19. Lebendig
19. Lebendig
Es war Chaos.
Es war ein Höllenfeuer aus bunten Lichtblitzen und ohrenbetäubenden Donnerschlägen.
Aber Emily hatte Sirius noch nie so lebendig gesehen.
Seine Augen glitzerten wie flüssiges Quecksilber und um seine Lippen spielte ein Lächeln. Ein Schatten dessen, was er gewesen war. Was er hätte sein können, wenn er und all die anderen nicht verraten worden wären.
Er hatte seinen Zauberstab gezückt und feuerte die ersten Zauber an, deren hellen Strahlen sich mit den aberhunderten anderen vermischten. "Lauf zum Honigtopf zurück!", schrie er Emily zu. Er hatte sie beide nach Hogsmeade appariert oder vielmehr hatte Emily sich einfach auf ihn geschmissen, kurz bevor er verschwand.
Emily nickte nur kurz und rannte dann los. Sicherlich, sie würde zum Honigtopf zurück laufen, aber nur um zu sehen, ob es Ginny und Inga gut ging. Sie hatte keinerlei Absicht dem Kampf fern zu bleiben. Sophias Stimme hatte ernst geklungen und es hatte eine verbissene Dringlichkeit in ihr gelegen. Emily wusste, dass der Orden nur allzu oft hoffnungslos unterlegen war.
Als Emily in die Gasse vom Honigtopf abbog, kamen ihr auch schon Inga und Ginny entgegen. Beide sahen unverletzt, aber dafür ziemlich dreckig aus.
"Jemand hat den Kamin hoch gejagt", erwiderte Inga. Das erklärte zumindest den Dreck. "Hast du Sirius erreicht?"
Emily nickte. "Er hat uns hierhin appariert. Er war noch daheim."
"Wenigstens etwas", murmelte Ginny. "Hast du irgendjemand vom Orden gesehen?"
"Es kam ein Patronus von Sophia. Sie hat uns gesagt, dass sie jeden brauchen", erzählte Emily. "Es war irgendwie komisch, ein riesiger Panther mit ihrer Stimme." Sie runzelte die Stirn.
"Dumbledore hats erfunden", erklärte Inga. "Der Orden kann damit kommunizieren, ohne dass sie abgehört werden. Ich hab Lasse belauscht."
Ein weiterer Donnerschlag zerriss die Luft über ihnen und Staub und Steinsplitter regneten auf die Mädchen hinab. Emily schmiss sich auf den Boden, die Arme über dem Kopf verschränkt. Hustend lag sie im Dreck, bis die Erde wieder aufhörte zu wackeln. Vorsichtig rappelte sie sich auf und sah zu Ginny und Inga, die nicht besser aussahen.
"Alles okay bei euch?", fragte Ginny und wischte sich über das verdreckte Gesicht. Doch sie sah entschlossen aus. "
"Wir können hier nicht bleiben", sagte Emily und bewegte vorsichtig ihre Schulter. "Entweder wir schlagen uns nach Hogwarts durch oder wir bleiben hier und-"
"Kämpfen." Inga stemmte die Hände in die Hüften. "Ich gehe wohin auch immer ihr geht." Sie lächelte schief.
"Dann ist es ja beschlossene Sache." Ginny griff ihren Zauberstab fester. "Auch auf die Gefahr hin, dass meine Mutter mich später killt."
"Darüber können wir uns später Sorgen machen", tröstete Inga Ginny.
Gemeinsam rannten sie los und tauchten ab in das Gewirr aus Flüchen und Höllenfeuer.
***
Es war fast wie in alten Zeiten. Die atemberaubenden, zerstörerischen, höllischen Jahre des ersten Krieges, die glücklichsten und schlechtesten Zeiten seines eigentlich recht jungen Lebens.
Er spürte wie das Adrenalin durch seine Adern jagte, sein Herz befeuerte und sein Puls bis zum Himmel schlug.
Die Magie war überall zu spüren, wie elektrische Spannung lag sie auf allem und allen. Alle paar Sekunden entlud sie sich in allzu lautem Donnern und Blitzen, so hell, dass er beinahe die Augen schließen musste.
Aber er sah alles mit einer lange nicht mehr erfahrenen Klarheit. Seit Askaban hatte er alles nicht mehr so klar wahrgenommen, das Haus am Grimmauldplatz und zu viele alte, dunkle Erinnerungen hatten sich wie ein klebriger Schleier um ihn gelegt, ihn wie Nebel umgarnt.
Er blickte zu seiner Seite, wo sie kämpfte. Sie war so elegant und anmutig, wie damals. Er erinnerte sich an eine Zeit, wo statt des einen Zopfes viele kleine Zöpfe ihren Kopf wie einen dunklen Heiligenschein umflogen, aber sonst war sie immer noch seine Sophia.
Und sie kämpfte genauso heftig und er war froh, dass sie auf seiner Seite war.
Ihre Blicke trafen sich und sie sah ihn irritiert an, verwundert darüber, dass er hier so selbstvergessen stand, während um ihn herum scheinbar die Welt unterging.
***
Er war immer noch ihr Sirius. Im Kampf erinnerte er sie mit einem Mal am meisten an den Sirius, den sie damals vor so vielen Jahren verloren hatte.
