35. Widerstand
35. WIDERSTAND
"Ich, Emily Sophia Potter, schwöre bei meiner Magie die Geheimnisse von Lilium zu wahren und zu schützen." Goldene Funken sprangen aus der Spitze von Emilys Zauberstab, in Anerkennung des magisch bindenden Versprechens, dass sie gerade gegeben hatte. Es war der letzte Teil ihres Schwurs, der sie nun zu einem vollwertigen Mitglied von Lilium machte. Der Verrat am Orden im letzten Krieg, hatte anscheinend nicht nur den Orden des Phönix dazu veranlasst solch einen Schwur von seinen Mitgliedern zu fordern.
Emily ließ ihren Zauberstab wieder sinken und grinste Ari an, die ihr gegenüber stand und den Schwur entgegen genommen hatte. Ihr war ein bisschen schwindlig vor Aufregung und sie ließ sich wieder auf ihrem Platz auf dem Sofa fallen.
"Tja", sagte Ari. "Damit ist es dann wohl offiziell." Sie setzte sich wieder neben Charlie und legte ihrem Freund einen Arm um die Schulter.
"Es ist schön, dass du auch dabei bist, Emily", sagte Yuna. "Wir können jeden gebrauchen, der uns hilft."
"Wie ihr auf die Idee gekommen seid, einen eigenen Widerstand zu gründen, verstehe ich", sagte Emily langsam. "Aber was macht ihr dann überhaupt? Ich meine, ihr seid ja jetzt nicht gerade vor Ort." Sie zuckte entschuldigend mit den Schultern.
Während Emilys Frage, war Sirje aufgestanden um den Schokoladenkuchen und das Geschirr zu holen. Der Kuchen war tatsächlich in der Aufregung kurz in Vergessenheit geraten. Yuna sprang auf um ihrer Freundin zu helfen, so hatte schnell jeder eine Tasse Tee und ein Stück Kuchen vor sich stehen.
"Da hast du Recht", antwortete Ari. "Aber wir sind vielleicht diejenigen, die Lilium gegründet haben, aber auch nicht die einzigen Mitglieder. Die meisten von uns stammen aus Großbritannien und leben auch dort. Es haben sich zwar auch ein paar Leute aus dem Rest von Europa uns angeschlossen, aber das mehr aufgrund persönlicher Verbindungen."
"Merit und Mattis weil sie Yuna, Sirje und Noah kennen", überlegte Emily laut. "Alena, weil sie eine Freundin von euch ist und Fleur, weil sie mit Bill verlobt ist."
"Ja, so ungefähr." Ari nickte. "Die meisten europäischen Zaubergemeinschaften interessieren sich nicht für die Probleme der Briten, manche sind auch einfach zu klein, wie zum Beispiel Estland." Sie deutete auf Yuna. "Sie werden sich erst dafür interessieren, wenn der Krieg auch auf den Rest von Europa übergreift."
"Es gibt schon einige Länder, die mit der Ideologie sympathisieren", sagte Yuna düster. Mit der Gabel stach sie regelrecht auf ihren Kuchen ein. "Karkaroff hatte einen großen Einfluss auf viele seiner Schüler. Und natürlich gibt es auch in anderen Ländern eine große Reinblutkultur, die sowieso den alten Idealen anhängen."
"Ihr kommt von Emilys Frage ab." Sirje sah Ari und Yuna amüsiert an.
"Sorry. Wir waren auf zu vielen gesellschaftlichen und politischen Veranstaltungen, für die wir das ganze Zeugs lernen mussten", entschuldigte sich Ari mit einem Lächeln. "Ich hasse Politik."
"Ich auch. Aber Emilys Frage war, was wir machen", nahm Yuna den Faden wieder auf. "Wir unterstützen natürlich weiterhin den Orden. Wir halten den Orden immer noch für eine gute Idee, auch wenn wir nicht immer damit einverstanden sind." Sie zuckte mit den Schultern. "Aber wir haben andere Ziele als der Orden."
