Chapter 31

Ivory Wheeland
Ich verstand mich mittlerweile wieder super mit Michael und unsere Auseinandersetzung war längst vergessen. Da konnte man bei meinem Vater nicht behaupten. Ständig nervte er mich damit, dass wir etwas unternehmen müssten, dass es ihm leid tat, dass er zuvor nie für mich dagewesen war und dass ich ja immer sein kleines Mädchen gewesen wäre und das auch immer sein würde.

Jedoch ließen sich all die Jahre, in denen er nicht für mich dagewesen war nicht einfach durch ein paar Wort wieder aufholen. Und auch Zeit wollte ich momentan nicht mit ihm verbringen. Wenn es wieder eine positive Beziehung geben sollte, dann musste er versuchen diese langsam aufzubauen und sollte sich nicht mein Vertrauen und meine Zuneigung mit irgendwelchen Ausflügen erkaufen.


Und genau das war am heutigen Tage wieder Thema, denn er wollte mich dazu drängen mit ihm ins Einkaufszentrum zu kommen, was ich bereits mehrmals abgelehnt hatte.

"Du kannst nicht einfach hier auftauchen und davon ausgehen, dass alles wieder super ist.", stellte ich klar.

"Aber ich bin doch jetzt für dich da.", erwiderte er.

"Jetzt brauch ich dich aber nicht mehr. Ich hätte dich damals gebraucht. Du hast Mum und mich einfach im Stich gelassen, warst nie zu Hause und wir mussten sehen wie wir klar kamen.", warf ich ihm vor.

"Ich wollte nur das Beste für euch und habe das Geld verdient, von dem ihr gelebt habt.", verteidigte er sich.

"Nein, das ist nicht wahr. Vielleicht war das zu Anfang so, aber schlussendlich hast du dich nur vor der Verantwortung eines Vaters und deiner kaputten Ehe gedrückt.", entgegnete ich. "Warum bist du überhaupt zurückgekommen?"

"Natürlich weil ich Zeit mit euch verbringen wollte.", antwortete er, wobei er langsam recht verärgert klang.

"Zeit mit uns verbringen? Am Arsch! Sicher hat es irgendwas mit deinem Job zu tun.", meinte ich und fügte dann noch süffisant hinzu. "Oder eines deiner kleinen Büroluder hat dich versetzt."

Gleich darauf spürte ich einen brennenden Schmerz in meiner Wange und blickte in das erschrockene Gesicht meines Gegenübers. Mein Vater hatte ausgeholt und mir mit dem Handrücken seiner rechten Hand eine verpasst. Mit voller Kraft hatte er zugeschlagen, woraufhin auf meinem rechten Wangenknochen eine kleine Platzwunde entstanden war, dessen warmes Blut nun meine Haut hinunter lief.

"Ich...es...", stammelte mein Vater, doch wurde er von mir unterbrochen.

"Fick. Dich.", sprach ich ganz langsam und deutlich, ehe ich ihm den Rücken zu wandte und kurz darauf barfuß aus dem Haus stürmte. Kurz blickte ich mich um und traf dann die Entscheidung zu Michael zu gehen, weshalb ich die Klingel an der Tür des gegenüberliegenden Hauses drückte. Ich hoffte inständig, dass mein Klassenkamerad mir öffnen würde und nicht seine Großmutter.

Michael Langdon
Es war ein ziemlich normaler Samstag. Grandma war gerade bei einer Bekannten zu Kaffee und Kuchen eingeladen, während ich in meinem Zimmer recht laut Pearl Jam hörte und einen DC Comic las.

Das war sowieso eine der besten Kombis. DC und Pearl Jam.

Ich dachte eigentlich, dass ich den Tag heute allein ausklingen lassen würde, doch dann hörte ich die Türklingel von unten.

Etwas verwundert erhob ich mich von meinem Bett, legte das Comic auf meinen Nachttisch und lief dann die Treppe runter.

Grandma konnte es nicht sein, dafür wäre es eindeutig zu früh, zumal sie vor gerade mal einer Stunde losgefahren war.
Ich öffnete die Tür und erblickte Ivy.

Jedoch...stimmte Etwas ganz und gar nicht. Das verrieten mir nicht nur ihre geröteten Augen oder ihr Blick, sondern auch die kleine Platzwunde an ihre Wange.

"Ivy, was...was ist passiert?", fragte ich erschrocken nach.

"Komm erstmal rein", fügte ich eilig hinzu und machte ihr Platz, woraufhin ich dann die Haustür hinter uns schloss.

Ivory Wheeland
Ich war erleichtert, dass Michael mir öffnete und nicht seine Großmutter. Sogleich als er mich erblickte, fragte er was denn passiert sei, ehe er zur Seite trat, damit ich das Haus betreten konnte.

