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Etwas müde lehnte Jo ihren Kopf gegen das Sitzpolster der Limousine, in der sie gemeinsam mit Pepper saß und sah dabei aus dem Fenster. Sah zu wie die Wolkenkratzer der Stadt an ihr vorbeizogen. Sie rieb sich ihre brennenden Augen und versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. Trotz ihres gestrigen Vorsatzes war sie erst spät eingeschlafen und dann auch immer wieder aufgewacht. Es waren keine Alpträume gewesen. Nicht direkt. Nur ein Gefühl der Bedrohung, welches ihr die Luft zum Atmen genommen hatte. Also war sie letztendlich mit den ersten Sonnenstrahlen aufgestanden und hatte sich sorgfältig für den kommenden Tag zurechtgemacht.
„Müde?" Erklang Peppers besorgte Stimme von ihrer Seite und riss sie somit aus ihren Gedanken.
Jo wandte sich ihr mit einem kleinen Lächeln zu und nickte. „Ein bisschen. Die Aufregung hat mich nicht schlafen lassen."
„Die gestrige Aufregung oder die heutige?" Fragte die Ältere nach.
„Sagen wir mal, es war eine gute Mischung aus beiden." Gab Joanna nach einer kurzen Pause schließlich zur Antwort. „Der Tag gestern war nun mal sehr anstrengend. Aber Dad hat wie so oft die passenden Worte gefunden."
„Dafür hat er ein Talent. Man glaubt es oft nicht." Schmunzelte Pepper. „Gibt es etwas Besonderes was du dir bei der Firma anschauen willst?"
Jo überlegte kurz, bevor sie zu einer Antwort ansetzte. „Vielleicht die Abteilung für internationale Arbeit? Ich denke da könnten sich meine Kenntnisse in Fremdsprachen bezahlt machen. Sonst weiß ich auch nichts anderes."
Pepper nickte zustimmend. „Daran hatte ich auch gedacht. Aber ..." Sie machte eine kurze Pause. „...solltest du wirklich bei Stark Industries einsteigen wollen, dann sollten wir dich offiziell der Öffentlichkeit vorstellen." Sie blickte in Joannas entgeistertes Gesicht und lenkte schnell ein. „Natürlich nicht sofort. Aber im Laufe der Zeit wird es dazu kommen müssen. Nicht das du, falls du einen offiziellen Posten übernimmst von der Presse belagert wirst."
Jo seufzte tief. „Ich weiß. Es hat mich eh gewundert, dass seit dem einen Foto und der darauf folgenden Pressemitteilung nicht nach mir gesucht wurde. Bin wohl zu uninteressant. Es sind zwar vereinzelte Fotos die mich mit Pietro zeigen im Umlauf, aber da werde ich als sein neuer Love-Interest betitelt." Ein Grinsen erschien bei dieser Bezeichnung auf ihrem Gesicht. „Ich hab dann etwas recherchiert. Und da gab es ja echt viele Mädchen oder auch Frauen bei Pietro..."
„In der Hinsicht ist er wie Tony früher." Bei der Erinnerung verzog Pepper etwas das Gesicht. „Ich kann gar nicht zählen wie viele Frauen ich für deinen Vater raus schmeißen musste. Fürs Vergnügen war er immer zu haben, auch heute noch. Aber das unangenehme hat er lieber anderen gelassen. Was wohl der Grund ist, weshalb er sich mit Pietro als deinen Freund immer noch so unglaublich schwer tut. Sie sind sich in Bezug auf ihren Frauenverschleiß viel zu ähnlich. Er hat einfach Angst das dir das Herz gebrochen wird."
„Will man es ihm übel nehmen?" Dabei musste Joanna weiter grinsen.
„Nein. Ganz sicher nicht." Die Ältere verzog ihren Mund ebenfalls zu einem Lächeln. Dann sah sie aus dem Autofenster. Genau in dem Moment kam der Wagen langsam zum Stillstand. „Wir sind da. Bereit?"
Joanna wurde etwas bleich. „Kann ich nicht im Wagen warten?"
Pepper schüttelte lachend den Kopf und stieg aus. „Keine Chance."
Mit einem leisen Grummeln, sowie einem mulmigen Gefühl stieg Joanna schließlich auch aus dem Wagen. Sie blinzelte im Sonnenlicht und sah beinahe ehrfürchtig zu dem großen Gebäudekomplex. Schließlich folgte sie schnell der Älteren.
An Peppers Seite trat Jo durch die großen Flügeltüren und blieb erst einmal erstaunt stehen. Vor ihr erstreckte sich eine große Eingangshalle, in der viele Menschen unterwegs waren und ihren jeweiligen Aufgaben nachgingen. Nach wenigen Schritten blieb Pepper stehen und sah mit einem Lächeln zu Jo zurück.
„Beeindruckend. Nicht wahr?"
Mit einem Nicken trat Jo langsam näher. „Das ist es. Selbst beim zweiten Mal."
„Zweites Mal?"