"Der Orden ist aufgrund seiner vielen Auroren und altgedienten und bekannten Zauberinnen und Zauberern die erste Linie der Verteidigung gegen Voldemort." Lasse meldete sich überraschend zu Wort, hatte er doch die ganze Unterhaltung bisher genauso schweigend wie Charlie angehört. "Sie sind die Kämpfer. Sie sind diejenigen, zu denen die magische Bevölkerung aufschaut. Vorbilder, wenn du es so nennen willst. Dem Orden liegen deshalb auch ganz andere Informationen vor, als Lilium, auch wenn es da Überschneidungen gibt."
"Dumbledore verfolgt höhere Ziele", unterbrach Ari Lasse. "Wie zum Beispiel letztes Jahr im Ministerium."
Emily nickte. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, dass Mr Weasley kurz vor Weihnachten bei einer Mission des Ordens verletzt worden war. "Und was macht ihr dann? Wenn der Orden kämpft...?"
"Wir sind die Helfer", antwortete Sirje. "Diejenigen von uns, die in Großbritannien sind kümmern sich um muggelstämmige Zauberinnen und Zauberer und deren Familien. Wir legen Schutzzauber auf deren Häuser, zeigen ihnen wie man sich gegen Todesser verteidigt. Wir haben auch schon medizinische Hilfe geschickt, so etwas kommt immer zu kurz." Ein merkwürdig wütender Ausdruck zog sich über Sirjes sonst so sanftes Gesicht.
Yuna drückte kurz die Hand ihrer Freundin, bevor sie sprach: "Sogar eine Pistole kann etwas gegen Todesser ausrichten, wenn diese nicht wissen, was sie erwartet." Sie sagte es leichthin, doch ihre Augen hatten die Farbe von kaltem Stahl angenommen. "Wenn die Todesser auf sie Jagd machen, dann wissen sie wenigstens, was sie erwartet."
"Die Infoblätter vom Ministerium kann man nämlich vergessen", seufzte Lasse. "Aber der Orden setzt sich auch für den Schutz von Zaubern ein."
"Nur ist der Orden viel zu klein um viel zu erreichen", erwiderte Ari. "Lilium unterliegt viel weniger Geheimhaltung, deshalb haben wir auch mehr Mitglieder und können mehr tun. Und Dumbledore kümmert sich um die Leute, die er für wichtig hält. Nicht, dass sie nicht auch wichtig wären", fügte Ari noch mit einem Seitenblick auf Emily zu.
Aber Emily hatte schon verstanden, es sich eigentlich schon gedacht. Ein großer Teil der Aktivitäten des Ordens war darauf ausgelegt ihren Bruder zu schützen, sogar dann wenn er sich in Hogwarts befand. Und zum Teil bezog sich dass sogar auf Emily. Schließlich waren Charlie, Ari und Yuna als Ordensmitglieder für ihren Schutz in Rumänien verantwortlich.
Aber waren nicht auch alle anderen Zauberinnen und Zauberer in Großbritannien ebenso wichtig wie Harry und Emily? Verdienten sie nicht auch Schutz?
"Dumbledore kann auch nicht alles tun", sagte Lasse und riss Emily aus ihren Gedanken.
Es klang so, als ob sie die Diskussion über Dumbledore und die Arbeit des Ordens schon oft geführt hätten.
"Es wäre einfacher, wenn wir auch in Großbritannien wären, aber andererseits fliegen wir hier in Rumänien sozusagen unter dem Radar." Ari grinste bei der Muggel-Redewendung.
"Du meinst die Drachen fliegen unter dem Radar", warf Yuna in einem Versuch die Stimmung aufzulockern ein. Die anderen stöhnten bei dem schlechten Witz nur auf.
Ari sah Yuna gespielt böse an. "Auf jeden Fall fällt es hier nicht auf, wenn wir hier im Nirgendwo uns treffen und Material sammeln für unsere Unternehmungen. An den tatsächlichen Aktionen können wir nur selten teilnehmen, das heben wir uns für den Urlaub auf." Sie grinste.
"Es war unsere Idee, aber wir bestehen deswegen nicht darauf, dass wir alles entscheiden müssen", sagte Yuna. "Aber so lange gibt es Lilium auch noch nicht, deshalb gibt es bei uns kaum feste Strukturen. Oder feste Aufgaben. Wir machen das, was uns richtig erscheint. Wir sind einfach eine Gruppe von Leuten, die etwas gegen Voldemort und die Todesser tun will."
