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Bevor sie sich versah, stürzte Joanna und fiel auf ihre Knie. Brennender Schmerz zog durch diese und sie musste ein schmerzerfülltes Keuchen unterdrücken. 
Auf ihren Schmerzenslaut hin hörte sie ein hämisches Lachen. Und augenblicklich war ihr klar, weswegen sie gestürzt war. Missy Bedford, dass beliebteste Mädchen der Schule und zudem ihre Cousine, hatte ihr ein Bein gestellt. Missys Gefolge zeigte ebenso schadenfrohe Gesichter und auch sonst waren vereinzelte Lacher zu hören. Das kam davon, wenn man der unbeliebteste Mensch der ganzen High-School war.
Schnell sammelte Jo ihre herunter gefallenen Sachen auf und stand auf. Dabei strich sich eine durch den Sturz gelöste braune Haarsträhne hinter die Ohren. Sie warf einen schnellen Blick auf Missy, den diese gehässig erwiderte.
“Na Brillenschlange. Zu blöd um zu sehen, wo du hin gehst?“ Wie als ein Echo ihrer Worte erhob sich wieder ein Kichern. 
Die Braunhaarige blieb stumm, denn Widerworte würden ihr nur noch mehr Probleme bringen. Wobei auch das egal war, denn ihre Cousine würde schon eine Lüge einfallen, die sie ihrer Mutter präsentieren würde. Und diese hatte ebenfalls einen unerklärlichen Hass auf ihre Nichte. Trotzdem hatte sie Joanna nach dem Tod ihrer Mutter aufgenommen, da keine andere Familie vorhanden war. 
“Na, hat es dir die Sprache verschlagen? Man beantwortet Fragen die einem gestellt werden. Oder sind mit deiner Mutter auch deine guten Manieren gestorben?“
Jo verschlug es zuerst den Atem. “Wage es nicht meine Mutter da hineinzuziehen du Miststück!“ Während sie sprach, trat sie einen Schritt vor und blickte Missy wütend an.
Diese zeigte sich nur wenig beeindruckt und sah auf ihre kleinere Cousine. Diese war mit ihren eins fünfundsechzig zwar nicht übermäßig klein, aber gegen die Blonde mit ihrer Größe von eins achtzig kam sie nicht an. Und das bekam sie immer zu spüren. Das sie klein und unbedeutend neben ihrer schönen Cousine war. Unerwünscht und ungeliebt. 
“Ach, wir geben Widerworte. Wie mutig.“ Wieder folgte als ein Echo mehrstimmiges Kichern.
Jo wollte bereits zum Sprechen ansetzen, als die Schulglocke schlimmeres verhinderte. Sie drückte ihre Bücher fester an sich, drehte sich um und eilte zur nächsten Unterrichtsstunde. 
“Wir sehen uns Zuhause.“ Ertönte es nur noch schadenfroh hinter ihr.
Bei diesen Worten biss sie ihre Zähne nur fest zusammen und lief weiter. Sie fürchtete die Reaktion ihrer Tante, die sie oft wegen Nichtigkeiten bestrafte. Aber hauptsächlich dafür, dass sie Jo hatte aufnehmen müssen und deswegen das Geld als auch der Wohnraum knapp geworden waren. Selbst die heutige Testamentseröffnung würde wenig bringen, da Joannas Mutter wenig besessen hatte und das wenige für ihre Behandlung verwendet worden war. 
Tränen schossen Joanna in die Augen und sie bog schnell zur nächsten Mädchentoilette ab. Sie war eh schon zu spät, also könnte sie die restliche Stunde gleich hier verbringen. Zum Glück war keiner mehr in der Toilette, sodass sie gleich den Spiegel ansteuerte. Ihr Anblick führte nicht unbedingt dazu das sie sich besser fühlte. Eine Brille mit dickem Rahmen, die ihr ein Streberimage verlieh. Welches aber unberechtigt war, da sie keine gute Schülerin war. Die braunen Augen wirkten traurig in diesem blassen Gesicht, welches unter dem wenigen Makeup verblasste Veilchen aufwies. Hastig nahm sie ihre Brille ab, drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich das eiskalte Wasser ins Gesicht. Sie blickte auf und sah, das durch die Kälte fast so etwas wie Farbe in ihrem Gesicht erschienen war. 
