13.

Yoongi's PoV.:

Avkas war eine kleine Insel, die unter den grauen Wolken einen umso düsteren Eindruck machte. Hier erstreckten sich stinkende Kraftwerke und modrige Bauernhöfe an den Klippen, der Hafen kennzeichnete sich durch einen verfallenen Turm in der Stadtmitte und die Docks knarzten gefährlich, als wir anlegten. Nichtsdestotrotz konnte ich es kaum abwarten von meinem Himmelsschiff herunter zu kommen. Den anderen schien es genauso zu gehen, denn sie flüchteten geradezu auf den Steg. Drauf und dran in irgendwelchen Ecken von Avkas zu verschwinden.

„Wer geht mit mir was trinken?", fragte Jimin in die Runde. Ein Teil von mir wollte sich ihm anschließen, weil ich die perfekte Stimmung für viel Alkohol hatte. Aber ich war mir ziemlich sicher, dass er daraufhin wieder irgendeinen blöden Spruch klopfen würde. Wenn nicht jetzt, dann spätestens in der Bar. Also ließ ich es bleiben und ging wortlos an den anderen vorbei, marschierte ihnen voran die Wendeltreppe des Turmes herunter.

„Ich komme mit dir", meldete Jungkook sich schließlich zu Wort. „Ich auch! Immerhin kann ich Jungkook nicht alleine lassen", fügte Hoseok hinzu und wenn mich nicht alles täuschte, konnte ich sogar das obszöne Schmatzen eines Kusses hören. „Steckt euch jetzt bitte nicht die Zungen in den Hals", sprach Taehyung meine Gedanken aus. „Keine Sorge, dir bleibt der Anblick erspart", kicherte Jungkook, „Kommst du denn auch mit uns trinken?".

„Nein danke. Ich habe noch was auf dem Marktplatz zu tun", winkte er ab. „Was willst du bitte auf dem Markt von Avkas? Hier findest du doch nur Schrott", merkte Hoseok an. „Schon, aber ich will was verkaufen. Mit etwas Glück kriege ich dafür viel Gold", versuchte Tae zu erklären. Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen, denn ich hatte keinen blassen Schimmer was er in seinem Besitz hatte, dass so viel Gold einbringen würde.

„Und was wäre das?", hakte Hoseok neugierig nach. Mittlerweile waren wir unten angekommen und ich zeigte dem Troll am Ausgang meinen Flugschein von Sky Reaper vor. Er nickte, ließ uns dann nach draußen passieren. „Das geht euch gar nichts an", sagte Taehyung. „Ist ja auch egal. Lasst uns lieber eine Bar suchen gehen", versuchte Jimin das Thema zu wechseln. Ich drehte mich zu den beiden um, konnte gerade noch so sehen wie sie sich zuzwinkerten. Sowohl ich, als auch Hoseok und Jungkook sahen die beiden verwirrt an. „Vergisst es einfach. Ihr geht trinken und ich gehe auf den Markt", winkte Taehyung ab, ehe er sich zu mir herumdrehte, „Was machst du, Yoongi?". Alle Augen landeten auf mir und ich griff nachdenklich nach meinem Schwert, spielte an dessen Griff herum. Ich hatte nach wie vor Lust auf ein Bier, aber keine Lust mich mit Jimin abzugeben. Andererseits gab es in Avkas nicht viel zu tun und ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte.

„Komm doch einfach mit mir mit", schlug Taehyung vor und schenkte mir dabei ein aufmunterndes Lächeln. Ich nickte langsam, dankbar für seinen Vorschlag: „In Ordnung. Wir treffen uns spätestens morgen früh gegen Sonnenaufgang auf dem Schiff. Ihr könnt euch für die Nacht ein Zimmer mieten, oder zu uns zurückkommen. Mir egal". Hoseok stupste Jungkook mit den Augenbrauen wackelnd an und ich konnte bereits ahnen, dass ich die beiden vor morgen früh nicht wiedersehen würde. Schließlich hatten sie auf dem Schiff nicht ansatzweise so viel Privatsphäre wie in einem Hotel.

