#3

Erst am Kaffeeautomaten der Schule bekam Lynne ihre Umwelt zum ersten Mal wieder klar zu sehen. Sie weiß nicht mehr, wie lange sie sich mit Kade am letzten Abend unterhalten hatte, dementsprechend verzögerte sich ihre Arbeit, also auch ihr Schlaf.
Lynne kann sich nicht mal mehr an ihren Schulweg erinnern, nur noch an ihre Gedanken, die sie währenddessen wie eine Pyramide aufbaute und zu ordnen versuchte, doch die Spritze mochte sie bis jetzt noch nicht erklommen haben.
Laut eigenen Angaben war Kade nicht wie geschätzt im College-Alter oder vielleicht sogar darüber, er war 17. Wenn er also im Jahrgang über Lynne sein müsste, warum sind sie sich dann noch nie im Schulgebäude begegnet? Lynne belegte sogar ein paar Kurse mit den Seniors, die Wahrscheinlichkeit sich bis jetzt nicht kennengelernt zu haben, war eher niedrig.

Der heißersehnte Koffeingeruch stieg Lynne in die Nase und holte sie zurück in die Wirklichkeit. Auch wenn der Automatenkaffee nicht sonderlich gut schmeckte, ohne ihn würde vermutlich die halbe Schule wegen Schlafen während des Unterrichtsdurchfallen.
Lynne machte sich am Becher nippend auf zum nächsten Klassenzimmer. Die Gänge der Highschool waren nahezu tapeziert mit Bannern und Plakaten, die zum in wenigen Wochen anstehenden Prom aufriefen. Seit das Thema für den Ball feststand versuchte sie einen möglichst großen Bogen um die Veranstaltung zu machen, so wie auch jetzt, wo sie sich lieber noch schnell dem Tisch mit den neuen Auflagen der Schülerzeitung zuwandte, bevor die erste Stunde losging. Sie schnappte sich eine Ausgabe und blätterte sie im Gehen durch, wobei Lynne nur selten die Berichte und Recherchen las. Tatsächlich war sie meistens nur neugierig auf die finalen Versionen ihrer eigenen Texte.
Der, den sie für diese Ausgabe verfasst hatte, war einer der anstrengendsten in ihrer Laufbahn als Journalistin für die Schule, weshalb sich die Arbeit besonders lohnen sollte. Jeder, der in der Redaktion beschäftigt war, tat die Arbeit freiwillig, aber ihr kleines Team hielt die Zeitung gut über Wasser. So gut, dass sich manchmal Berichte aussortieren ließen, so wie Lynnes, den sie auch beim dritten Mal durchblättern nicht finden konnte.
Zu ihrem Glück lag die Redaktion auf dem Weg, sodass sie ihren Mitjournalisten dort einen kurzen Besuch abstatten konnte.

„Hey, du hast mir versprochen, dass meine Story über diesen blöden Schulumbau reinkommt!", sagte Lynne geradeheraus und fächerte mit der Zeitung in der Hand vor Eddies Schreibtisch, dem selbsternannten Chefredakteur. „Das war nämlich verdammt lustig diese Scheiße zusammenzuschreiben"
„Dir auch einen guten Morgen, Lynne", erwiderte Eddie mit einem leichten Grinsen, stand auf und ging zur Druckermaschine, Lynne folgte ihm natürlich. „Siehst du, alleine die Tatsache, dass du die Story selbst als scheiße bezeichnest bestätigt nochmal, dass sie es tatsächlich war." Auch er hatte einen Becher mit Kaffee in der Hand, von dem er einen großen Schluck trank, während seine Kopien aus dem Drucker rauskamen.
„Das war deine Idee, also schuldest du mir was", wollte Lynne klar stellen und stach mit der Zeitschrift leicht in seine Brust während dem Reden. Wegen Kleinigkeiten war sie besonders Eddie selten böse, weil sie gelernt hatte, diese Freundschaft wertzuschätzen. Sie kannten sich schon seit der Middleschool, obwohl sie erst spät merken wie gut die zwei zusammenpassten. Rein freundschaftlich zumindest...
„Was schulde ich dir denn?", fragte Eddie, während Lynne wieder zurück zur Tür ging.
„Die Stunden, die mich die Recherche gekostet hat, zum Beispiel", schlug Lynne vor.
„Tja... du weißt, wie man die nutzen kann, nicht?", konterte Eddie. Lynne wusste genau, was er meinte. Den Prom Ball.
„Ja klar... ein andermal du Tagträumer", lachte Lynne und verließ den Raum wieder.

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