Dreamcatcher
P. O. V. AIDEN
Nach kurzer Stille, die mir jedoch unendlich lang erschien, fing Avery an zu lachen.
Mir viel ein riesiger Stein vom Herzen, weil ich mir sicher war, dass sie nicht schwanger war.
"Gott sei dank..." murmelte ich und öffnete meine Augen wieder.
"Wie kommst du denn auf sowas?!" Fragte sie noch immer lachend. Ich sah zu Ballerinajake.
"Erzähle ich dir wenn ich zuhause bin. Bis später, ich liebe dich. Am liebsten nackt aber so bist du auch ganz okay." Sie würde mich höchstwahrscheinlich schlagen wenn ich jetzt neben ihr stehen würde.
"Ich dich auch, Spinner." Das war Liebe.
Als ich mein Handy wieder wegpackte, griff ich nach der Gurke und schlug die Primaballerina damit.
Also, ich meinte natürlich die Gurke aus dem Regal, also das Regal im Geschäft, nicht meine Gurke, naja irgendwie auch schon meine Gurke weil ich sie kaufen würde, aber halt nicht meine...
"Warum aber tust du das?" Warum aber redete er mir ein scheiß Kind ein verdammt nochmal.
"Ich habe das Bedürfnis dich mit meinem Gürtel zu schlagen du Penner!"
Er hob seine Hände als Schutz hoch und fing an zu lachen.
"Immer mit der Ruhe Christian Grey."
"Grau." Verbesserte ich ihn, woraufhin er mich fragend ansah.
"Er heißt Christian Grau. Und sein Zuchtvieh heißt Anastasia Stahl." Jetzt sah es so aus, als würde er mich am liebsten schlagen wollen.
Das sollte er mal wagen...
Als er nicht den Anschein machte etwas zu sagen, ging ich an ihm vorbei Richtung Kasse, bis er dann schließlich doch neben mir auftauchte.
"Zuchtvieh?" Ja, Zuchtvieh. Was denn sonst?
"Ist sie doch. Seine Sklavin oder so. Wie ein Pferd eben. Hört es nicht auf seinen Meister, bekommt es Kloppe auf den Hintern, genau wie sie." Dann lachte er.
Höchst kurioser Typ.
~*~
P. O. V. AVERY
Ich würde echt gerne wissen, wie Aiden darauf kam mich zu fragen, ob ich schwanger sei.
Komisch verhalten hatte ich mich nun wirklich nicht und andere Essgewohnheiten hatte ich auch nicht soweit ich wusste.
Außerdem wäre er der erste der davon erfahren würde.
Obwohl...sagen wir der zweite.
Ich würde sterben wenn ich es nicht zuerst Liis erzählen würde.
Cait strich sich ihr blondes langes Haar hinter die Ohren und legte sich dann die Hände auf den Bauch, der bereits eine kleine Wölbung zeichnete.
Ich musste Lächeln bei dem Gedanken daran, mich so zu sehen.
Schwanger, etwas in mir tragend, was das Erzeugnis von Aiden's und meiner Liebe war.
Den Gedanken warf ich direkt wieder beiseite als ich ebenfalls daran dachte, was Aiden zu einem Kind sagen würde.
Er hasste sie, alles an ihnen.
Aber vielleicht würde sich das ja ändern wenn er das kleine süße Ding erstmal sah und wusste, dass es sein eigen Fleisch und Blut war.
"Woran denkst du?" Fragte Cait mich und sah mich dabei mit einem wissenden Blick an.
Sie wusste ganz genau woran ich grade dachte, was ich mir bildlich verstellte und wie sehr es mir gefiel.
"Ihr seid jung, warte ab, vielleicht will er ja doch mal welche.."
"Ja, vielleicht." Man konnte es nie wissen dachte ich mir nur.
Es konnte sein, dass er seine Meinung niemals ändern würde, aber es konnte genau so gut sein, dass es anders kommen würde, als gedacht.
~*~
P. O. V. AIDEN
Tragisch wird es in dem Augenblick deines Lebens, in dem du denkst, alles zu haben, obwohl du nichts besitzt, dann viel zu bekommen, gefallen daran zu finden und dann alles verlierst und nicht mehr übrig bleibt, als dein verschwommenes Abbild in der vor dir entstehenden Pfütze aus purem Selbsthass und trauriger Wahrheit.
