P. O. V. AIDEN
Sofort löste ich Fesseln an Kopf und Hals, sah aber wie schon erwartet Marcus in meinem Blickwinkel, der nach der Waffe auf dem Tisch griff.
Er grinste krankhaft und zitterte stark.
"T-tut mir leid Kumpel...a-aber ich habe Familie, ich habe das größere Recht darauf zu leben als du!"
Ich lächelte innerlich, lachte ohne Humor auf, als ich frei war, langsam aufstand und mich ihm gegenüberstellte.
Avery's Schreie ignorierend ließ ich mir die Waffe an den Kopf halten.
"Drück schon ab." Ich ließ meinen angespannten Nacken einmal nach links und einmal nach rechts knacken.
Natürlich zögerte er, was im Endeffekt aber nur unnötig Zeit kostete, denn er würde wenn er sich traute abzudrücken, sofort in Panik geraten wenn sich herausstellte, dass die Waffe nie geladen war.
Dann würden die Entschuldigungen beginnen und das Betteln, welches ich versuchen würde zu ignorieren.
Was mir nicht sonderlich schwer fallen würde.
Marcus fing an zu weinen.
"Mach schon! Knall mich ab du feiges Stück Scheiße!" Ich schrie, um ihn endlich zum Abschuss zu bringen damit ich ihn endlich töten konnte.
Ich weiß nicht recht warum, aber ich war aufgeregt, freute mich irgendwie.
Es würde das erste mal seit langem sein, dass ich wieder frei Hand töten konnte.
Meine Fingerspitzen begannen zu kribbeln.
"A-aiden bitte..." Wimmerte Avery leise.
Ihre Stimme klang gebrochen, hilflos, als würde sie Angst vor dem haben, was ich tun würde.
Sie wusste genau so gut wie ich, dass nicht ich derjenige war der heute sterben würde.
"Ich bin kein Mörder!" Rief Marcus plötzlich verzweifelt, hielt die Waffe jedoch immer noch starr vor meine Stirn.
Ich lachte rau auf, woraufhin er mich mit zusammengebissenen Zähnen musterte.
"Du! Du denkst das alles ist nur Spaß was? Du bist krank! Total verrückt!" Sein Finger zog sich enger um den Auslöser, er drückte jedoch nicht fest genug zu um ihn zu betätigen. Schwächling.
"Jeder ist ein Mörder Marcus, auch du."
Langsam schüttelte ich den Kopf, als ich mich langsam von ihm entfernte und ein paar Schritte durch den Raum ging.
Er traute sich nicht mir zu befehlen stehen zu bleiben. Sein Glück.
"Unbewusst werden wir zusammen geboren, du und dein Mörder. Nenn mich ruhig verrückt, aber so ist es. Und er wird geprägt, dieser Instinkt zu töten wird von jedem Wimpernschlag immer verlangender.
Er kommt näher, bis er ganz zu dir durchgedrungen ist, vollständig in dir lebt, dich besitzt.
Und er wird sauer sein, sauer auf dich und deine Umgebung."
Ich blieb vor Avery stehen und sprach weiter mit dem Rücken zu ihm.
"Irgendwann siehst du ihn dann das erste mal und wirst Angst bekommen Marcus, schreckliche Angst. Denn Sehnsucht, hat ein hässliches Gesicht.
Du selbst hast ihn verstümmelt und gepeinigt, mit Ignoranz und Egoismus.
Das ist dein Werk.
Und er will dich bluten sehen, er will, dass du jemandem wehtust.
Es kann passieren wenn du morgens aufwachst, dir die Augen reibst und sie wieder öffnest, oder einfach nur blinzelst.
Ob in einem Jahr, oder jetzt gleich, im nächsten Augenblick." Ich drehte mich wieder zu ihm, trug dabei ein kleines Lächeln auf den Lippen.
Er schrie, einfach in die beklemmende Dunkelheit und sah mir dabei starr in die Augen.
Er war soweit.
Seine Waffe richtete sich erneut auf mich, nachdem er sie für wenige Sekunden an sich gedrückt hatte, dann drückte er ab.
Nichts.
Wieder drückte er und nochmal, bis das ganze Magazin einmal durchgeschossen war und auch ihm klar wurde, dass die Knarre leer war.
"Oh Marcus...du dämlicher Idiot..." Avery nahm meine Hand so gut es mit den Fesseln ging und rüttelte an mir. Sie wusste was jetzt passieren würde. Immer noch grinsend löste ich mich von Ihrer Hand, aber nicht ohne sie vorher kurz zu küssen, bevor ich auf den Tisch zuging, auf dem zuvor die Waffe lag.
"Warte ihr...i-ihr kennt euch?" Stotterte er ungläubig und trat hinter den Stuhl, in dem er zuvor noch gefesselt saß.
"Glaubst du ich weiß nicht was hier los ist?
