42.
Jimin's PoV.:
Es waren mittlerweile drei Tage vergangen, seitdem wir die Blume der ewigen Jugend gefunden und auf Wonhae gestoßen sind. Hyunwoo hatte sich glücklicherweise erholt. Das Loch in seinem Bauch war gut verheilt und hatte sich nicht – wie wir es befürchtet hatten – entzündet. Alles Dank Namjoon's medizinischer Kenntnisse. Zusammen mit seiner Hilfe hatte ich die richtigen Kräuter erschaffen und dem Jüngsten das Leben gerettet. Bei Yoongi sah es allerdings etwas anders aus. Er lag seit drei Tagen bewusstlos und mit Fieber im Bett, quälte sich dort herum. Zum Essen hatten wir ihn noch nicht animieren können. Wie denn auch, wenn er kein einziges Mal die Augen aufgemacht hatte. Das er überhaupt noch lebte, war laut Namjoon ein Wunder.
Trotz dessen, dass seine grauenvolle Verfassung mir immer wieder das Herz zerbrach, wich ich nicht von seiner Seite. Ich blieb Tag und Nacht an seinem Bett sitzen, hielt seine Hand und wechselte gelegentlich die nassen Lappen auf seiner Stirn. Die Crew hatte schon ein paar Mal versucht mich von ihm wegzulocken, doch ich konnte es nicht übers Herz bringen ihn alleine zu lassen. Also blieb ich weiterhin Tag und Nacht bei ihm sitzen.
Am sechsten Tag fing ich an nervös zu werden. Wir hatten schon fast die Hälfte unseres Weges nach Perban zurückgelegt und Yoongi war immer noch bewusstlos. Er sah aus wie eine Leiche. Die Lippen spröde, das Gesicht fahl und dunkle Augenringe. Sein Atem ging flach und seine Hand fühlte sich kalt an. Ich versuchte sie zu wärmen, indem ich sie mit meiner Hand umschloss und massierte, doch selbst das funktionierte nicht. Ein schweres Seufzen verließ meine Kehle. Ich schloss die Augen und senkte den Kopf so weit, bis meine Stirn auf Yoongi's Handrücken auflag. Im Hintergrund konnte ich schwach die Gespräche der anderen hören. Seokjin rief Hoseok und Jungkook irgendetwas über die Segel zu. Kurz darauf konnte man die Rollen und Haken der Takelage klimpern hören. Ich drehte den Kopf zu meiner linken und warf einen Blick aus der schmalen Fensterfront, die sich am Heck des Schiffes befand. Sie war schon ganz vergilbt, weil Yoongi es wohl nicht für nötig hielt die Fenster zu putzen. Trotzdem erkannte ich, dass es bald Abend werden und damit wieder ein Tag verstreichen würde, an dem er nicht aufgewacht war. Wieder verließ ein schweres Seufzen meine Kehle.
„Jimin", hörte ich es daraufhin ganz leise sprechen. So leise, dass ich kurz glaubte einen Geist gehört zu haben. Erschrocken fuhr ich hoch und starrte auf Yoongi's erbärmliche Gestalt herab. Er sah aus wie immer. Kaum ein Unterschied zu erkennen. Und dennoch beobachtete ich, wie sich plötzlich seine Lippen spalteten. „Jimin", wiederholte er sich. Ich packte grob seine Hand: „Yoongi?! Yoongi, ich bin hier! Kannst du mich hören?!". Ohne seine Antwort abzuwarten, ließ ich von ihm ab und stürmte aus seiner Kajüte. Draußen angekommen, schaute ich mich panisch nach Namjoon um. Doch ich konnte den Älteren nirgendswo ausfindig machen.
„Namjoon!", schrie ich, „Namjoon! Wo ist Namjoon!".
„Jimin, was ist los?!", brüllte Seokjin zu mir herunter. Ich wirbelte zu ihm herum, starrte ihn aus großen Augen an. „Yoongi, er ist-...! Er ist wach!", antwortete ich laut. „Was sagst du da?!", kam es von Namjoon, der völlig perplex auf den Treppen zum Bauch des Schiffes stand. Er schien bei Hyunwoo gewesen zu sein, denn er hatte Mullbinde und eine Schere in der Hand. „Komm, schnell!", rief ich ihm bloß zu und verschwand wieder in Yoongi's Kajüte.