„Ja. Vor einigen Jahren bin ich mit meiner Klasse die übliche Besucherführung mitgegangen." Sie verzog bei der Erinnerung ihr Gesicht. „Das zu sehen war zwar interessant, nur unser Führer war wohl sehr gelangweilt und hat seinen Text eher unmotiviert herunter gerattert. Die Klasse war danach sehr froh wieder draußen zu sein."
„Das wird dir heute nicht passieren. Denn heute darfst du hinter verschlossene Türen schauen." Pepper zwinkerte ihr zu. „Komm. Zuerst steht ein kurzes Morgenmeeting auf dem Plan, in welchem wir das Neueste für heute zu hören bekommen."
Pepper steuerte zügig auf eine Tür zu, zog ihren Ausweis, hielt ihn vor einen Scanner und öffnete diese. Joanna folgte ihr umgehend und sah sich mit großen Augen um.
Es war wirklich besser als mit der Schule.
Etwas erschlagen trat Joanna hinter Pepper aus dem Konferenzraum. Das kurze Meeting hatte trotz allem eine geschlagene Stunde gedauert und war mit vielen Informationen vollgepackt gewesen. Allein ihr Erscheinen hatte unter den Anwesenden für gewisse Aufregung gesorgt, nachdem klar war, wer sie war. Langsamen Schrittes folgte Jo der Rothaarigen, blieb aber immer wieder stehen, wenn sie etwas von Interesse entdeckte.
„Mr. Barnes! Schön sie hier zu sehen!" Mit diesen Worten schritt Pepper zügig auf den Anwalt zu. Sie schenkte ihm ein freundliches Lächeln und nahm seine ausgestreckte Rechte in die ihrige.
Jo hatte sich bei Peppers Ausruf umgedreht und sah zu den beiden Erwachsenen. Auch ihr Gesicht hellte sich auf, als sie die bekannte Gestalt erblickte. Seit der Testamentseröffnung, welche gefühlt in einem anderen Leben stattgefunden hatte, hatte sie den Anwalt nicht mehr gesehen. Zügig schritt sie zu den Erwachsenen und wartete bis sich die beiden begrüßt hatten. Auch sie streckte dem Mann ihre Rechte hin und lächelte ihn breit an.
Mr. Barnes erwiderte ihr Lächeln und nahm ihre Rechte in die seine. „Miss Stark! Es freut mich sehr sie wiederzusehen. Wie ist es ihnen seit unserem letzten Treffen ergangen?"
„Sehr gut Mr. Barnes!" Jo sah ihn immer noch lächelnd an. „Es gab ein paar unerwartete Turbulenzen. Aber die gibt es bekannterweise ja in jeder Familie."
Der ältere Mann schmunzelte bei ihrer Antwort. „Wie Recht sie haben. In jeder Familie treten mal Probleme auf." Dabei verfinsterte sich sein Blick für einen kurzen Moment und er sah sich anschließend um.
„Suchen sie jemanden?" Jo sah ihn fragend an.
„Ja. Ich halte Ausschau nach dem Grund meiner aktuellen Turbulenzen."
Auf seine Aussage hin tauschten Jo und Pepper einen fragenden Blick aus. Schließlich ließ Mr. Barnes ein tiefes Seufzen vernehmen, bevor er sich wieder den beiden Frauen zuwandte.
„Es tut mir leid. Ich bin heute in Begleitung meines jüngsten Sohnes hier." Sein Gesicht war immer noch finster, aber dennoch schenkte er Jo ein Lächeln. „Er hält ganz offensichtlich nichts davon in meine Fußstapfen zu treten. Nicht so wie sie Miss. Gedenken sie irgendwann in das Geschäft ihres Vaters einzusteigen?"
„Das weiß ich noch nicht." Antwortete Jo ehrlich. „Aber man sollte sich alle Optionen offen halten."
„Heute zeige ich Joanna erst einmal alles. Die verschiedenen Sektionen, die wir hier vertreten haben." Wandte Pepper ein. Sie wollte weiter sprechen, als sie unterbrochen wurde.
„Da bin ich wieder Vater." Erklang die kühle Stimme einer weiteren Person hinter ihnen.
Jo wandte sich mit Pepper um und machte große Augen. Ein gutaussehender junger Mann, gekleidet in einen dunklen Anzug und streng zurück gegelten Haaren war zu ihrer Gruppe gestoßen und sah mit einem ziemlich verbissenen Gesicht zu dem Älteren. Ein Gesicht das ihr durchaus bekannt vorkam. Bloß hatte es beim letzten Mal viel freundlicher ausgesehen.
„Alex?" Brachte sie schließlich verwundert heraus.
Angesprochener wandte irritiert den Blick von seinem Vater ab und sah zu ihr. Seine Augen weiteten sich ebenfalls verwundert. Aber dieser Ausdruck legte sich schnell bei dem jungen Mann, sodass er Jo ein breites Lächeln zukommen ließ.
„Hi du untreue Tomate." Dabei grinste er sie frech an. „Wie war das? Du wolltest mir schreiben?"