Du bist zu naiv für diese Welt weißt du..."
Vorsichtig strich ich mit meinen Fingern über den Pappkarton unter dem die Waffe lag und merkte sofort, dass ich recht hatte.
Die Knarre war nicht die einzige Waffe.
Unter dem Karton klebte ein Messer, ein hübsches, filigran geschliffenes Messer, welches ich mir nahm und einmal in einer Hand in der Luft umkreiste.
"Es tut mir leid...i-ich wollte dich nicht...nicht umbringen..." Lustig.
Sein Finger hatte wohl Zuckungen.
Ich wollte antworten, als plötzlich wieder dieses ohrenbetäubende Geräusch erschien und man wieder Harvey's Stimme hören konnte.
"Wie ich sehe, seid ihr hinter meinen kleinen Streich gekommen." Er lachte leise auf.
"Jetzt habt ihr euch gegenseitig einen Feind gemacht, was das ganze nur noch aufgreifender gestaltet, findet ihr nicht?
Aiden, mein junge, du bist wirklich ein intelligenter Bursche weißt du das. Wer wäre schon auf die Idee gekommen, die Waffe konnte nicht geladen sein und dass es eine weitere Waffe geben würde."
"Es war offensichtlich." Sagte ich schnell.
"Für die meisten nicht, aber für dich schon."
Ich schloss für ein paar Sekunden meine Augen, atmete ein und aus, genoss die kurzzeitige Stille.
"Was willst du Harvey?" Das war die Frage, die ich mir immer wieder stellte.
Warum tat er das alles? Warum brachte er mich nicht einfach um und beendete seine Probleme, oder tötete sich einfach selbst.
Warum diese ganzen Spielchen.
Ich konnte ihn nur hinterfragen, weil ich aus seinen Methoden einfach nicht schlauer wurde.
"Ich habe gehört was du kannst Aiden, aber ich habe es nie gesehen. Zeig mir, was du kannst, wie schnell du ein Menschenleben auslöschst!"
Darum ging es also.
Er wollte meine Fähigkeiten sehen, um im Endeffekt darüber zu entscheiden, ob ich gut genug für ihn war.
"Ich töte nicht mehr, nicht wie früher."
Wieder lachte er.
Er wusste, dass ich nicht mehr so war wie früher, mich von Grund auf versuchte zu bessern und seine ganzen Spielchen, mir vielleicht alles kaputt machen könnten.
Was wenn ich wieder in mein altes Ich verfiel, sobald ich das hier hinter mir hatte, oder mir selbst, niemals verzeihen konnte.
"Du wirst diesen Mann töten Aiden." Sein Unterton verlangte keine Widerworte, doch ich hatte welche.
"Dieser Mann hat mir nichts getan, also werde ich ihm auch nichts tun!"
Ich tötete nie wahllos einfach drauf los, das wäre viel zu einfach, unfair.
Menschen die es verdienten zu sterben waren die, denen ich ein Ende setzte.
Man konnte darüber diskutieren ob es gerecht war, dass ich bestimme wer leben durfte und wer nicht, aber war es wirklich ein Verbrechen wenn ich Menschen von uns entferne, die mit Kindern handelten oder sie sexuell belästigten? Und ich hatte mich jetzt noch nett und gewählt ausgedrückt.
Diese Welt war doch schon lange nicht mehr das, was sie einmal war.
Die Menschen wurden geboren und mit ihnen auch die Monster und der Tod.
Wir bekamen das Leben und brachten den Tod.
Welch einleuchtende Theorie.
"Bist du dir sicher, dass du diesen Mann nicht kennst Aiden?" Erst jetzt landete ich wieder in der Realität, in dem hier und jetzt.
Ich hatte bereits überlegt woher ich ihn kannte, doch da war nichts, kein Funken Erinnerung an dieses Gesicht, oder seine bloße Erscheinungsform oder den Charakter. Er war mir fremd.
Er versucht mich zu manipulieren, zu verwirren.
"Hör auf mit diesem verfic-" der plötzliche Schmerz in meiner Brust ließ mich innehalten und vor Schock aufschreien.
"Aiden!" Avery klang besorgt, weshalb ich meine Hand hob um ihr zu signalisieren, dass alles in Ordnung war.
Meine Atmung war flach und langsam, der Schmerz begann sich wie jedes Mal in meinen Knochenmark weiter auszubreiten. Es brannte wie Feuer.
"Na, immer noch keine Idee?"
Ich knurrte und stöhnte dunkel auf, vor Schmerz und Wut.
"Ich kenne diesen Mann nicht verdammt!"
Ich hörte Avery weinen, wagte es nicht, zu ihr zu sehen, in dieser Situation.
"Er war Arzt in einem Bootcamp, vor ein paar Jahren, bis er seine Arbeit verlor und auch nie wieder als Arzt arbeitete.
Man lehrte Kindern und Jugendlichen, wie man sich zu benehmen hat und sich selbst verteidigt.
