektives Aufatmen durch die Gruppe zu gehen. Sirius ließ sich endlich auf seinen Stuhl fallen und blieb sitzen, Sophia versteckte den Zauberstab wieder.

"Was wollte er?", fragte Mr Weasley Harry, Ron und Hermine, die sich wieder zu den Anderen im Obstgarten gesellten.

"Uns geben, was Dumbledore vererbt hat", sagte Harry. "Sie haben gerade erst seinen Nachlass frei gegeben." Die Erbstücke, der Schnatz, den Harry bei seinem ersten Spiel gefangen hatte, der Deluminator und die Märchen von Beedle dem Barden wurden herumgereicht.

Emily musste lächeln, als sie das Märchenbuch in der Hand hielt. Es war das erste Buch, was sie besessen hatte, ein Geschenk von Remus. Vielleicht konnte sie Teddy bald aus ihrer Ausgabe, die wenigstens nicht in alten Runen geschrieben war, etwas vorlesen. Aber dennoch stellte sich die Frage, warum Dumbledore ausgerechnet den dreien diese Gegenstände vererbt hatte? Und das Schwert von Gryffindor obendrein?

Gab es einen Grund, warum Emily nicht bedacht wurde? Nicht, dass sie ein Erbe eingefordert hätte, aber wenn Ron und Hermine etwas bekamen, warum dann nicht sie? Oder war dies das klare Signal, dass sie wirklich nichts mit Harrys Mission zu tun hatte?

***

Harry war gut, dass musste Emily ihm lassen. Den ganzen Abend über bewegte er sich kein Stück von seinem Platz am Tisch weg. Ron und Hermine, einer von beiden blieb immer an Harrys Seite, als ob sie nun Harrys Leibwächter waren. Die beiden stellten kein Problem dar, schließlich wussten sie darüber Bescheid, was Harry plante. Außerdem unterhielt sich Harry angeregt mit Sirius und Hagrid, nicht unbedingt die besten Personen, die ein vertrauliches Gespräch zwischen den Zwillingen überhören sollten.

Und so blieb Emily fürs Erste nichts übrig, als wie auf heißen Kohlen auf ihrem Platz zu sitzen und ihren Bruder zu beobachten und Kuchen in sich hinein zu stopfen.

Scrimgeours Besuch hatte die eh schon etwas gedrückte Stimmung auf der Party nicht wirklich verbessert, hinzu kam auch, dass morgen die Hochzeit von Fleur und Bill stattfinden würde, so dass alle früh aufstehen mussten, so dass sich die Party schnell dem Ende zuneigte.

Emily war es fast Recht, ihr war längst schlecht vom Kuchen und ihre Geduld neigte sich langsam dem Ende zu. Hagrid war der Erste, der sich verzog, er würde sein Zelt in den Feldern aufschlagen.

Sirius und Sophia nutzten die Gelegenheit um mit Mr Weasley und Michael Bergström, der gekommen war um Inga abzuholen, sich in Mr Weasleys Schuppen zu verziehen und zu reden. Sicherlich ging es um den Orden.

Inga grinste Emily an und schlich den Erwachsenen hinterher, ohne Zweifel wollte sie noch lauschen.

Mrs Weasley teilte daraufhin jeden, den sie noch finden konnte zum Aufräumen ein. "Ginny, räum doch bitte die Teller ab. Harry, du könntest mir in der Küche helfen. Hermine, die Stühle bitte hinter das Haus, die brauchen wir morgen noch einmal. Ron und Emily? Kümmert ihr euch bitte um die Deko."

Pfeilschnell schoss Harry mit den ersten Stühlen davon, scheinbar vergessend, dass er auch Magie nutzen könnte. Etwas fassungslos sah Emily Harry hinterher, sollte jetzt etwa auch noch Mrs Weasley ihren Plan vereiteln?

"Mum versucht schon die ganze Zeit uns voneinander fernzuhalten", sagte Ron mit einem Schulterzucken.

"Und wenn wir beide zusammen sind, ist das ungefährlich?", fragte Emily perplex.

"Vermutlich." Ron begann die Luftschlangen aus den Bäumen zu zupfen.

Emily beeilte sich mit Ron Schritt zu halten. "Also stimmt es, dass ihr auf eine Mission geht?"

"Wir haben Harry versprechen müssen, dass wir dir nichts sagen." Ron seufzte.

Das war schon so gut wie ein Geständnis. "Ich bin seine Schwester", sagte Emily.

"Und ich bin sein bester Freund", erwiderte Ron ungerührt.

Emily zog fest an einer der Luftschlangen und mit einem Rauschen kam das ganze Papier und ein wahrer Blätterregen mit. "Also werden Hermine und du mit ihm gehen."

"Emily", warnte Ron leise. "Ich werde mein Wort gegenüber Harry halten."

"Ist es denn zu viel verlangt, dass ich einfach nur wissen will, was mein Bruder vorhat?", fragte Emily.

"Nein." Erneut seufzte Ron. "Ich halte es auch nicht für seine beste Idee, dir alles zu verschweigen. Aber in dieser Sache ist es nun mal Harry, der entscheidet." Er wandte sich Emily zu. "Es ist auch nicht einfach für ihn, weißt du? Jeder deiner Briefe-"

"Ich versteh schon", unterbrach Emily Ron und rieb sich die Schläfen. Sie verstand es ja tatsächlich irgendwo.

"Lass ihn gehen", sagte Ron, "vertraue darauf, dass Harry weiß was er tut. Und frag ihn nicht mehr." Mit einem Schlenker seines Zauberstabes, ließ Ron die traurigen Reste der Deko verschwinden. "Gute Nacht, Emily."

"Gute Nacht, Ron", murmelte Emily und sah zu, wie er im Fuchsbau verschwand.

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