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Joanna stand vor dem Spiegel in ihrem Zimmer und betrachtete ihr Spiegelbild. Nervös strich sie über ihre Kleidung und drehte sich zur Seite. Es war der erste richtige Tag, nachdem Pietro seine Erinnerung wiedererlangt hatte und das Leben im Tower wieder seinen gewohnten Lauf nahm. Nachdem er seiner Schwester entkommen war, hatte Pietro sie schüchtern nach einer Verabredung gefragt. Ein Umstand, welcher sie leicht aus der Fassung geworfen hatte. Denn Pietro war vieles, nur nicht schüchtern.

Jetzt stand sie hier. Sie hatte sich für den Abend ein einfaches, aber elegantes Kleid ausgesucht, das ihre Figur schmeichelte und ihre braunen Augen zum Strahlen brachte. Während sie ihr Haar zu einem lockeren Dutt zusammenband, spürte sie die Aufregung in ihrem Bauch, gemischt mit einem Hauch Nervosität. Es war nicht nur das bevorstehende Date mit Pietro, das sie nervös machte, sondern auch die unausgesprochenen Worte und Gefühle, die zwischen ihnen schwebten.

„Es wird nur ein Abend, Joanna. Es ist nicht dein erstes Date mit Pietro", murmelte sie leise zu sich selbst und versuchte, den Druck, den sie sich selbst machte, zu mindern. Doch je mehr sie darüber nachdachte, desto mehr überkam sie die Unsicherheit, ob sie wirklich bereit war, die Mauern, die sie in den letzten Wochen um ihr Herz errichtet hatte, niederzureißen.

Pietro kam kurz darauf in ihr Zimmer, sein Gesicht strahlte vor Vorfreude, als er sie sah und er trat langsam näher. „Bist du bereit? Ich wollte dich nicht zu lange warten lassen", sagte er mit einem schiefen Grinsen, das ihr Herz einen Schlag aussetzen ließ.

Sie lächelte und drehte sich zu ihm um, als der frische Duft seines Aftershaves den Raum erfüllte. Es war eine Mischung aus Zitrus und etwas Holzartigem, die sie an laue Sommerabende erinnerte. „Ja, ich bin bereit. Aber wo gehen wir eigentlich hin?"

„Ein Ort, den du liebst", antwortete er geheimnisvoll und winkte sie an, ihm zu folgen. Joanna fühlte sich schwindelig vor Aufregung, während sie sich in seine Nähe begab. Seine Hand fand sanft den Weg zu ihrem Kreuz, als er sie sanft aus dem Zimmer führte.

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Das Metropolitan Museum of Art in New York City erstrahlte in den letzten Sonnenstrahlen des Tages, während die die hohen, stillen Räume in ein warmes, goldenes Licht getaucht wurden. Es herrschte eine friedliche Stille, während Joanna und Pietro Seite an Seite durch die kunstvollen Hallen schlenderten. Die massiven Gemälde an den Wänden und die imposanten Statuen schienen Geschichten aus vergangenen Zeiten zu erzählen, die in der Luft schwebten.

Joanna bemerkte bei einem vorsichtigen Seitenblick, dass Pietro sich besonders Mühe gegeben hatte. Er trug ein frisch gebügeltes Hemd und sah fast aus wie der kunstbegeisterte Gentleman, den er selbstironisch darstellte. In seinem leicht nervösen Lächeln erkannte sie den gewohnten Schalk – diesen speziellen Ausdruck, den er nur für sie auflegte. Während sie ihm zulächelte, durchströmte sie ein sanftes Gefühl der Geborgenheit in seiner Nähe. Ein Gefühl, welches sie lange vermisst hatte.

„Also... ich hab mich ehrlich gesagt gefragt, ob das mit dem Met überhaupt 'ne gute Idee war", gestand Pietro, sein schüchternes Grinsen offenbarte seine tiefe Unsicherheit. „Ich meine, du bist die Expertin, ich eher... nicht."

Joanna lachte leise und legte spielerisch eine Hand auf seinen Arm. „Weißt du, es geht gar nicht darum, dass du alles über Kunst weißt. Es ist schön, dass du überhaupt daran gedacht hast. Ich liebe es hier." Ihre Stimme klang sanfter, fast verträumt, während sie die bunten Farben der Gemälde bewunderte. „Ehrlich gesagt... ich hätte nicht gedacht, dass du mich hierher bringst." Sie sah ihn grinsend an. „Du bist eher der Typ für bewegte Bilder bei einem Kinobesuch."

