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„Was für einen Film willst du dir anschauen?" Fragte Jo und wandte sich Wanda zu.
Diese stellte gerade eine Flasche Saft und Gläser für sie beide auf den Tisch und sah anschließend zu der Jüngeren. Ihr Blick wurde nachdenklich, bevor schließlich ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht erschien.
„Terminator."
Verwundert über diese Wahl sah Jo sie fragend an. Sie hatte alles erwartet, nur nicht das. Denn sonst war Wanda eher für Liebesfilme zu haben. Umso schnulziger, desto besser. Action entsprach da eher Pietros Geschmack.
„Wegen Pietro." Beantwortete die Rothaarige die unausgesprochene Frage. „Das ist einer seiner Lieblingsfilme." Ihr Lächeln wurde etwas wehmütig. „Du solltest wissen, dass er mir auch fehlt."
Joanna erwiderte das Lächeln, setzte sich auf das Sofa und suchte in der hauseigenen Mediathek nach dem Film. Wanda hatte recht. Er fehlte ihr auch sehr. Inzwischen waren es fast zwei Wochen, seitdem er mit Steve, Bruce und Clint aufgebrochen war. Ihr Dad hatte leider wenig herausbekommen als er sich bei Fury schlaumachen wollte. Dieser hatte ihm keine Informationen zukommen lassen wollen, da er es ihrem Dad immer noch übel nahm, dass er bei ihrem letzten Gespräch vor Wochen aus der Leitung geschmissen worden war.
Jo folgte dem Flimmern des Filmes und dachte nach. Zu derSehnsucht nach ihm hatte sich in den letzten Tagen auch Sorge hinzugesellt. Bis vor wenigen Tagen hatten Pietro und sie sich noch regelmäßig Nachrichten geschickt. Nicht viele. Vielleicht zwei am Tag, aber es hatte gereicht. Bis es abrupt abgebrochen war. Joanna hatte ihm immer wieder geschrieben, aber sie erhielt keine Antwort. Sogar einen Anruf hatte sie versucht, aber da war die Verbindung gar nicht erst zustande gekommen.
„Wie es ihm wohl geht?" Entschlüpfte es Jo schließlich unwillkürlich. Damit brach sie die Stille, welche zwischen ihnen beiden entstanden war.
Auf diese Frage hin wandte die Rothaarige sich ihr zu. „Ich hoffe doch gut." Sie kaute nachdenklich an ihrer Lippe. „Ich glaube aber, dass ich es spüren würde, falls ihm etwas Schlimmes passiert wäre. Zumindest war es damals in Sokovia so."
„Wie meinst du das?" Fragte Jo neugierig. Sie drehte sich vom Fernseher weg und sah die Ältere fragend an. Dabei sah sie deutlich, dass diese Erinnerung Wanda noch immer zu schaffen machte.
„Du kennst doch die Narbe auf seinem Bauch?" Fragte Wanda und fuhr fort, ohne auf eine Antwort zu warten. „Er wurde damals lebensgefährlich verletzt. Er war sogar einen kurzen Augenblick lang klinisch tot. Er hatte so unglaubliches Glück... Clint hat ihn gerettet. Er selbst weiß nicht mehr genau wie er das überhaupt geschafft hat." Sie stockte kurz, als die vergangenen Ereignisse auf sie einstürzten. „In diesem kurzen Augenblick, als er bewusstlos wurde, als er tot war, da war es, als hätte man mir mein schlagendes Herz herausgerissen. Dort wo ich ihn seit unserer Geburt gespürt hatte, tat sich ein furchtbar tiefes Loch auf. Es tat so unendlich weh..."
Jo griff nach Wandas Hand und drückte diese liebevoll. Sie kannte die Narben auf Pietros Körper. Die meisten Geschichten waren ihr von Pietro erzählt worden. Bis auf diese eine. Da war seine Erinnerung ziemlich wage gewesen. Aber jetzt war ihr klar weshalb. Als ein leises Schluchzen erklang, sah Joanna auf. Dann rückte sie näher an die Rothaarige heran, legte dieser den Arm um die Schulter und drückte sie liebevoll. So saßen sie minutenlang schweigend da und sahen zu, wie Sarah Connor vor dem Terminator flüchtete.
„Mrs. Maximoff?" Erklang auf einmal eine Stimme und ließ sie beide aufschrecken.