An seinem Bett angekommen, stellte ich erleichtert fest das er nun vollends wach war. Er hatte die Augen – jedenfalls das, welches übrig war – geöffnet und krallte sich krampfhaft an seiner Bettdecke fest. Als ich seine Hand in meine nahm und Blickkontakt mit ihm aufnahm, sah er mich völlig überrascht an. Ein zittriger Atemstoß verließ seine Kehle und dann beobachtete ich, wie eine einzelne Träne über seine Wange kullerte. Das gab mir den letzten Rest, um ebenfalls in Tränen auszubrechen. Sie flossen unentwegt über meine Wangen, sammelten sich an meinem Kinn und tropften dann auf unsere ineinander verschlossenen Hände herab. Ich weinte so stark, dass ich gar nicht wirklich mitbekam wie mich jemand an meinen Schultern von Yoongi wegzog. Erst nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, stellte ich fest das Seokjin mich in seinen Armen hielt. Namjoon stand derweil über Yoongi's Gestalt gebeugt und redete mit ihm. Was er sagte, konnte ich allerdings nicht ausmachen. Dafür war mein eigenes Schluchzen zu laut.
„Jimin. Hey, Jimin", redete Hoseok auf mich ein. Er umrahmte mein Gesicht mit beiden Händen, damit ich meine Aufmerksamkeit auf ihn richtete. Es fiel mir schwer, aber letztendlich schaffte ich es und nickte langsam. „Ihm geht es gut, hörst du? Yoongi geht es gut. Laut Namjoon ist die Wunde an seinem Auge nicht mehr ganz so schlimm entzündet. Er hat sich erholt. Ihm wird es jetzt besser gehen", fuhr Hoseok schließlich fort. Es dauerte eine Weile, bis seine Worte bei mir angekommen waren. In meinem Kopf wiederholte ich sie immer und immer wieder. So lange, bis das beklemmende Gefühl in meiner Brust nachließ und ich wieder klaren Gedanken fassen konnte.
„Jetzt wird alles wieder gut", stellte ich fest, meine Stimme dabei ein einziges Krächzen. „Ja, jetzt wird alles wieder gut", lächelte Hoseok. Seokjin, der mich nach wie vor in seinen Armen hielt, drückte mich noch fester an sich. Erst dabei bemerkte ich, dass er auch weinte. Er zitterte am ganzen Leib und durchnässte mein Shirt an der Stelle, wo sein Kinn auflag. Ich tätschelte beruhigend seinen Rücken, ehe ich mich von ihm wegdrückte und zurück zu Yoongi schlurfte. Namjoon stand immer noch an seiner Seite und redete mit ihm. Doch als Yoongi mich zu Gesicht bekam, schweifte er mitten in seinem Satz ab und starrte mich stattdessen an. Ein klitzekleines Lächeln zierte seine spröden Lippen. Ich erwiederte es breit.
„Okay", gab Namjoon langgezogen von sich, „Wenn erstmal alles gut ist, kann ich jetzt ja wieder gehen. Redet miteinander. Oder starrt euch halt endlos lang in die Augen. Wie auch immer". Er zuckte mit den Schultern und entlockte damit sowohl mir, als auch Yoongi ein amüsiertes Lachen. Dann trat er weg. Anhand der dumpfen Schritte der anderen nahm ich an, dass auch sie den Raum verließen. Als sich die Tür zu der Kajüte schloss, kehrte Stille ein. Lediglich mein schniefen war zu hören, weil sich von dem ganzen Weinen viel zu viel Rotze in meiner Nase gesammelt hatte.
Yoongi hob seine Hand und ich griff augenblicklich nach ihr. Sie war immer noch kalt, aber immerhin konnte ich nun spüren wie sich seine Finger um meine schlossen. Er lächelte wieder schwach.
„Dir geht es also gut", stellte er fest. Ich biss mir auf die Unterlippe: „Jetzt ja. Ich habe so lange auf dich gewartet".
„Ich weiß. Namjoon hat mir schon erzählt, dass ich sechs Tage lang im Koma lag. Mein Auge hat sich wohl entzündet", erwiderte er und nahm seine freie Hand, um damit den Verband in seinem Gesicht zu verdecken, „Schon doof. Ich frage mich, ob es Wonhae damals auch so erging".
„Na hoffentlich. Das Arschloch hätte es verdient", brummte ich. „Aber immerhin hat er dich nicht angerührt. Ich hätte es mir niemals verziehen, wenn dir etwas zugestoßen wäre", Yoongi's Stimme ging in ein flüstern über und ich konnte wieder eine Träne in seinem Auge glitzern sehen. „Dasselbe könnte ich auch sagen. Nur ist es dafür schon zu spät. Er hat dir einen Dolch in dein Gesicht gerammt und du wärst fast gestorben. Verdammt, wenn du wirklich-... Ich wüsste nicht, was ich-...", ein Kloß bildete sich in meinem Hals, sodass ich nicht weitersprechen konnte. Ich brach unseren Blickkontakt ab und ließ mich stattdessen auf seinem Bett fallen, den Rücken in seine Richtung gewandt.