Sie lachte bitter auf. Dieses Lachen wurde schnell zu einem Schluchzen und sie sank weinend zu Boden. 
Ihre Mum fehlte ihr so.
Vor nicht einmal einem Monat war sie an einem aggressiven Gehirntumor verstorben. Sie hatte erleben müssen, wie ihre Mum in kürzester Zeit von einer lebenslustigen Person zu einem schmerzgeplagten Gerippe geworden war. So wie der Frühling alles hatte erblühen lassen, so war ihre Mum im Gegenzug immer mehr verfallen. Ein Schatten, der jeden Schmerz bis zum Schluss bewusst miterlebt hat. Seit der Beerdigung, die ein paar Tage darauf stattgefunden hatte, lief sie in diesem Zombiemodus und der Umzug zu ihrer Tante hatte es nicht besser gemacht. 
Heute sollte das Testament ihrer Mum eröffnet werden. Jo wusste nicht, was sie heute noch zu erwarten hatte. Sie rieb sich mit der Hand über ihre Augen. Mühevoll stand sie auf und sah wieder in den Spiegel. Sie zog eine Grimasse, als sie ihre verquollenen Augen sah. Das wäre jetzt ein gefundenes Fressen für Missy gewesen, wenn sie sie so sehen könnte. Schnell wusch sie sich das Gesicht und kühlte ihre Wangen.
Ebenso schnell holte sie eine Bürste aus ihrem abgewetzten Rucksack und zog diese durch ihre Haare. Der Termin war nämlich direkt nach der Schule angesetzt und für Fremde musste der Schein einer heilen Welt gewahrt werden. Lieber ihre Tante ertragen, als ins System eingespeist zu werden und in eine Pflegefamilie zu kommen. Sie würde zwar in wenigen Wochen siebzehn werden, aber bis zur Volljährigkeit war es immer noch etwas hin. 
Jo griff nach ihrem Abdeckpuder und behandelte schnell ihr ganzes Gesicht. Dann verstaute sie ihre Sachen schnell wieder und besah sich prüfend ihr Gesicht. Sie sah wieder fast wie sie selbst aus. Noch vor diesem ganzen Albtraum. Sie atmete tief ein und wandte sich zum Gehen um. 
Sie würde sicher nicht mit Missy auf ihre Tante warten, damit sie dann gemeinsam zum Anwalt fahren konnten. Das würde später zwar wieder für Ärger sorgen, aber sie wollte sich jetzt auf den Weg machen. 
Vorsichtig steckte Jo ihren Kopf aus der Mädchentoilette und blickte sich um. Es war weit und breit niemand zu sehen, sodass sie schnell den Raum verließ und sich zügigen Schrittes zum Ausgang begab. Auch sonst schien ihr heute jemand wohlgesonnen zu sein, da sie niemandem begegnete.
Schnell passierte sie die große Pforte und wurde vom üblichen New-Yorker Lärm empfangen. Sie atmete tief durch, bevor sie die Treppe hinunterlief und sich zur nächsten Bushaltestelle wandte. Die Kanzlei war nur wenige Blocks entfernt und es fuhr ein Bus direkt daran vorbei. 
Joanna musste rennen, da der Bus die Bushaltestelle anfuhr, als sie noch mehrere Meter von dieser entfernt war. Schnaufend stieg sie ein und blieb gleich stehen. Nach nur wenigen Minuten stieg sie wieder aus und sah sich um. 
Die Kanzlei “Barnes & Hughes“ sollte sich gleich in dem nächsten Gebäude befinden. Nach kurzem suchen hatte sie dieses dann auch gefunden und steuerte auf den Eingang zu.
Sie ging zur allgemeinen Anmeldung, nannte ihren Namen und ihr Anliegen. Dort wurde sie dann zu den Aufzügen verwiesen. In diesem drückte sie auf den Knopf für die zehnte Etage. Nachdem sich die Tür wieder geöffnet hatte, sah sie auch schon das Firmenschild der Kanzlei. Jo machte große Augen, da sie nicht erwartet hätte in eine so schicke Kanzlei zu kommen.
Auch hier ging sie wieder zur Anmeldung und sah sich einer freundlich wirkenden Empfangsdame gegenüber. Diese sah sie mit erhobener Augenbraue fragend an.
