23.
Yoongi's PoV.:
Einem Sturm entgegen zu strotzen ist die wahre Definition von Selbstmord. Mein Adrenalinpegel stand bereits nach kurzer Zeit ganz weit oben. Ich konnte meinen Puls rasen und meine Hände zittern spüren. Mir war kalt. Der viele Regen klatschte uns unerbittlich ins Gesicht. Dazu kamen heftige Windböen, die die Takelage des Schiffes durcheinanderbrachten und an den Tauen rissen. Es war ein Wunder, dass sich noch nichts gelöst hatte. Aber das würde sich in den kommenden Minuten bestimmt ändern. Je tiefer wir in das grau schwarze Wolkenmeer hineinflogen, desto lauter wurde der Donner und desto mehr Blitze zuckten um uns herum. Es war, als würde Mutternatur wild um sich schlagen, weil wir einfach weiterflogen und ihren Launen nicht auswichen.
„Verdammter Mist", fluchend wischte ich mir die Wassertropfen aus dem Gesicht. Ich konnte rein gar nichts von unserer Umgebung erkennen. Es war so dunkel und der Regen ließ alles vor meinen Augen verschwimmen. „Das kannst du laut sagen. Wir werden alle sterben", hörte ich Seokjin zu meinen Füßen sprechen. Er saß am Geländer des Schiffes und klammerte sich dort fest, als würde sein Leben davon abhängen. Sein Gesicht war so bleich, dass es mir in der Dunkelheit förmlich entgegen strahlte. „Wehe du kotzt mir das Deck voll. Schluck es runter, wenn es hochkommt", warnte ich ihn. „Immer dasselbe von dir. Ich hasse dich", er kniff die Augen zu und presste sich eine Hand vor den Mund. Kopfschüttelnd wandte ich mich von dem Anblick ab, schaute stattdessen wieder nach vorne.
Hoseok und Jungkook schlitterten abwechselnd über die Holzdielen, um die vielen Knoten im Auge zu behalten. Taehyung stand am Bug des Schiffes und hielt nach Inseln Ausschau, damit wir nicht im Eifer des Gefechtes irgendwo gegen krachten. Allerdings konnte ich seine schmale Gestalt bloß mit größter Mühe erkennen. Dabei das Ruder unter Kontrolle zu halten, welches durch den Wind hin und her gerissen wurde, war ziemlich anstrengend. Ich konnte von Glück reden, dass Quassel bereits an meiner Seite stand und eine seiner großen Tatzen auf dem Ruder hielt. Ohne ihn hätte ich das doppelte an Kraft aufwenden müssen.
„Backboard! Backboard!", brüllte Taehyung plötzlich los und wir rissen das Ruder in genannte Richtung herum. Sky Reaper legte sich knarzend auf die Seite. Nicht rechtzeitig genug, denn auf einmal wurde das ganze Schiff erschüttert. Sowohl Hoseok und Jungkook, als auch ich verloren das Gleichgewicht und fielen zu Boden. „Was war das?!", mit größter Mühe raffte ich mich wieder auf, warf einen Blick zu meiner Linken. Dort schwebte ein einzelner Gesteinsbrocken. Zu klein für eine Insel, aber groß genug um einen schwerwiegenden Schaden auf meinem Schiff zu hinterlassen. Die linke Hälfte des Bugs lag zersplittert auf dem Deck. Taehyung hatte sich noch rechtzeitig genug auf die rechte Seite geworfen, sonst wäre er vermutlich auch getroffen worden.
„Geht es allen gut?!", brüllte ich zu den anderen nach unten. „Geht schon!", hörte ich Hoseok von irgendwo antworten. „Bei mir auch!", fügte Jungkook hinzu. „Taehyung?!", fragte ich laut. Die Gestalt des Jüngeren zog sich wieder hoch, sah allerdings ziemlich mitgenommen aus. Seine Beine schlotterten. „Taehyung!", rief ich noch einmal. „Ja, mir geht es gut!", erwiderte er, auch wenn es nicht sonderlich überzeugend klang. „Das nächste Mal brauche ich früher ein Zeichen von dir!", forderte ich ihn auf. „Ich sehe einen verkackten Scheißdreck!", fluchte er. „Ich auch und deswegen müssen wir zusammenarbeiten!", schrie ich zurück, mindestens genauso angepisst wie er. Daraufhin kam keine Antwort mehr. Er schleppte sich wieder an den Bug des Schiffes – dorthin wo noch was übrig war – und hielt weiter Ausschau.
