Chapter 22

Ivory Wheeland

Auf seine Frage hin nickte ich leicht, sagte aber nichts. Ziemlich besorgt beobachtete ich, wie Michael mit wackeligen Beinen vom Boden aufstand. Ich selbst blieb noch kurz im Sand knien, ehe ich mich dann ebenfalls erhob.

"Wir sollten wohl nach Hause.", sprach ich leise. Es war schon irgendwie erschrecken, wie ein zu Anfang so schöner Moment in so kurzer Zeit zerstört werden konnte.

Bei sammelten wir unsere Sachen zusammen und ich stopfte die Strumpfhose in meine Tasche, nachdem ich die Schuhe angezogen hatte. Ohne viele Worte zu verlieren machten wir uns auf den Weg nach Hause.





Michael Langdon

Nachdem wir uns eilig die Schuhe angezogen hatten, liefen wir auch schon wieder Richtung nach Hause.

Meine Klamotten tropften noch leicht, wahrscheinlich konnte ich gleich erstmal duschen gehen und mir neue Sachen zum Anziehen schnappen. War echt dringend nötig.

Und morgen würde ich dann wahrscheinlich mit einem hübschen blauen Auge aufwachen. Klasse. Ich hoffte sehr, dass Grandma wenigstens nicht Zuhause war, sondern einkaufen oder so. Denn...so musste sie mich nun echt nicht sehen.

Während wir zurückliefen, blieben wir eigentlich ziemlich still, ehe ich dann das Wort ergriff.

"Sorry, dass alles...so beschissen geworden ist", murmelte ich.

Wäre sie nicht mit mir zusammen dort gewesen, wäre es sicher nie zu sowas gekommen. Würde ich nicht so mit denen auf Kriegsfuß stehen, wäre ihr sicher nichts passiert.

Ich könnte mich dafür echt ohrfeigen, ehrlich.

Ich hatte nie gewollt, dass sie ihr zu nahe kommen.






Ivory Wheeland

Bei Michaels Entschuldigung sah ich zu ihm hinüber.

"Das ist doch nicht deine Schuld.", entfuhr es mir ein wenig entgeistert. Er konnte doch nicht ernsthaft davon ausgehen, dass er sich dafür entschuldigen musste. Immerhin hatte er sogar versucht mich zu beschützen. "Ich hätte ihn nicht schlagen sollen. Es war klar, dass das auf sowas hinausläuft. Ich hab einfach nicht nachgedacht. Wenn sich hier also jemand entschuldigen muss, dann bin ich es."





Michael Langdon

Ich schluckte leise, sah dann kurz zu ihr rüber.

Auch sie sah total fertig aus und trotzdem...war sie noch so unfassbar hübsch. Ich könnte mir auch keine Situation ausdenken, in der sie nicht hübsch aussehen würde.

Nun sah ich wieder nach vorne, während wir an der Straße entlang liefen.

Es schlich sich ein leichtes Schmunzeln auf meine Lippen.

"Ganz ehrlich...Bryce hatte diesen Schlag echt mehr als verdient. Wahrscheinlich würde sich die halbe Schule dafür liebend gerne bei dir bedanken", meinte ich leise zu ihr, stieß sie sanft aufmunternd an.

Er hatte sich über die Jahre viele Feinde gemacht, doch keiner wollte es mit ihm aufnehmen. Ivy hatte das getan. Ohne zu zögern und das fand ich verdammt cool.

Und es hatte seinem Ego sicher auch gewaltig geschadet.

Gut so.

Er war sowieso schon immer überheblich und arrogant gewesen. Genauso wie seine Idioten von Gefolgsleuten.





Ivory Wheeland

Bei Michaels Worten musste ich lächeln. Erstaunlich, dass er es sogar in einer solchen Situation schaffte mich aufzumuntern. Ich war wirklich so unfassbar froh ihn getroffen zu haben. Er war die sympathischste Person, der ich je begegnet war, hatte so ziemlich die gleichen Interessen wie ich und sah dazu auch noch gut aus. Es schien als wäre er ein perfektioniertes Gesamtpaket, wobei auch Perfektion für gewöhnlich irgendwo einen Haken hatte. Diesen konnte ich bei ihm jedoch noch nicht entdecken und vielleicht gab es ihn ja auch gar nicht.

