Dark Like The Night

P. O. V. AIDEN

Als ich schlagartig erwachte und tief Luft holte, spürten sich meine Lungen wie zu eng aneinander gepresst an, außerdem drang mir ein muffiger Geruch in die Nase.
Es war stockdunkel und stickig.
Wo war ich?
Wie spät war es?
Mir tat alles weh, ich lag auf dem Rücken.
Die Händen auf meinem Bauch zusammengefaltet starrte ich an die Decke.
Ich versuchte meine Gedanken zusammen zu kramen, aber sie flatterten davon, wie tausend kleine Schmetterlinge im Wind, die plötzlich so unerreichbar schienen.

Ich wollte mich aufsetzen, mich umschauen.
War ich einfach eingeschlafen?
Ich konnte mich nicht daran erinnern, mein Körper fühlte sich schwer an, so schwer und träge, als würde mir jeder einzelne Knochen gebrochen worden sein.
Dennoch schaffte ich es endlich mich zu bewegen, jedoch nicht weit.
Ich stieß mit meinem Kopf an etwas, was sich anfühlte wie ein Regal und ließ mich zurücksinken.
Wo war ich bloß.
Und vor allem, wo war Harvey.
Ich erinnerte mich an kaum etwas.
Das einzige was ich noch wusste war Avery, mit der ich gefrühstückt hatte und dann ein paar gebrochene Teile, die Harvey zeigten, wie er...wie er jemanden erstach, schon fast zerstümmelte.

Ich wusste nicht wer es war, oder ob ich mir überhaupt selbst trauen konnte, weil ich mir so unsicher war, aber ich meinte mich zu erinnern, diese dumpfen Schreie gehört und Messerstiche gesehen zu haben, kurz bevor ich einschlief.
Erst jetzt fiel mir das kleine, vergitterte Fenster an der mir gegenüberliegenden Wand auf, was mir einen Blick auf den klaren Nachthimmel verschaffte.
Deutlich erkennbare Sterne, wolkenlos.
Der volle Mond spendete mir einen glänzenden weißen Schein, als sich meine Augen langsam an die Umgebung gewöhnten.
Gedanken meiner Vergangenheit schossen durch meinen Geist.
Warum verachtest du die Menschheit so sehr?

Stellte wirklich ich mir diese Frage?
Warum sollte ich sie nicht verachten, es gab genug Gründe die ich nennen könnte, und doch fiel mir grade nur einer ein.
Mein Blick war weiterhin in die Weite des Nachthimmels vertieft.
Beruhigender Anblick.
"Weil jeder von ihnen das Potential verbirgt einem anderen das Leben auf ewig zur Hölle zu machen." Erwiderte ich mir nachdenklich selbst.
Ich durchlebte den Schmerz der mir als Kind zugefügt wurde.
Die Therapie, meine ersten Morde.
Ich grinste.
Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich wahre Freiheit gespürt.
Etwas war an diesem Tag in mir gestorben und zu etwas Neuem geboren.

Und was war mit uns Mördern und Psychopathen.
Versauten wir den Leuten nicht auch das Leben?
Ich stieß ein lustloses Lachen hervor und kam mir direkt etwas verrückt vor.
Wir nahmen nur die Leben.
Leute die ein Kind missbrauchten oder generell einen Menschen vergewaltigten, von denen sprach ich.
Sie nahmen das Leben nicht, sie taten etwas schlimmeres.
Sie beeinflussten das Leben ihres Opfers, ließen es zu einer ewig andauernden Hölle mutieren.
Das war ein viel unvorstellbarer Schmerz als der Tod.
Genau genommen, tat der Tod nichtmal weh, nein, du spürtest es gar nicht, warst einfach frei.
Ich gewährte ein Ende, ein kurzes, kaltes, Ende.

Seit ich an mehr Kräften gewonnen hatte, konnte ich mich besser wehren und das würde ich.
Menschen waren Abschaum.
Ich war nur die Krankheit, die Krankheit die die Menschen überkam, wenn es soweit war.
Ich versuchte erneut mich umzuschauen, konnte aber noch immer nicht genau erkennen, wo ich mich befand.
Die Dunkelheit regte mich zum denken an, zum schwelgen, an alte Erinnerungen, die bei mir größtenteils nur schlechte waren.
Meine Welt war vor langer Zeit zerbrochen und sie konnte niemals vollständig geheilt werden, auch wenn es Menschen wie Avery gab, die mich die Welt für einen kurzen Moment anders sehen ließ.
Wir lebten in einer Welt, gemeinsam.
Ich war in eine Welt gewichen, in welcher ich Eroberer und Feind zugleich war.

