Good To Hear Your Voice
P. O. V. AIDEN
Die dunklen Äste der langen Baumreihe auf der kleinen abgelegenen Straße, die auf direktem Wege zu unserem Haus führte, blitzten in mein Sichtfeld und lösten ein wohliges Gefühl in mir aus.
Ich war nicht unbeholfen, ich fragte mich nur, wie es jetzt weiter gehen sollte.
Ich war nie jemand, der viel Spontanität in den Alltag legte und mochte es lieber, zu wissen was auf mich zukam, aber jetzt, jetzt wusste ich rein gar nichts und das stört mich.
Ich meinte, wie ging es weiter?
Wir lebten in einer Welt, in der es normal war, alles auf einen zukommen zu lassen und in den Tag hinein zu leben, aber was wenn es von Anfang an gar nicht geplant war und wir eigentlich eine Bevölkerung sein sollten, die einen geplanten Tagesablauf hatten und strikt unseren vorgegebenem Ziel nachgehen sollten.
Aber sowas war unmöglich.
Nicht einmal in Büchern war alles perfekt.
Es machte den Autoren Spaß zu schreiben, Figuren und Charaktere so zu formen, wie sie es gerne hätten.
Erfindungen.
Alle Romane, Thriller und und und waren Erfindungen, eines einzigen Hirns.
Ein Werk, was man selbst erbaut hatte.
Realistische, wie auch oft total absurde und von der Realität abschweifende Geschichten.
Aber sie waren da, existent, in einer Welt, die nicht perfekt war, erschufen Menschen andere, neue Welten, die oftmals viel besser und schöner waren.
Was aber wenn es sie wirklich gab.
Was wenn alle Handlungen in Büchern, wirklich irgendwo stattfanden und diese Menschen wirklich das durchlebten, was dort stand.
In jedem Buch gab es Stellen, die selbst dem Autor nicht gefielen, aber einfach dazu gehörten, weil es unnormal wäre, unrealistisch.
Man musste sich beim schreiben nicht immer sklavisch an die Wahrheit halten, die man selbst erlebt hatte, man musste Sachen weglassen, wenn es für den Leser nicht so interessant war.
Man müsste kürzen, manchmal Figuren verändern, damit bestimmte Personen nicht wiedererkannt werden würden, da man eine große Verantwortung für das trug, was in diesem Buch zu lesen war.
Bücher prägten Kinder und Jugendliche.
Ich wäre vielleicht charakterlich anders, wenn ich nicht all diese Worte in mein Kopf gelassen und so stark wahrgenommen hätte.
Der Autor formte seine Leser.
Er wollte, dass sie ihm glaubten.
Wenn ein Jugendlicher ein schwieriges, oder tiefgründiges Buch las, dachte er nach.
Durch Nachdenken wird sein Wissen erweitert, das hieß, er wurde geformt.
Man schrieb ein Buch, was über viele Jahre hinweg spielte und von denen die Fakten vielleicht stimmten, aber die Menschen waren alle erfunden und das Haus, in dem sie wohnten und so weiter, alles war erfunden.
Das machte ja auch den Spaß am schreiben aus, dass man im Kopf Welten entstehen ließ, die man in Wirklichkeit gar nicht kennenlernte.
Und genau das war das interessante.
Wir Menschen lasen Dinge, glaubten Sie, weil sie sich schön anhörten, aber keiner wollte ein Buch über die bittere Wahrheit lesen.
Niemand wollte wissen was für ein dunkler und dreckiger Ort um ihnen wächst und wächst, bis am Ende nichts mehr übrig war.
Warum ein Buch über psychisch gestörte und Mörder lesen, wenn es Lektüren gab die dir einreden wollten, wie schön und vollkommen das Leben war.
~*~
Ich schmiss mich nach der langen Reise auf die Ledercouch in meinem Arbeitszimmer und schloss meine Augen, obwohl ich mir im gleichen Moment überlegte, sie nicht doch wieder zu öffnen, um nach draußen in die weite, vom Nebel bedeckte Natur zu schauen.
Das Haus lag an einem perfekten hohen Waldstück, abgelegen, ruhig, dunkel und doch hell.
Selbst der Mond malte jede Nacht seine Schatten in jedes Zimmer.