Jo verzog ihr Gesicht. Das hatte sie absolut vergessen. Nach der Party waren andere Sachen in den Vordergrund gerückt, sodass sie die versprochene Nachricht vergessen hatte. Zerknirscht sah sie zu dem Mann vor sich auf. „Tut mir leid! Ich hab es irgendwie ein kleines bisschen vergessen."
„Das war mir klar." Erwiderte Alex amüsiert. „Und ich hab gewartet und gewartet, aber keine Nachricht kam. Am Ende hat Maximoff aus lauter Eifersucht heraus noch meine Nummer gelöscht."
„Alex." Knurrte Jo ihn böse an. „Erzähl nicht so einen Blödsinn. Pietro mag durchaus mal eifersüchtig sein, aber so etwas würde er nicht machen!"
„Wie soll ich mir das sonst erklären?" Fragte er.
„Vergesslichkeit meinerseits." Gab Jo schließlich klein bei. Denn das war es ja. Sie hatte es schlicht und einfach vergessen.
„Eine Idee wie du das jemals wieder gut machen willst?"
„Kaffee?" Erwiderte die Braunhaarige kleinlaut.
Auf ihren Vorschlag zog Alex skeptisch eine Augenbraue hoch. „Etwas wenig, findest du nicht auch?" Dabei grinste er sie weiter an. „Denke nur an meine maßlose Enttäuschung."
„Ein Essen?" Versuchte Joanna es erneut. Wobei sich nach Alex' Aussage bereits ein kleines Grinsen auf ihrem Gesicht zeigte.
„Schon besser. Mit anschließendem Kino?"
Die Jüngere seufzte tief und sah den jungen Mann schließlich geschlagen an. „Aber gerne." Und schließlich leiser für sich. „Habe ich denn eine Wahl?"
„Sehr gut. Und nein, hast du nicht." Er überlegte kurz. „Am kommenden Wochenende?"
Bevor Jo antworten konnte, wurde sie von einem Räuspern unterbrochen. Sie drehte ihren Kopf zu der Geräuschquelle und stellte fest, dass sie ja nicht alleine waren. Sie merkte wie ihr die Röte ins Gesicht stieg und schenkte Pepper ein entschuldigendes Lächeln. Auch Alex registrierte die beiden Erwachsenen und sah sie mit einem breiten Grinsen an.
„Ihr kennt euch?" Fragte Mr. Barnes schließlich und sah dabei zu seinem Sohn.
Interessiert bemerkte Jo, wie Alex' Gesichtsausdruck sich sichtbar abkühlte, sobald sein Vater das Wort an ihn richtete. Schien wohl auf eine äußerst schwierige Beziehung zwischen den beiden hinzuweisen.
„Du weißt doch das ich mir als Barkeeper bei einer Eventfirma etwas hinzuverdiene." Fing Alex an und sah dabei konsequent an seinem Vater vorbei. „Vor einigen Wochen war ich bei Mr. Starks Geburtstagsfeier eingeteilt. So habe ich Joanna kennengelernt. Wir hatten eine kurze Unterhaltung und haben unsere Kontaktdaten ausgetauscht."
„Aber eine durchaus angenehme Unterhaltung." Fügte Joanna hinzu. Sie freute sich, als Alex Mimik sich daraufhin auflockerte und er sie wieder anlächelte.
Alex wandte sich wieder an seinen Vater. „Wenn es dir nichts ausmacht und Joanna Zeit und die Lust dazu hat, dann würde ich mich ihr sehr gerne anschließen."
Der ältere Mann sah seinen Sohn nachdenklich an, bevor er schließlich mit einem Seufzen ergeben nickte. „Wenn es dir lieber ist. Es steht jetzt nur noch einiges an Papierarbeit auf der Tagesordnung." Er wandte sich an Pepper. „Ich hoffe es macht ihnen nichts aus, dass mein Sohn sich ihnen anschließt."
Angesprochene schüttelte mit einem Lächeln den Kopf. „Nein, es stellt kein Problem für mich dar." Dann wandte sie sich an Joanna. „Aber ihr könnt euch gerne absetzen, da für mich noch ein paar wahrscheinlich langweilige Telefonkonferenzen, sowie Budgetbesprechungen anstehen... Tut mit Leid. Ich wusste bis vorhin nicht davon, da sich das alles in meinen Tagesplan geschoben hat."
„Oh..." Jo war etwas enttäuscht. Sie hatte sich erhofft heute etwas Einblick in die Firma zu bekommen.
„Wir wiederholen das alles. Dann machen wir die private Führung mit allen Geheimnissen." Pepper lächelte der Jüngeren entschuldigend zu. „Nun ja, fast allen Geheimnissen. Du kannst derweil ja..."
„Mit mir den versprochenen Kaffee trinken gehen." Mischte Alex sich ein.
Somit war es beschlossene Sache. Joanna verabschiedete sich von Mr. Barnes, winkte Pepper zu und folgte schließlich mit Alex in Richtung Cafeteria.
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