Von jetzt auf gleich begann meine verdammte Brust wieder zu schmerzen.
Ich gewöhnte mich langsam an den Schmerz, auch wenn es manchmal so schien, als würde es von mal zu mal schlimmer werden.
Eigentlich war es kaum noch auszuhalten, aber was blieb mir anderes übrig.
Die Schmerztabletten die ich nahm wirkten kein bisschen.
Es fühlte sich an, als würde jemand versuchen mein Herz mit einer stumpfen Säge aus meiner Brust zu entfernen, es aber nicht durch den Knochen schaffen würde und wieder aus mir rausfuhr.
Immer und immer wieder.

Ich versuchte den Schmerz zu überspielen und wagte es ein zweites Mal vorsichtig aufzustehen.
Diesmal klappte es.
Langsam drehte ich meinen steifen Körper in Richtung Fenster und zögerte nicht, trotz der Schmerzen auf den frischen Luftzug zuzugehen.
Jeder verdammte normale Mensch hätte Angst vor der Dunkelheit, dieses Glück war mir nie zum Teil geworden.
Lange Zeit hatte ich vor kaum was Angst, bis ich mich dann irgendwann vor gar nichts mehr fürchtete.
Das war auch besser so.
Die Gewissheit Angst zu haben war doch eigentlich das, wovor wir uns eigentlich fürchteten.
Die Dunkelheit war kein Feind.
Sie war Schutz. Schutz vor dem Bösen und vor deinen Ängsten, du musstest ihr nur vertrauen.

Fang klein an, schalte das Licht aus und lege dich in vollkommener Dunkelheit in dein Bett, ohne eine Decke über deinen Körper zu legen.
Gib der farblosen Nacht eine Chance, dich erreichen zu können.
Vergiss das Licht.
Stell dir vor, dass das Licht etwas schreckliches mit sich trägt.
Blut an den Wänden, deine Familie, tot auf dem Boden, dein schlimmster Albtraum, direkt vor deiner Nase. Ein riesiges Horror Szenario und das nur, wenn du das Licht anmachst.
Ich rieb mir mit geschlossenen Augen die Schläfen und stöhnte leise und gedämpft auf.

"Spürst du den Schmerz?" Ich öffnete instinktiv die Augen, auch wenn mir klar war, dass seine Stimme durch einen Lautsprecher drang.
Ich schrie auf als der Schmerz schlimmer wurde.
"Hör auf verdammt!" Mein Schreien wurde flehend und mein ganzer Körper begann leicht zu zittern.
"Wirst du mir helfen, an meiner Seite arbeiten?"
Ich schüttelte den Kopf, auch wenn ich mir nicht ganz sicher war, ob er mich überhaupt sehen konnte.
Doch anscheinend konnte er das, denn es wurde schlimmer, bis ich nach Minuten voller Qual, versunken in meinen eigenen Hilferufen, bewusstlos auf den Boden sank.

~*~

P. O. V. AVERY

Wieder zögerte ich.
Bereits das dritte mal versuchte ich an die Tür zu klopfen, schaffte es aber nicht.
"Immer mit der Ruhe Avery..."
Für Aiden...
Ich strich meine Kleidung glatt, obwohl das nicht wirklich viel brachte und klopfte.
Keine Reaktion.
Erneut klopfte ich vor die mir nur all zu bekannte Holztür um erneut festzustellen, dass keiner aufmachte.
"Was willst du denn hier?" Ich erschrak und holte reflexartig mit der Faust aus, die direkt in Kyle's Gesicht landete.
Oh Mist...

"Oh scheiße...sorry." Ein bitterer Geschmack blieb in meinem Mund zurück als ich mich bei ihm entschuldigte.
Er rieb sich die Nase, der soweit nichts fehlte und sah mich stur an.
"Was hast du hier zu suchen Edison." Es klang weniger wie eine Frage, als er an mir vorbei in die Hütte ging.
Ich folgte ihm.
"Ich...naja..ich.." Er drehte sich um und ich wagte es nicht ihn auch nur anzugucken.
"Du was?!" Noch immer musterte er mich, bis er sich seufzend von mir entfernte und auf die immer noch da stehende Couch schmiss.
"Wenn du hier bist um mich zu töten, hättest du besser Aiden mitbringen sollen..." Er grinste frech, wusste aber genau so gut wie ich, dass es anders um ihn stehen würde wenn Aiden hier wäre.

