#13.5

So gern Kade auch jede freie Minute, die er hat, mit Val verbringt, den anstehenden Nachmittag war er seinen Freunden schuldig. Mit der neckischen Begründung einen „Männerausflug" zu unternehmen und einem flüchtigen Kuss hatte er sich von seiner Freundin verabschiedet und lief auf seine Freunde und ein paar weitere Bekannte zu, die am Fuß des Weges zur Oberfläche warteten.
Gemeinsam traten sie den Weg an, um einen Supermarkt in der Stadt über sich zu besuchen. Kingsley, Will und Kade schlichen sich lediglich als Begleitpersonen zu der Gruppe, im Schutz von Kades Vater. Solange sie keinen Ärger machten, sollte es kein Problem sein mitzukommen, hatte dieser behauptet.

Die Jungs wussten, dass dies keine Sightseeing-Tour war, doch sie konnten all die Sinneseindrücke, die auf sie einströmten, kaum ignorieren. Ebene, gerade Straßen und hohe Gebäude neben ihnen, eine penetrante Prise von Benzin, Abgasen und Verbrennung in der Luft und ständige Motorengeräusche, gelegentlich unterbrochen durch die Klingel eines Radfahrers. Kade bereiteten der Gestank und der Lärm Kopfschmerzen und er fragte sich wie bedrückend die teilweise totenstillen Gänge ihrer Höhlenbauten für die Bewohner dieser Stadt wohl sein mussten, wenn ihr Alltag für ihn bereits nach wenigen Minuten eine solche Belastung darstellte.
Ihm fiel auf, dass sie etwas hinterherhingen und ihre erwachsenen Begleiter kurz davor waren abzubiegen, weshalb er seine Freunde zum Aufholen bewegen wollte.
Will sah zu ihm und machte eine Kopfbewegung in Richtung der anderen, Kade nickte. „King?", versuchte er die Aufmerksamkeit seines Freundes zu bekommen, der an dem Hochhaus, an dem sie gerade vorbeigingen, hochsah. Deshalb sah er die Personen, die ihnen entgegenkamen, nicht, doch auch Kade und Will hatten sie nicht bemerkt.
„Hm?", meinte er, gerade als er mit einem der Jungen zusammenstieß.
„Pass doch auf, Wichser", beschwerte sich dieser sofort und sah Kingsley abschätzend an. Da es tatsächlich Kingsleys Schuld war, hätte er sich normalerweise entschuldigt, doch Kade ahnte das Schlimmste.
„Wen nennst du hier Wichser, hm?", erwiderte Kingsley und bäumte sich auf. Wenn er eines nicht ausstehen konnte, dann waren es Beleidigungen. Kade erinnerte sich noch gut an eine Trainingsstunde gemeinsam mit ihm, bei der er ihm immer wieder alle möglichen Kraftausdrücke an den Kopf warf um ihn anzuspornen.
Nun wirkte der andere Junge klein neben Kingsley, obwohl er vielleicht zwei bis drei Jahre älter aussah, doch er gab nicht klein bei: „Dich, Arschloch, weil du keine Augen im Kopf hast. Und starrst da rauf, als hättest du noch nie ein Haus von außen gesehen"
„Und du schon mal 'ne Faust von nahem gesehen?", fragte Kingsley rhetorisch, woraufhin Kade ihn an der Schulter nahm.
„Komm, Kingsley, lass den Scheiß", bat er seinen Freund, doch noch bevor dieser antworten konnte, tauchte Kades Vater hinter ihnen auf. Er hatte die anderen zum Stehen gebracht um auf die Jungen zu warten.
„Was ist denn los, Jungs?", fragte er und musterte die andere Gruppe.
„Scheeiiße, ihr seid von unten oder?", lachte der Ältere, den Kingsley angerempelt hat. „Typisch asoziale Höhlenmenschen, alter!" Der Junge grölte ihnen noch mehr nach, doch die vier hörten ihm nicht mehr zu und bewegten sich zurück zu ihrer Gruppe.
„Hab ich nicht gesagt, ihr sollt keinen Ärger machen?", fragte Kades Dad ruhig, aber bestimmt und Kade spürte eine halbherzig grobe Berührung an der Schulter, er nannte dies gerne den „Warngriff".
„Sorry, Dad", meinte Kade, sah dabei aber zu Kingsley, da es eigentlich dessen Schuld gewesen war.

Mit Betreten des Supermarktes wurde die Gefahr der Ablenkung nicht sonderlich gemindert. Erstaunt und teils belustigt hoben sie abwechselnd Produkte aus den Regalen, sie kannten natürlich vieles, wenn auch anders verpackt. Hier wurden sie von Kades Dad gebeten dies ebenfalls nicht zu auffällig zu machen. Kade fielen bereits beim Eintritt die misstrauischen Blicke der anderen Kunden auf, weshalb er diese Bitte kompromisslos befolgte.
Während seine Freunde noch im Gang mit den Süßigkeiten standen und die restlichen Begleiter ebenfalls verteilt waren, erweckte ein Regal das mit allerlei Sportgetränken und -snacks seine Aufmerksamkeit. Er lachte in sich hinein, da er auch ohne diese ganze sogenannte „Zusatz-Energie" ein nicht allzu schlechter Sportler war, und musste an Dale denken, der ihm wenige Tage zuvor Hilfe im Kampf versprochen hatte. Er fragte sich, ob er ihm wohl so etwas besorgen würde, obwohl Riegel und bunte Getränkemischungen eher nicht zu Dales bisherigem Trainingsregime passen würden.
„Finger weg von dem Zeug, Kleiner", sagte eben dessen Stimme hinter ihm und Kade drehte sich erschrocken über den unerwarteten Besuch um.
„Dale, Mann...", prustete Kade. „Du bist nicht mit uns rauf gekommen oder?"
„Nein, ich bin im Alleingang hier", erklärte sein Trainer. „Aus gutem Grund", fügte er hinzu und fasste Kade an die Schulter.
Dieser gab ihm einen verwunderten Blick zur Antwort, was sein Ausflug denn mit ihm zu tun habe.
„Hör zu..." Dale sah um sich und kontrollierte, ob keine ihrer Leute im Umkreis standen. „Ich hab deine Trainingsstunde morgen auf die letzte am Abend verschoben – das lässt du nicht ausfallen, klar?", begründete Dale leise sprechend.
„Okay...", meinte Kade und versuchte seinen bestimmten Blick gleichsam ernsthaft zu erwidern.
„Ich hab nämlich was für dich. Was besseres als das hier", sagte Dale und nickte zu den Lebensmitteln neben ihnen.
Kade sah ebenfalls über die Schulter zu dem Regal und ihm huschte ein Lächeln übers Gesicht bei dem Gedanken daran, was Dale mit ihm vorhatte.

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