"Du wirst sowieso nach und nach mitbekommen, was wir tun", versprach Sirje Emily.
Emily sah nachdenklich in die Runde drein. "Und was kann ich für Lilium tun?"
"Keine Feldarbeit." Charlie sagte zum ersten Mal etwas. Entschlossenheit zog sich in harten Linien über das sommersprossige Gesicht.
"Damit können wir arbeiten", sagte Ari. "Emily, ich hab gehört du kannst Zeichnen?"
***
Nun, da das große Geheimnis gelüftet war, schienen alle viel entspannter. Emily war es vorher gar nicht so aufgefallen. Tatsächlich war nun fast jeden Abend jemand zu Besuch bei Sirje. Emily wunderte es, dass es Sirje nicht zu viel wurde, doch Sirje lachte nur und winkte ab, bevor sie den nächsten Kuchen buk oder eine Riesenportion Nudeln kochte.
Am Wochenende half Emily immer Sirje in der Küche und so bereiteten sie gerade alles für Schoko-Cookies vor, als ein messerscharfer Stich durch ihren Schädel vor. Emily sog scharf die Luft ein und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
Doch Sirje hatte es natürlich bemerkt, ihren Augen entging nichts. "Was ist los?", fragte sie besorgt.
Emily versuchte den Kopf zu schütteln, doch schwarze Punkte begannen vor ihren Augen zu tanzen. "Alles gut", sagte sie zwischen zusammen gebissenen Zähnen. "Ich glaube ich hab mich nur falsch bewegt."
Sirje stellte den Zucker, den sie abwiegen wollte, beiseite und fuhr Emily mit angenehm kühlen Händen über Stirn und Nacken. "Hm, ich kann nichts spüren", sagte Sirje besorgt. "Bist du dir sicher, dass du es an einer falschen Bewegung liegt?"
Ehrlich gesagt, hatte Emily keine Ahnung warum ihr Kopf plötzlich schmerzte. Aber sie wollte Sirje auch nicht beunruhigen. "Alles gut, das ist gleich wieder vorbei", antwortete Emily. "Es ist nicht das erste Mal, dass der Schmerz einfach auftaucht-" Emily hörte mitten im Satz auf und wenn ihr Kopf nicht so weh getan hätte, hätte sie sich vermutlich mit der flachen Hand gegen die Stirn geschlagen.
Harry.
Natürlich war es ihr Bruder. Irgendwas war mit Harry los, der einzige Grund, warum sie aus heiterem Himmel Kopfschmerzen verspüren würde. Es waren nicht ihre Schmerzen, sondern seine. Emily seufzte. Manchmal war diese Verbindung wirklich sehr unpraktisch.
In der Zwischenzeit hatte Sirje Emily schon in ihr kleines Zimmer geführt, die Vorhänge zugezogen und Emily ins Bett gesteckt. Kurz darauf kam sie auch schon mit einem kühlen Tuch wieder, dass sie Emily vorsichtig auf die Stirn legte.
Nicht schon wieder, schoss es Emily durch den Kopf. "Es tut mir Leid, dass du dich schon wieder um mich kümmern musst", murmelte Emily.
Sirje lächelte. "Das macht nichts."
Und Sirje meinte es wirklich ernst, dass ihr das nichts ausmachte, dass wusste Emily. Es war einfach Sirjes Art sich um alle zu kümmern, sei es als Heilerin oder als Freundin oder einfach nur indem sie alle mit dem leckersten Essen, dass Emily je gegessen hatte, versorgte.
"Ruh dich einfach ein bisschen aus", sagte Sirje, bevor sie das Zimmer verließ. "Ich hebe dir ein paar Cookies auf."
Kaum hatte Sirje die Tür geschlossen, rappelte Emily sich wieder auf und zog aus der obersten Schublade der Kommode die Münze hervor. Sie musste wissen, was mit Harry passiert war. Dunkel erinnerte sie sich daran, dass dieses Wochenende Gryffindor gegen Hufflepuff spielen würde. Wahrscheinlich war etwas beim Quidditch passiert.