„Hey, schau mich an", Yoongi zog sanft an meiner Hand. Es fiel mir schwer, aber ich versuchte mich zusammenzureißen und seinen Worten nachzukommen. Doch kaum trafen sich unsere Blicke, musste ich wieder anfangen zu weinen. Ich schluckte trocken und schüttelte dann den Kopf. Was ich damit aussagen wollte, wusste ich selber nicht. Hingegen meiner Erwartungen, waren seine nächsten Worte: „Komm her. Ich will kuscheln".
Das brauchte er mich nicht zwei Mal zu sagen. Ich krabbelte zu ihm ins Bett und legte mich dicht neben ihn. Meinen Kopf auf seiner Brust gebettet, unsere Hände dabei immer noch ineinander verschlungen. Yoongi fing an mit dem Daumen über meinen Handrücken zu streicheln. Nach all den Tagen, in denen ich seine leblose Hand bloß gehalten hatte, war das ein sehr merkwürdiger Anblick. Aber es machte mich glücklich. Es erfüllte mein Herz mit so viel Wärme, Zuneigung und Liebe, dass ich jeden Moment zu platzen schien. Und als ich dann auch noch seinen stetigen Herzschlag in meinem Ohr hören konnte, wurde mir etwas klar. Ich hatte mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Ich konnte mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorstellen. Er füllte ein Loch in meiner Seele, von dessen Existenz ich bis vor kurzem nicht einmal gewusst hatte.
„Hör auf darüber nachzudenken. Ich mag dein hübsches Gesicht nicht weinen sehen", flüsterte Yoongi leise. „Aber ich-...", fing ich an zu schluchzen, weil ich die wilden Szenarien in meinem Kopf einfach nicht abschalten konnte. „Das liegt in der Vergangenheit. Konzentrieren wir uns auf die Zukunft. Wenn wir in Perban sind, würde ich dich unheimlich gerne zu einem Date ausführen. Was sagst du dazu?", fragte er nach und ich konnte das charmante Lächeln in seinem Gesicht förmlich heraushören. „Du bist gerade fast gestorben und denkst bloß daran, mich auf ein Date auszuführen?", kam es als eine Mischung aus Lachen und Weinen aus mir heraus. „Man muss doch Prioritäten setzen", antwortete der Ältere, „Also, was sagst du?".
„Das fragst du noch? Ich dachte eigentlich, dass das selbstverständlich ist", neckte ich ihn. „Ist das ein Ja?", hakte er nach. „Willst du es schriftlich auf einem Papier haben?", fing ich an zu Grinsen. „Nein, aber ich will es von dir hören", Yoongi hörte auf meinen Handrücken zu streicheln. „Ja, ich möchte mit dir ausgehen", verkündete ich selbstsicher. „Sehr gut. Ich freu mich drauf", summte er fröhlich und dann spürte ich einen federleichten Kuss auf meinem Haaransatz. Zufrieden schloss ich die Augen. Drauf und dran in seinen Armen einzuschlafen. Aber noch bevor das passieren konnte, hob der Ältere wieder seine Stimme an.
„Sag mal, wann hast du dich das letzte Mal gewaschen?", wollte er plötzlich wissen. Perplex fuhr ich hoch und blinzelte ihn an: „Yoongi!".
„Doch wohl etwa nicht, bevor ich ins Koma gefallen bin?", mutmaßte er. „Hey, ich saß tagelang an deinem Bett und habe auf dich aufgepasst!", versuchte ich mich zu verteidigen. „Ich meine ja nur...", deutete Yoongi an. „Ugh, dann geh ich mich jetzt halt baden", schnaubte ich frustriert und wollte aufstehen. Yoongi hielt mich allerdings weiterhin fest und ließ nicht zu, dass ich gehen konnte. „Das war ein Scherz, meine kleine Elfe", kicherte er frech, „Naja, ein bisschen stinken tust du wirklich. Aber damit werde ich wohl klarkommen".
„Du bist so blöd", fluchte ich. „Mag sein, aber du stehst drauf", schmunzelte er. Ich antwortete nicht mehr darauf, weil ich wusste das er recht hatte. Stattdessen ließ ich mich zurück an seine Brust fallen und lauschte seinem stetigen Herzschlag, welches aufgrund der ach so lustigen Vorkommnisse etwas schneller schlug, als gewöhnlich.
•°•°•
Meinen Berechnungen zufolge neigen wir uns jetzt dem Ende zu. Es kommen vielleicht noch drei bis vier Kapitel und dann war's das mit dieser Story ಥ‿ಥ Ich glaube dann werde ich erstmal eine kurze Schreibpause einlegen. Eine Ausbildung nimmt doch viel mehr Zeit weg, als gedacht ;-;
Ich hoffe es hat euch gefallen :3
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