Mein bester Freund

Kirishimas Blick blieb ausdruckslos. Dennoch machte er die Tür ein Stück weiter auf und ließ Bakugou herein.

Bakugou war schon des Öfteren im Zimmer des Rothaarigen gewesen und es war chaotisch wie immer. Jedoch der volle Papierkorb, vollgestopft mit benutzten Papiertaschentüchern, und das Verpackungspapier von Schokolade auf dem Schreibtisch verkündete Kirishimas Zustand.

Der Rothaarige ging in sein Zimmer, setzte sich auf sein Bett und verschränkte die Arme, während Bakugou ihm unsicher folgte. Etwas steif stand er da, nicht wissend wo er sich hinsetzen sollte. Nach kurzem Zögern setzte er sich auf den Schreibtischstuhl, Kirishima gegenüber. Bakugou schaute ihn an, doch dieser hatte den Blick Richtung Fenster gerichtet.

Diese Position rief bei Bakugou ein Déjà-vu hervor, auch wenn es in einem anderen Zimmer gewesen war. Genauso hatten sie vor drei Tagen dagesessen, bevor er sich neben ihn gesetzt und schließlich auch geküsst hatte.

„Sag was du zu sagen hast.", meinte Kirishima leise.

Bakugou seufzte. Er wusste nicht direkt wie er anfangen sollte, obwohl er diese Situation die letzte Nacht immer wieder durchgespielt hatte.

„Ich wollte mich entschuldigen."

„Das sagtest du bereits. Dann tu es doch einfach", sagte der Rothaarige leise aber in einem bitteren, energischen Tonfall. Bakugou versteifte sich nur noch mehr.

„Entschuldigung." Es war nicht mehr als ein Flüstern. Er war nie gut mit Worten gewesen. Dennoch legte er eine gewisse Dringlichkeit in dieses eine Wort und hoffte, dass Kirishima verstand wie ernst er es meinte. Der Blonde suchte den Blick seines Gegenübers, der jedoch immer noch aus dem Fenster starrte.

„Kiri, schau mich an.", sagte er fast flehend. Langsam fanden die Augen des Rothaarigen die seinen. „Entschuldigung.", sagte er noch einmal mit Nachdruck. Kirishima schloss kurz die Augen und sackte ein wenig in sich zusammen. Als er die Augen wieder öffnete, war der Harte Ausdruck in ihnen verschwunden.

„Warum hast du mich geküsst?

Da war sie. Diese eine Frage, der er nicht beantworten konnte. Bakugou konnte den intensiven Blickkontakt nicht halten und schaute nun seinerseits aus dem Fenster. Er atmete tief durch und beschloss einfach ehrlich zu sein.

„Ich weiß es nicht. Ich habe mir selbst schon darüber den Kopf zerbrochen. Aber ich habe dich verletzt und dich einfach gehen lassen. Dir ging es die letzten Tage so schlecht und ich konnte nicht für dich da sein. Ich konnte nicht es einfach nicht mit ansehen, weil ..." Bakugou wurde zum Ende hin immer leiser. Ihm fiel es schwer so offen über seine Gefühle zu reden, aber er wusste, dass er von Kirishima nicht erwarten konnte ihm offen gegenüber zu sein, wenn er es nicht auch war.

„Weil ...?", hakte der Rothaarige nach.

„Du bist mein bester Freund.", sagte Bakugou leise. Es stimmte, doch gleichzeitig fühlte es sich falsch an. Er hatte das Gefühl eine Grenze mit diesen Worten zu ziehen. Eine Grenze, die er eigentlich gar nicht ziehen wollte. Er runzelte die Stirn.

Doch auf dem Gesicht seines Gegenübers legte sich ein leichtes Lächeln. Sofort wurde Bakugou ein wenig warm ums Herz. Auch wenn es nicht so breit und enthusiastisch wie sonst war, hatte er es vermisst.

„Weißt du ich will ehrlich mit dir sein. Das Ganze hat mir ziemlich zugesetzt, aber es ist nicht der Hauptgrund, weshalb es mir so schlecht geht."

„Dein Vater?", fragte der Blonde vorsichtig nach.