Emily legte ihren Finger auf die Münze, um sie zu aktivieren, als auch schon die erste Nachricht von Hermine auftauchte. Die winzigen Buchstaben flackerten vor Emilys Augen, so dass sie Mühe hatte die Nachricht zu entziffern.
Harry wurde beim Spiel von einem Schläger getroffen. Madam Pomfrey sagt, es ist ein Schädelbasisbruch, aber morgen ist er wieder in Ordnung. Du musst dir keine Sorgen machen. HG.
Emily fragte sich, ob Hermine bewusst war, dass sie sich bei so einer Nachricht trotzdem Sorgen machen würde. Trotzdem war sie dankbar, dass Hermine an sie gedacht hatte.
Warum wurde er überhaupt von einem Schläger getroffen? EP.
Die Kopfschmerzen wurden nur langsam etwas weniger, hoffentlich ein Zeichen dafür, dass sich wirklich Madam Pomfrey um Harry kümmerte. Wenn Emilys Kopf schon so dröhnte, wollte sie wirklich nicht wissen, wie es Harry ging.
Er hat sich mit McLaggen gestritten und dann hat McLaggen Harry den Schläger über den Schädel gezogen. Es war wirklich nicht schön. HG.
Hat Gryffindor wenigstens gewonnen? EP.
Emily hätte McLaggen wirklich gerne auch einen Schläger über den Kopf gezogen, aber das musste wohl bis zu ihrer Rückkehr nach Hogwarts warten. Wenn sie dann überhaupt auf McLaggen traf, schließlich war er ein Jahr über Emily. Aber sie hatte den eingebildeten Schnösel noch nie gemocht und ein winziges bisschen war sie froh, dass sie dieses Jahr nicht mit ihm in einem Team spielen musste. Hauptsächlich war sie jedoch sauer auf ihn.
Nein. Leider hat Gryffindor verloren. HG.
Toll. Jetzt hatte Emily Kopfschmerzen, war wütend auf McLaggen und konnte sich noch nicht mal mit einem Sieg von Gryffindor trösten. Es war wirklich ein tolles Ende für eine Woche, die so vielversprechend mit Rons siebzehnten Geburtstag begonnen hatte, nur dass Ron leider mit Met vergiftet wurde und er nur dank Harrys schneller Reaktion durch einen Bezoar gerettet werden konnte. Hermine hatte Emily alles berichtet und ihre ganzen Sorgen in hunderte von Nachrichten abgeladen. Die Seelenverwandtschaft zwischen Harry und ihr hatte sich wirklich einen ungünstigen Moment ausgesucht um sich zu zeigen. Nur die Aussicht auf Cookies heiterte sie etwas auf.
Die Verbindung.
Emily schoss wieder auf und fasste sich stöhnend an die Stirn. Die schnelle Bewegung war keine gute Idee gewesen, vor ihren Augen begannen wieder schwarze Flecken zu tanzen. Aber die Verbindung funktionierte, das war das wichtigste. Emily war davon ausgegangen, dass die Verbindung aufgrund der tausenden von Meilen zwischen ihnen nicht funktionierte. So weit weg waren sie noch nie von einander gewesen.
Langsam ließ sich Emily wieder in die Kissen sinken und schloss vorsichtshalber die Augen. Wenn die Verbindung zwischen ihnen beiden wieder funktionierte, dann gab es doch auch keinen Grund, warum sie sich nicht auch gegenseitig in ihren Träumen besuchen konnten, oder? Immerhin war sie beim letzten Mal versteinert gewesen, da sollten die Entfernung zwischen Schottland und Rumänien doch kein Problem darstellen, oder? Vielleicht konnte sie so Harry endlich davon überzeugen, ihr zu erzählen, was er von Dumbledore über Voldemort erfuhr. Über die Münze wollte er nie etwas erzählen, das sei angeblich zu viel zu unsicher.
Es war wohl an der Zeit wieder mit ihren Meditationsübungen zu beginnen, war das Letzte, was Emily durch den Kopf ging, bevor sie prompt einschlief.
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