22.

Jimin's PoV.:

Ich mochte es nicht zugeben, aber ich hatte mich geirrt. Als ich am nächsten Morgen auf das Deck trat, waren wir von grauen Wolken umgeben und es wehte ein ungewohnt starker Wind. Nun konnte ich den anstehenden Regen ebenfalls spüren. Der Kapitän sah deswegen sogar ziemlich angespannt aus. Er stand neben Seokjin am Ruder des Schiffes, die Arme ineinander verschränkt. Sein Mantel schlug ihm wild um die Beine und er hatte diese tiefe Sorgenfalte im Gesicht, die ihn älter aussehen ließ, als er eigentlich war. Trotz der ganzen Ernsthaftigkeit sah er gut aus. Oder war es vielleicht diese Ernsthaftigkeit, die ihn gut aussehen ließ? Ich konnte es nicht genau sagen, aber mir gefiel sein Anblick. Kaum zu glauben, dass dieser Mann mich gestern Abend auf seinem Schreibtisch durchgenommen hatte. Manchmal meinte das Leben es wohl doch gut mit mir.

„Trainieren wir heute wieder? Jimin? Jimin? Hey, Jimin?", versuchte Hyunwoo zu mir durchzudringen. Er zupfte dabei unentwegt an meinem Hemdärmel, sodass ich schließlich aus meiner Tagträumerei hochschreckte und auf ihn heruntersah. Zu meiner Überraschung waren seine langen Haare in einen Zopf zusammengebunden. Lediglich ein paar lose Strähnen wehten ihm ins Gesicht. „Ja, tut mir leid. Was hast du gesagt?", fragte ich nach, denn mein Kopf war vollkommen leergefegt. „Ob wir heute wieder trainieren?", wiederholte er sich. Nachdenklich sah ich auf, scannte unsere düstere Umgebung ab. Es schien, als wären die Wolken noch dunkler und der Wind noch kälter geworden.

„Ehrlich gesagt habe ich keinen Plan. Das Wetter macht mir ein bisschen Sorgen. Wenn es anfängt zu regnen, dann müssen wir wahrscheinlich zurück in den Bauch des Schiffes gehen", erklärte ich ihm. „Das haben Hoseok und Jungkook auch schon gesagt", schmollte Hyunwoo. „Siehst du? Unser Training muss wohl leider verschoben werden. Aber mach dir nichts draus", ich tätschelte beschwichtigend über seinen Kopf, „Auch ein Krieger muss manchmal eine Pause einlegen. Notfalls zeige ich dir ein paar besondere Griffe, mit denen du deinen Gegner per Fäusten umhauen kannst, okay?". Hyunwoo nickte, wenn auch nicht sonderlich begeistert. Unser Training musste ihm wohl sehr am Herzen liegen. Und mir lag es auch am Herzen, aber Sicherheit ging nun mal vor. Ich wollte hier oben nicht von einem Blitz gegrillt werden.

Wie aufs Stichwort grollte der erste Donner um uns herum. Er kam so laut und plötzlich, dass mein Herz einen erschrockenen Satz nach vorne sprang und ich heftig zusammenzuckte. Hyunwoo griff instinktiv nach meiner Hand und hielt sie fest.

„Wenn du die Sekunden zählst, dann kannst du ungefähr abschätzen in welchem Zeitfenster der nächste Donner kommt", schlug ich ihm vor, in der Hoffnung ihn damit etwas abzulenken. Er antwortete nicht. Wir fielen beide in ein angespanntes Schweigen. Solange, bis der nächste Donner über den Himmel grollte. Dieses Mal brachte es sogar das Himmelsschiff zum Beben. „14 Sekunden", flüsterte Hyunwoo. „Komm, wir sollten runtergehen", ich verfestigte den Griff um seine Hand, drauf und dran im Bauch des Schiffes nach Schutz zu suchen. Doch kurz bevor wir verschwinden konnten, rief Yoongi uns zu sich. Er stand nach wie vor am Ruder des Schiffes. Hoseok und Jungkook hatten sich bereits zu ihm gesellt. Taehyung kletterte gerade den Mast herunter. Wir warteten noch auf ihn, ehe wir uns zu den anderen stellten und Yoongi's Anweisungen anhörten.