„Gut, dann bis später!", rief Jimin uns zu, während er bereits auf eine Bar zulief. „Wir sehen uns!", Taehyung winkte ihm noch hinterher und wir verabschiedeten uns auch von Hoseok und Jungkook, ehe wir in Richtung Marktplatz liefen. Der Weg war nicht weit, führte lediglich an ein paar alten Häusern vorbei. Hier und da lagen Waisenkinder im Dreck herum und bettelten nach Essen. Katzen knabberten an den Kadavern von gejagten Vögeln und Hunde bellten uns laut an. Der erbärmliche Anblick von Avkas zog meine Laune jedes Mal ins Tief. Doch heute war es noch schlimmer, weil ich durch die Sache von Wonhae unheimlich gereizt war. Auch Taehyung schien das zu merken, denn plötzlich spürte ich seine Hand auf meiner Schulter und er drückte besänftigend zu.

„Ziemlich anstrengender Tag heute, huh?", fragte er. „Kann man so sagen", murrte ich, nicht wirklich in der Stimmung zu reden. „Meinst du es ist eine gute Idee mit der Mission weiterzumachen, wenn Wonhae uns auf den Versen ist?", hakte er nach. Ich zuckte mit den Schultern: „Eine gute Idee ist es nicht unbedingt. Aber wir können es uns nicht leisten einfach aufzugeben. Vielleicht ist das sogar eine Möglichkeit für uns diesen scheiß Kerl einfach umzubringen".

„Wenn das nur so einfach wäre... Der Kerl hat selbst dann noch gelebt, als du ihm ein Messer in den Kopf gerammt hast. Es würde mich nicht wundern, wenn sein Herz genauso durchhält", kommentierte Tae und ich erinnerte mich automatisch an die Nacht zurück, wo ich mich mit einem Messer in der Hand in Wonhae's Kajüte geschlichen und versucht hatte, ihn umzubringen. Der Plan war misslungen, denn scheinbar machte es einem waschechten Himmelspiraten nichts aus, wenn er ein Messer in seinem Kopf stecken hat. Ganz im Gegenteil sogar; Wonhae hatte damals instinktiv nach meinen Händen gegriffen und laut gelacht. Einen Tag danach bin ich mit Seokjin, Hoseok, Quassel und Reddick von seinem Schiff geflogen.

„Das nächste Mal verfehle ich nicht. Ich werde ein langes Schwert nehmen und es durch seine Brust rammen, sodass ich am Ende sein Herz herausziehen kann", erwiderte ich. „Klingt gut, ich bin dabei", grinste Taehyung mich an, was mir zum ersten Mal an diesem Abend ebenfalls ein Lächeln bescherte. Doch es währte nicht lange, denn kurz darauf konnte ich ein Ziehen an meinem Hosenbund verspüren und auf einmal war mein Beutel mit Gold weg. „Was zum-...?!", fluchte ich und sah zu dem Waisenkind auf, welches geradewegs zwischen zwei Häusern verschwand. „Was ist passiert?", wollte Taehyung wissen, der wohl rein gar nichts von der schnellen Aktion mitbekommen hatte. „Jemand hat mein Gold gestohlen! Komm mit!", rief ich und jagte dem Waisenkind augenblicklich hinterher. Man sollte meinen es wäre uns wegen seiner kurzen Beinchen und den nackten Füßen im Nachteil gewesen. Aber überraschenderweise war der Junge wirklich schnell. Er sprang geschickt über Ruinen und Zäune hinweg, warf uns währenddessen leere Fässer in den Weg.

„Verdammt, ich kann nicht mehr!", keuchte ich schon nach der ersten Minute und hielt mir dabei die Wunde an meiner linken Seite. Obwohl die Haut schon gut verheilt war, fühlte sie sich gerade an als würde sie wieder aufreißen. Ich drosselte mein Tempo, blieb schließlich stehen. Taehyung flitzte blitzschnell an mir vorbei und rief über seine Schulter hinweg: „Keine Sorge, ich erledige das!". Ich hielt ihm dankbar einen Daumen nach oben und schleppte mich dann den Weg zurück zur Hauptstraße. Dort verschaffte ich mir zuerst einen Blick auf den Verband unter meinem Hemd. Er sah noch genauso frisch aus wie heute Morgen. Dann wartete ich.

