Letztes Kapitel


„Autsch, Sigrid! Du stehst auf meinem Finger", die Worte meiner kleinenSchwester schienen weit weg irgendwo, aus der Nässe und Kälte zu kommen. Schnell ging ich einen Schritt zurück und prallte promt gegen eine glitschige Wand. Von oben waren laute Schreie zu hören. Verzweifelt fragte ich mich, was alle anderen Freunde und Bekannte aus meinem Dorf jetzt wohl anstellten und wo wohl gerade Bain und Dad waren. Bei dem Gedanken daran, dass die Beiden da oben wohl gerade um ihr Leben kämpften wurde mir plötzlich furchbar kalt. Na ja, vielleicht lag es auch daran, dass in diesen Geheimkeller wohl schon seit vielen Jahren kein Sonnenlicht mehr geschienen hatte und er deshalb eisigkalt war. Ich fragte mich auch, wo die Zwerge jetzt wohl waren und, ob dieser Geheimkeller wirklich so eine gute Idee gewesen war. Schließlich könnte er, wenn unser Haus in sich zusammenfallen würde, nicht wirklich dieses ganze Gewicht tragen, oder? Ich spürte zwei kleine Hände, die nach meinen Fingern griffen. „Tilda?", fragte ich in die unglaubliche Stille hinein. „Ja?", antwortete eine heißere Stimme.
„Weißt du was Pa vorhat?"
„Bain meinte, er würde den Drachen besiegen"
Ja klar, dachte ich mir, als ob und Vater einfach mal so einen Drachen besiegen könnte. Ich vertraute Pa ja mehr als jeden anderen auf der Welt, aber manchmal könnte er wiklich etwas vorsichtiger sein und größenwahnsinnig wurde er jetzt auch noch. Ich seufzte laut auf und setzte mich an die Wand gelehnt auf den kalten Boden. Hier könnten wir wohl erst mal nichts anstellen und da raus zu gehen und unseren Familienmitgliedern helfen wäre ehr Selbstmord.
Tilda schien da allerdings anderer Meinung zu sein. Kaum hatte ich mich hingesetzt zog sie an meiner Hand. „Komm, Sigrid. Wir müssen Bain und Pa helfen",  hörte ich ihre leise Stimme neben mir. „ Es gibt da aber so einen Unterschied zwischen helfen und sich kopflos in den Tod stürzten", widersprach ich. „Wir können doch nicht einfach untätig hier sitzenbleiben". Ich gab auf. Es war zwar total abwegig, dass man (wenn man schon mal so ein gutes Versteck hatte) daraus dann wieder verschwinden sollte, aber der Gedanke, dass mein Bruder und mein Vater da draußen festsaßen während wir in einem dunklen Loch steckten und sie verrecken ließen, überwältigte mich dann doch. Also stand ich in der vollkommenen Dunkelheit auf und tastete die kalte Decke ab nach dem Eingang, durch den wir gekommen waren.
Das Brett bewegte sich nach oben und ich schob es hinauf. Jetzt mussten wir nur noch nach draußen klettern. Als erstes hob ich Tilda hoch und sie kletterte vorsichtig hinauf. Ich selbst versuchte dann raus zu klettern, was sich als schwieriger als erwartet herausstellte. Als ich  endlich rausgekommen war war mir schon wieder warm, was aber auch an der zunehmenden Wärme in der Vorratskammer liegen konnte, in der wir nun standen. Ich klopfte mir den Staub vom Kleid und schaute zu Tilda. Sie war echt schmutzig geworden, was wahrscheinlich daran lag, dass ich sie runter in den Keller geworfen hatte, und in ihren Haaren hing ziemlich viel Schlamm. Die Decke über uns hatte einige Bretter verloren und ich fragte mich, ob unser Haus schon Feuer gefangen hatte. Wenn es dies nämlich hätte wäre es wohl ziemlich schnell aus mit uns. Wir gingen beide in den Flur, der noch mitgenommener aussah, als der vorige Raum. Von der Decke war kaum noch was zu sehen und der Wohnzimmerteppich lag nun hier unten. Wir liefen weiter ins Kinderzimmer, wo wir durch das Fenster nach draußen gehen konnten, um nach Bain und Pa zu sehen. Bis jetzt hatten wir erstaunlich viel Glück gehabt, doch, als ich die Tür zu unserem Schlafzimmeröffnete, kam uns eine Rauchwolke entgegen. „Komm, wir gehen lieber aus der Haustür raus", meinte Tilda und zog mich wieder auf den Gang. „Ach was, wenn wir uns beeilen kommen wir ohne Problem durch das Zimmer und zum Fenster", versprach