Chapter 26
Ivory Wheeland
Da Tate mein Angebot ablehnte, holte ich nur eine Tasse aus dem Schrank, in welche ich dann Milch füllte. Dann kam diese in die Mikrowelle.
Als Tate erwähnte, dass er früher in diesem Haus gewohnt hätte, wurde ich hellhörig. Zögernd drehte ich mich zum ihm um.
"Du hast hier gewohnt?", wollte ich mich noch einmal versichern, dass ich das Ganze auch richtig verstanden hatte und deutete bei dem Wort 'hier' auf den Boden des Hauses oder eher auf dieses Grundstück.
Wenn das wirklich zu traf, dann könnte er mir eventuell ein paar Sachen erzählen, vielleicht hatte er auch irgendwas Übernatürliches erlebt. Wobei...wer wusste wie lange es her war, dass er hier gewohnt hatte. Vielleicht war er damals auch noch recht klein gewesen.
Tate Langdon
"Ja, hab ich", bestätigte ich ihr und setzte mich dabei an die Küchentheke auf einen der Hocker.
"Ist gar nicht mal soo lange her. Vielleicht 6 Jahre", meinte ich dann.
Natürlich war das alles gelogen.
Doch ich könnte ihr wohl kaum erzählen, dass ich hier vor über 20 Jahren gelebt hatte.
Sie würde mich sofort für verrückt erklären.
6 Jahre klangen nach einer ganz guten Zeit.
"Ich habe dieses Haus echt geliebt. Auch wenn...es echt ziemlich gruselig hier drin sein konnte", sagte ich und lachte leise auf.
Ivory Wheeland
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen, als er meinte, dass er das Haus echt geliebt hatte.
"Dieses Haus ist mit Abstand das interessanteste und schönst, in dem ich bis jetzt gelebt habe. Außerdem hat es Geheimnisse, eine spannende Vergangenheit und eine Seele.", erwiderte ich, während ich mich auf die Küchenzeile setzte. "Und egal wie gruselig es wird, noch hält sich das ja ziemlich in Grenzen, ich werde sicher nicht wieder in eines dieser modernen schickimicki Häuser ziehen."
Tate Langdon
Ein schmunzeln schlich sich auf meine Lippen, als sie das so sagte.
Meine Fingerspitzen fuhren leicht am Marmor der Oberfläche der Küchentheke entlang, während ich sie ansah.
"Genau dasselbe hatte ich mir auch gedacht, bis meine Mum Lust auf einen Tapetenwechsel hatte und mit uns in eine dieser Neubauten gezogen ist. Ätzend, ehrlich. Und so verdammt uninteressant", meinte ich leicht lächelnd.
Meine Mutter wäre niemals von diesem Haus losgekommen.
Selbst jetzt, nach all dem, was hier passiert war, lebte sie immer noch so nah wie möglich an dem Haus. Sie würde hier niemals verschwinden.
Und Das, obwohl es für Michael wohl das Beste wäre.
Schätzte ich mal.
Für mich wäre es wohl auch das Beste gewesen, doch nun war es zu spät.
Ivory Wheeland
Tate hätte also auch gerne weiter hier gewohnt. Ich konnte es durchaus verstehen. Trotzdem war ich in gewisser Weise froh darüber, dass er aufgezogen war, denn wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, dann wäre ich mit meinen Eltern nie hier eingezogen.
"Kann ich mir vorstellen.", erwiderte ich auf Tate's Aussage, dass sein neues zu Hause uninteressant wäre. In diesem Moment piepte die Mikrowelle und ich stand auf, um die nun heiße Milch heraus zu nehmen. Dann fügte ich einige Löffel Kakaopulver hinzu und verrührte sie.
"Wer ist das denn?", ertönte plötzlich die Stimme meines Vaters, welcher wohl Tate meinte. Wirklich beachten tat er diesen jedoch nicht.
"Das ist Tate, er ist ein...Freund.", antwortete ich schnell, bevor Tate es tun konnte. Würde mein Vater erfahren, dass er ein Patient meiner Mutter war und diese ihn einfach ins Haus gelassen hatte, dann würde er einen riesen Aufstand machen.
"Mh.", kam von meinem Dad jetzt jedoch nur. Er schüttete sich einen neuen Kaffee ein und ging dann auch schon wieder.
Tate Langdon
Mein Blick war von Ivy zu ihrem Vater gewandert, nachdem dieser den Raum betreten hatte.
Mir war bereits am Anfang aufgefallen, dass er nicht sonderlich oft zuhause war, auch wenn sich das jetzt schon ein wenig geändert hatte.
Trotzdem schien die Beziehung zwischen ihm und seiner Familie recht...kühl.
"Netter Kerl", meinte ich bloß ironisch und sah wieder zu Ivy.
Wahrscheinlich konnte er echt ein ziemlicher Arsch sein.
So kam er mir jedenfalls vor.
Er hatte mich ja auch nicht mal mit dem Arsch angeguckt.
Keine Ahnung, er wirkte jedenfalls ziemlich arrogant.
Ivory Wheeland
"Er war mal anders.", murmelte ich lediglich, ehe ich dann einen Schluck von meinem Kakao trank. Zögernd setzte ich mich wieder auf die Küchenzeile.
Dies Mal sah ich jedoch nicht zu Tate hinüber, sondern aus dem Fenster. Draußen hatte sich der Himmel bezogen und war nun tief grau. Einige dicke Tropfen fielen bereits auf die Erde hinab, jedoch noch nie viele.