„Was gibt es Friday?" Fragte Wanda nach dem ersten Schreckmoment.
Einen kurzen Augenblick lang herrschte Stille, so als müsste Friday ihre nächsten Worte genau abwägen. „Ich soll ihnen von Dr. Cho die Bitte übermitteln, dass sie umgehend zu Krankenstation kommen sollen."
Verwirrt sahen Jo und Wanda sich an. „Was ist passiert?"
Wieder herrschte Stille, sodass bei Jo der Verdacht aufkam, als wenn Friday nicht mehr sagen dürfte. Eine Vermutung begann sich in Joanna zu regen. Sie sah zu der Rothaarigen, welche ebenfalls am Nachdenken war, sich aber dazu aufmachte aufzustehen.
„Sie sind wieder da!" Flüsterte Jo schließlich.
Wanda sah sie neugierig an. „Was hast du gesagt?" Fragte sie.
„Pietro, Steve, Bruce und Clint sind wieder da." Wiederholte Jo und sprang auf. „Es muss so sein! Friday!"
„Ja Miss?" Erklang die Stimme der KI.
„Sind Pietro, Steve, Clint und Bruce wieder von ihrer Mission zurück?" Ihre Stimme zitterte vor Aufregung als sie die Frage stellte.
„Ja Miss." Jo strahlte Wanda an, deren Gesicht sich ebenfalls aufhellte. Vor Erleichterung gaben ihre Knie nach und sie sank wieder auf das Sofa. Aber Jos Miene verdüsterte sich augenblicklich, als die KI weitersprach. „Aber sie sollen vorerst nicht zur Krankenstation. Nur Mrs. Maximoff."
„Aber..."
„Anweisung von Dr. Cho."
„Aber...!" Joanna sprang auf.
„Jo, nicht." Wanda griff nach der Hand der Jüngeren und zog sie sanft auf das Sofa zurück und in eine feste Umarmung. „Ich werde jetzt gehen. Aber ich werde dir Bescheid geben, sobald ich weiß was mit Pietro los ist. Du weißt, dass ich gespürt hätte, wenn etwas Schlimmes mit ihm passiert wäre."
Tränen stiegen in Jos Augen, als sie Wandas Worte hörte. Irgendetwas stimmte nicht und sie wurde regelrecht ausgeschlossen. Sie wischte sich die Tränen weg und schluckte zaghaft. „Versprochen?" Kam leise von ihr.
„Versprochen." Erwiderte Wanda mit einem kleinen Lächeln, bevor sie aufstand und schnellen Schrittes das Zimmer verließ.
Joanna sah ihr hinterher. Die Tränen begannen wieder ihre Wangen hinunterzurollen. Etwas stimmte nicht. Sie spürte es ganz genau. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Noch mehr warten! Mit einem zittrigen Seufzen rollte Jo sich auf ihrem Sofa zusammen und starrte auf das Flimmern des Filmes vor sich.
Als es an ihrer Zimmertür klopfte, schreckte Joanna aus ihrem unruhigen Schlummer auf. Sie wischte sich über ihre Augen und sah verwirrt in Richtung Fenster. Die Sonne schien noch, war aber bereits langsam am untergehen. Jo wandte sich zur Tür, als erneut ein Klopfen erklang. Nur wirkte es allmählich dringlich.
„Herein." Mit diesem Wort setzte Jo sich vernünftig auf und wischte sich erneut über ihr Gesicht. Sie spürte dabei die getrockneten Tränenspuren unter ihren Fingern. Na toll. Wie sie momentan aussah, wusste sie nur zu genau.
Kaum dass sie ausgesprochen hatte, öffnete sich die Zimmertür und ihr Vater trat in ihr Zimmer. Joanna schenkte ihm ein kleines Lächeln, welches aber sofort wieder verblasste, als es ihrem Vater nicht gelang ihr Lächeln zu erwidern. Normalerweise hatte er immer ein kleines Grinsen für sie üblich. So kam ihr Dad nur schweigend auf sie zu und setzte sich neben sie auf das Sofa. Sein Gesicht ließ nichts erahnen, was er mit ihr besprechen wollte, aber durch seine eher ungewohnte Ernsthaftigkeit, begann Jo sich unwohl zu fühlen.
„Was ist los Dad? Was soll dieses Gesicht?" Fragte sie ihn gerade heraus.