Nicht der Regen war es, der kleine kreisförmige Muster in das Wasser zeichnete und deine Blicke in Tausende verwandelte, nein, der Regen hatte schon längst aufgehört, der Wind war still genau wie deine Atmung.
Alles war ein riesiges Loch, in das man immer tiefer gezogen wurde, bis es einen letztendlich verschlang.
Tränen.
Sie waren es, die deine Sicht änderten, deine Wahrnehmung reinigten und die Regenpfütze füllten.
Ich schrieb die Worte nieder, schraubte die Kappe meines schwarz glänzenden Füllers auf die Feder zurück und ließ meine Fingerspitzen über meine zu Papier gebrachten Worte gleiten.
Ich war gefangen und diese Sätze, Worte, Buchstaben...sie waren meine Zuflucht.
Ich flüchtete vor mir selbst, indem ich mir und allen anderen ausredete Depression zu haben und somit indirekt zu bestätigen, dass es eigentlich stimmte.
Das Loch wurde von Tag zu Tag größer.
Ich ließ keine Sonnenstrahlen an meine Seele, niemand sollte sehen, wie viel Licht man bräuchte, um mich wieder zu erleuchten, wenn das überhaupt ginge.
Ich wusste nicht ob es möglich war, etwas so kaputtes, wieder zu reparieren.
Es fühlte sich an als würde ich immer tiefer in die gewohnte Dunkelheit gezogen werden, nach Hilfe schreien, den Mund jedoch nicht zu öffnen.
Alles staute sich in mir.
Alles schlechte, nur das gute ließ ich raus, zeigte den Menschen um mich herum, wie ein künstliches Lächeln aussah und sie glaubten mir.
Jemand tat es nicht...Avery. Sie merkte, dass etwas nicht mit mir stimmte und ich war mir ziemlich sicher, dass sie wusste, was an mir nagte und von innen zerfraß.
Nicht wegen ihrer Berufswahl als Psychologin, nein, sie kannte mich, besser als ich mich selbst kannte.
Es war so, als würde jeglicher Schmerz und all die Dunkelheit aussetzen, wenn ich bei ihr war, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick.
Licht war der Schlüssel und Avery war die Sonne.
~*~
Meine Hände tief in der Jackentasche vergraben näherte ich mich dem unscheinbaren Anwesen.
Das Haus wirkte freundlich, nicht all zu groß und bedrängend, wie ein kleines Familienhaus.
Es war nicht so ein Haus bei dem man direkt wusste, wie wohlhabend die Inhaber waren, sondern einfach ein ganz normales, Steinhaus.
Avery griff in meine Jackentasche um ihre kalte Hand in meine warme zu legen und kuschelte sich an meine Seite.
Schmunzelnd legte ich meinen Arm um ihren frierenden Körper um ihr noch nicht ganz verheiltes Bein und ihre Rippen zu stützen.
"Du hättest zuhause bleiben sollen Honey."
Sofort schüttelte sie den Kopf.
"Nein, du weißt was ich gesagt habe.
Was wir machen, machen wir zusammen." Ich lächelte und nickte leicht, als mir die Eingangstür plötzlich Schatten ins Gesicht warf.
Sie wurde geöffnet.
"Ich freue mich, dass ihr da seid." Roger umarmte uns, achtete darauf, vorsichtig bei Avery zu sein.
Sie begrüßte ihn, redete und bedankte sich abermals, während ich bereits auf seiner Anweisung hin das Haus betrat und mich von der Wärme ins Wohnzimmer leiten ließ.
Es sah so anders aus.
Anders als bei Harvey. Gemütlicher, nicht so gestellt.
Ein kleiner, scheinbar selbst gebauter Kamin, eine kleine Couch, zwei Sessel, ein dunkler Glastisch mit Tee und Keksen und eine große Fensterwand, die unserer so ähnlich war.
Ein atemberaubender Blick in den Wald von Alabama.
Wir waren tatsächlich da.