„Wie ihr sehen könnt, fliegen wir gerade inmitten eines Sturmes. Hier kommen wir so schnell nicht mehr heraus. Natürlich könnten wir umdrehen und zurückfliegen, aber das wäre ein zu großer Umweg. Mal abgesehen davon, dass der Sturm uns früher oder später einholen würde. Wir fliegen also direkt durch. Es gibt keine Garantie, dass wir das schaffen. Aber uns bleibt keine andere Wahl", sprach er. „Gibt es nicht irgendeine Insel an die wir kurzfristig andocken können?", fragte Hoseok nach. „Hier in der Nähe nicht. Wenn wir es schaffen den Kurs zu halten, könnten wir eventuell in Tyrell halten. Allerdings müssen wir bis dahin noch ein gutes Stück fliegen", mischte Seokjin sich ein. „Und sonst gibt es keine andere Möglichkeit dem zu entkommen? Was ist, wenn wir an Flughöhe verlieren?", überlegte ich laut. „Das bringt nichts. Der Sturm wird unter den Wolken genauso schlimm sein, wie in den Wolken", antwortete Yoongi und ich starrte ihn überrascht an. Natürlich hatte ich mit einer Antwort gerechnet, aber dass sie von ihm kommen würde nicht.

„Okay, dann bereiten wir uns jetzt lieber vor. Jungkook und ich werden die Segel einholen und alle Taue mit einem Doppelknoten festbinden", meldete sich Hoseok wieder zu Wort. Yoongi riss sich von meinem Blick los und nickte: „Sehr gut. Taehyung, du bleibst jetzt auch unten. Stell dich am Besten ans Bug des Schiffes und halte nach Inseln Ausschau, die sich in den Wolken verstecken könnten. Ich habe keine Lust blind irgendwo gegen zu krachen. Quassel und Seokjin bleiben am Ruder des Schiffes".

„Was ist mit uns?", wollte ich wissen, während ich anschaulich Hyunwoo's und meine Hand hochhielt. „Ihr bleibt im Bauch des Schiffes. Wenn es zu sehr schaukelt, haltet euch an den Stützpfeilern fest. Gekotzt wird nicht. Schluckt es herunter, wenn euch schlecht wird", wies der Kapitän uns an. Ich verzog angeekelt das Gesicht und auch Hyunwoo gab ein leises Wimmern von sich. „Das sagst du so einfach... Kann ich mich nicht auch hier oben nützlich machen?", hakte ich nach, denn eigentlich war ich nicht sonderlich scharf drauf die ganze Zeit in der Dunkelheit zu sitzen und das Gewitter abzuwarten. Nicht, wenn die anderen draußen um unser aller überleben kämpften.

„Vergiss es. Du bleibst schön bei Hyunwoo und passt auf ihn auf", winkte Yoongi ab. „Aber ich kann euch bestimmt irgendwie helfen. Wenn ich meine Kräfte lange genug auflade, könnte ich das ganze Schiff mit einer zweiten Schicht Holz ausrüsten. Dann wären wir vielleicht ein bisschen mehr geschützt", schlug ich vor. „Das klingt gar nicht mal so schlecht. Vor allem unser Mast hätte das nötig", funkte Taehyung dazwischen. „Nein, das kommt nicht in Frage. Ich will deine komischen Zauberkräfte nicht auf diesem Schiff haben. Außerdem kommen wir auch gut alleine zurecht", Yoongi blieb hartnäckig. So wie immer. Seinen Dickkopf konnte man nicht umstimmen.

„Dann eben nicht", schnaubte ich aus und drehte mich gemeinsam mit Hyunwoo um, „Komm, Hyunie. Wir gehen in Sicherheit, damit uns nichts passiert". Der Kleinere jammerte noch irgendwas von Abschied nehmen, doch ich zog ihn einfach weiter. Über das Deck, bis wir vor dem Eingang zum Bauch des Schiffes standen. Mittlerweile prasselten vereinzelte Regentropfen auf uns herunter. Das kühle Nass ließ mich erschaudern und ich beeilte mich, die kleinen Treppenstufen nach unten zu klettern. Als ich unten angekommen war, streckte ich meine Arme nach Hyunwoo aus und er sprang zu mir herunter, sodass ich ihn sanft auf dem Boden absetzen konnte.

„Wir machen es uns hier unten gemütlich", redete ich auf ihn ein. „Was ist mit Taehyung? Wird er in Ordnung sein? Was ist, wenn ihm etwas passiert?", murmelte Hyunwoo leise. „Ihm wird nichts passieren. Taehyung ist ein Himmelspirat. Er wird jeden einzelnen Blitz mit seinen Händen abwehren", sagte ich und machte dazu alberne Handbewegungen. Ein belustigtes Grinsen schlich sich auf Hyunwoo's Gesicht: „Meinst du wirklich?".

„Wirklich. Ich verspreche es dir".

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Versprochen ist versprochen~ Aber ob Jimin sein Versprechen halten kann? Das lest ihr das nächste Mal, bei Amidst Flowers and Death!

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