"Ich hatte einen Streit mit meinem Vater und der ist etwas eskaliert.", antwortete ich etwas zögerlich. Mir war bewusst, dass auch ich eventuell etwas zu weit gegangen, jedoch rechtfertigte dies seine Tat keinesfalls. "Kann ich vielleicht die Nacht über bei dir bleiben? Ich möchte ein Gespräch mit meiner Mutter gerne solange vermeiden, wie es möglich ist."

Michael Langdon
Natürlich war ich ziemlich perplex und erschrocken zugleich.

Mir war bewusst gewesen, dass die beiden kein gutes Verhältnis zueinander hatten, dass er ziemliche Scheiße gebaut hatte.

Doch, dass er das seiner Tochter antun würde...

Na gut, mir war das auch passiert, aber...eine Platzwunde hatte sie meinetwegen zum Glück nicht davon getragen.

Keine Ahnung.

"Natürlich", meinte ich dann eilig, als sie fragte, ob sie die Nacht über hier bleiben könnte. Ich hatte kein Plan, ob meine Grandma das gutheißen würde, doch in dem Moment zählte nur für mich, dass Ivy hier bleiben konnte und nicht wieder nach Hause gehen musste, obwohl sie nicht wollte.

Irgendwie würde ich meine Grandma schon überzeugen.

"Willst du darüber reden?", fragte ich sie leise, legte meine Hand sachte an ihre Schulter und strich beruhigend darüber.

Redebedarf hatte sie bestimmt, nach so einer scheiß Situation mit dem eigenen Vater.

Fuck, das tat mir echt leid. Ich wollte nie, dass ihr irgendwer weh tat. Und als ich das getan hatte, empfand ich das schon als unverzeihlich. Ob es ihrem Vater auch so ging?

Ivory Wheeland
Ich war wirklich froh darüber, dass Michael meinte, dass ich über Nacht hier bleiben könnte. Schon jetzt graute es mich vor dem Gespräch mit meiner Mutter. Vor allem weil ich nicht einmal recht einschätzen konnte, auf welche Seite sie sich stellen würde, denn sie tat momentan so ziemlich alles für meinen Vater, einfach nur damit er nicht wieder ging.

"Momentan möchte ich ehrlich gesagt nicht darüber reden. Vielleicht später, aber jetzt nicht.", antwortete ich. "Hast du vielleicht ein Tuch mit dem ich das Blut abwischen kann und etwas zum kühlen?"

Meine Wange tat schon ziemlich und auch das Gefühl des herunterlaufenden Blutes war recht unangenehm.

Michael Langdon
"Oh, Ja, natürlich", bestätigte ich eilig.

Es war wohl vollkommen normal, dass sie noch nicht darüber reden wollte. Ich wollte sie ja nun um Gottes Willen auch zu nichts drängen. Das war das letzte, was ich wollte.

"Wir müssten in der Küche sicher noch ein Kühlpack haben", fügte ich hinzu und lief mit ihr gemeinsam in die Küche.

"Hier", meinte ich und reichte ihr zuerst Papiertücher, ehe ich mich dann zum Kühlschrank wandte und ein Kühlpack hervor kramte.

Dieses wickelte ich in ein sauberes Küchentuch und hielt es solange für sie, während sie sich das Blut wegtupfte.

Ivory Wheeland
Ich folgte Michael in die Küche, wo ich dann dankend das Tuch entgegen nahm. Vorsichtig wischte ich mir das Blut von der Wange, wobei mein Blick auf den Toaster gerichtet war, in dessen metallener Oberfläche sich mein Gesicht spiegelte. Zwar war diese Spiegelung nicht sonderlich deutlich, aber sie reichte aus.

Nachdem ich fertig war, nahm ich auch das Kühlpack entgegen.

"Sieht es schlimm aus oder geht es einigermaßen?", erkundigte ich mich bei Michael, da ich in der Spiegelung die Größe und Tiefe der Wunde nicht hatte genau ausmachen können.

Michael Langdon
Ich lehnte gegen die Küchentheke und musterte sie besorgt, während sie sich um ihre Wunde kümmerte. Am liebsten würde ich ihrem Vater gehörig meine Meinung sagen. Solch ein Verhalten machte mich einfach nur wütend und traurig. So sollte eine Tochter nie von ihrem Vater behandelt werden. Das war echt unter aller Sau. Er hatte wohl seine gesamte, angestaute Wut an ihr ausgelassen. Sie tat mir einfach unfassbar leid.

Sie riss mich ein wenig aus meinen Gedanken, als sie mich fragte, ob ihre Verletzung schlimm aussah. Ich blieb kurz still, ehe ich antwortete.

"Naja...", murmelte ich leise.

"Ehrliche Antwort? Es sieht schon...nicht so harmlos aus. Aber...es hält sich noch in Grenzen", fügte ich leise hinzu und sah ihr in die Augen.

"Ich glaube, du solltest dich jetzt erstmal ein wenig ausruhen", meinte ich daraufhin.

Ich griff kurzerhand zum einen Schrank und zog eine Packung Pflaster hervor.

"Falls es wieder anfangen sollte, zu bluten", sagte Ich, während ich ihr eins hinhielt.

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