Sie erinnerte sich immer noch die Jahre des ersten Krieges, wie sie kämpften und kämpften und siegten und verloren und verloren.
Doch sie lebten, liebten, lachten. Sie waren am glücklichsten und am traurigsten.
So vielen Dinge hatten sich geändert, doch er war immer noch ihr Sirius und sie liebte ihn immer noch.
***
Magie war überall. Emily spürte sie überall. Die dunkle Magie der Todesser, kalt und ekelerregend auf ihrer Haut. Sie hinterließ ein schales Gefühl. Ein Gefühl von Terror.
Nur vertrieben von seltenen Lichtblitzen. Der Orden kämpfte mutig, doch sie waren wenige. Und so viele Todesser.
Emily duckte sich hinter einer eingestürzten Mauer, während Flüche über ihren Kopf hinweg flogen. Sie wusste nicht mehr wo Inga und Ginny waren, sie hoffte nur, dass es ihnen einigermaßen gut ging.
Und dann, mit einem Mal, war es still.
So still, dass sie ihr eigenes Herz hart gegen ihre Rippen pochen hörte. Hörte ihre eigenen abgehackten, harschen Atemzüge.
Kein einziger Zauber fiel, während Emily sich aus der Deckung wagte und die verlassene Straße in Richtung der Dorfmitte entlang schlich, den Zauberstab immer noch fest in der Hand.
Ein einzelner Donnerschlag hallte durch die Nacht und ein silbrig grünes Licht erhellte den dunklen Himmel. Das dunkle Mal zog sich riesig über Hogsmeade und in der Ferne schrien Leute auf. Es war das zweite Mal, dass Emily dieses Zeichen nun sah, doch es war so viel riesiger und bedrohlicher als damals bei der Weltmeisterschaft.
Voldemort selbst hatte das Mal in den Himmel gebrannt. Die schmale schlangenähnliche Gestalt stand inmitten von Hogsmeades Ruinen, ein Lächeln auf den blassen Lippen. Hinter ihm standen mehrere maskierte Zauberer.
Doch ihm gegenüber stand Dumbledore, so hell wie Voldemort dunkel. Sein Anblick löste in Emily bodenlose Erleichterung aus. Doch die Erleichterung war nur kurz, denn hinter Dumbledore stand Harry. Irgendwie musste Harry es geschafft haben Ron und Luna zu entkommen und nach Hogsmeade zu laufen. Vermutlich war Ron auch hier irgendwo.
Emily sah nur Sirius und Sophia, die bei Harry auftauchten. Doch dann fiel ihr Blick auf den einen Todesser, der keine Maske trug.
Greyback.
Dichtes schwarzes Haar bedeckte seinen massiven Oberkörper, die Arme, den Hals und sein Gesicht. Als er seinen Mund zu einer Grimasse von Lächeln verzog, kaum dass er Emily erblickte, zeigten sich zwei Reihen scharfer, gelber Zähne. Seine Augen funkelten, mehr Wolf als Mann.
"Ihr hättet mir einfach die Prophezeiung geben sollen", sagte da Voldemort. "Aber nun habt ihr mich gezwungen hierher zu kommen. Seht euch doch um, soviel Zerstörung nur weil ihr euch weigert."
Dumbledore schwieg, stattdessen schwang er seinen Zauberstab und silbernes Licht schoss auf Voldemort zu, doch er wehrte den Zauber mit einem Schlenker seines Zauberstabs ab und das Licht schoss Harry, Sirius und Sophia zu. Die drei verschwanden unter einem Regen aus Stein.
"Kleines", knurrte da eine Stimme hinter Emily. "Ich hab schon auf dich gewartet."
Greyback hatte sein Opfer für diese Nacht gefunden.
***
Es war mehr purer Instinkt, der Emily dazu brachte einen Schockzauber nach dem anderen abzufeuern, während sie los rannte. Tief in ihr wusste sie, dass Greyback nicht davonlaufen konnte, er würde sie jagen bis sie nicht mehr konnte.
Sie hörte ihn hinter sich aufheulen und es jagte ihr eiskalte Schauer über den Rücken. Ihr war schlecht, doch sie konnte nicht einfach stehen bleiben. Sie musste weit weg.
"Du brauchst gar nicht so zu rennen", rief Greyback. "Aber das macht die Jagd nur noch süßer." Er lachte.
Sein Lachen dröhnte in ihren Ohren, verhöhnte sie.
Er war auf der Jagd, er hatte Blut geschmeckt.
Ihr Blut.
Sein Heulen, dass durch Hogsmeade schallte.
Ihr Blut, dass sich wenig später auf dem staubigen Boden ergoss.
Sein Lachen, als er ihren Zauberstab unter seinen Klauen begrub.
Ihre letzte Chance zerbrochen.
Sein Triumphmarsch, durch die leeren Straßen, seine Beute fest im Griff.
Ihr Schmerz.
Seine Trophäe.
Ihr Schmerz.
Sein Siegesschrei, als er zu den Anderen zurückkehrte.
Ihr letzter Blick auf die Anderen.
"Incendio."
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