Ein warmer Ausdruck trat in Pietros Gesicht. Er schien für einen Moment überrascht von ihrer Reaktion, doch dann lächelte er breit zurück. Joanna fühlte, wie sie weicher wurde; der Stress und die Unsicherheiten der letzten Wochen schienen für eine Weile in den Hintergrund zu treten.

Jo und Pietro bewegten sich vorsichtig durch den langen Flur des Museums. Die Kunstwerke an den Wänden waren in der gedämpften Beleuchtung kaum zu erkennen. Während sie weiter gingen, bemerkte Joeine kleine Gruppe junger Kunststudenten, die in der Nähe standen und angeregt über eines der Gemälde diskutierten.

Plötzlich bemerkte sie einen der Studenten, der zu ihr herüberblickte und leicht lächelte. Einen Moment lang erwiderte sie das Lächeln aus Höflichkeit.

Doch in diesem Moment spürte sie Pietros Griff an ihrer Taille – stärker, als es nötig gewesen wäre. Ein leises Knurren entkam ihm, und Jo wandte sich überrascht zu ihm um.

„Pietro, was...?" fragte sie, ihre Stimme gedämpft, aber neugierig.

Er sah kurz weg, sein Blick kühl und seine Lippen zu einem gezwungenen Lächeln verzogen. „Nichts", sagte er leise, doch seine Hand löste sich nicht von ihrer Taille. Stattdessen schob er sie näher an sich heran, als wollte er ein Zeichen setzen. „Ich finde nur, dass manche Leute sich ein bisschen zu sehr für die Kunst interessieren."

Jo sah ihn einen Moment schweigend an, dann schmunzelte sie. „Pietro, bitte... Es war nur ein Lächeln."

Doch er ließ seinen Blick weiterhin auf den jungen Mann gerichtet, der sich nun etwas verwirrt abwandte. „Mir ist egal, was es war," murmelte er und wandte sich schließlich wieder ihr zu, sein Griff immer noch fest um ihre Taille. „Ich mag nur nicht, wie er dich ansieht."

Ein Schmunzeln huschte über Jos Gesicht, und sie legte eine Hand auf seine Brust. „Das ist süß, aber wirklich nicht nötig. Du weißt doch, dass ich nur hier bin – mit dir."

Er seufzte, seine Anspannung ein wenig nachlassend, doch ein Rest der Eifersucht blieb in seinen Augen stehen. „Ich weiß," sagte er schließlich, „aber es gibt Dinge, die ich einfach nicht teilen will."

Hand in Hand setzten sie ihren Weg durch die leeren Räume fort, hielten immer wieder an, um die Kunstwerke zu betrachten. Joanna gab ein paar Kommentare ab, die für sie völlig selbstverständlich klangen. Doch als sie in Pietros Augen blickte, sah sie, wie er sie anstarrte, als würde er eine neue Seite an ihr entdecken. Diese Momente erinnerten Jo daran, warum sie ihn so liebte: Er war nicht nur Quicksilver, der impulsive Superheld, sondern jemand, der sie wirklich sah. In seiner Nähe fühlte sie sich verstanden und gewürdigt.

Als sie vor einem Gemälde von Da Vinci standen, seufzte Jo tief und schaute auf ihre Hände, die nervös an ihrer Tasche nestelten. Sie wusste, dass der richtige Moment nie von allein kommen würde, und deshalb nahm sie all ihren Mut zusammen.

„Apropos „gut genug"... ich habe eine Neuigkeit", begann sie, und ihre Stimme klang zögerlich. Sie blickte Pietro an, und ihr Herz klopfte schneller, während sie das Schweigen durchbrach. „Ich... hab vor kurzem beschlossen, ein Praktikum bei Stark Industries anzunehmen."

Pietros Gesichtsausdruck wechselte schnell zu Überraschung, und sie bemerkte, wie sich seine Augen verengten – ein Hauch von Skepsis oder vielleicht sogar Eifersucht schimmerte darin. Die Anspannung war förmlich greifbar, und Jo spürte, wie sich ein schweres Gefühl auf ihr Herz legte. Sie fürchtete, dass er es falsch verstehen könnte, und plötzlich wurde ihr die Bedeutung dieses Moments klar.

„Ein... Praktikum? Mit der Aussicht Alex öfter zu sehen?" fragte Pietro, bemüht, seinen Tonfall ruhig zu halten.