Ich massierte mir meine pochenden Schläfen, ließ alles nochmal Revue passieren und wagte es gar nicht mir auszumalen was passiert wäre, wenn ich Avery nicht hätte schreien gehört.
Ein zischender Schmerz schlich sich durch meine Brust und ich zog scharf die Luft ein.
Verdammt. Ich hielt mir die Stelle fest und drückte zu, als würde es helfen, was es aber nicht tat.
Nach wenigen Minuten endete der zum verrückt werdende Schmerz und ich stand auf um nach Avery zu sehen.
Und wenn man vom Teufel sprach.
"Aiden Keeth! Erklär mir das!"
Ich grinste heimlich in mich hinein als ich sie im Flur auf der dunklen Treppe stehen sah und erkannte, worauf sie deutete.
Mein kleines hübsches Bild, was ich extra eingerahmt hatte.
"Was denn? Ist doch heiß."
Ich schlang meine Arme von hinten um ihren Körper, atmete ihren süßen, leicht beerigen Duft ein und legte mein Kinn auf ihre Schulter.
Mit einem Arm strich ich über die nackte Haut an ihrem Nacken.
Sie erschauderte, bekam eine Gänsehaut.
Ich grinste.
"Ich habe dir gesagt du sollst es wegschmeißen, oder am besten verbrennen!"
Selbst sie musste leicht schmunzeln als sie sich zum wiederholten Male das süße Bild ansah, was sie mir damals gezwungenermaßen Geschenk hatte, damit ich ihr ihren BH wiedergab.
Pickel und Zahnspange. Süß!
Mein Mund streifte ihren Hals, als ich mich näher zu ihr beugte und mit meinem Mund, sanfte Küsse auf ihre Haut drückte.
"Und ich habe dir gesagt, dass ich es niemals wegschmeißen werde."
Der Rest verlief ganz schnell.
Sie, von mir an die Wald gedrückt, Mund auf Mund, Körper an Körper, unsere Hände, überall und unser Atem unkontrolliert wie nie zuvor.
Das brauchten wir jetzt einfach. Nur uns zwei.
Alle Gedanken beiseite geschoben und für einen kurzen Moment vergessen.
Es gab nichts, nur unsere Liebe und die Gewissheit, dass sie für immer war.
~*~
P. O. V. AVERY
Vorsichtig strich ich Aiden die dunklen Haarsträhnen zurecht, was eigentlich gar nicht nötig war, aber ich wollte ihn berühren, solange noch alles war wie...wie jetzt eben.
Vollkommen, problemlos und liebevoll.
Sein gleichmäßiger Atem streifte meine Wange wie ein warmer Herbstwind.
Meine Augen musterten seinen Körper und vor allem sein Gesicht.
Diese kantigen Züge, die Anzeichen eines drei Tage Bartes und das dunkle Haar, mixten eine perfekte Kombination aus Schönheit und Faszination.
Er war wunderschön.
Ich lächelte und kuschelte mich etwas mehr unter die große Decke, die von seiner warmen Körpertemperatur nur so beheizt wurde.
Viele Menschen würden nicht die Person in Aiden sehen, die ich sah.
Er war nicht nur der böse, alles kritisierende, Angst einjagende Typ, der meinte immer alles besser zu wissen, nein.
Er war eine freie, liebevolle Seele, eine Person, die für das kämpfte, was sie liebte, egal ob ihm dabei was passierte oder nicht.
Sobald seine geliebten in Gefahr waren, setzte das Denken bei ihm aus und es ging nur noch um das Leben der anderen.
Er wusste wie es war, schlimme Dinge zu durchleben und damit umzugehen, aber irgendwann dachte ich, brach jede Person wenn sie sich nicht um sich selbst kümmerte.
Als ich ihn vorhin bei Harvey sah, war er verwirrt und ich meine sogar ängstlich.
Und das nicht, weil er überlegte wie er die Spuren verwischen könnte, damit er nicht dran war, oder wie er einfach alle umbringen könnte.
Er dachte an mich.
Er wollte mich da raus holen, in Sicherheit bringen.
Er würde sterben, um mich zu retten.
Und das macht mir Angst.
Riesige Angst.