Kirishima nickte. „Jeden Tag hörte ich nur von meiner Mutter, dass ich ins Krankenhaus kommen müsse, da mein Vater jeden Moment ... sterben konnte.", seine Stimme brach und sofort hatte er wieder Tränen in den Augen.

Konnte?", fragte Bakugou, etwas irritiert wegen der Vergangenheitsform.

„Er ist gestern Nacht gestorben." Eine einsame Träne lief ihm über die Wange.

Bakugou stand auf und nahm ihn in den Arm. Erst als Kirishima in seinen Armen versank und sich schluchzend an ihn klammerte, wurde ihm bewusst, wie sehr die Situation der von vor drei Tagen glich. Wieder hatte impulsiv gehandelt und wollte nichts lieber, als den Rothaarigen zu unterstützen. Er strich ihm sanft über den Rücken und drückte den warmen Körper fester an sich.

„Es tut mir leid, Kiri.", versuchte er ihn unbeholfen zu trösten. Er fühlte sich so unfähig. Kirishima hatte sich ihm anvertraut und als er eine Vertrauensperson am meisten brauchte, war er nicht da gewesen.

„Warum bist du nicht eine Weile zu Hause geblieben? Ich glaube es fände jeder in Ordnung, wenn du ein paar Tage fehlen würdest.", fragte Bakugou, als Kirishimas Schluchzen leiser und leiser wurde.

„Meine Tante kümmert sich um meine Mutter. Und ich ... komme schon klar.", sagte Kirishima leise.

„Das sehe ich. Hast du dich eigentlich mal angeschaut?", fragte Bakugou mit einem humorlosen Lachen.

Kirishima zuckte mit den Schultern und vergrub sein Gesicht nur noch tiefer in seiner Brust. „Wie auch immer. Ich würde gerade nirgends lieber sein wollen.", nuschelte er in Bakugous T-Shirt.

Ein kleines Lächeln schlich sich auf das Gesicht des Blonden, während er damit fortfuhr mit der Hand über Kirishimas Rücken zu fahren. Eine Weile saßen sie stumm so da. Dann bemerkte Bakugou das tiefe Atmen des anderen. Etwas überrascht sah er zu Kirishima herunter. Ein entspannter Ausdruck hatte sich auf dessen Gesicht gelegt. Seine Augen waren geschlossen und sein Mund leicht geöffnet. Er war doch tatsächlich eingeschlafen. Wahrscheinlich hatte er die letzte Nacht kein Auge zugemacht.

Vorsichtig drückte er ihn ein wenig von sich weg. Kirishima gab ein unwilliges Murmeln von sich und verstärkte seinen Griff, wodurch Bakugous Bewegungsfreiheit enorm eingeschränkt wurde. Verdammt ist der stark, dachte er schmunzelnd, während er versuchte ihn in eine etwas bequemere Position auf sein Bett zu legen. Doch da der Rothaarige seinen Klammergriff nicht lockerte, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich mit ihm zusammen hinzulegen. Nicht, dass es ihn wirklich störte. Er hatte das Gefühl einfach für ihn da zu sein, war so ziemlich das einzige was er für ihn tun konnte und überlegte daher nicht lange. Er zog vorsichtig an der Decke, auf der sie halb lagen und legte das freie Ende in einem Anflug von Fürsorge um Kirishima. Dann legte er wieder die Arme um ihn und betrachtete den Schlafenden. Er strich ihm einer seiner roten Strähnen aus dem Gesicht. Kirishima schien es ein wenig zu kitzeln, jedenfalls runzelte die Stirn und murmelte unzufrieden. Ein leichtes Lächeln legte sich auf das Gesicht des Blonden. In diesem Moment konnte er nicht leugnen, wie sehr er die Nähe des anderen genoss. Auch er schloss ebenfalls die Augen, während er dem Gefühl des warmen Körpers an seiner Seite mehr und mehr verfiel.

Bakugou wusste nicht genau wie lange sie so da lagen. Er selbst döste nur, schließlich hatte er eigentlich genug geschlafen. Doch dann klopfte es an der Tür.

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