18.

Jimin's PoV.:

Hyunwoo entpuppte sich während des Trainings zu einem unglaublich dickköpfigen Jungen. Trotz dessen, dass sein Körper bereits aufgegeben hatte und er sich nur noch auf wackeligen Beinen hielt, war sein Geist vollkommen bei der Sache. Er machte keine Pause. Selbst dann, als ich es ihm nach zweieinhalb Stunden vorschrieb, wollte er noch weiter machen. Aber schließlich gewann sein erschöpfter Körper überhand und er brach auf dem Deck zusammen. Kurz bekam ich Sorge um ihn, doch da war dieses siegreiche Grinsen in seinem Gesicht. Erleichtert atmete ich aus.

„Du bist ein wahres Naturtalent. Wenn du so weiter machst, wirst du ein richtig starker Kämpfer", lobte ich ihn und zog ihn wieder auf die Beine. „Danke", keuchte er, „Aber es ist alles nur deinetwegen. Du bist ein toller Lehrer und die Art und Weise wie du das Schwert führst, sieht unglaublich faszinierend aus".

„Das ist die Kampfkunst der Elfen", prahlte ich stolz. „Wahnsinn! Kann ich wohl auch bald als Elfe durchgehen?", hakte er nach. „Wenn wir dich mit den Ohren an der Wäscheleine aufhängen, vielleicht. Aber dann fehlen dir immer noch die Flügel", lachte ich. „Du hast doch auch keine Flügel", schmollte er. „Schon, aber bei mir hat das andere Gründe. Ist ja auch egal, lass uns lieber etwas frisches zu trinken holen", ich schob ihn in Richtung der Luke, nicht darauf erpicht meine Vergangenheit noch einmal durchzukauen. Vor allem nicht vor einem Kind, dass mich bewunderte. Wenn er wüsste, was ich meinem Kameraden beim Training angetan hatte, würde er nicht mehr von mir lernen wollen. Da war ich mir sicher.

„Können wir denn wieder ins Lager gehen? Taehyung hat gesagt, dass wir vorsichtig sein müssen", merkte er an. „Ja, weil Hoseok und Jungkook vorhin dort unten waren. Aber siehst du? Die beiden sind schon wieder da", ich deutete auf die Turteltauben am Bug, die sich gerade romantisch in den Armen hielten und in die Ferne schauten. „Okay!", gepackt von neuer Energie hüpfte Hyunwoo die Treppenstufen nach unten. Er war somit der Erste, der sich unter den Trinkhahn einer der Holzfässer beugte und das Wasser darin in großen Schlücken zu sich nahm, bis es ihm aus dem Mundwinkel tropfte. Danach war ich dran. Ein Schuss Wein gab es als großzügige Belohnung meiner Lehrkünste hinterher und dann schleppte ich mich wieder nach oben.

Erst nach der Abkühlung fiel mir auf in welch einer brüllenden Hitze wir trainiert hatten. So heiß war es hier oben noch nie gewesen. Nichtsdestotrotz genoss ich das Wetter. Mir war es lieber zu warm, als zu kalt. Deswegen ließ ich mich auch auf einem besonders sonnigen Fleck nieder, die Arme hinter mir abgestützt und das Gesicht der Sonne zugewendet.

„Wieso haben Elfen eigentlich blonde Haare?", schmatzte Hyunwoo plötzlich, der direkt neben mir mit drei Pfirsichen  Platz nahm. „Kennst du nicht den Mythos vom Sonnengott? Der die ersten zwei Elfen auf die Stirn geküsst und somit ihre Haare blond gefärbt hat?", fragte ich nach, ohne den Blick auf ihn zu richten. „Nein", antwortete er, „Aber es klingt cool. Ich finde deine Haare sehr hübsch. Meine sehen aus wie Pferdescheiße". Amüsiert prustete ich los: „Die sehen doch nicht aus wie Pferdescheiße! Die sind halt einfach braun. So wie das Holz hier, oder so wie Quassel's Fell".
„Sieht trotzdem blöd aus", murmelte er. „Finde ich nicht. In der Sonne glänzen deine Haare wie Honig", versuchte ich ihn aufzumuntern. „Meinst du?", ein saftiger Bissen folgte, „Ich sehe nichts".

Daraufhin löste ich mich aus meiner Position und lächelte Hyunwoo an. „Es stimmt aber. Deine Haare sehen gut aus, wirklich. Außerdem sind sie schön lang", ich streckte meine Finger nach einer seiner dunkelbraunen Strähnen aus und zwirbelte sie auf meinem Finger auf. „Die Leute denken immer, dass ich ein Mädchen bin. Wobei das gar nicht mal so schlimm ist. Als Mädchen bekommt man auf den Straßen nämlich weitaus mehr Aufmerksamkeit. Einmal hat mir ein Mann sogar Tee gemacht und ich durfte die ganze Nacht in seinem Bett schlafen", erzählte er mir stolz. Perplex ließ ich seine Haarsträhne los und starrte ihn an.