„So ein Arschgesicht. Meckert der mich einfach an, weil er nichts sehen kann. Ich sehe doch genauso wenig wie er", murmelte ich genervt. „Du kannst es ihm nicht übelnehmen. Wir stecken jetzt schon seit drei Stunden in einem Sturm fest", hörte ich Seokjin erneut zu meinen Füßen sprechen. „Drei Stunden? Das fühlt sich aber deutlich länger an", meinte ich. „Finde ich auch", ein würgen folgte, „Aber es sind erst knappe drei Stunden. Wenn das so weiter geht, dann werde ich mich nicht mehr zusammenreißen können".
„Wag es dich bloß nicht. Ich werfe dich über Bord, verstanden?! Du kotzt hier nichts voll!", sagte ich. „Ich gebe mein Bestes", nickte der Ältere. „So will ich dich hören! Ewig länger stecken wir hier auch nicht mehr fest. Gleich erreichen wir das Herz des Sturmes und danach wird der Flug etwas ruhiger", versicherte ich ihm. „Woher weißt du das so genau?", hakte er nach. „Keine Ahnung. Ich habe es einfach im Gespür", ich zuckte mit den Schultern.
Das war nicht die Wahrheit. Jeder Sturm war anders. Sie waren unterschiedlich groß und unterschiedlich stark. Ich konnte also nicht genau sagen, wann wir endlich aus diesem elektrisierenden Wolkenball fliegen und den blauen Himmel über uns sehen würden. Aber irgendwie musste ich meinem besten Freund ja Hoffnung geben. Selbst, wenn ich dafür lügen musste.
Der ohrenbetäubende Knall eines Blitzes ließ mich erschrocken den Kopf herumreißen. Weiße Funken flogen genau neben uns aufs Deck. Mit rasendem Herzen lenkte ich uns nach Steuerbord, doch genau in dem Moment schlug auch dort ein Blitz ein und ich musste uns wieder herumreißen. Es schien aussichtslos. Als sich dann auch noch eines der Taue aus seinem Knoten löste und durch den Wind gepeitscht wurde, war ich kurz davor meinen Verstand zu verlieren. Alles, was hätte falsch laufen können, lief gerade falsch.
„Jungkook, pass auf!", rief Hoseok und ich beobachtete, wie sich der Jüngere unter dem Tau hinweg duckte. Hoseok wollte es einfangen, allerdings schlug es ihm mit solch einer Wucht gegen die Hand, dass er es nicht greifen konnte. Und somit flog es einfach weiter herum, bis es sich in der Takelage verfing und dort hängen blieb. „Lasst es dort!", brüllte ich zu ihnen herunter. Jungkook gab mir einen Daumen nach oben, ehe er zu Hoseok hetzte und sich seine Hand anschaute. Scheinbar hatte er sich verletzt.
Mir blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn plötzlich schlug ein dritter Blitz ein. Dieses Mal verfehlte er unser Schiff allerdings nicht, sondern erwischte den Ausguck ganz oben am Mast. Es knallte wieder laut, zischte und dampfte.
„Quassel, halt das Ruder fest", ich machte dem Artemis-Bären platz und stolperte die Treppen zum unteren Deck herunter. Den Blick hielt ich dabei auf den Ausguck fixiert. Wie ich bereits befürchtet hatte, schlug dort oben ein weiterer Blitz ein. Nicht nur der Ausguck fing an zu qualmen, sondern auch ein Stück der Takelage. Ehe ich mich versah, brannten die Taue und Seile durch und krachten mitsamt ihrer metallischen Schnallen nach unten aufs Deck.