Sein Klang war neutral, aber Jo bemerkte das leichte Zucken in seinen Augen. Sie seufzte innerlich und erinnerte sich daran, wie schwierig die letzten Wochen für ihn gewesen sein mussten. Pietro hatte mitansehen müssen, wie sie und Alex oft zusammen gewesen waren, über Pläne redeten und lachten – all das musste für ihn verwirrend gewesen sein.

„Pietro ,Alex ist nur ein Freund", erwiderte sie sanft, um ihn zu beruhigen. „Und ich dachte... dieses Praktikum wäre eine Chance, um herauszufinden, wo ich stehe. Um wirklich zu wissen, wer ich sein kann, was ich erreichen kann."

Sie beobachtete, wie Pietro diese Information verarbeitete, und ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, während sich seine Haltung sichtlich entspannte. Dennoch entkam ihm ein leises Seufzen.

„Ich weiß... eigentlich will ich ja, dass du Erfolg hast", gestand er. „Es ist nur... schwer, nicht eifersüchtig zu sein, wenn du ständig mit Alex rumhängst." Er stupste sie liebevoll auf die Nase.

Joanna konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. Sie wusste, dass Pietros Worte von seiner Unsicherheit herrührten, doch sie fühlte sich auf seltsame Weise glücklich über seine Ehrlichkeit. Es tat gut, dass er seine Gefühle so offen ausdrückte. Als sie seine Hand nahm und leicht drückte, spürte sie, wie wichtig ihm dieser Moment war. In diesem Augenblick war es nicht nur eine Frage des Praktikums; es ging um Vertrauen und die Möglichkeit, dass sie beide ihre Wege finden konnten, während sie zusammen blieben.

Jo und Pietro zuckten zusammen, als die Alarmanlage plötzlich schrill durch die Stille des Museums hallte. Sie klammerte sich reflexartig an ihn, und Pietro zog sie beschützend in seine Arme, während beide einen Moment inne hielten, die unerwartete Unterbrechung verdauend. Der alarmierende Ton verstummte kurz darauf, doch bevor sie richtig reagieren konnten, eilte ein Museumsangestellter auf sie zu.

„Entschuldigung, es gibt ein Problem mit der Alarmanlage. Wir bitten alle Besucher, in einem gesicherten Bereich zu warten", erklärte er hastig.

Pietro hatte bereits ihre Hand genommen und zog sie sanft, aber bestimmt mit sich. „Ich glaube, ich kenne ein besseres Versteck, wenn wir schon 'ne Störung haben", flüsterte er und führte sie durch die Flure des Museums.

Jo folgte ihm, ihr Herz schlug schneller vor Aufregung und der ungewissen Gefahr. Als sie die Dachterrasse des Museums erreichten, wurde sie von der kühlen Abendluft empfangen. Die Lichter der Stadt breiteten sich wie ein glitzerndes Meer vor ihnen aus, und Jo atmete tief ein. Der Anblick des funkelnden Panoramas erfüllte sie mit einer tiefen Ruhe, einer Art Frieden, den sie in letzter Zeit so sehrvermisst hatte.

Sie standen eng beieinander, und Pietro zog sie ein Stück näher zu sich. Die unausgesprochenen Worte über das Praktikum hingen noch in der Luft, und das Gefühl, dass sie beide etwas zu klären hatten, drängte sich auf. Jo drehte sich sanft zu ihm, ihre Stimme war leise, aber fest. „Du weißt, dass ich immer dich wählen würde, oder?" Ihre Worte waren ein Versprechen, und während sie in seine Augen blickte, spürte sie, wie sich das Band zwischen ihnen noch verstärkte. „Auch wenn das Praktikum bedeutet, dass ich öfter mit Alex arbeiten werde. Du bleibst derjenige, zu dem ich zurückkomme."

Pietro betrachtete sie für einen Moment, und Jo spürte die Zärtlichkeit und das Vertrauen in seinem Blick. Er lächelte leicht und hob die Hand, um eine lose Strähne aus ihrem Gesicht zu streichen. Seine Finger verweilten kurz an ihrer Wange, und sie spürte ein warmes Kribbeln, das durch ihren Körper zog.

„Ich weiß, dass wir es bis hierher geschafft haben... manchmal vergesseich nur, dass du mir schon alles bedeutest", sagte er leise, und diese Worte trafen Jo tief.