“Guten Tag. Mein Name ist Joanna Kingsley. Ich habe einen Termin bei Mr. Barnes zur Testamentseröffnung.“ 
Die Sekretärin grüßte zurück und blickte schnell in ihren Computer um den Termin einzusehen. 
“Guten Tag Miss Kingsley. Ich habe hier aber noch stehen, dass sie in Begleitung einer Mrs. Bedford erwartet werden.“ Sie sah fragend zu Jo.
“Meine Tante kommt noch. Sie holt bloß noch meine Cousine von der Schule ab. Ich konnte es bloß nicht mehr erwarten.“ Gab die junge Frau mit einem gequältem Lächeln von sich.
Daraufhin erntete sie ein nachsichtiges Lächeln der Frau. Diese erhob sich anschließend und ging auf die nächstliegende Tür zu. “Sie haben Glück. Mr. Barnes hat bereits jetzt Zeit, da eine Lücke frei geworden ist.“ Sie klopfte und öffnete diese, nachdem sie ein 'Herein' vernommen hatte. “Mr. Barnes ich wollte ihnen mitteilen das Miss Kingsley bereits anwesend wäre.“ Sie lauschte kurz. “Natürlich.“ Dann wandte sie sich an Joanna. “Treten sie bitte ein. Was darf ich ihnen anbieten. Kaffee oder Tee?“
Jo musste nervös schlucken, als sie sich in Bewegung setzte. “Einen Tee bitte.“ Sie trat in das Büro ein und die Tür wurde hinter ihr geschlossen. Sie blickte zu dem großen Schreibtisch und sah dahinter einen Mann mittleren Alters, der sie freundlich anlächelte.
Zögerlich setzte sie einen Schritt nach den anderen und ging zu dem Tisch. Barnes stand auf und umrundete seinen Schreibtisch. Er reichte ihr die Hand und gab ihr einen festen Händedruck.
“Es freut mich sie kennenzulernen Miss Kingsley. Selbst wenn es unter solch traurigen Umständen ist.“ Er deutete zu einem Sessel, der vor seinem Tisch stand. “Setzen sie sich, damit wir gleich beginnen können.“
Während sie sich setzte, sah Jo erstaunt auf. “Aber müssen wir nicht auf meine Tante als meinen Vormund warten?“
Der Anwalt wollte gerade antworten, als sie von seiner Sekretärin unterbrochen wurden. Diese brachte ein Tablett mit Getränken herein. Mit einem Lächeln stellte sie es auf dem Schreibtisch ab und reichte Jo anschließend ihre Tasse. Diese nahm sie mit einem “Danke.“ entgegen und nahm einen kleinen Schluck.
Nachdem sie wieder allein waren, setzte Mr. Barnes erneut zum Sprechen an. “Dem ist tatsächlich so. Aber es war der ausdrückliche Wunsch ihrer Mutter das sie beim ersten und auch wichtigsten Teil allein sind.“ Noch während er sprach, fing er an in einer Mappe etwas zu suchen.
“Warum?“ Entschlüpfte Joannas Lippen.
Er hielt kurz inne und sah hoch. “Wenn sie wünschen, können wir auch auf ihre Tante warten.“
“Nein!“ Das kam zu schnell und zu panisch über ihre Lippen, sodass sie sich schnell auf diese biss. Sie hoffte, dass der ältere Mann nichts von ihrem Unbehagen gemerkt hatte.
“Das Testament ihrer Mutter beinhaltet unter anderem einen Brief, der an sie adressiert ist. Sein Inhalt ist mir grob bekannt, da ihre Mutter mit mir darüber gesprochen hat.“ Er zog ein hellblaues Kuvert aus der Mappe und reichte es an Joanna.
Jo nahm es entgegen und betastete es vorsichtig. Es enthielt wohl mehrere Blätter Papier und auch einen harten Gegenstand. Sie drehte es um und blickte wehmütig auf die Handschrift ihrer Mutter, die ihren Namen bildete. Sie blickte zu dem ihr gegenübersitzenden Mann.
“Wann war sie hier?“ 
Barnes überlegte kurz. “Das muss im letzten Herbst gewesen sein.“
Tränen traten Jo in die Augen. Im Herbst ging es ihrer Mum doch noch gut. Die endgültige Diagnose war erst mit dem Wintereinzug gekommen. Aber anscheinend hatte ihre Mum bereits da eine Vorahnung gehabt. Sie drehte den Umschlag in ihren Händen und öffnete ihn vorsichtig. Er enthielt einen Brief, ein offizielles Dokument und als sie ihn umkippte, fiel ein Medaillon an einer Kette in ihren Schoß. Die Kette und das Dokument legte sie auf den vor ihr stehenden Tisch und faltete zuerst den Brief auseinander.