"Setzt euch doch. Wollt ihr einen Tee?" Ich drehte mich um, sah Avery, wie sie sich versuchte zu setzen und half ihr schnell.
"Willst du was trinken?" Fragte ich sie selbst nochmal leise und persönlich, als sich meine Hände um ihre Wangen legten um sie zu wärmen.
Nickend lächelte sie und setzte einen Kuss auf meine Unterlippe.
Roger reichte mir den Tee, den ich an Sie weitergab und mich dann selbst auch setzte.
"Wie war die Reise?" Er setzte sich uns gegenüber auf einen Sessel.
"Ganz gut..." peinliche Stille folgte. Keiner sagte ein Wort, bis sich die Haustür öffnete und eine Frau eintrat, die meinen Atem stocken ließ.
Sie war es, kein Zweifel.
Als sie mich und Avery sah, lächelte sie zunächst unsicher.
Ihr dunkles Haar und ihre marmorierten Augen schimmerten in meine.
Dann sah sie unsicher zu Roger, der nur nickte und breit grinste, was sein Gesicht in Falten legte.
Sofort schlug die Frau sich die Hand vor den Mund, ließ dabei ihre Handtasche auf den Boden fallen und rannte auf mich zu.
Als sich ihre zierlichen Arme um mich legten, spürte ich, wie sich irgendwas in meinen Körper zusammenlegte.
Irgendwas, was scheinbar schon ewig kaputt war und jetzt wieder repariert wurde.
Ich wusste nicht ob ich aufstehen, oder generell etwas sagen sollte, verharrte deshalb in meiner Position.
Sie weinte.
Ich wusste nicht ob vor Schmerz, Trauer, oder Freude.
"Es tut mir so leid...das alles..i-ich wusste ja nicht...ich wusste ja nicht, dass du noch lebst."
Ihre leisen leidenden Worte ließen mir das Blut in den Adern gefrieren.
"Was?" War das erste, was meinen Mund verließ.
Noch immer hingen meine Arme steif neben meinem Körper.
Als sie sich leicht von mir löste, lächelte sie gequält, strich mir mit ihrem Daumen über die Wangen und musterte mich.
"Du bist ein so hübscher junger Mann Aiden..ich wünschte...ich hätte sehen können wie du dich entwickelst.." Wieder weinte sie in sich hinein.
Dann tat ich es einfach, ich erwiderte ihre Liebe.
Auch wenn ich es nie wieder tun wollte, nie wieder trauen wollte, tat ich es, auch wenn ich sie nicht recht kannte.
Sie war meine Mom, meine leibliche Mom...
"Das alles ist so verrückt." Ihr Haar roch nach süßem Shampoo, ihr Parfüm eher mild und feminin, ihr natürlich hübsches Gesicht schmiegte sich in meine Halsbeuge und ließ feuchte Tränen an meinem Hals hinablaufen.
"Das ist es." Sie lachte auf, stellte sich wieder aufrecht hin und sah dann strahlend zu Avery.
"Ist das deine Freundin?" Ich nickte stolz und griff nach ihrer Hand, um einen Kuss auf ihren Handrücken zu setzen.
"Sie ist bildhübsch." Avery lächelte schüchtern.
"Schön sie kennenzulernen.." sie unterbrach sich selbst als ihr klar wurde, dass sie den Namen meiner Mom nicht kannte, genau so wenig wie ich.
"Moira, nennt mich Moira." Meine Hände zitterten leicht, ich war mir nichtmal sicher warum, ich hatte keine Angst, ganz im Gegenteil.
Es schien mir fast so, als würde mein ganzes gestautes Adrenalin plötzlich zum Vorschein kommen.
Alles, von jetzt auf gleich, hatte sich wieder geändert.
Ich hatte eine Mom und einen Grandpa.
Ich hatte eine Mom.
~*~
P. O. V. AVERY
"Du hast sicher viele Fragen..." immer wieder sah ich zu Aiden und dann zu Moira.
Sie war wunderschön, makellos, genau wie er.
Ihre Augen schimmerten genauso gefühlvoll wenn sie sprach wie seine. Es war gar zu unglaublich.
