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Lachend betraten Jo und Alex den Tower durch den Haupteingang. In den Händen hielt jeder von ihnen noch die Reste eines Eis. Es war ein gelungener Tag gewesen.
Sie war heute Morgen noch nicht einmal richtig wach gewesen, als Alex, ohne zu klopfen, in ihr Zimmer gestürmt war. In diesem Moment hatte sie es tatsächlich bereut, ihm uneingeschränkt Zugang zu ihrem Zimmer gewährt zu haben. Ihn überhaupt in die Besucherliste des Towers eingetragen zu haben. Freund hin oder her. Aber das waren müßige Gedanken eines müden Hirns gewesen.
Aber sein Anschlag auf sie war lohnenswert.
Vielleicht nicht gleich am Anfang. Denn nachdem die Zimmertür aufgerissen worden war, hatte Jo sich unter ihrer Decke verkrochen. In der Hoffnung, dass derjenige, der sie störte, verstand, dass sie in Ruhe gelassen werden wollte. Was aber vergebens war, da ihr die Decke einfach weggerissen wurde. Bevor sie anfangen konnte zu schimpfen, hatte Alex sie breit angegrinst, sodass ihr erst einmal der Atem wegblieb. Dieser Charmeur. Dann wurde sie aus dem Bett gezogen und von dort aus dann weiter in Richtung Bad. Nach wenigen Augenblicken, in denen sie perplex dagestanden war, war die Tür erneut geöffnet worden und Alex hatte ihr ein komplettes Outfit hereingereicht. Dann gab es noch die Anweisung, sich endlich zu bewegen und sich anzuziehen.
Diese Aufforderung hatte Jo dann endlich dazu gebracht, sich zu bewegen. Schnell war die Morgenwäsche erledigt und nach einer kurzen Inspektion zog sie das von Alex ausgesuchte Outfit an. Sie musste durchaus zugeben, dass der Ältere einen guten Geschmack bei der Kleiderwahl besaß.
Nach wenigen Minuten war sie aus dem Bad gekommen, hatte sich ihre Tasche gegriffen und war Alex gefolgt. Anscheinend war von ihm alles im Vorfeld geplant, da sie nicht von ihrem Vater oder Bucky aufgehalten wurden. So waren sie mit dem Aufzug in die Garage des Towers gefahren, wo Happy bereits in einem der Autos wartete. Zu diesem Zeitpunkt war Jo bereits etwas frustriert, da Alex auf keine ihrer Fragen antworten wollte. Immerhin hatte die Tatsache, dass er einen Kaffee und einen belegten Bagel dabei hatte, ihre Laune ein kleines bisschen gebessert.
Erst als sich nach einer kurzen Fahrt vor dem Met hielten, war Jo eine Idee gekommen, was Alex' Plan war. Als sie ihn gefragt hatte, war ein Lachen ihre Antwort gewesen und der Kommentar, dass ihre Leitung wirklich lang sei. Seit kurzem gab es hier eine Michelangelo-Ausstellung, welche unter Kunstliebhabern sehr gefragt war. Auch sie war neugierig geworden und wollte sich die Kunstwerke unbedingt ansehen. Bloß war es zeitlich bisher nicht möglich gewesen, da eine größere Mission bei den Avengers geplant war, sodass sie keiner begleiten konnte. Und ihr Vater war nun auch eher ein Liebhaber der modernen Kunst.
So war sie mit Alex einige Stunden in der Ausstellung gewesen, bevor sie zu einem späten Mittagessen in eines der nahen Restaurants aufgebrochen waren. All das mit Happy als fast unsichtbaren Schatten. Inzwischen hatte Jo sich zähneknirschend an die Anwesenheit eines Bodyguards gewöhnt, hegte aber die Hoffnung, dass ihr Vater bald von dieser Überwachung abkommen würde. Es war töricht zu glauben, dass es sich ändern würde, aber zumindest durfte man ja hoffen.
Jo seufzte und sah mit einem Lächeln zu ihrer Begleitung, welche sie im Gegenzug fragend ansah.
„Ich habe einfach den Tag Revue passieren lassen. Es war richtig schön heute. Ein einfaches Dankeschön reicht nicht. Aber hier ist es. Danke!" Während sie sprach, strahlte sie den Schwarzhaarigen an.
Nach diesen Worten lächelte Alex, bevor er ihr antwortete. „Habe ich doch gern gemacht. Ich weiß doch inzwischen, dass du die alten Künstler sehr schätzt. Da war es das..." Er brach ab und wandte seinen Blick von ihrem Gesicht ab, als er eine weitere Stimme vernahm. Augenblicklich verdüsterte sich sein Blick. „Was macht deine Cousine hier? Hat sie nicht Hausverbot?"
Verwundert hob Jo die Augenbrauen und wandte sich von ihrer Begleitung und sah zu ihrer Cousine, welche es tatsächlich gewagt hatte den Tower zu betreten. „Ich weiß es nicht. Eigentlich..."
Weiter kam sie nicht, da in dem Moment Pietro aus einem der Aufzüge stieg und geradewegs auf die Blonde zuging. Schnell wandte Jo sich ab. Aber nicht schnell genug, sodass sie sah, wie ihre Cousine sich dem Speedster um den Hals warf.
Mit einem bitteren Lächeln sah sie zu Alex auf. „Danke für diesen schönen Tag."
Dieser sah sie forschend an und überging ihren erneuten Dank. „Erinnert er sich noch immer nicht an dich? An gar nichts?"