"Ich konnte ihn ja nicht einfach damit davon kommen lassen, dass er dich schubst.", erwiderte ich lächelnd, ehe wir dann auch schon an unserem Ziel angekommen waren. Zögernd blieb ich stehen und blickte zu Michael hinauf. "Wir sehen uns dann morgen, schätze ich."





Michael Langdon

"Meine Heldin", schmunzelte ich leicht, als sie das sagte.

Und ich meinte es auch irgendwo so. Keine Ahnung, mich hatte bisher noch keiner so richtig verteidigt. Sie war da anders.

Und ich mochte Menschen, die anders waren.

Wir liefen schließlich nach Hause zurück und kamen dann nach kurzer Zeit wieder an.

Ich sah zu Ivy hinunter, lächelte sachte.

"Ja, bis morgen dann", sagte ich leise und erwischte mich dann selbst dabei, wie mein Blick kurz von ihren Augen zu ihren Lippen hinunter rutschte.

Eilig sah ich dann wieder etwas nach oben, löste meinen Blick von ihren vollen, rosigen Lippen.

Oh Gott, was war nur mit mir los?

Ich wurde gerade von dem größten Arschloch überhaupt verprügelt und in diesem Moment konnte ich an nichts anderes denken als an das Verlangen, sie küssen zu wollen?

Ich hatte echt nicht alle Tassen im Schrank.

"Und pass' auf, dass sich die Wunde an deinem Knie nicht entzündet", fügte ich noch hinzu.

Etwas unbeholfen aber naja.

Was soll's.

Trotzdem wollte ich ja nicht, dass ihre Verletzung noch schlimmer wurde. Ich wollte es ja nur mal gesagt haben.




Ivory Wheeland

"Ja, mach ich.", sprach ich lächelnd. "Bis morgen."

Mit diesen Worten drehte ich ihm dann auch schon den Rücken zu und lief Richtung Haustür. Vor dieser blieb ich noch einmal stehen und drehte mich zu ihm um, doch auch er war bereits zum Haus seiner Großmutter gegangen. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen, ehe ich dann die Haustür öffnete und das Gebäude betrat. Ich hatte die Hoffnung, dass meine Mutter nicht zu Hause war, doch ihre Stimme ertönte sogleich aus dem Wohnzimmer.

"Wieso bist du denn schon wieder zu Hause?", fragte sie, woraufhin ich leise seufzte. Ich streifte mir die Schuhe von den Füßen und ließ die Tasche zu Boden gleiten. Erst dann begab ich mich zu meiner Mutter ins Wohnzimmer.

"Wir hatten früher Schulschluss.", log ich meine Mum an, welche sofort als sie mich sah aufsprang und zu mir hinüber kam.

"Was ist denn mit dir passiert? Wer war das?", wollte sie wissen und begutachtete mich besorgt.

"Niemand besonderes, nur ein paar Idioten.", antwortete ich, woraufhin sie sagte, dass ich mit ins Bad kommen sollte. Dort machte sie sich dann daran die Wunde an meinem Knie auszuwaschen und zu desinfizieren. Zu guter Letzt klebte sie noch ein riesiges Pflaster darauf.

"Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst.", meinte sie währenddessen.

"Ja, ich weiß.", bestätigte ich.

"Gut, hab dich lieb.", erwiderte sie und gab mir einen Kuss auf die Stirn.

"Muuum.", beschwerte ich mich, konnte aber ein leichtes Lächeln nicht vermeiden.





Michael Langdon

Ich hatte echt mehr als Glück. Meine Grandma war tatsächlich einkaufen oder so, jedenfalls war sie nicht Zuhause.

So konnte ich wenigstens ganz in Ruhe duschen und mich umziehen gehen. Schließlich musste ich ja diesen ganzen scheiß Sand von meinem Körper und aus meinen Haaren waschen. Ach ja, und das Blut von meinen Lippen und meiner Nase waschen, das kam auch noch mit dazu.

Das blaue Auge würde sie jedoch so oder so sehen, das konnte man wohl kaum verhindern, aber naja...war ja letzte Woche auch nicht anders gewesen. Oder eben die Male davor.

Ich stieg also unter die Dusche, hatte mich meiner Klamotten entledigt und ließ nun das heiße Wasser auf mich niederprasseln. Mann, tat das gut.