ich meiner Schwester und ging wieder in unser kleines Zimmer. Mein Bett hatte Feuer gefangen, vermutlich waren die Flammen  von unserem Nachbarhaus hinübergekommen, denn die Wand dahinter war aus Holz und sie hatte ein großes Loch. Das Feuer breitete sich blitzschnell aus, aber der Weg zum Kinderzimmerfenster war noch frei. Ich nahm Tilda an der Hand und rannte mit ihr zum Fenster. Der Rauch brannte in meinen Augen. Und wir wurde beinahe schwindelig. Ich griff nach dem Fenstergriff und öffnete das kleine Fenster. Tilda kletterte aus dem Fenster raus. Der Rauch umhüllte mich. Unmöglich könnte ich hier länger drin bleiben. Das Feuer hatte sich hinter mir schon viel zu weit ausgebreitet. Ich brauchte dringend frische Luft. Die Hitze stieg mir bis zum Kopf und ich wünschte mir verzweifelt, dass wir doch nur im geheimen, kühlen Keller geblieben wären. Ich bemühte mich so schnell aus dem Fenste rzu klettern, wie nur möglich. Durch den Rauch konnte ich kaum noch was sehen. Als ich endlich draußen war atmete ich kühle Luft ein. Ich hatte das Gefühl mich augenblicklich ergeben zu müssen. Wir befanden uns auf einem Steg, der zum Glück noch kein Feuer gefangen hatte. Plötzlich krachte hinter mir etwas laut zusammen. Ich schaute mich um. Ein Teil unseres Hauses war zusammengebrochen und war auf das Kinderzimmer gefallen. Wäre ich nur ein bisschen länger im Haus geblieben, hätte mich sicherlich ein Balken erdrückt. Auch der obere Teil unseres Hauses brannte und ich raffte mich auf, um möglichst schnell weg zu rennen, als mir auffiel, dass Tilda garnicht mehr da war. Wo war sie denn so schnell abgehauen. Verzweifelt rief ich nach meiner Schwester, doch meine Rufe gingen im allgemeinen Geschrei nach Hilfe, Freunden oder Eltern unter. Das Feuer von unserem Haus ging nun auf den Steg über, auf dem ich stand. Ich rannte bis zum Ende der Bootanlegestelle und band hektisch irgendeines der Boote ab, um so schnell, wie möglich, hier wegzukommen. Mit schnellen Zügen fuhr ich die Wasserstraße entlang und versuchte in dem Trubel von schreienden Menschen irgendwo meine Schwester ausfindig zu machen. Ich entdeckte sie dann schließlich, wie sie auf dem hölzernen Weg, wo es von Menschen nur so wimmelte, schweigend nach oben starrte. Ich folgte ihrem Blick und sah eine Gestalt auf dem hohen Turm, die mit einem riesigen Pfeil auf den Drachen zielte, der nicht weit von ihm in der Luft flog. Das konnte niemand anderes als Dad (also nicht der Drache, sondern dieGestalt) sein! "Dad", schrie ich so laut, wie ich konnte zu dem Mann dort oben hinauf, doch es war unmöglich, dass er mich gehört hatte. Angst überwucherte meine Wut auf Pa, die ich vor kurzen noch gehabt hatte. Hoffentlich bemerkte der Drache meinen Vater nicht. „Komm runter, Dad!", hörte ich Tilda rufen, die somit meinen Blick wieder auf sich richtete. Tilda saß noch immer auf dem Weg, ohne zu merken, dass gerade ein großes Stück Holz vom Weg ins Wasser gebrochen war. Gleich würde auch der Boden unter ihr in sich zusammenfallen. „Tilda, pass auf", schrie ich meiner Schwester zu, doch es war bereits zu spät. Sie fiel in das kühle Wasser. Schnell ruderte ich zu ihr und zog sie ins Boot. Gemeinsam beobachteten wir nun weiter die Geschehnisse in der Luft. Der Drache hatte unseren Vater entdeckt und flog immer näher auf ihn zu. Da entdeckte ich eine andere, kleinere Gestalt vor Dad, die den Pfeil stützte. Das war Bain! Dann ging alles ganz schnell: Bevor ich noch Bain's Namen rufen konnte flog das Geschoss durch die Luft und traf das riesige Ungeheuer an der Brust. Der Drache flog schreiend indie Luft und sank dann hinunter in die Tiefe, irgendwo hinter die Häuser. Ich konnte es nicht fassen. Der Drache war besiegt und das Beste: Wir hatten überlebt. Na ja, wenn wir erst mal das Dorf gelöscht hattem könnten wir ja weitersehen...

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