„Passt auf!", wollte ich die anderen noch vorwarnen, doch es war bereits zu spät. Hoseok und Jungkook wurden bloß knapp verfehlt, aber Taehyung bekam eines der Taue direkt auf den Kopf und wurde von dessen Wucht erschlagen. Sein Körper fiel leblos zu Boden. Einen Moment lang wartete ich ab, in der Hoffnung er würde sich wieder hoch hieven. Doch als er einfach liegen blieb und keinerlei Lebenszeichen von sich gab, rannte ich los.
„Taehyung! Taehyung, hey!", direkt neben ihm fiel ich auf die Knie und rüttelte an seinem Kopf herum. Keine Reaktion. Seine Augen blieben geschlossen. Erst als ich ihm ein paar Mal kräftig gegen die Wange schlug, brummte und rührte er sich langsam. „Taehyung, wach auf! Es ist gerade ein ungünstiger Zeitpunkt um bewusstlos zu werden!", schrie ich ihn an. „Mein Kopf-...", nuschelte er leise. „Dein Kopf ist noch dran, keine Sorge. Aber du musst hier weg. Kannst du aufstehen?", fragte ich nach und nahm seine Hand, um ihn hochzuhieven. „Nein, ich-...", fuhr er fort, allerdings beachtete ich dies kaum. Zusammen mit Jungkook, der uns von weitem gesehen und hergekommen war, hievte ich ihn hoch. Dann torkelten wir gemeinsam in Richtung meiner Kajüte los. Der Weg schien unfassbar weit, vor allem, weil Taehyung nicht mal seine eigenen Füße vorwärts setzen konnte und sein ganzes Gewicht auf unsere Schultern verlagerte. Bereits nach ein paar wenigen Schritten mussten wir anhalten und verschnaufen.
„Nicht mehr weit", ächzte Jungkook. „Nicht mehr weit? Dann kannst du ihn ja alleine tragen", schnaubte ich aus. „Nein, bitte nicht. Er ist so schon schwer genug", jammerte er und ich nickte zustimmend. Gerade als ich mich einigermaßen gesammelt hatte und bereit war, um weiterzulaufen, ertönte ein neuer lauter Knall neben uns. Kurz darauf folgte das hässliche knirschen und knacken von Holz. Ich schielte über Taehyung's hängenden Kopf hinweg und beobachtete entsetzt, wie der Mast sich langsam aber sicher in zwei Teile spaltete. Erst war es nur ein tiefer Riss direkt unter dem Ausguck. Doch dieser wuchs, streckte sich ruckartig nach unten.
„Oh scheiße. Scheiße, scheiße, scheiße! Wir müssen hier weg, los!", von Panik gepackt wollte ich losrennen. Weg von dem Mast, der drauf und dran war zur Seite zu kippen und uns alle Drei zu zerquetschen. Doch Jungkook schien wie gelähmt. Seine großen Augen blickten ungläubig auf das Geschehen und ich konnte ihn einfach nicht in die Realität zurückholen, egal wie laut ich ihn anschrie. Schließlich rüttelte ich so kräftig an Taehyung herum, dass dieser aus Jungkook's Griff entglitt und wie ein nasser Sack gegen mich fiel. Sein Körpergewicht riss mich unerwartet zu Boden. Er erdrückte mich fast und während ich vor lauter Panik versuchte unter seiner Gestalt hervor zu kriechen, krachte der Mast in sich zusammen. Das ganze Schiff bebte, während er sich zur Seite neigte und fiel.
Hoseok schrie gellend nach unseren Namen. Quassel brüllte und irgendwo glaubte ich auch Hyunwoo zu hören.
°°♡°°
Hach, ich liebe Cliffhanger~
Tatsächlich bin ich ziemlich stolz auf dieses Kapitel. Ich hoffe es hat euch auch gefallen ^^ Mal schauen, was jetzt mit Yoongi, Taehyung und Jungkook passiert O.o
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