Doch während ich so duschte, kamen wieder diese Stimmen in meinem Kopf auf. Meistens kamen sie bei Nacht, während ich schlief, nur selten erschienen sie mir auch tagsüber.

'Wann denkst du, wird er wiederkommen?', ertönte eine Frauenstimme.

'Ich weiß es nicht, Viv. Aber es wäre sowieso das Beste, würde er wegbleiben von hier. Und von dir', sagte eine Männerstimme.

'Das kannst du nicht ernst meinen.'

'Doch, tue ich. Bitte sei' doch vernünftig.'

Ich hörte sie nur sehr leise, doch gut genug, um zu verstehen, was sie sagten.

Was war nur falsch bei mir?

Wieso hörte ich solche Stimmen?

Was waren das nur für Stimmen?





Ivory Wheeland

Wir waren gerade fertig, als die Haustür geöffnet wurde. Verwundert blickte ich meine Mutter an, welche den Ausdruck erwiderte.

"Ich bin's.", hörte man aber kurz darauf die Stimme meines Vaters durchs Haus hallen. Auch das noch. Meinem Mum stand auf und ich folgte mir. Trotz des gestörten Verhältnisses gab es erst einmal einen kurzen Kuss zur Begrüßung.

"Ich habe gute Nachrichten und zwar werde ich erst einmal für einige Zeit hier bleiben, da mein Chef mir freigegeben hat.", verkündete er, jedoch hielt sich meine Freude in Grenzen.

"Das ist schön, Schatz.", kam hingegen von meiner Mutter. Erstaunlich, dass ihr noch immer so viel an ihm lag.

"Was ist denn mit dir passiert?", fragte mein Dad, als er das Pflaster erblickte.

"Ich bin hingefallen.", log ich ihn an. Würde ich ihm erzählen, dass ich geschubst wurde, dann würde er sich nur in die Sache hineinsteigern und sowas sagen wie 'ich muss doch mein kleines Mädchen beschützen'. Er konnte mich nicht mehr beschützen, wenn es bereits passiert war, dann war es nämlich zu spät. Außerdem hatte Michael das bereits übernommen.

"Ihr wollt sicher erst einmal reden, ich gehe hoch in ein Zimmer.", informierte ich die beiden und machte mich dann auch schon aus dem Staub.





Michael Langdon

Ich band mir nach dem Duschen erstmal ein Handtuch um die Hüfte und wischte dann den beschlagenen Spiegel über dem Waschbecken sauber, ehe ich hineinschauen konnte.

Das Blut war gut abgegangen, die Wange war ganz leicht geschwollen, jedoch war das erste, was mir ins Auge stach, mein linkes blaues Auge.

Tja, wenigstens war es nur verfärbt und nicht allzu angeschwollen oder sowas. Man sollte ja immer das Positive in den Dingen suchen. Das war wohl das einzig Positive an diesem Veilchen.

Ich fuhr mir durch meine nassen, durch das Wasser dunkelblonden Haare, ehe ich mich dann umzog.

Eilig zog ich mir eine Boxershorts, Socken, eine einfache, schwarze Jogginghose und ein dunkelrotes 'The Black Keys' Shirt an.

Von unten konnte ich hören, wie Grandma die Tür aufschloss und sie hinter sich wieder zufallen ließ.

Eigentlich wollte ich nicht, dass sie das blaue Auge sah und sich deswegen Sorgen um mich machte. Das wollte ich ihr echt ersparen.

Doch früher oder später würde sie es eh sehen, sowas verschwand ja nicht binnen ein paar Stunden wieder, als wäre nichts gewesen.

Also verließ ich fertig angezogen das Bad, ging die Treppe hinunter und steuerte auf die Küche zu, in der sie gerade die Einkäufe auspackte und in den Kühlschrank räumte.

"Hey Grandma", meinte ich leise, half ihr dann beim Auspacken.

Schließlich drehte sie sich zu mir um, um mich ebenfalls zu grüßen, brach dann jedoch abrupt ab und sah mich einfach nur erschrocken an.

"Hey, Schatz, was machst du denn schon..."

"Es ist alles gut, Grandma. Ich bin okay", vergewisserte ich ihr.

Doch ihr Blick sagte aus, dass sie mir nicht glaubte. Sie wandte sich von den Einkäufen ab und legte eine Hand an meine nicht geschwollene Wange.

