39.

Jimin's PoV.:

Ich schlang mein Abendessen geradezu in mich rein. Nicht nur, weil ich unglaublichen Hunger hatte, sondern auch, weil ich in das Buch über Verbotene Botanik reinschauen wollte. Den anderen schien es genauso zu gehen. Jegliche Gespräche waren eingestellt. Stattdessen konnte man bloß das Klirren von Besteck und schlürfende Münder hören. Yoongi war als erster fertig. Er hatte seinen Teller nicht einmal richtig aufgegessen, aber schob ihn trotzdem beiseite und stand auf.

„Ihr habt doch nichts dagegen, wenn ich-...", sprach er und tippte andeutend auf das Buch, was auf seinem Schreibtisch lag. „Nur zu", antwortete Hoseok. Der Kapitän lächelte zufrieden. Als er das Buch auf den Esstisch fallen ließ, bebten die Becher und alle schauten auf. Mein Essen wurde nebensächlich. Ich spülte den letzten Schluck Hühnersuppe mit etwas Wein herunter, ehe ich meine volle Aufmerksamkeit auf Yoongi richtete. Er schlug den dunkelgrünen Verband langsam auf. Sein Zeigefinger glitt über das Papier und als er die passende Seite gefunden hatte, blätterte er sie auf.

„Und?", wollte Hyunwoo gleich sofort wissen. „Warte kurz. Er muss doch erstmal lesen", beruhigte Taehyung ihn. Hyunwoo schmollte beleidigt. Ich konnte nur darüber lachen, denn ich war mindestens genauso ungeduldig wie der Jüngere und hätte er diese Frage nicht gestellt, hätte ich es vermutlich getan. Doch dann sprang Yoongi plötzlich auf die Beine und hetzte zurück zu seinem Schreibtisch. „Was ist los?", Seokjin sah ihm entgeistert hinterher. „Ich brauche meine Karte", erwiderte der Kapitän. Er schnappte sich das gelbliche Stück Papier und legte es auf seinen Platz. Das Buch über Verbotene Botanik legte er darüber. Hochkonzentriert scannte er beide Papiere ab, bis er schließlich gefunden, wonach er gesucht hatte. Sein Finger deutete zielsicher auf einen leeren Fleck seiner Landkarte. „Hier", sagte er, „Hier muss es sein. Das ist ungefähr 35 Flugmeilen von uns entfernt".

„Aber da ist gar nichts", stellte ich verwirrt fest. „Ja, weil ich auch noch nie auf dieser Insel war. Sie ist unbewohnt und dürfte vielleicht so groß wie mein Schiff sein. Vielleicht ein bisschen größer? Ich kann sowas schlecht abschätzen", antwortete er. „Hey, das ist doch gut! Wenn wir noch heute Abend Kurs auf diese Insel nehmen, sollten wir morgen früh da sein!", Taehyung klatschte begeistert in die Hände. „Solange uns Wonhae nicht in die Quere kommt. Den alten Sack dürfen wir nicht vergessen", erinnerte Hoseok ihn. „Also ich habe seit dem großen Sturm keine fremde Anwesenheit hinter uns gesehen", meinte Tae. „Das hast du das letzte Mal auch nicht gesehen und auf einmal kam der Typ unter uns aus den Wolken heraus", der Ältere wirkte unbeeindruckt.

„Zugegeben ist es mir scheiß egal, was jetzt noch passiert. Wir haben das Buch. Wir haben die Koordinaten und morgen früh haben wir auch die Blume", funkte Yoongi dazwischen. Er ließ sich auf seinen Platz fallen und nahm einen großen Schluck von seinem Wein. Dann lehnte er sich zurück, die Beine von sich gestreckt und den Kopf im Nacken. Ein schweres Seufzen verließ seine Kehle. So entspannt hatte ich ihn vermutlich noch nie gesehen und auch die anderen schienen von seiner Leichtigkeit angesteckt. „Also nehmen wir Kurs?", wiederholte Seokjin die Worte Taehyung's. „Volles Kaliber. Wir müssen Richtung Nord-Osten, vorbei an Lorcacian und Marmoris", ordnete er an. Lorcacian und Marmoris waren beides große Inseln, die hinter Sarell lagen. Besonders Marmoris war sehr bekannt, denn sie bestand zu 70% aus Wasser und war damit die bislang einzige Insel in unserer Welt. Sie sah wunderschön aus, mit einem glasklaren Meer und riesigen Wasserfällen, die entlang der Klippen herabströmten. Auf keiner anderen Insel sahen die Pflanzen so grün und gesund aus, wie auf Marmoris. Für jemanden wie mich, der Flora und Fauna zu respektieren wusste, ein wahres Paradies.