Ohne darüber nachzudenken, lehnte sie sich in seine Berührung und genoss die Nähe zu ihm. In seiner Umarmung fühlte sie sich zu Hause, und all die Unsicherheiten der letzten Wochen lösten sich auf. Sie lächelte ihn an, ihre Augen funkelten vor Freude und Zuneigung. „Aber denk dran, ich muss dich vielleicht auch mal teilen, okay? Die Welt sieht dich nicht nur als Pietro, sondern als Quicksilver."

Pietro schüttelte grinsend den Kopf und zog sie noch enger an sich. Sein Lachen vibrierte warm an ihrem Ohr. „Solange du mich bei dir behältst, sollen die anderen mich sehen, wie sie wollen."

Sie verharrten eine Weile in dieser stillen Intimität, während der Wind sanft durch ihre Haare strich und die Stadtlichter in der Ferne glitzerten. Jo schloss die Augen, ließ den Moment auf sich wirken, und wusste, dass sie sich selten so verbunden gefühlt hatte wie in diesem Augenblick mit Pietro.

Als sie schließlich die Augen öffnete, sah sie, wie er sie anlächelte. In diesem Augenblick überkam sie eine Welle der Zuneigung, und sie spürte, dass der Kuss, der vielleicht kommen sollte, noch etwas Zeit brauchte. Doch dann beugte sich Pietro vor und hauchte ihr sanft einen Kuss auf die Wange, was ein wohliges Gefühl in ihr auslöste.

„Ich hab dich lieb, Jo", murmelte er, und sie wusste, dass in dieser kleinen Geste all die Worte steckten, die sie beide noch aussprechen mochten.

Pietro hielt inne und ließ die Worte in der Stille des Abends verklingen. Ein Lächeln, zart und voller Wärme, umspielte seine Lippen, als seine Hand an ihrer Wange ruhte. Joanna spürte, wie seine Berührung eine sanfte Wärme durch ihren Körper schickte und wie das vertraute Kribbeln aufstieg, das sie jedes Mal fühlte, wenn er in ihrer Nähe war. In diesem Moment war alles andere unwichtig: die Zweifel, die Unsicherheiten – es war nur sie und Pietro, gemeinsam über den Dächern der Stadt.

„Du bist unglaublich", sagte sie leise, fast atemlos. „Manchmal frage ich mich, wie wir das alles geschafft haben, wie du all die Höhen und Tiefen mit mir durchgestanden hast."

Pietro schüttelte den Kopf und lächelte leicht. „Du vergisst, dass ich Quicksilver bin. Höhen und Tiefen sind für mich ein Sprint." Seine Finger glitten sanft über ihre Wange, bevor er seine Hand sinken ließ und sie liebevoll ansah. „Aber... du gibst mir das Gefühl, dass ich ankommen kann. Dass ich mich nicht immer beeilen muss."

Joanna war überrascht von der Offenheit in seinen Worten, welche sie bei ihm noch nie hatte erleben dürfen. Es war, als ob er die Mauer, die er um sich gebaut hatte, für einen Augenblick fallen ließ und sie an seinem Innersten teilhaben ließ. Das Gefühl von Vertrauen und tiefer Verbundenheit war so stark, dass es beinahe greifbar war.

„Du musst nicht immer der Schnellste sein, Pietro", erwiderte sie und lehnte sich leicht gegen ihn. „Manchmal ist es auch schön, einfach nur stehenzubleiben und den Moment zu genießen."

Pietro zog sie noch näher zu sich, und Jo spürte, wie die letzten Sonnenstrahlen des Abends auf ihrer Haut prickelten. Die Geräusche der Stadt schienen in den Hintergrund zu treten, und der einzige Klang, der zählte, war der ihrer gemeinsamen Atemzüge.

„Weißt du, Joanna", murmelte er schließlich, „egal, wo du bist, mit wem du bist – am Ende bleibst du für mich immer diejenige, die ich suche." Seine Worte waren schlicht, aber sie trugen eine Schwere, die Jo durch und durch berührte.

In diesem Moment fühlte sie, dass all ihre Zweifel und Ängste verflogen. Sie wusste, dass er ihr vertraute, dass er sie liebte, und dass sie ihn auf dieselbe Weise liebte. Ihre Blicke verschmolzen, und ohne ein weiteres Wort zu sagen, legten sie die letzten Zentimeter zwischen ihnen zurück, bis ihre Lippen sich sanft berührten.

Die Welt um sie herum verblasste, und es gab nur noch das Prickeln und die Wärme ihrer Berührung – ein Kuss, der all das unausgesprochene Versprechen besiegelte, das zwischen ihnen lag.

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