6. Kapitel

Ich schnappte nach Luft. Was hatten die heimlichen Ausreißer im Glockenturm zu suchen?

Allmählich sammelten sich immer mehr Leute auf dem Marktplatz. Von überall her strömten neugierige Wachen und Dorfbewohner. Sie versammelten sich vor dem Haus des Bürgermeisters zu einer Menschenmenge.
Vermutlich standen unsere bis vor kurzen noch verschwundenen Gäste in der Mitte des Trubels, doch wir konnten leider nichts sehen.
Bain zupfte mich am Jackenärmel. „Komm schon, lasst uns zu den Zwergen schauen".
Ich schüttelte den Kopf.
Zwar war ich gespannt, warum die Zwerge gefangen genommen worden waren, aber ich wollte nicht in irgendwelche Schwierigkeiten geraten.
„Man bekommt von hier aus bestimmt auch genug mit", flüsterte ich meinem Bruder zu und wandte mich wieder der Menschenmenge zu.
„Gar nicht war, man versteht von hier aus kein Wort", meinte Bain. Leider stimmte das auch. Das einzige, was man von dem Marktstand hören konnte war ein unverständliches Durcheinander von Stimmen. Man konnte sehen, wie sich das hohe Tor von dem Haus des Bürgermeisters öffnete. Wahrscheinlich kam er jetzt, um sich die geheimen Besucher Seestadts anzusehen.
Wieder unverständliches Gemurmel.
Dann hörte ich eine Stimme aus der Menge heraus.
„Was macht Pa denn da?", fragte mich Bain, der wahrscheinlich das Gleiche gehört hatte.
„Keine Ahnung", nuschelte ich zurück.

„Ach komm schon, wir können ja in der hintersten Reihe der Menschenmenge bleiben, dann sieht uns niemand", versuchte mich Bain zu überreden.
„Niemals", meinte ich.
„Was ist denn daran schon für gefährliches?", flüsterte mein Bruder zurück.
„Wenn du nicht sofort still bist gehen wir wieder nach Hause", meine Stimme schlug den große-Schwester-Ton an, den leider kein kleines Geschwisterchen widerstehen konnte. Bain blieb ohne ein Wort zu sagen neben mir sitzen und starrte weiter auf die Menschenmenge.

„Willkommen, Willkommen in Seestadt", hörte wir eine laute Stimme rufen und die Menge tobte los.
Ja wunderbar. Das bedeutete jetzt wohl, dass die Zwerge ohne sich verstecken zu müssen in Seestadt leben könnten, aber trotzdem fragte ich mich immer noch, was unsere kleinen Gesellen im Turm gesucht hatten.
Allmählich löste sich die Menge auf und jeder schien wieder seines Weges zu gehen. Ich blickte auf die große Uhr. Es war bereits ein Uhr nachts.
Bain und ich standen auf und reckten uns. In der Menge vielen wir sowieso nicht auf.
Da zog mich Bain auf einmal durch die Menge und wir landeten vor Dad. „Was macht ihr denn hier", fragte er.
Irgendwie wirkte er ziemlich bedrückt, wie er da so stand.
„Was haben die Zwerge in dem Turm gemacht und warum bist du abends nochmal verschwunden", fragte ich ihn gleich, ohne auf seine Frage zu antworten.
„Die Zwerge wollten Waffen stehlen. Und, nun ja, es sind die Zwerge von Erebor".
Pa erwartete von mir jetzt wohl ein erstauntes Luft schnappen, aber leider wusste ich nicht, wer nochmal die Zwerge von Erebor waren. Den Namen hatte ich jedoch schon mal gehört.
„Wollen die Zwerge wirklich zum Drachen?", fragte Bain, der natürlich genau wusste, um was es sich bei den Zwergen von Erebor handelte.
„Ja, sie wollen zum Drachen", meinte mein Vater und starrte wütend auf den Boden.
„Und was ist daran so schlimm?", fragte ich.
„Begreifst du denn nicht? Er wird denken, dass die Zwerge aus Seestadt kommen und dann unsere Stadt angreifen. Wir haben überhaupt keine Chance. Diese schwachköpfigen Zwerge, sie denken kein einziges Mal darüber nach, was sie tun".
Pa stampfte mit dem Fuß auf. Er war wütend. Und wenn mein Dad wütend war, dann wusste ich nie, wie ich mich verhalten sollte. Entweder fröhlich und ihn damit nur noch mehr auf die Palme bringen, oder so tun, als würde ich mich genauso fühlen wie er, auch wenn ich es gar nicht tat.

Aber es gab jetzt wichtigere Dinge, als darüber nachzudenken, was ich tun könnte, um meinen Vater fröhlich zu stimmen. Ich schaute hinüber zu Bain. Alle unsere Leben standen auf dem Spiel und ich sah keinen Weg diese noch zu retten.

https://lotr.fandom.com/wiki/Master_of_Lake-town

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top