„Alles klar! Dann nehmen wir jetzt Kurs auf-...", Seokjin hielt kurz inne. „Die Insel hat keinen Namen. Wahrscheinlich ist sie zu unbedeutend", mutmaßte Yoongi. „Ist ja auch egal. Wir nehmen Kurs!", der Älteste rutschte vom Esstisch zurück und stand auf, ehe er aus der Kajüte marschierte. „Alles klar", Namjoon richtete sich ebenfalls auf, „Dann nehmen wir wohl Kurs".

„Jaaa!", kreischte Hyunwoo fröhlich. Taehyung tätschelte grinsend seinen Kopf: „Bitte dreh jetzt nicht nochmal komplett auf. Du musst ins Bett".
„Was?! Aber die Insel-...!", entgegnete Hyunwoo empört. „Die Insel sehen wir doch sowieso erst morgen", antwortete Taehyung. „Da hat er recht. Außerdem muss ich jetzt unbedingt ein Gespräch mit Jimin führen. Wenn ihr also bitte rausgehen würdet?", der Kapitän deutete auf die Tür, durch die genau in diesem Moment Namjoon verschwand.

„Du willst mit mir reden?", hakte ich nach und wurde plötzlich so nervös, dass ich meinen Wein in einem Zug leer trank. „Ja, nur kurz. Es sei denn du hast noch etwas vor", sprach Yoongi. Dabei schien er ganz genau zu wissen, dass ich heute Abend nichts mehr vorhaben würde. Was denn auch? Auf einem Himmelsschiff gab es nicht viel zu tun. „Oho", kam es von Hoseok und er wackelte mit den Augenbrauen. „Alles klar, wir sind dann mal weg", stimmte Jungkook mit ein. „Und wir auch", Taehyung hob Hyunwoo unter den Achseln hoch und warf den Jungen über seine Schulter. Eine Mischung aus Lachen und Jammern folgte, doch dann ließ er sich ohne Proteste raustragen.

Als nur noch Yoongi und ich in der Kajüte saßen, wurde mir gleich ein wenig anders zumute. Dabei war dies nicht das erste Mal, dass wir alleine waren. Nein, aber es war definitiv das erste Mal, dass wir keinen Sex miteinander haben, sondern nur miteinander reden würden. Vielleicht wurde ich deswegen so nervös und musste mir einen zweiten Becher Wein einschenken.

„Trink bloß nicht zu viel davon. Du wirst schnell betrunken", merkte der Kapitän an. „Ja, ich weiß. Sorry", nuschelte ich, musste den Becher allerdings bis zur Hälfte leer trinken. „So viel zum Thema dazu", Yoongi schmunzelte amüsiert. Den Blick nahm er dabei nicht von mir und das ließ mich noch unruhiger werden. Ich schaute überall hin, nur nicht in seine Augen. Mein Bein fing an zu wippen und meine Hände wurden so schwitzig, dass ich sie ständig an meiner Hose abwischen musste. „Was ist denn? Wieso wolltest du mit mir reden?", fragte ich nach, während ich versuchte mein Bein unter Kontrolle zu kriegen. „Ich wollte mich bei dir entschuldigen", gestand er offen. Seine Worte überraschten mich so sehr, dass ich nun doch aufschauen musste. Ich sah ihm direkt in die Augen. Versuchte herauszufinden, ob er gerade ein Späßchen mit mir spielte, oder das ernst meinte. Doch egal wie sehr ich versuchte ihm glauben zu schenken, verspürte ich immer noch ein bisschen Unsicherheit.