Tate Langdon
"Und wie ist er dann...so geworden?", hakte ich ungläubig nach.
Klar, Menschen veränderten sich.
Doch die meisten Arschlöcher waren's auch schon von Beginn an irgendwie.
Aber okay. Ich kannte ihn nicht.
Kannte seine Geschichte nicht, wie sein Leben verlaufen war.
Eigentlich sollte es mir auch egal sein, er war schließlich nicht mein Vater.
Zum Glück, irgendwie.
Klar, kein Vater zu haben, war auch scheiße, aber einen Scheiß Vater zu haben, war nun mal auch nicht besser.
Ivory Wheeland
Mein Blick wanderte wieder zu Tate hinüber und ich musterte ihn einmal skeptisch.
"Ich wüsste nicht was dich das angeht.", erwiderte ich kühl. Das letzte Mal, als ich jemanden persönliche Dinge anvertraut hatte, hatte es schlussendlich im Streit geendet. Ich wollte nicht den gleichen Fehler machen wie bei Michael und wieder eine Person in mein Leben lassen. Vor allem, weil er mich einfach so sehr an Michael erinnerte. Es war verrückt.
Tate Langdon
"Sorry", meinte ich dann bloß und nahm kurz die Hände hoch, ließ sie dann wieder sinken.
"Dachte vielleicht, es würde helfen, darüber zu sprechen", fügte ich hinzu und sah sie dabei an.
Kurz blieb ich still, ließ meine Finger lediglich weiter über das Marmor gleiten.
"Okay, lass uns über was anderes reden... Und, sind dir hier auch schon seltsame Sachen im Haus passiert? Stimmen, Sachen, die sich von alleine verrücken, Schritte auf dem Flur?", hakte ich dann nach.
Klar hatte sie schon was mitbekommen.
Die Bewohner hier waren nicht sonderlich diskret.
Sie gaben so ziemlich einen Scheiß auf die neue Familie.
Naja; jedenfalls die meisten von ihnen.
Die Zwillinge machten sich darüber hinaus immer einen Spaß daraus, neue Bewohner zu erschrecken.
Sie hatten ja auch sonst nix zu tun.
Ivory Wheeland
Ich hieß seinen Themenwechsel sehr willkommen, denn ich wollte mit ihm nun wirklich nicht über meine Familie und private Probleme reden.
"Türen die auf gehen, Musik die gestoppt wird, Stimmen, einen rollenden Ball, etwas Geschriebenes auf einer Tafel, all sowas halt. Eher so kleinere Dinge, die sich 'normale' Menschen wohl noch versuchen logisch zu erklären.", zählte ich die paar Sachen auf, ließ die Gestalt, die ich gesehen hatte jedoch weg.
Tate Langdon
"Glaub mir, es wird noch schlimmer. Das hier ist kein normales Haus. Aber das weißt du ja schon. Dieses Haus hier hat eine Seele. Und eine dunkle Vergangenheit", meinte ich leise.
Das entsprach zu 100 Prozent der Wahrheit.
Ich wollte sie hier nicht rausjagen oder so, aber...vielleicht sollte sie sich einfach nur sicher sein, dass da so viel mehr hinter steckte, als meine Mutter ihr erzählt hatte. Ich wollte einfach nicht, dass die Geister noch auf die dumme Idee kamen, die Familie hier umzubringen. Da wäre es wohl besser, sie würden abhauen.
"Wohnt eigentlich immer noch diese ältere Frau hier in der Nachbarschaft? Corinne oder...Constance oder so?", hakte ich dann vage nach.
Schließlich wollte ich auch sichergehen, dass sie wusste, dass man meiner Mutter nicht zwingend trauen sollte. Diese Vermutung hatte sie ja schon angestellt, nur...naja, Bestätigung wäre schon eine gute Sache.
Ivory Wheeland
Tate wies mich noch einmal darauf hin, dass es noch schlimmer werden würde und dass es eine dunkle Vergangenheit hatte. Letzteres war mir ja bereits schon bewusst.
Dann erkundigte er sich, ob Constance noch in der Nachbarschaft wohnen würde.
"Ja, tut sie.", grummelte ich, denn momentan war ich nicht sonderlich gut auf sie zu sprechen. Zum einen war sie der Grund, weshalb Michael und zum anderen wusste ich einfach, dass ich recht hatte und dass Moira auch recht hatte. Irgendwas stimmte mit unserer Nachbarin nicht.
Tate Langdon
"Vor ihr sollte man sich in Acht nehmen", meinte ich leise, fast schon flüsternd.
Ich wollte sie einfach nur warnen.
Meine Mutter hatte ihr zwar bereits ein wenig von dem Haus erzählt, aber eben nicht, wozu die Geister hier fähig waren. Vielleicht gerade, weil sie eben um keinen Preis wollte, dass die Familie hier auszog.
Ich wollte einfach nicht, dass hier drin noch eine Familie sterben musste.
Wurde hier drin außerdem langsam echt voll.
"Sie ist eine Frau voller Geheimnisse. War sie schon damals und ich denke nicht, dass sich das bis heute geändert hat. Sie hat hier auch mal gewohnt", erzählte ich dann.
Würde meine Mutter mich wohl gerade hören, würde sie mir den Hals umbringen.
Mir war klar, dass sie ihr nicht erzählt hat, dass sie hier mal gewohnt hatte.
Oder, dass 2 ihrer Kinder hier gestorben waren. Oder ihr Wichser von Exfreund seine eigene Familie hier abgefackelt hatte.
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