„Er hat dich in seinem Bett schlafen lassen?", wiederholte ich zaghaft. „Ja", summte er, „Jedenfalls bin ich am nächsten Morgen dort aufgewacht. Es war so schön weich und warm. Nur schade, dass ich danach wieder gehen musste. Ich wäre gerne länger geblieben". Ich schluckte trocken. Was dieses Kind mir hier erzählte deutete ganz klar auf Drogen und Vergewaltigung hin. Ob er davon wusste? 

Mir wurde auf einmal ganz anders zumute. Ein Schauer lief über meinen Rücken und ich schüttelte mich, um das unangenehme Gefühl zu vertreiben. Doch so einfach wollte es nicht verschwinden. Jedes Mal, wenn ich Hyunwoo ansah, kam es wieder in mir hoch. Das es tatsächlich noch solche widerwärtigen Menschen gab, die Gebrauch von der Naivität kleiner Kinder machten. Die sie mit Drogen vollpumpten und zu Bett nahmen, als wären es nichts weiter als wertlose Puppen. Normalerweise gab es für sowas auf jeder Insel einen Dienst – eine Gruppe von Soldaten, die für Recht und Ordnung sorgten. Aber da Avkas eine ziemlich ärmliche Population hatte, war das dort wohl nicht der Fall.

„Was denn?! Seid ihr schon fertig für heute?!", riss Yoongi's Stimme mich aus meinen Gedanken. Der Kapitän kam gerade mit wehendem Mantel auf uns zugelaufen, hatte die Aufsicht des Ruders Seokjin überlassen. „Wir machen nur eine Pause", antwortete ich knapp. „Faules Pack. So lernt der Junge doch nichts", erwiderte er prompt und ich verdrehte genervt die Augen. „Halt die Klappe. Pausen sind auch wichtig, okay? Und wenn du nichts Besseres zu tun hast, als uns anzumeckern, solltest du dich lieber wieder verpissen", forderte ich ihn dann auf. Er ignorierte das allerdings komplett, hockte sich stattdessen zu Hyunwoo: „Hey Kleiner. Soll ich euch gleich beim Training zur Seite stehen? Ich kann dir ein paar coole Tricks zeigen, die wirklich nur ein Himmelspirat draufhat".

Ich hoffte inständig Hyunwoo würde verneinen. Doch natürlich klang das Angebot zu verlockend und der kleine Junge strahlte Yoongi interessiert an. „Ja, gerne!", rief er aus. „Na super. Ich bin raus", mit einem Ruck hievte ich mich auf die Beine und wollte verschwinden. Denn mit Yoongi gemeinsam Schwertkampf zu üben, hörte sich für mich wie ein einziger Alptraum an. Allerdings machte der Kapitän mir einen Strich durch die Rechnung, als er mich am Kragen packte und nicht zu ließ, dass ich auch nur einen Schritt gehen konnte. „Schön hiergeblieben, mein Freund. Lass uns Hyunwoo zeigen wie ein richtiger Schwertkampf aussieht, huh?", schlug er vor. Angesprochener strahlte noch breiter und nickte eifrig: „Bitte Jimin! Ich will euch kämpfen sehen!".

„Darf ich dich dabei wenigstens umbringen?", knurrte ich Yoongi zu. „Natürlich nicht", lachte er, „Es ist alles erlaubt, außer ernsthafte Verletzungen".
„Wie langweilig", stöhnte ich und befreite mich aus seinem Griff, um mir Taehyung's Schwert zu nehmen. Yoongi zog zeitgleich sein eigenes aus der Scheide und hielt es direkt auf mich gerichtet. „Du gibst das Startsignal, Hyunwoo", forderte er den Jungen auf. Dieser nahm einen letzten Bissen von seinem Pfirsich, ehe er den Rest Quassel zuwarf. Dann streckte er die Arme aus und klatschte einmal laut in die Hände: „Dann los!".

Überrascht davon, dass er keinen Countdown gezählt hatte, wechselte ich blitzschnell in meine Kampfposition um. Das linke Bein vor, die Knie leicht gebeugt und beide Hände am Schwertgriff. Yoongi tat es mir nach, funkelte mir dabei angriffslustig zu. Er sah fast schon ein bisschen gruselig aus. Bis er auf einmal sein Schwert wendete, sodass die stumpfe Seite nach unten zeigte.

„Ich will dir ja nicht weh tun", säuselte er gespielt lieblich. „Halte mich nicht zum Narren, du Arschloch", knurrte ich und machte einen Satz nach vorne, holte dabei mit meinem Schwert nach ihm aus. Yoongi duckte sich geschickt darunter weg und startete prompt seinen Gegenangriff, indem er mich immer und immer wieder attackierte. Ich hielt mit meiner eigenen Klinge dagegen an. Jedes Mal klirrten unsere Waffen laut gegeneinander. Hyunwoo sah sich das Spektakel staunend von der Seite aus an.