Sie atmete noch einmal tief durch und fing an zu lesen.

'Meine liebe Kleine,
zuallererst wollte ich dir sagen, wie leid es mir tut, dass ich dich allein lassen musste. Das es mir leid tut, dass ich nicht erleben kann, was für eine Frau aus dir wird. Das ich noch so viel von deinem Leben verpassen werde.
Aber im Gegenzug kann ich von den gemeinsamen Erinnerungen, die wir über die Jahre gemacht haben zehren. Erinnerungen, die mich für die kommende Zeit des Kampfes stark machen werden. Denn kampflos werde ich nicht von dir gehen.
Der Grund weswegen ich meine letzten Worte in schriftlicher Form an dich richte ist, dass ich zu meiner Lebzeit zu feige war es dir selbst zu sagen. Und deswegen schreibe ich es, bevor das Ding in meinem Kopf mir Dinge eingibt, die nie passiert sind.
Du hast mich nie nach deinem Vater gefragt und ich habe es hingenommen. Aber du solltest wissen wer er ist...'

Jo sah erschüttert zu Mr. Barnes. Dieser sah sie mitfühlend an.
“Sie kennen den Inhalt?“ fragte Jo ihn.
Er schüttelte den Kopf. “Nein Miss. Ich weiß nur das es um ihren Vater gehen soll, aber sein Name ist mir unbekannt. Darf ich?“ Mit dieser Frage zeigte er auf die Urkunde.
Joanna konnte nur nicken und wandte sich wieder ihrem Brief zu. Somit bemerkte sie nicht das Mr. Barnes erstaunt die Augen aufriss.

'... Verurteile ihn nicht, dass er sich nie um dich gekümmert hat. Denn er hat es nie erfahren. Die Umstände haben es damals nicht erlaubt. Ich musste ihn verlassen, bevor noch jemand zu Schaden gekommen wäre.
Auch jetzt weiche ich der endgültigen Antwort aus. Es fällt mir nicht leicht seinen Namen zu nennen, nachdem ich mir selbst jahrelang verboten habe an ihn zu denken. Selbst ihn zu sehen fiel mir schwer und sehen tat man ihn. Erst im Bezug auf seine Firma und dann nach seinen waghalsigen Abenteuern.
Kommst du allmählich darauf? 
Dein Vater ist niemand geringerer als Tony Stark.
Ich habe vor vielen Jahren für ihn gearbeitet und ihn dadurch kennengelernt. Er war damals so wie wahrscheinlich auch heute. Er hat gerne und viel geflirtet. Aber ich wollte damals nicht so schnell aufgeben. Also fing er an sich tatsächlich Mühe zu geben. Das war im Frühling 1998. Im Sommer war ich ihm letztendlich verfallen.
Und er mir.
Wir hatten zusammen eine wundervolle Zeit.
Das mit dir war nicht wirklich geplant. Es kam überraschend. Wie so vieles an Tonys Seite. Das war im Herbst 1999, als ich das mit dir erfahren habe.
Bevor ich ihm von dir erzählen konnte, wurde mir geraten ihn zu verlassen, da mir sonst was passieren könnte. Oder dir. Ich habe keine Sekunde daran gezweifelt das diese Drohung wahr werden würde. Ich musste dich doch schützen.
Also verließ ich Tony.
Jetzt im Nachhinein weiß ich das dein Vater uns beschützt hätte. Aber damals? Ich war einfach zu jung um es besser zu wissen. 
Was ich jetzt aber weiß ist, dass er für dich da sein wird. Das er dich beschützen wird, wie es nur ein Vater kann.
Deswegen bitte ich dich zu ihm zu gehen. Zeige ihm die Kette. Er wird sie erkennen, denn sie hat einst seiner Mutter gehört.
Zeige du den Mut, den ich damals nicht aufbringen konnte. 
