Chapter 27

Ivory Wheeland

Tate stimmte meiner Meinung bezüglich Constance zu. Er stimmte mir wirklich zu, hatte die gleiche Meinung. Irgendwie überraschte mich dies doch ein wenig.

Und dann erwähnte er auch noch, dass sie einmal in diesem Haus gelebt hatte. Sofort kam mir der Gedanke, dass Michael eventuell hier geboren wurde, dass die Frau ihres Sohnes, also Michaels Mutter, die Geburt hier in diesem Haus durchgestanden hatte. Das könnte zumindest irgendwie erklären, weshalb Michael eine Verbindung zu dem Haus hatte.

Doch würde er das nun jemals erfahren? Würden wir irgendwann wieder miteinander sprechen und das Thema wieder aufgreifen? Ansonsten würde er wohl sein ganzes Leben lang in Unwissenheit leben, während seine Großmutter weite das Blaue vom Himmel herunter log.

"Ich habe mir bereits gedacht, dass man ihr nicht trauen kann und dass sie etwas zu verbergen hat.", antwortete ich, wobei mir diese Bestätigung auch nicht wirklich was brachte, denn ich persönlich würde wohl auch keinen Kontakt mehr zu Constance haben.





Tate Langdon

"Ja...ja, das hat sie. Soweit ich von meiner Mum gehört habe, sind ihr viele, schlimme Dinge widerfahren. Viele, die selbstverschuldet sind", meinte ich leise.

Ob meine Mutter sich irgendwann mal hier wieder blicken lassen wollte?

Meinetwegen? Oder vielleicht sogar wegen Beau?

Beau vermisste sie sehr, das sagte er jeden Tag.

Sie hatte sich schon immer einen Dreck um ihn gekümmert.

"Dieses Haus kann einen echt verrückt werden lassen. So viele Besitzer sind hier drin schon verreckt, haben den Verstand verloren oder sind letztendlich doch noch abgehauen. Constance war eine der wenigen in ihrer Familie, die noch abhauen konnte", murmelte ich leise.

Mit Addy. Und naja, Larry, aber der zählte nicht zur Familie.

Beau und ich hingegen...wir waren hier nie weggekommen.

Und das würden wir auch nie, damit hatten wir uns abgefunden.

Ob sie uns vermisste?

Wenigstens...so manchmal?

"Wohnt dieser eine Enkel immer noch bei ihr? Michael oder so ähnlich?", hakte ich nun unauffällig nach.

Klar wusste ich, dass Michael noch bei ihr wohnte.

Doch...vielleicht könnte ich ja etwas mehr über ihn in Erfahrung bringen, mit Ivys Hilfe.

In den Therapiestunden war ich nicht sonderlich oft mit dabei, einfach...weil es sich falsch anfühlte, ihn zu belauschen und dabei zuzuhören, wie er jemanden seine Gedanken mitteilte.

Ein paar Mal war ich jedoch mit anwesend gewesen und...scheiße, wieso kam er diesbezüglich eigentlich so sehr nach mir?

Ich hätte ihm besseres gewünscht.





Ivory Wheeland

Tate erzählte mir noch ein wenig über Constance und über das Haus, während ich hin und wieder einen Schluck von meinem Kakao nahm.

Schließlich erkundigte er sich dann ausgerechnet nach Michael, wollte wissen, ob er noch bei seiner Großmutter lebte.

"Ja, tut er.", antwortete ich. "Aber ich möchte momentan nicht über ihn reden, also wenn du Fragen hast, dann stell sie ein anderes Mal."

Damit war das Thema dann auch schon für mich beendet. Ich wollte momentan nicht über Michael reden, eigentlich wollte ich auch nicht an ihn denken, doch er hatte sich in meinem Kopf eingenistet. Immer wieder sah ich sein Gesicht und sein Lächeln vor meinem inneren Auge. Aber auch die Wut in seinen Augen.

Ein wenig abwesend starrte ich in meine Tasse, welcher ich bereits zur Hälfte geleert hatte.





Tate Langdon

Irgendwie auch verständlich, schätzte ich.

Nachdem, was passiert war.

Wenn Sie doch nur wüsste, dass ich es wusste. Naja, besser nicht.

"Okay, Sorry, dann...", fing ich gerade an, als ich hörte, wie sich die Tür zum Büro ihrer Mum öffnete. Sie und ihre Patientin liefen zur Haustür. Für mich hieß das Also, dass ich wohl verschwinden sollte.