~*~
P. O. V. AIDEN
Meine Fingerspitzen kribbelten.
Nicht vor der Lust zu töten, oder Blut zu sehen, dieses Mal war es anders.
Es war ein Kribbeln, was sich durch meinen ganzen Körper zog, als würde jeder meiner Knochen aus reinstem, scharf geschliffenem Glas bestehen.
Ein wenig Druck, eine kleine Bewegung und die Haut würde reißen, förmlich zerspringen unter der weichen Oberfläche der Haut.
Rote Farbe, sickerndes, warmes Blut, ein Strahl von Erlösung, oder doch nur die Möglichkeit, deinem entkommen Hoffnung zu schenken.
Harvey spaltete meine Meinungen zu fast allen Dingen.
Selbst die irrelevantesten Situationen meines Lebens sah ich anders, mit anderen Augen.
Mit den Augen meines leiblichen Vaters.
Er sah die Dinge ähnlich wie ich und doch viel intensiver und vollkommener, wie eine offensichtliche Tatsache, die nur er selbst sah und niemand sonst.
Der Tod war für ihn wie ein warmer Sommertag, ein normales Ereignis, etwas schönes, beruhigendes, seelisch befriedigendes.
Tag für Tag durchlebten die 'normalen Menschen' ihren langweiligen pseudo Alltag, in den sie immer mehr reinwuchsen, bis es für sie was ganz alltägliches und normales wurde.
So war es bei mir und...und bei Harvey.
Für mich war es immer normal, die bösen von uns zu nehmen, aber selbst nicht als gut abgestempelt zu werden.
Man tötete, nahm das Leben einer einzigen Person, befriedigte sich mit der Vorstellung, das Blut fremder an seinen Händen zu spüren und zu wissen, jemanden von dieser Welt genommen zu haben, der es nicht verdiente hier zu sein.
Und damit meinte ich gewiss nicht nur mich.
Jeder würde handeln wie ich und manche, seltene andere, aber sie trauten sich einfach nicht.
Die Menschheit war zu feige und hatte zu viel Angst vorm handeln, sah aber nicht weg, wenn jemand vor ihren Augen getötet wurde.
Das war es, das war die Menschheit, die Revolution.
Du warst gut wenn du zusahst, alles gabst was du hattest und böse, wenn du alle retten wolltest, auch wenn dabei einer gehen musste.
Aber das verstand niemand.
"Dein Handy klingelt." Sagte Avery plötzlich.
Ich drehte mich von der großen Fensterwand zu ihr.
"Was?" Sie deutete mit dem Kopf auf mein klingelndes Handy und lächelte mich wissend an.
Sie wusste, dass ich über diese Scheiße die sich Leben nannte nachdenke.
Ich hob mein Handy auf und hielt es mir ans Ohr.
"Keeth." Mir wurde schlecht, als ich die folgenden Worte, von einer Stimme hörte, die ich schon längst aus meinen Kopf gelöscht hatte.
"Hallo mein Junge! Es ist schön deine Stimme zu hören! Wir vermissen dich. Wann kommst du uns mal wieder besuchen?"
Ich spielte mit dem Gedanken aufzulegen, einfach alles mit einem einfachen Knopfdruck zu beenden, als ich plötzlich meine Meinung änderte.
"Aidiiii!" Sydney.
Sie war nicht meine leibliche Schwester, aber sie war immer noch...Sydney.
Meine kleine verrückte Sydney.
"Hey kleine."
Ich klang kontrolliert und zurückhaltend.
"Wann kommst du zurück? Spielen wir wenn du kommst? Und kommt Avery mit? Willst du mit Mommy reden?" Sie brabbelte los und ließ mich gar nicht zu Wort kommen.
"Nein, ich will nicht mit Mo-, nein ich will mit niemandem reden.
Ich komme bald kleine und dann spielen wir."
Ich hasste es ihr ein Versprechen zu geben, von dem ich wusste, dass ich es niemals halten würde.
Sie würden mich nicht mehr sehen, auch nicht sie.
So war es besser.
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Heyhi meine Hesslons!:D
Ich hoffe euch gefällt das Kapitel!
Bis dann, eure Ayoka ❤️🌾🌙
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