"Oh, mein Engel. Was haben dir diese Bastarde nur nur angetan?", murmelte sie leise und sah auf mein blaues Auge.

"Mir geht es gut", sagte ich leise zu ihr, sah sie fest an.

Ich hatte zwar ein blaues Auge, aber dafür hatte Bryce morgen hoffentlich noch Abdrücke meiner Hände an seinem beschissenen Hals.





Ivory Wheeland

Eine Weile lang lag ich einfach auf meinem Bett und dachte über die Geschehnisse nach, aber lange Zeit hielt mich das nicht beschäftigt. Ich überlegte also was ich jetzt machen könnte und mir fiel auf, dass ich mich noch gar nicht richtig im Haus umgesehen hatte. Klar, die Räume im Erdgeschoss und im ersten Stock hatte ich gesehen, doch ich war weder im Keller, noch auf dem Dachboden gewesen. Das wollte ich jetzt ändern.

Ich verließ also mein Zimmer und lief durch den Flur, um dann die Luke zum Dachboden zu öffnen. Die Leiter klappte hinunter und ich stieg neugierig hinauf. Es gab zwar einige Fenster, aber vor die meisten war Pappkarton geklebt wurden, so dass nur der Bereich in dem auch die Luke war durch das Sonnenlicht erhellt wurde. Ich stieg ganz hinauf und zog an dem Band, welches die Lampe anknipsen sollte, jedoch schien sie kaputt zu sein, denn es tat sich nichts.

Erkennen konnte ich im hinteren Bereich des Dachbodens also kaum etwas und wollte ihn auch nicht ohne Licht erkunden, denn dann würde ich mir wohl noch das Genick brechen. Ich sah mich also nur im beleuchteten Bereich um und wollte dann wieder hinunter gehen, jedoch hielt mich ein Geräusch davon ab. Etwas rollte über den Boden und als ich zu meinen Füßen sah, wusste ich auch was dort gerollte war. Es war eine rote Holzkugel gewesen. Skeptisch blickte ich mich um.

"Ist hier jemand?", fragte ich, doch es kam keine Antwort. Ich bückte mich nach der Kugel, nahm sie in die Hand und rollte sie zögernd in die Dunkelheit zurück. Eine Weile passierte nichts, ehe dann wieder ein Geräusch ertönte und die Kugel zum zweiten Mal Richtung meiner Füße rollte. Es musste also doch jemand oder etwas hier sein. Ein wenig unbehaglich wurde mir doch zu Mute, jedoch war meine Neugierde größer. Eventuell war heute jedoch nicht der richtige Tag dazu, um auf Geisterjagd zu gehen, immerhin war so schon ziemlich viel passiert.

Ich rollte die Kugel also noch einmal in die Dunkelheit zurück, ehe ich dann wieder hinab stieg und die Luke des Dachbodens schloss.





Michael Langdon

Grandma und ich saßen mittlerweile am Esstisch, nachdem wir gemeinsam gekocht hatten.

Nichts Besonderes. Einfach nur Lasagne und Salat, wohingegen sie sich hauptsächlich am Salat bediente.

"Soll ich für morgen in der Schule Bescheid, dass du den Tag über Zuhause bleibst?", fragte sie mich nach einer Weile stillen Essens.

Ich zuckte leicht mit den Schultern, ehe ich antwortete.

Im Hintergrund lief gerade leise das Radio, irgendwelche uralten Songs aus ihrer Jugend, mit denen ich nicht wirklich was anzufangen wusste. Sie waren nicht schlimm, aber eben auch nicht sonderlich mein Fall.

"Nein, ist schon okay. Ich möchte nicht wegen solchen Idioten irgendwas in der Schule nachholen müssen", verneinte ich dann.

Wieder Stille.

"Sag' mal, Grandma...was weißt du noch so über dieses Haus? Also, das gegenüber, in dem die Wheelands eingezogen sind", fragte ich vorsichtig nach. Sie sah nicht zu mir hoch, sondern stocherte lediglich in ihrem Salat rum.

"Nicht mehr, als ich dir bereits erzählt, Schatz", antwortete sie.

Ivys Worte hatten mir tatsächlich keine Ruhe gelassen, doch ich wollte auch nicht daran glauben, dass mir Grandma irgendwas verschwieg. Dafür vertraute ich ihr zu sehr.

Also ließ ich das Thema somit erstmal bleiben.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top