Ich verstand nun was Harvey immer meinte, wenn er die beiden miteinander verglich.
"Kann man so sagen.." Aiden rutschte in der Couch umher, lächelte matt.
Er war in letzter Zeit verletzlich, ziemlich zurückgezogen und melancholisch, was er selbst jedoch immer abstritt.
Ich sah den Schmerz hinter seinen Augen und unter seinem Lächeln.
Es war echt, der Kummer war echt.
So wie ich ihn jetzt sah, so aufgeschlossen, aufgeregt und fast schon nervös, so hatte ich ihn zuletzt gesehen, als noch alles gut war, als Harvey noch nicht in unser Leben trat.
Er wirkte glücklich und dafür dankte ich Moira.
"Zu aller erst musst du wissen, dass ich dich nie abgegeben habe Aiden...niemals, nichtmal im Traum würde mir einfallen mein eigenes Kind wegzugeben, ob nun gewollt oder nicht, das kam für mich nie in Frage.." Tränen füllten ihre Augen, als ihre Stimme leicht brach.
"Was hat er dir erzählt?" Aiden spielte auf Harvey an, das merkte man an seiner Tonlage und an der Art, wie er das er aussprach.
Voller Verachtung und Hass.
"Er war Mediziner, wie du sicherlich schon weißt. Wir lebten hier, abgelegen und ungestört.
Hier solltest du geboren werden, durch deines Vaters Hand, in diesem Haus, in unserem Haus. Doch das sollte alles nicht geschehen."
Man konnte sehen, wie sehr sie mit sich kämpfte um nicht jeden Augenblick wieder weinen zu müssen.
"Harvey hatte andere Dinge vor, von denen ich zu dem Zeitpunkt noch nichts wusste.
Am Tag deiner Geburt, sagte er mir dann, dass etwas nicht mit dem Baby stimmte und er nicht wüsste ob du es schaffst...letztendlich brachte ich dich dann zur Welt, tot. Das sagte er mir zumindest.
Ich lag für drei Tage nach der Geburt im Koma und hatte keine Beweise, dass du lebtest.
Du warst in meinen Augen tot.
Jedoch nicht in meinem Herzen."
Aiden's Blick sank zu Boden, als ihm klar wurde, was Harvey ihm alles angetan und genommen hatte.
Er hatte ihn aus seiner Familie gerissen und von dort an über seine ganzen Schicksale bestimmt.
"Hast du...ich meine..." er sah vom Boden auf, direkt in Moira's Gesicht.
"Wie hast du herausgefunden, dass ich lebe?"
Sie lächelte matt und nickte in Roger's Richtung.
"Roger war für mich schon immer wie ein Vater, wir vertrauten einander und hielten zusammen.
Als er mir von all dem erzählte, was Harvey tat und vor allem was er mit dir tat, glaubte ich meinen Verstand zu verlieren."
Sie blinzelte ihre Tränen weg, lachte ohne Humor auf und seufzte.
"Das seltsame war, dass ich nie aufgehört habe dich zu lieben Aiden, ich wusste, dass die Liebe einer Mutter für ewig hält, bis in den Tod.
Irgendwas sagte mir, dass du lebst und hier sitzt du nun, lebendig, gesund...in unserem Zuhause."
Aiden's Hand griff nach meiner.
Als er schwer schluckte, merkte ich erst, dass auch er den Tränen nah war.
"Kann ich dich...kann ich dich Mom nennen?"
Er redete schnell weiter, bevor sie antworten konnte. "Ich weiß, dass es kindisch sein mag, aber es fühlt sich richtig an, das hier fühlt sich richtig an.
Ich dachte, ich bin nicht dafür geeignet von einer Mutter geliebt zu werden, doch wenn ich dich ansehe weiß ich, dass es anders ist"
Sie waren nicht einfach nur Mutter und Sohn, die beiden erzählten eine Geschichte.
Beide Seelen waren Teil einer riesigen Historie, ein Phänomen, welches sie durch Liebe wieder zueinander hat finden lassen.
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Hihey!:)
Danke für die votes, und vor allem die Hammer Kommentare immer!
I love euch!💕
Bis dann, eure Ayoka ❤️🌾🌙
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