Der Ältere legte die Hände zusammen und stützte sich auf dem Esstisch ab, um die Distanz zwischen uns zu verringern: „Es tut mir wirklich leid. Was ich gesagt und getan habe, war falsch. Nicht nur nach dieser einen Nacht, sondern auch-... Auch für die anderen Tage möchte ich mich bei dir entschuldigen. Ich war ein ziemliches Arschloch zu dir".

„Sag bloß", prustete ich, weil ich es in diesem Moment nicht besser wusste. „Ich habe keine Lust mehr mich jeden Tag mit dir zu streiten. Karten auf den Tisch – am Anfang konnte ich dich nicht leiden. Du bist mir richtig auf die Nerven gegangen, mit deinen ständigen Provokationen und den blöden Blumen. Aber mittlerweile bist du schwer in Ordnung. Du hast uns mehrere Male gerettet und kannst gut küssen. Es gibt keinen Grund, wieso ich dich noch hassen sollte. Außer vielleicht, dass du zu allen anderen nett bist und zu mir nicht. Das ist echt gemein", er hielt sich eine Hand über seine Brust und ich konnte immer noch nicht glauben, was er dort von sich gab. Aber ich realisierte, dass er die Wahrheit sagte. Seine Worte klangen verletzt. Oder sogar Eifersüchtig?

„Du klingst, als wärst du derjenige der zu viel Wein gehabt hatte", merkte ich an. Yoongi zuckte mit den Schultern: „Kann schon sein. Das hier hat mich viel Überwindung gekostet".

„Mhh", brummte ich, ehe ich auf die Hände in meinem Schoß herabschaute. „Ich will einen Neustart. Also, was sagst du?", hakte er nach. „Ich weiß es nicht", gestand ich ehrlich. „Karten auf den Tisch", der Kapitän ließ seine flache Hand auf den Esstisch fallen. „Karten auf den Tisch? Wenn es danach geht, bist du für mich immer noch ein verlogenes Arschloch. Du denkst nicht nach, bevor du redest und verletzt damit die Menschen in deinem Umfeld. Aber ich muss zugeben, dass ich es auch leid bin mich vor dir zu verteidigen. Immer ist dicke Luft zwischen uns. Das kotzt mich an", ich sah wieder zu ihm auf. „Mich auch. Ich verspreche dir, dass das von nun an anders wird", sagte er.

Mein Herz machte einen Sprung. Nicht aus Freude, sondern aus Angst. Ich hatte Angst ihm zu vertrauen und dann wieder enttäuscht zu werden. Keiner von uns konnte wissen, wie er morgen, ohne den Einfluss von Alkohol, drauf sein würde. Vielleicht genauso beschissen wie das letzte Mal? Was würde ich denn dann davon haben? Außer vielleicht ein gebrochenes Herz. Andererseits würde ich eine Menge dazu gewinnen, wenn ich ihm einfach vertrauen würde. Nur noch ein letztes Mal. Ein allerletztes Mal.

„Na schön. Probieren wir es", gab ich schließlich nach. Yoongi's Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Ein Lächeln, welches ich noch nie so schön an ihm gesehen hatte. Es steckte mich automatisch an und ich musste den Blickkontakt abbrechen, um nicht wie ein Honigkuchenpferd zu grinsen. „Danke, Jimin", hörte ich ihn sprechen, „Aber hey, das heißt nicht das du von nun an deine Blumen überall sprießen lassen darfst, okay? Ich mag Ordnung auf meinem Schiff".

„Jaja, schon gut", kicherte ich. „Jaja, heißt: Leck mich am Arsch", schmunzelte Yoongi. „Das heben wir uns für später auf", ich zwinkerte ihm einmal zu und daraufhin musste er so laut loslachen, dass man ihn mit Sicherheit über das ganze Schiff hören konnte.

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Uff, ich weiß nicht ob ich nächste Woche updaten kann. Das war mein letztes Kapitel auf Lager und ich schreibe zurzeit auch noch an einem anderen Buch, für den Abschied bei meiner Arbeit. Wenn nächste Woche nichts kommen sollte, tut es mir also unfassbar leid! Aber wenigstens ist hier kein Cliffhänger ಥ‿ಥ Smiling through the pain lol

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