"So, ich geh dann schon mal. Bis zum nächsten Mal, Ivy", meinte ich dann, stand auf und tat dann so, als würde ich in Mrs. Wheelands Büro laufen, jedoch bog ich dann kurz davor ab und...verschwand schlichtweg.





Ivory Wheeland

"Kay, bis dann.", murmelte ich, wobei ich doch etwas enttäuscht war, dass er jetzt los musste. Er hatte mich irgendwie von Michael abgelenkt, auch wenn er ihn gerade zum Thema gemacht hatte, aber zuvor hatte er mich von ihm abgelenkt.

Jetzt war er jedoch weg und ich war alleine. Theoretisch war es so wie früher, aber praktisch war es ganz anders. Damals hatte ich von Anfang an keine Freunde gehabt, jetzt hatte ich einen Freund verloren. Es war keine Ruhe, die mich umgab, so wie früher. Nein, es war Leere und Einsamkeit. Das hatte ich damals gar nicht so wahrgenommen.

Niedergeschlagen verzog ich mich, mit der Tasse Kakao in der Hand, auf mein Zimmer.


Es waren nun bereits ein paar Tage vergangen und ich hatte weder mit Michael, noch mit Tate geredet. Im Grunde genommen redete ich in letzter Zeit mit niemanden. Meine Eltern versuchten ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen und sich einander anzunähern und da war ich überflüssig. In der  Schule saß ich immer in der hintersten Ecke, wenn ich denn abwesend war und gab kein Wort von mir, meldete mich nicht.

Langsam begann ich mich wieder an die Einsamkeit zu gewöhnen und ihre negativen Aspekte verblassten immer mehr. Stattdessen sah ich nun die positiven darin. Ich hatte meine Ruhe, konnte machen was ich wollte, hatte Zeit zum Lesen und zum Schreiben und war von niemandem abhängig.


Heute war einer der Tage, an dem ich mich dazu gezwungen hatte die Schule aufzusuchen. Nachdem ich eine ätzende Stunde Englisch über mich hatte ergehen lassen, entschied ich mich dazu mir ein ruhiges Plätzchen zum Lesen zu suchen. Mein Weg führte mich in den Keller, welcher hauptsächlich als Lagerort für Materialien, Möbel und Requisiten der Theater AG genutzt wurde.

Unter diesen Requisiten befand sich auch ein Sofa, auf dem ich mich niederließ und mein Buch hervorholte. Es war nicht das erste Mal, dass ich mich während der Pause hier unten aufhielt. Hier hatte ich meine Ruhe.





Bryce

Die ersten Tage nach der Prügelei mit diesem Langdon-Loser war ich nicht in die Schule gegangen. Meinen Eltern hatte ich erzählt, ich wäre von ein paar Junkies angegriffen worden, die sich an meinem Portemonnaie vergreifen wollten. So hatte sich das auch in der Schule herumgesprochen.

Zum Glück. Keiner sollte wissen, dass ich das blaue Auge und die Blutergüsse am Hals von so einem Lauch hatte.

Wie dem auch sei. Langdon und seine komische Schlampe hatten meine Freunde und ich in letzter Zeit gemieden. Nicht, weil wir zurück schreckten oder so, sondern...einfach als strategischer Schachzug. Und weil wir kein Bock auf sie hatten, so einfach.

Doch beide kamen nun auch nicht sonderlich oft in die Schule. Langdon verkroch sich wahrscheinlich Zuhause bei seiner Granny, während diese Ivy oder wie sie hieß...was wusste ich schon, was die machte. Generell sah es so aus, als hätten die beiden weniger miteinander zu tun als vorher. Sie saßen nicht mehr zusammen, verbrachten nicht mehr die Pausen zusammen. Vielleicht war dieses Mädchen ja endlich mal zur Besinnung gekommen und wollte sich nicht mehr mit einem solchen Abschaum abgeben.

Nach dem Englisch Unterricht, beobachtete ich unauffällig, wie sie Richtung Keller lief. Schon traurig, zumal wir ihr ja symbolisiert haben, dass sie mit unserer Gruppe Zeit verbringen könnte. Ich gab meinen Leuten kurz Bescheid, dass ich die Pause woanders verbringen würde und entschloss mich dazu, ihr zu folgen.

Einige Minuten nach ihr betrat ich den widerlich stickigen Keller. Wieso sollte man hier um Gottes Willen freiwillig seine Pause verbringen? Ich entdeckte sie schließlich auf der einen Couch und ging auf sie zu, blieb einige Meter davor stehen.

"Wow, ein hübscher Ort, um hier die Pause zu verbringen, echt", meinte ich ironisch zu ihr und lachte leise auf.

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