„Doch. Aber nur Dinge, welche die anderen betreffen. Nach diesem einen Erinnerungsfetzen kam nichts mehr. Es scheint so, als wolle er sich nicht daran erinnern, wie unsere Beziehung davor war... Stattdessen hat er jetzt Missy." Hängte sie bitter an. Betreten sah sie auf ihre Eiswaffel. Der Appetit darauf war ihr vergangen. Schnell warf sie es in einen Mülleimer, welcher nicht unweit von ihr stand.
„Ein Mädchen, welches dir ähnlich ist, aber dann doch wieder nicht?"
Überrascht sah Jo ihn an, bevor sich Verärgerung in ihr breit machte. Wie konnte er nur so etwas äußern? „Ich bin nicht wie sie!" Brach es lauter als gewollt aus ihr heraus. Sie wollte weitersprechen, aber sie bemerkte, dass Alex ihr gar nicht richtig zuhörte. Sie folgte seinem Blick, welcher konzentriert auf das blonde Paar gerichtet war. Dabei bemerkte Jo, dass die beiden ebenfalls zu ihnen hersahen. Wahrscheinlich wegen ihres lauten Ausbruchs. Missy wie üblich mit einem triumphierenden Blick, während Pietros Gesichtsausdruck nicht zu deuten war.
„Das tut mir jetzt überhaupt nicht leid." Flüsterte Alex leise für sich.
„Was?" Konnte Jo nur fragen und sah zu Alex, bevor sie überrascht die Augen aufriss.
Denn Alex hatte einen Arm um sie geschlungen und näher zu sich gezogen, bevor er ihr Kinn anhob und seine Lippen auf die ihren legte. Jo war viel zu perplex, als dass sie reagieren könnte. Und so stand sie zuerst erstarrt in diesem Kuss.
Bevor sie etwas machen und Alex von sich drücken konnte, wurde dieser von ihr weggezerrt. Irritiert sah sie Alex an, welcher zuerst nicht weniger verwundert war und vorsichtig seine blutende Lippe betastete. Sofort schnellte ihr Blick zu Pietro, welcher mit geballter Faust neben ihr stand und düster zu dem Schwarzhaarigen sah. Ein kurzer Blick zu Missy zeigte ihr, dass diese ebenso erstaunt war. Jo sah wieder zu Pietro, welcher sich drohend vor Alex aufbaute.
„Lass deine Finger von ihr!" Knurrte Pietro.
Alex, welcher sich offenbar wieder gefasst hatte, sah ihn nur scharf an. „Weshalb? Warum sollte sie ewig auf dich warten! Ihr seid doch nicht mehr zusammen!" Er stand auf und strich sich seine Kleidung glatt, dabei sah er Pietro herausfordernd an. „Oder habe ich da etwas falsch verstanden?"
„Alex? Was ...?" Weiter kam Jo nicht, da sie unterbrochen wurde. Was hatte Alex sich nur dabei gedacht? Ihr Kopf schnellte herum, als der Blonde zu sprechen begann.
„Vielleicht nicht im Moment!" Erwiderte Pietro hitzig. „Aber vor wenigen Wochen waren wir es. Bevor..." Hier machte er eine kurze Pause und schluckte schwer. „Bevor ich sie vergessen habe." Er wandte sich zu Jo und sah ihr ins Gesicht. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht vergessen. Nicht dich! Niemals!"
Bei diesen Worten merkte Jo wie ihre Augen feucht wurden und sie wandte sich ab. Sie sah zu Alex, welcher versuchte ihr aufmunternd zuzulächeln, was ihm misslang, aber sie blieb stumm. Wie sollte sie denn reagieren? Ihre Hände zu Fäusten geballt, konnte sie sich nicht überwinden etwas zu sagen, geschweige sich zu dem Blonden umzudrehen. Sie zuckte zusammen, als eine von Pietros Händen ihre zitternde Rechte umfasste. Ihr Kopf ruckte hoch und sich sah ihn mit tränen feuchtem Blick an.
„Du hast mich vergessen!"
„Ich weiß." Gab er heiser zu.
„Du hast mich mit deinen Worten und Taten verletzt!"
„Ich weiß." Er schluckte schwer. „Ich tat es, da du, obwohl ich mich nicht erinnerte, zu viel Platz in meinen Gedanken eingenommen hast. Das hat mir Angst gemacht. Ich kannte das davor nicht!" Bei diesen Worten legte er vorsichtig seine Arme um Joanna und zog sie sanft an sich. Ließ ihr einen Moment Zeit, da sie sich anfangs sträubte, bevor sie in die gewohnte und so vermisste Umarmung sank. „Sobald ich dich sah oder deinen Namen hörte, war da dieses Gefühl, welches mich zu dir zog. Aber da ich es nicht wahrhaben wollte, landete ich schließlich bei der da." Er sah in Missys Richtung. Deren Blick verdüsterte sich bei seinen Worten, da ihr langsam klar wurde, dass sie zu den Verlierern zählte. „Nicht wie du, aber ähnlich."
„Ich bin nicht wie sie!" Jo drückte sich etwas von ihm weg und sah ihn zornig an.
Pietro lächelte nur. „Nein. Sie ist tatsächlich nicht wie du." Er zog Jo wieder an sich und beugte sich zu ihr hinunter. „Denn du bist um so viel besser... Ich liebe dich." Flüsterte er ihr schließlich ins Ohr.
Bei diesen Worten erschien ein Lächeln auf Joannas Gesicht und sie drückte dieses fest gegen seine Brust. Hörte den vertrauten Herzschlag. Sog den Duft ein, welchen sie so lange vermisst hatte.
Er war wieder da. Ihr Pietro.
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