Dort hatte die Strenge natürlich höchste Priorität, weshalb er eines Tages was erfand.
Den Painplug." Ich beäugte Marcus, achtete auf jedes Fältchen unter seinem Auge und auf jedes unsymmetrische Barthaar.
"Natürlich war es nicht legal, weshalb auch nicht viele davon wussten, außer ein paar wenigen, wie zum Beispiel ich. Ich kannte ihn nie persönlich, aber Charles tat es."
Jetzt wurden auch Marcus' Augen groß.
Er kannte Charles wirklich.
"Charles Edison...natürlich..." Geschockt und mit einer riesigen, immer größer werdenden Angst in seinen Augen sah er mich an.
"Du bist der kleine Aiden Keeth... Du warst in Behandlung bei Charles, du warst sein erster Patient, ich erinnere mich..."
Ich schielte rüber zu Avery, die mittlerweile nicht mehr weinte und genau so verwundert wie ich im Raum umherblickte.
"Er hat dir den Chip eingepflanzt als du noch jung warst Aiden."
Das traf mich wie ein Schlag.
Ich dachte er wäre es gewesen, Harvey, in der Nacht in der ich bei ihm war, auch wenn es wenig Sinn ergab, da ich nichts gespürt hatte und alles war wie zuvor.
"Und er hatte die Kontrolle über deinen Schmerz, die ganze Zeit. Ich habe sie erst jetzt bekommen, jetzt, wo er hier ist und keine andere Chance hat, als mir zu geben was ich will!"
Ich erinnerte mich in Bruchteilen an die früheren Tage und an die Schmerzen, die ich abends immer so stark und ausgeprägt hatte.
Eine Welle voller Emotionen überrollte mich, was schon ziemlich neu für mich war, da ich mit meiner mangelnden Emphatie nicht vertraut damit war so zu fühlen.
Die Wut stand mit der Entschlossenheit ganz vorne.
Ich umklammerte das Messer fester, bis sich meine Fingerknöchel weiß färbten.
"Du kennst ihn und er hat dir, genau wie vielen anderen Menschen wehgetan Aiden und das wird er auch weiterhin tun, wenn du es nicht beendest.
Er hat die Kontrolle über den Schmerz und du über den Tod."
P. O. V. AVERY
"Aiden...tu es nicht.." Ich hoffte auf ein Wunder, irgendwas, was ihn umstimmen könnte, diesen Mann zu töten, aber das gab es nicht, ich war mir schon viel zu sicher zu wissen, was er tun würde.
Meine Aussage ignorierend sprach er zu Harvey.
"Was passiert wenn ich ihn töte?"
Marcus wimmerte kläglich.
Ich wollte mir die Augen und Ohren zuhalten und doch wissen, was passieren würde.
Dean neben mir bewegte sich auf einmal, atmete etwas lauter, Aiden bekam davon nichts mit.
"Ich lass sie gehen, deine Freundin und deinen Kumpel, wenn er seine Klappe hält.
Und du...du bleibst, aber ich verspreche dir, dass ich deine Familie nicht anfassen werde, versprochen."
Aiden's Augen wurden mit einem Mal glasig, als er sich dann die Hände vor die Stirn drückte und weinerlich in die Dunkelheit schrie.
Mich überkam eine Gänsehaut.
"Du hast meine Familie bereits angefasst du Wichser! Sie ist tot... Sydney ist tot!"
Ich schlug mir die Hand so gut es mit den Fesseln ging vor den Mund, konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten.
Meine Gliedmaßen fühlten sich von jetzt auf gleich an wie Wackelpudding.
Aiden sah zu mir, mit gequältem Lächeln schüttelte er den Kopf. "Er hat sie umgebracht Honey... Er hat meinen kleinen Engel getötet...einfach so..."
Nie zuvor, war mein Herz auf diese schreckliche Art und Weise verletzt worden.
Ich konnte hören, wie es brach, genau wie seine Stimme.
"Das war eine Lektion mein Junge.
Mach nicht wieder den gleichen Fehler, hör auf mich, rette deine Familie damit."
Und das tat er.
Ein letztes Mal sah er zu mir, versuchte so aufrichtig wie möglich zu lächeln, richtete das Messer in der Luft und warf es mit einem Schwung aus dem Handgelenk mitten in Marcus' Kopf.
Blut.
Überall war Blut.
Ich wusste nicht ob ich mich ergeben sollte weil ich sah wie der Körper eines eben noch lebendigen Mannes vor mir zusammenbrach und von Blut überströmt wurde, oder weil Aiden soeben beschlossen hatte, bei Harvey zu bleiben, um mich zu schützen.
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Hallohi:D
I know ihr liebt mich noch, auch wenn ich eine Hœ bin! 🌚
Also, bis dann meine Friends!
Eure Ayoka ❤️🌾🌙
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