Es dauerte unerträglich lange, bis Taehyung zurückkam. Den Jungen zerrte er dabei hinter sich her. „Ich habe ihn!", grinste Tae mich an, während er ihn anschaulich vor schob. Leider konnte ich mir aufgrund seiner langen schwarzen Haare keinen Blick auf sein Gesicht erhaschen, aber er musste die Tage wohl verdroschen worden sein, denn seine spröden Lippen waren an einer Stelle aufgeplatzt und dick. Nicht nur das, auch seine Knie und Füße waren Wund. Es war nicht auszuschließen, dass er unter dem Lumpen Klamotten genauso zugerichtet aussah. Ich schüttelte den Kopf, versuchte mich wieder aufs wesentliche zu konzentrieren.

„Wo ist mein Gold?", ich streckte meine Hand nach dem Kleineren aus. Dieser ignorierte sie geflissentlich und spuckte auf meine Schuhe herab. „Bekommst du nicht", zickte er dann. „Bekomme ich nicht?", wiederholte ich entsetzt und nahm Taehyung das Kind ab. Ich fackelte nicht lange, zog mein Schwert aus der Scheide und hielt es dem Jungen an die Kehle. „Rück das Gold raus, oder ich schlitze dir die Kehle auf", knurrte ich.
„Yoongi", zischte Taehyung mir zu, „Er ist doch nur ein Kind".

„Das ist mir sowas von scheiß egal! Ich habe die Schnauze voll für heute! Er soll mir einfach das Gold wiedergeben! Also?!", ich drückte die Spitze meiner Klinge sanft in seine Haut und kurz darauf gab er auch schon nach. „Ist ja gut! Ist ja gut! Hier hast du es!", er holte den Beutel aus seiner Hosentasche heraus und hielt ihn mir mit zugekniffenen Augen hin. Ich riss es ihm aus der Hand, steckte mein Schwert wieder zurück: „Sehr schön. Und jetzt geh zurück zu deinen Eltern".
„Ich habe keine Eltern".
„Dann eben zu deinen Brüdern, oder so".
„Sowas habe ich auch nicht".
„Ein Haus?".
„Nein".
„Meine Güte, hast du überhaupt was?".
„Gar nichts", murmelte er.

Taehyung blinzelte mich aus großen Augen an, sichtlich mitgenommen von den erbärmlichen Zuständen des Kindes. Ich kannte den Blick von ihm und wusste nur allzu gut, was gerade in seinem Kopf vorging. „Vergiss es", sagte ich also und drehte mich schnurstracks um, lief die Straße weiter runter. Er joggte mir nach: „Aber Yoongi, das Kind braucht uns" - „Hier brauchen eine ganze Menge Kinder eine Bezugsperson. Wenn es danach gehen würde, müssten wir alle mitnehmen. Außerdem haben wir wirklich keinen Platz auf unserem Schiff. Das Ding braucht Essen und Trinken. Es wird rumjammern und ist, so ganz nebenbei bemerkt, eine Behinderung für unsere Mission. Das ist viel zu gefährlich für ihn", erklärte ich. „Und wenn ich ihn trainiere?", bettelte er. „Das ist kein Hund, dem man Kunststücke beibringen kann", erwiderte ich. „Aber hier draußen wird er sterben", der Jüngere hielt mich an meiner Schulter zurück und wir beide blieben stehen. Ich schaute auf das Waisenkind zurück. Er war uns langsam gefolgt, die Hände hinter seinem dreckigen Hemd versteckt.

„Ich nehme keine Diebe bei mir auf und damit basta. Soll er doch seinem Schicksal überlassen werden", zuckte ich gleichgültig mit den Schultern. Daraufhin schwieg Taehyung und ließ mich meines Weges weitergehen.

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Update ein bisschen verspätet. Hoffe es hat euch trotzdem gefallen ^^

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