In ewiger Liebe
Deine Mama'

Joanna legte den Brief vorsichtig in ihren Schoß und griff nach der Kette. Sie besah sich den Anhänger und entdeckte das man ihn öffnen konnte. Drinnen befanden sich zwei kleine Bilder. Eines zeigte ganz eindeutig Tony Stark und ihre Mutter. Und auf dem anderen war ein Bild von ihr, als sie gerade vier geworden war. Bei genauerem Betrachten fiel ihr eine gewisse Ähnlichkeit zu Tony Stark auf.
Sie klappte das Medaillon zu und verbarg es in ihrer Faust. Die Gedanken in ihrem Kopf rasten. Was sollte sie nur tun? Sie sah auf und blickte zu der Urkunde, die wieder auf dem Tisch lag. Jo griff danach und erkannte ihre Geburtsurkunde.

'Kind: Joanna Maria Kingsley geboren am 14.04.2000
Mutter: Melissa Rebecca Kingsley geboren am 02.08.1977
Vater: Anthony Edward Stark geboren am 29.05.1970'

“Was soll ich nur machen?“ Jo blickte auf und sah mit einem von Tränen verschleiertem Blick zu Mr. Barnes.
Dieser griff erst in die Mappe und zog einen weiteren Brief heraus, den er ihr hinhielt. “Sie sollten unverzüglich zu ihrem Vater gehen, es ihm sagen und ihm diesen Brief überreichen.“
“Aber meine Tante...“
“Kommt erst in einer halben Stunde.“ Wurde sie unterbrochen “Ich lese aus dem restlichen Dokument heraus, das es im Sinne ihrer Mutter ist, wenn sie bei ihrem Vater leben. Sie sollten zum Avenger-Tower gehen. Oder noch besser ist, wenn Jenny ein Taxi für sie ordert. Zu Fuß ist es etwas weit.“ Er griff zu seinem Telefon, drückte eine Taste und sprach hinein. “Jenny ordere bitte unverzüglich ein Taxi für Miss Kingsley.“ Anschließend legte er auf.
Er beugte sich nach vorne und sah sie milde lächelnd an. “Ihre Mutter wusste genau, warum sie gerade diese Kanzlei engagiert hat. Immerhin kümmern wir uns mit um die juristischen Fragen bei Stark Industries. Und sie sollten sorgfältiger mit ihrem Makeup sein, da man immer noch einen blauen Fleck auf ihrer Wange sehen kann. Ihre Tante nehme ich an?“
Jo konnte nur betreten nicken.
Mr. Barnes erhob sich, griff nach der Geburtsurkunde und schob sie in einen mit dem Firmenlogo versehenen Umschlag. Genauso verfuhr er mit dem Brief, der an Tony Stark adressiert war. Dann öffnete er eine Schublade und zog eine Chipkarte heraus. All dies betrachtete Jo mit einem fragenden Blick.
“Damit sie die Nachricht persönlich überbringen können und man im Tower denkt, sie seien einer unserer Boten. Ansonsten hätten sie es schwer zu ihrem Vater zu gelangen.“ Er grinste verschmitzt und hielt Jo die Gegenstände hin, die diese dankend entgegennahm uns sich anschließend erhob.
“Vielen Dank Mr. Barnes. Ich weiß nicht, wie ich ihnen danken soll.“ Erleichterung zeigte sich in ihrem Gesicht bei dem Gedanken womöglich ihrer Tante entkommen zu können. Sie reichte dem älteren Mann ihre Hand, um die seine dankend zu schütten. 
Er nahm sie und schüttelte sie vorsichtig. “Kein Problem Miss. Sollten sie jemals juristische Hilfe benötigen, dann scheuen sie sich nicht zu uns in die Kanzlei zu kommen. Und jetzt gehen sie, bevor ihre Tante kommt.“
Jo nickte zustimmend und schob die gerade erhaltenen Gegenstände in ihren Rucksack. Schnell drehte sie sich um und lief zur Tür. Im hinaus laufen nickte sie Jenny am Empfang zu und stürmte zu den Aufzügen. Ungeduldig drückte sie auf die Knöpfe. Beide Aufzüge kamen kurz nacheinander an und sie verschwand gleich durch die sich öffnende Türe des Ersten. Auch da malträtierte sie gleich den Knopf für das Erdgeschoss. 