"Das ist das Problem...
Aiden ist verschwunden und ich glaube Harvey hat ihn.." Er schien überrascht, was mich wiederum ebenfalls überraschte.
Ich dachte er war Harvey's kleiner Laufbursche.
"Harvey ist tot Avery.."
"Das dachte ich auch." Ich setze mich auf den Sessel neben der Couch und sah ihn eindringlich an.
Irgendwo in Kyle, glaubte ich immer noch ein Funken Hoffnung zu finden.
"Du wolltest Aiden doch nie wirklich töten, hab ich recht..?" Er zögerte, sah mir in die Augen, schüttelte den Kopf.
Ich lächelte innerlich, freute mich jedoch nicht zu früh.

"Ich kann dir jedenfalls nicht helfen."
Was? Aber ich dachte er...ich dachte er könnte mir Hinweise geben, Standorte, irgendwas!
"Nein nein nein! Du musst mir helfen Kyle!"
Er stand mit einem Mal auf und wirkte wütend und irgendwie auch verletzt.
"Warum um alles in der Welt sollte ich dir helfen den Jungen zu retten, der eine Person umgebracht hat, die mir so viel bedeutete, Huh? Sag mir das kleine Avery!" Ich schluckte einen riesigen Kloß runter und ärgerte mich, dass ich etwas Mitleid für ihn empfand.
"Ich weiß so etwas kann man nicht gut machen, vor allem nicht ich, aber ich bitte dich, mach' nicht den gleichen Fehler und lass mir Aiden...bitte Kyle..bitte". Ich klang brüchiger als je zuvor, was auch er merkte.

Als ich ihn seufzen hörte, war ich mir bereits sicher wieder gehen zu können.
"Was weißt du?" Mein Kopf schoss in seine Richtung.
"Was...?"
Augenverdrehend setzte er sich wieder und musterte mein Gesicht. Ich traute ihm noch immer nicht, mir blieb jedoch keine andere Wahl.
"Na, weißt du sicher, dass Harvey lebt, wann hast du Aiden zuletzt gesehen und wie war er drauf?"
Ich verstand, rutschte tiefer in den Sessel und erzählte ihm alles was ich wusste.
Von Aiden's und meinem Frühstück, der Anruf, das Notizbuch, die Einträge der Waffen und Hilfsmittel.
Natürlich war es mehr als riskant ihm Aiden's ganzes Sammelsurium von wertvollen Dingen zu präsentieren, aber was blieb mir anderes übrig?
Ich musste Aiden da raus holen, wo auch immer er steckte, er war nicht freiwillig dort.

"Wenn er wirklich bei Harvey ist.." Begann Kyle zögernd.
"Dann ist er in großer Gefahr." Seine Worte liefen mir eiskalt den Rücken runter.
Wie ein Schlag ins Gesicht traf mich diese Aussage.
"Ich verspreche dir, ich mache alles, wenn du mir hilfst Aiden zu finden... Ich muss nur wissen wo er ist und das war's dann! Bitte Kyle..."
Er sah mich einfach nur an.
Seine hellblauen Augen funkelten in meine und ich meinte für eine Sekunde Hoffnung und Verständnis in ihnen aufblitzen gesehen zu haben.
"Einverstanden." Meine Augen weiteten sich.
Hatte er das grade wirklich gesagt?
"Ich helfe dir, die Bedingung gibt es später noch..."
Ohne auch nur darüber nachzudenken was diese Bedingung beinhalten könnte begann ich breit zu grinsen.
"Du musst jetzt gehen, ich warte am alten Waldrand auf dich. Nimm eine Taschenlampe mit und am besten eine Waffe.
Bei Aiden wirst du bestimmt einige finden."

Ich stand auf, ging zur Tür und umgriff den Knauf.
Noch einmal drehte ich meinen Kopf zu Kyle.
"Dankeschön..."
Er nickte nur, mit einem kleinen, kaum erkennbaren Lächeln auf den Lippen.
Ich ging, ließ die Hütte hinter mir, als mir plötzlich einfiel, dass ich gar nicht wusste wann ich da sein sollte.
Schnell ging ich die erst wenig hinter mir gelassenen Meter zurück und ging ohne anzuklopfen rein, was ich im Endeffekt bitter bereute.

Das Bild vor mir nagelte sich abrupt in meinem Hirn fest.
Kyle, eng umschlungen und knutschend, mit keiner geringeren als Aleyna.
Sie wusste hiervon, von Harvey und den Dingen, die er Aiden antat.
Sie war ein Teil dieses perfiden Spiels.



@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@
Heyhi meine Hesslons🌚

Danke meine Friends, wir sind 100.000k, bei nur 18 Kapiteln! Wahnsinn!
I love euch!❤️
Bis dann, eure Ayoka ❤️🌾🌙

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top