Kapitel 39

Sophie P.O.V.
Um zehn Uhr morgens betrete ich schon wieder den New Yorker Flughafen, nachdem ich mich spontan dazu entschieden habe, dass ich hier weg muss, und heute Nacht noch einen Flug gebucht habe. Mit ein paar Zwischenhalten geht es für mich nach Langø, eine kleine Insel in Dänemark, auf der ich mir ein kleines Ferienhaus gemietet habe. Sobald ich meinen Koffer und meine Gitarre als Gepäck aufgegeben habe, greife ich mit meiner jetzt freien Hand nach dem Armband um mein Handgelenk, das Shawn mir irgendwann mal gekauft hat. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, es zuhause liegen zu lassen, sondern wollte Shawn zumindest irgendwie bei mir haben können. Vielleicht wäre es schlauer, wenn ich versuche, ihn zu verdrängen, immerhin tut es schon weh, für den Bruchteil einer Sekunde an ihn zu denken, aber ich könnte es nicht. Ich liebe ihn. Und ich möchte nicht einsehen, dass ich ihn nie wieder sehen kann.

Im Flugzeug atme ich tief durch, dann schalte ich mein Handy aus. Ich werde es im Flugzeug eh nicht brauchen. Und selbst danach wird es vermutlich die meiste Zeit einfach nur rumliegen, immerhin kann ich eh nicht mit irgendwem über das reden, was ich jetzt durchmachen muss, Niemand außer Faith und Brian wusste im Vorfeld, dass ich mit Shawn zusammen war, also kann ich auch niemandem erzählen, dass wir uns getrennt haben und wie sehr allein der Gedanke daran, dass er bald mit Lena zusammen sein wird, mir weh tut. Jeder wird mich darauf ansprechen, dass meine Schwester jetzt mit Shawn Mendes zusammen ist, alle meine Freunde wissen, dass ich die Musik von Shawn liebe. Aber niemandem werde ich sagen können, dass ich ihn nicht treffen darf und dass er derjenige ist, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Ich kann ihnen nur erzählen, dass ich mich von meinem Freund getrennt habe, aber ich darf nicht mal sagen warum. Jeder würde Fragen stellen und ich könnte sie nicht beantworten oder ihnen generell sagen, wie es mir wirklich geht, weil ich ja nicht erwähnen darf, dass Shawn mein Ex ist. Es würde mir also auch nicht helfen, wenn ich mit irgendwem rede.

Eine einzelne Träne läuft über mein Gesicht und automatisch wische ich sie weg. Ich sollte jetzt nicht in einem Flugzeug anfangen, zu weinen. Zwar fliege ich schon in der Business Class, aber ich bin hier trotzdem nicht alleine. Mit einer Hand fische ich einen Kugelschreiber aus meiner Handtasche, dann schreibe ich drei einfache Worte auf meine Hand, weil sie mir im Kopf festhängen. I need space.

Als ich den ersten Schritt von der Fähre mache, atme ich die kühle Meeresluft ein und schließe meine Augen. Meine Hand schließe ich etwas fester um meinen Koffer, bevor ich mich zu der Frau begebe, die ein paar Meter von mir weg steht und auf mich wartet. Ihr gehört der Hof, zu dem mein Ferienhaus gehört. Meine Gitarre rutscht leicht von meiner einen Schulter, als ich ihr die Hand gebe, und der kalte Wind lässt mich für einen Moment frösteln, aber trotzdem fühle ich mich ruhiger. Sie hilft mir dabei, mein Gepäck auf den Rücksitz des Autos zu packen, bevor wir beide einsteigen. „Darf ich Sophie sagen?", fragt sie mich und ich nicke nur. „In Ordnung, ich bin Ann-Kathrin.", stellt sie sich mir noch mal mit ihrem Vornamen vor und ich lächele leicht. „Das Internet hier auf der Insel ist vermutlich nicht das Beste, bei uns auf dem Hof funktioniert es nur im Haupthaus einigermaßen ohne Probleme. Du darfst dort jederzeit rein, falls dir danach ist, im unteren Geschoss halten sich eh meistens alle auf, wenn sie gerade nichts zu tun haben.", erklärt sie mir und ich atme durch. Wenn hier kein gutes Internet ist, bekomme ich den ersten Hype um Shawn und Lena nicht mit. „Danke, das ist lieb.", sage ich leise und sie guckt kurz zu mir, dann wieder auf die Straße. Um uns rum ist quasi nichts als Wiesen und Felder. „Vielen Dank übrigens, dass du mich abholst. Es ist ja doch etwas weiter.", bedanke ich mich bei ihr und sie winkt nur ab. „Weißt du, Sophie, wir bekommen selten Besuch, der ohne Auto kommt, da ist das auch kein Problem." Ihr Name klingt anders, wenn sie ihn ausspricht. Nicht englisch und ohne die Betonung auf dem O, sondern eher auf dem I. Es klingt angenehm, aber trotzdem ungewohnt.

Der Wagen kommt auf einem kleinen Hof etwas außerhalb von Langø zum Stehen und wir steigen aus. Als ich meine Gitarre auch nehmen möchte, nimmt Ann-Kathrin sie mir aus der Hand. „Ich nehme die, ich zeige dir eh noch den Weg zu deinem Haus."

Ich würde ja theoretisch sagen "Liebe Grüße aus Dänemark", aber ich bin schon seit Samstag wieder zuhause und hatte es nicht geschafft, das Kapitel fertig zu machen, bevor ich losfahre, deshalb jetzt liebe Grüße aus... einem verregnetem Dorf in Deutschland.

Habt ihr momentan frei? Ich habe jetzt seit knapp zwei Wochen Ferien und gefühlt habe ich auch noch ewig frei, aber irgendwie ist gefühlt auch schon alles verplant. Ich fahre noch für ein paar Tage zu meiner Schwester und bin für eine Woche bei meinem Vater, wobei ich dazu echt keine Lust habe, weil ich die ganze Woche quasi verschwende, weil ich da nichts machen kann. Ich bin wirklich sehr begeistert. Aber immerhin muss ich nicht mit ihm in den Harz. Nichts gegen den Harz, aber ich hätte da noch weniger Lust drauf, als eine Woche bei ihm zu sein.

Gleich geht es für mich noch in die Stadt, weil ich mich um meine Fahrkarte kümmern muss, und morgen muss ich schon wieder in die Stadt, weil meine Mutter und ich mich um meinen Handyvertrag kümmern müssen. Samstag fahre ich übrigens auch in die Stadt, weil ich mich mit Freunden zum Essen treffe. Das meine ich damit, dass gefühlt alles verplant ist. Immerhin brauche ich nicht ewig in die nächste Stadt.

Naja, so viel dazu. Was denkt ihr darüber, dass sie jetzt in Dänemark ist, und was könnte jetzt in der nächsten Zeit passieren?

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