Ihr Vater seufzte auf diese Frage hin nur und räusperte sich, bevor er anfing zu sprechen.
„Steve, Clint, Pietro und Bruce sind heute frühzeitig von ihrer Mission zurückgekommen."
Joannas Mundwinkel zuckten für einen kurzen Moment nach oben. Aber die Freude wollte sich nicht so recht einstellen, da sie wusste das da mehr kam.
„Sie haben ihren Job offenbar bis zum Schluss erledigt. Bis vor wenigen Tagen sogar ohne große Probleme, oder auch Gegenwehr der anderen Partei." Jetzt machte ihr Vater eine kurze Pause und suchte nach den richtigen Worten. „Aber vor zwei Tagen wurde Pietro verletzt. So wie ich das mitbekommen habe, war es ein Schuss in die Schulter und ein Streifschuss am Kopf..."
Erschrocken krallte Jo sich in die Polsterung des Sofas. Schussverletzungen waren generell nicht gut, aber eine Kopfverletzung spielte in einer anderen Liga, egal wie klein sie war.
„Keine Angst!" Warf ihr Dad gleich ein und legte eine Hand beruhigend auf eine ihrer verkrampften Hände. „Es waren keine großen Wunden. Bruce konnte sie provisorisch behandeln und es ging Pietro gut. Nur wirkte er gestern auf einmal in seinem Wesen verändert. Die anderen haben es irgendwie geschafft ihm ein Beruhigungsmittel zu geben und ihn anschließend hierher zurückgebracht. Dr. Cho hat ihn untersucht, konnte aber keine Verletzungen mehr feststellen."
„Weil er so schnell heilt?" Fragte Joanna leise.
Ihr Vater nickte bestätigend.
„Also kann man nicht mehr feststellen, ob ein organischer Schaden stattgefunden hat?"
Vorsichtig streichelte ihr Vater über ihre Hand. „Leider nicht. Dr. Cho schleicht gerade das Beruhigungsmittel aus und wartet darauf, dass er aufwacht. Wanda ist bei ihm, damit er sich sicher fühlt, sobald er aufwacht."
Jo leckte sich über ihre trockenen Lippen, bevor sie eine nächste Frage stellte. „Kann ich nicht auch zu ihm?"
„Wir wissen nicht wie es ihm geht, wenn er aufwacht. Es könnte sein, dass es nur ein Schockmoment nach dem Schuss war, aber es könnte auch mehr sein."
„Ich muss zu ihm!" Jo sprang auf und lief zu der Zimmertür. Ihren Vater, der nach ihr greifen und sie aufhalten wollte, schüttelte sie ab und verließ im Laufschritt das Zimmer.
„WARTE!" Rief ihr Vater ihr noch hinterher, konnte sie aber nicht zum Anhalten bringen.
Leise klopfte Joanna an der Tür zu Pietros Krankenzimmer. Sie wartete keine Antwort ab, sondern öffnete gleich die Tür damit sie eintreten konnte. Mit einem Lächeln trat sie ein und sah Wanda, welche an Pietros Bett saß. Sobald sie Jo erblickte, stand sie sofort auf und kam auf sie zu. Ihr Gesicht war dabei nur schwer zu deuten.
Das Lächeln auf Jos Lippen verrutschte, als sie sah, wie sich das Gesicht der Anderen veränderte. Sie sah jetzt unendlich traurig aus. „Was ist mit ihm?"
Wanda blieb vor ihr stehen und sah sie ernst an. „Es wäre wohl besser, wenn du gehst. Er..."
Weiter kam die Rothaarige nicht, denn ein leises „Wanda?" war vom Bett zu hören. Beide Frauen drehten sich unverzüglich um und sahen zu dem Blonden. Dieser hatte sich etwas aufgerichtet, während er sich dabei den Kopf hielt. Er lächelte seine Schwester sofort an. Schließlich bemerkte er Joanna und das Lächeln in seinem Gesicht verschwand.
Sobald dies geschah, spürte Jo einen eisigen Schauer, welcher langsam ihren Rücken hinabkroch. Sie hatte eine böse Vorahnung von dem, was jetzt kam. Denn sein Blick war kalt. Nicht wie er sie sonst ansah. Eher so als hätte er eine totale Fremde vor sich. Sie ließ ihren Blick zu Boden sinken und wartete das Urteil ab.
„Wer bist du?"
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