„Pass auf, Jimin!", rief er mir zu, als Yoongi mir ein bisschen zu nahekam. Ich machte kurzen Prozess und trat dem Älteren mit voller Wucht in den Bauch. Er taumelte daraufhin zurück und hustete erschrocken, schnappte danach panisch Luft. „Gut aufgepasst, Hyunie! Lass deinen Gegner niemals so nah an dich ran!", rief ich ihm zu. „Okay!", antwortete er laut und quickte dann aufgeregt, weil Yoongi sich mittlerweile wieder gefangen hatte. Er drehte sein Schwert wieder herum, sodass die scharfe Klinge nach unten zeigte. „Du willst es also wirklich drauf ankommen lassen, huh?", fragte er außer Atem. „Ich habe doch gesagt, dass du mich nicht zum Narren halten sollst, Arschloch", erwiderte ich und stürmte erneut auf ihn zu. Dieses Mal wich er dem Angriff nicht aus. Stattdessen wehrte er ihn ab. Unsere Klingen knallten wieder laut aneinander und Yoongi lehnte sich kräftig dagegen, sodass sie schließlich aneinander abrutschten. Ich sprang zurück, fing an wie ein Tiger um den Kapitän herum zu laufen. Er drehte sich mit mir und ließ mich keine Sekunde aus den Augen.

„Du kannst ziemlich gut kämpfen, dafür das du so hohe Schuhe trägst", merkte er an. „Solche Tricks ziehen bei mir nicht. Wenn du glaubst, dass du damit meine Aufmerksamkeit von dir weglenken könntest-...", fing ich an, doch in dem Moment stürmte er auch schon auf mich los. Erst schlug er auf der linken Seite zu, dann auf der rechten Seite und schließlich über meinem Kopf. Ich wehrte die Angriffe geschickt ab. Als ich glaubte die Möglichkeit dafür zu haben, startete ich meinen Gegenangriff. Dieses Mal zielte ich allerdings auf seine Beine, entlang der Oberschenkel. Yoongi sprang überrascht zurück.

„Daran solltest du dir ein Beispiel nehmen, Hyunie!", rief ich unserem begeisterten Zuschauer zu, „Die Beine sind das wichtigste Körperteil eines Kämpfers. Entweder verletzt du sie, oder die Arme".

„Hör auf nach jedem Angriff einen Vortrag zu halten! Hier spielt die Musik!", funkte Yoongi dazwischen, noch bevor Hyunwoo antworten konnte. „Ich versuche doch nur-...", fing ich an und blockte sein Schwert knapp vor meiner Brust, „Versuche doch nur ihn zu unterrichten!". Yoongi antwortete daraufhin nicht mehr. Er schwang sein Schwert mit jeder Sekunde schneller. Immer und immer wieder, bis ich unter all der Wucht das Gleichgewicht verlor und gezwungen war rückwärts zu laufen. Doch selbst dann konnte ich den Kapitän nicht loswerden. Er folgte mir, ließ nicht einen Moment von mir ab. Es knallte links und recht und links und rechts, bis mir die Kraft fehlte den nächsten Angriff abzublocken und ich einfach die Augen zukniff.

„Jimin!", hörte ich Hyunwoo noch kreischen. Kurz darauf spürte ich einen stechenden Schmerz an meinem Hals. Als ich die Augen wieder öffnete, stand der Ältere direkt vor mir. Sein Arm war in einer perfekten Haltung ausgestreckt und das Schwert, welches er in der Hand hielt, schnitt geradewegs in meine Haut. Es fühlte sich an wie ein Nadelstich.

„Ein Hoch auf meine Reflexe", murrte Yoongi leise. So leise, dass nur ich es hören konnte. Verärgert stieß ich seine Klinge von mir und tastete die Stelle ab, wo er mich getroffen hatte. Natürlich blutete ich. Zwar nicht schlimm, aber es machte mich trotzdem wütend. „Fick dich! Du hättest mich beinahe umgebracht!", zickte ich ihn an. „Aber auch nur beinahe", er steckte sein Schwert zurück in die Scheide, „Du lebst noch, also ist alles gut. Mehr oder weniger...".

„Ich schwöre dir, irgendwann-...", knurrte ich ihm zu. „Jimin! Geht es dir gut?! Tut es sehr weh?!", platzte Hyunwoo auf einmal dazwischen. „Nein, es geht schon", winkte ich ab, denn ich wollte keineswegs wie ein Schwächling aussehen. Genaugenommen log ich ihn auch nicht an, immerhin tat es wirklich nicht so sehr weh. „Aber du blutest! Und es ist grün?! Das müssen wir verarzten!", entschlossen griff der Kleinere nach meiner Hand. „Oh ja, kommt mit! Verarzten wir den armen Jiminie!", rief Yoongi amüsiert. Wäre Hyunwoo nicht bei uns gewesen, hätte ich ihn dafür kastriert. Hingegen blieb mir nun nichts anderes übrig, als den beiden in Yoongi's Kajüte zu folgen.

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Das Update heute ein bisschen früher, weil ich bei meiner Oma bin ^^ Ich hoffe ihr könnt Ostern auch ein bisschen feiern und genießen!

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