Durch die sich schließende Tür erhaschte sie noch einen flüchtigen Blick auf ihre Tante, die mit einem verkniffenen Gesichtsausdruck die Kanzlei ansteuerte. Jo erfasste ein kurzes Schwindelgefühl, als ihr auffiel wie knapp sie an einer Begegnung vorbeigeschrammt war. Erleichtert atmete sie auf, als sich die Türen wieder öffneten und sie von draußen das Tageslicht einfallen sah.
Schnellen Schrittes lief sie auf den Gebäudeausgang zu. Draußen angekommen sah sie sich schnell um. Nur wenige Meter von Joanna stand ein junger Mann an ein Taxi gelehnt. Er sah zu ihr hin, als er sie so aus dem Gebäude stürmen sah.
“Miss Kingsley?“
Jo konnte nur nicken, aber das reichte dem Taxifahrer. Er machte die Wagentür auf und bedeutete ihr einzusteigen. Dieser Aufforderung kam sie nur zu gerne nach und stieg in das Fahrzeug. Nachdem die Tür hinter ihr zugefallen war, umrundete der Taxifahrer seinen Wagen und stieg selbst ein. Er startete den Motor und warf Jo einen fragenden Blick zu.
Sie musste sich kurz räuspern. “Zum Avengers-Tower bitte.“ Gab sie letztendlich gepresst von sich.
Der Fahrer nickte. Er sah sich um und ordnete sich dann in den zäh dahin fließenden Verkehr ein. Die Fahrt verlief schweigend. Jo versuchte sich in dieser Stille langsam zu beruhigen. Aber ihr Herz schlug noch immer aufgeregt in ihrer Brust. Sie hatte nicht mit solchen Enthüllungen gerechnet. Allmählich normalisierte sich ihr Herzschlag und sie bemerkte, dass sie noch immer die Kette in ihrer Faust hielt. Sie öffnete diese und besah sich den Anhänger für einen kurzen Moment. Ein Seufzen kam über ihre Lippen und sie öffnete flink den Verschluss und hängte sich das Schmuckstück um.
Joanna sah aus dem Fenster und erblickte in wenigen Metern ihr Ziel. Augenblicklich fing ihr Herz wieder an zu rasen und ihr Mund wurde trocken. Sie blieben stehen und Jo sah das Gebäude hinauf.
“Wir sind da Miss.“ Riss der Fahrer sie aus ihren Gedanken.
“Was... was.“ Sie musste trocken schlucken. “Was bekommen sie?“
Er winkte auf ihre Frage hin nur ab. “Die Kosten werden mir von Barnes erstattet.“
Sie öffnete mit einem nicken die Tür und stieg aus. Sie schloss die Tür und sah wieder den Tower hinauf. Kurz kamen ihr Zweifel, ob ihr Vater überhaupt da sei. Aber Mr. Barnes hätte sie sicher nicht hierhergeschickt wenn dem nicht so wäre.
Nach einem weiteren tiefen Atemzug setzte sie sich in Bewegung und ging zum Eingang. Sie trat hindurch und befand sich dann in einer großen Eingangshalle. Sie sah sich um und bemerkte den Empfangstresen, von wo sie ein Mann vom Sicherheitspersonal genau beobachtete. Schnell stellte Joanna ihren Rucksack vor sich auf den Boden und zog den Umschlag und die Chipkarte heraus, die ihr Mr. Barnes ausgehändigt hatte. Anschließend schulterte sie ihren Rucksack wieder und ging zu dem wartenden Wachmann.
“Guten Tag Miss. Wie kann ich ihnen helfen?“ Wurde sie kühl gefragt.
“Guten Tag. Kingsley mein Name. Ich komme von der Kanzlei 'Barnes & Hughes' und habe eine eilige Lieferung an Mr. Stark.“ Jo war über sich selbst erstaunt, nachdem sie gesprochen hatte. Ihre Stimme war wieder unter ihrer Kontrolle und es war kein Zittern zu vernehmen.
“Mr. Stark ist aktuell nicht zu sprechen. Aber sie können das Paket gerne an mich aushändigen und ich werde es unverzüglich zustellen lassen.“ Während er sprach, sah der Wachmann sie desinteressiert an.
Bei den Worten des Wachmanns machte sich Beklemmung in ihrer Brust breit. “Aber ich hab die Anweisung diesen Umschlag ohne Verzögerung und persönlich an Mr. Stark zu überreichen.“
Auf dem Gesicht des Mannes machte sich Verärgerung breit. Er beugte sich nach vorne. “Hör mal Kleine, Mr. Stark ist gerade nicht verfügbar. Entweder du gibt mir deinen Umschlag oder du kannst dich verziehen. Ich habe besseres zu tun.“
Jo wollte schon der Mut verlassen, als sie hinter sich eine Stimme vernahm. “Hey Jackson gibt es ein Problem?“ 
Der Wachmann verzog unmerklich sein Gesicht, bevor er antwortete. “Alles in Ordnung Mr. Maximoff. Hier erfordert nichts ihre Aufmerksamkeit.“
Jo blickte neugierig zu ihrer Seite, an die der Neuankömmling getreten war. Natürlich kannte sie Pietro Maximoff. Einer der Helden von Sokovia und seitdem Mitglied bei den Avengers. Aber ihn so nah zu sehen verschlug ihr dann doch die Sprache. Noch während sie in seine Betrachtung versunken war, wandte sich Pietro zu ihr und sah sie fragend an.
“Ich hab gehört, dass du was an Stark liefern sollst und der da,“ Er deutete mit dem Kopf zum Wachmann. “dich nicht hoch lassen möchte. Stimmt es? Ist es was Wichtiges?“
“Ja, es ist ziemlich wichtig. Und ich soll es persönlich übergeben. Anweisung von Mr. Barnes.“ Gab Jo leise von sich. Die Nähe zu jemand so Bekanntem ließ sie ganz schüchtern werden.
Pietro musterte sie noch einmal eingehend und schien dann etwas für sich beschlossen zu haben. Er legte den Arm um Jos Schulter und führte sie Richtung Aufzug. “Na dann lassen wir Stark nicht warten.“
“Mr. Maximoff! Ich glaube nicht, dass...“ 
“Jetzt entspann dich. Die Kleine sieht nicht besonders gefährlich aus.“ Bei diesen Worten zog Jo eine beleidigte Schnute, was Pietro mit einem Lächeln registrierte. “Hätte sie Waffen dabei, dann wäre bereits jeder Sensor hier losgegangen. Aber ich übernehme gerne die Verantwortung.“
Mit diesen Worten gab er einen Pincode in das Bedienfeld des Aufzugs ein. Augenblicklich öffnete sich die Tür und er führte Jo in die Kabine. Erneut gab er etwas in ein Bedienfeld ein und die Aufzugtür schloss sich wieder. Kaum merklich setzte sich der Aufzug in Bewegung. 
Joannas Aufregung stieg und sie verkrampfte zusehends. Das entging Pietro natürlich nicht, da er noch immer seinen Arm um sie gelegt hatte. Er ließ diesen sinken und trat einen Schritt zurück, um ihr etwas Raum zu gönnen.
“Was brauchst du von Stark?“ Fragte er interessiert.
“Das ist privat.“ Bei diesen Worten krampften sich ihre Finger um den Umschlag. “Ich muss es zuerst ihm mitteilen.“
Er sah Jo stumm an. Nickte dann und fing an zu sprechen. “Friday wo befindet sich Stark?“
Zuerst sah Jo ihn verwirrt an, zu wem er denn sprach. Sie zuckte zusammen, als eine weibliche Stimme antwortete.
“Der Boss befindet sich mit Dr. Banner im obersten Labor.“
Der Blonde nickte und gab erneut etwas in das Tastenfeld ein. Nach kurzer Zeit öffnete sich die Tür und Jo konnte in einen großen Raum hinein sehen, der mit allerlei technischen Geräten ausgestattet war. Pietro trat hinaus und Jo folgte ihm schließlich nach kurzem Zögern. Er führte sie unbeirrt durch das Gewirr zu zwei Stimmen, die sich angeregt unterhielten. 
“Hey Stark. Hier ist Besuch für dich.“ Sagte Pietro zu einem der Männer.
Jo blickte vorsichtig hinter Pietros Rücken hervor. Sie erblickte einen freundlich aussehenden Mann mit Brille, der interessiert zu ihnen sah. Und dann einen weiteren Mann, der über einen Tisch gebeugt war und ihnen seinen Rücken zuwandte. Bei Pietros Worten richtete er sich auf und sah zu ihnen.
Joanna blieb wie angewurzelt stehen und sah zu ihm.
Tony Stark.
Ihr Vater.

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