Damaged
P. O. V. AIDEN
"Du bist krank Aiden, nu' lass dir doch helfen!"
Von jedem, egal wem, würde ich mir helfen lassen, nur nicht von Harvey.
Außerdem reagierte er vollkommen über.
Ich war erkältet, verschnupft, das war's dann auch schon wieder.
Ich ging ohne ihm zu antworten in mein Zimmer und stellte mich wie so oft in den vergangenen zwei Wochen an das kleine Fenster.
Noch immer war es regnerisch und dunkel, obwohl es grade mal Mittag war.
Ein kühler, nasser Herbsttag.
Von jetzt auf gleich spürte ich wieder diesen ziehenden Schmerz in meiner Brust und verkrampfte mich stark.
Ich versuchte jedes Mal aufs neue meinem Körper beizubringen milder auf diesen Schmerz zu reagieren, doch vergebens.
Es schien, als würde es von mal zu mal schlimmer werden.
Ich hörte nach den ersten dreißig Sekunden auf zu zählen, kniete mich auf den Boden, beide Hände krampfhaft auf meinen Knien liegend.
"Hör auf verdammt!" Eine Schweißperle rollte von meiner Stirn runter auf den kalten Beton.
Ich schrie, ohne irgendwelche Worte von mir zu geben, als würde es meinen quälenden Schmerz freilassennund ihn stoppen.
Es hörte auf, ich atmete kaum, traute mich nicht, da sich jeder Atemzug anfühlte wie ein Schliff mit Schmirgelpapier.
"Ich habe den Doctor gerufen.
Ich hoffe du lernst bald, dass du besser auf mich hören solltest mein Junge." Die Lautsprecher wurden wieder ausgeschaltet.
"Du dreckiger Bastard!" Unbewusst rollten mir Tränen aus den Augen und ich wurde sauer.
Ich weinte ganz bestimmt nicht wegen sowas wie ihm!
Ich biss meine Zähne zusammen und musterte meine von mir selbst aufgekratzte Haut an meinem linken Unterarm.
Sofort überkam mich der Drang, mir die wieder neu gebildete Kruste wegzukratzen und meinem Blut beim laufen und dann beim trocknen zuzusehen.
Das tat ich oft.
Es war befreiend, zeitvertreibend.
Meine dunkle Jeans und mein grauer Pullover wirkten wie der Raum selbst in dem ich hockte, kalt und lieblos.
Nichts war tapeziert oder geschmückt.
Ein Kontrast aus grau und schwarz.
Ich streichelte über meine Wunde, die bereits wieder nässte und beäugte die circa zehn Zentimeter lange und fünf Zentimeter breite offene Stellen an meinem Arm. Es tat nicht weh.
Das glaubte ich zumindest.
Ich spürte keinen Schmerz, es war eher eine Art von Genugtuung, Befreiung.
Schritte näherten sich und kurz darauf wurde meine Tür geöffnet.
"Er ist wach." Ich grinste leicht, stand auf und ging mit schnellen Schritten an Harvey vorbei, weiter in den letzen Teil des langen Flures.
"Endlich..." flüsterte ich zu mir selbst.
Ich betrat den Raum, sah den Mann, der es nicht anders verdiente als hier zu liegen und genoss seine verängstigten Blicke.
Harvey tötete selten wahllos, er suchte seine Opfer meist aus, genau wie ich damals.
Diese Menschen...sie verdienten es nicht anders.
Ich dachte sofort an Sydney und mir wurde schlecht.
Ein jaulendes Wimmern riss mich aus meinen Gedanken.
"Bitte...warum..."
Ich sagte nichts, zog mir einen Handschuh an und ging mit wandelnden Schritten auf den stählernen Tisch in der beleuchteten Mitte des Raumes zu, auf dem dieses nutzlose Stück lag.
"Du hast ganze zwei Stunden in Ohnmacht gelegen...hast mich echt warten lassen." Ich lächelte ihn an und prüfte ob noch alle Fesseln gut montiert waren.
Glühende Angst und pure Verzweiflung lagen in seinen jetzt nicht mehr schimmernden Augen.
"Lass mich dir davon berichten, was ich vor habe, alles klar?" Er weinte, schüttelte flehend den Kopf.
"Ich mag meine Arbeit weißt du.
Sie hat einen Hauch von Expressionismus in sich und ihr klang ist nicht von dieser Welt!
Außerdem hat sie so etwas atemberaubendes.
Ich kann entscheiden, ich bin der Boss und egal was du sagst, ich werde immer ein Gegenargument finden, also versuch' erst gar nicht dich rauszubetteln."
Ich ging um den Tisch, tippte mit meinen Fingern auf das kalte Metall und atmete den muffigen Geruch ein, an den ich mich langsam gewöhnt hatte.
"Du jedoch.." ich blieb vor seinem Kopf stehen, beugte meinen über seinen.
"Du würdest das alles nicht verstehen, weil du nicht mit meinen Ohren hörst und mit meinen Augen siehst."
Ich stützte mich zu fest ab, so dass der Tisch leicht wackelte, breitete meine Arme aus und zog einen Mundwinkel in die Höhe.
"Sie dich um, sieh dir an wo du bist.
Und das lustige ist, dass du nicht einmal weißt was du schlimmes getan hast um das hier verdient zu haben, hab ich recht?"
Er nickte zögernd, sah mich durch seine knallroten Augen hinweg an.
"Bitte Sir..." Ein raues Lachen verließ meine Kehle.
"Sir hm...werden wir etwa formal?"
"Bitte!" Ich hasste es wenn sie laut wurden, da der Raum sowieso schon jedes Wort widerschallte.
"Es tut mir leid, dass ich dich so auf die Folter spanne. Du musst ja schon ganz neugierig sein!"
Ich stellte mich wieder zu ihm an den Tisch und rieb mir in die Hände.
Ohne den Blick von seinem zu wenden griff meine Hand nach einem kleinen Messer, mit welchem es sich am feinsten arbeiteten ließ.
Als ich das Messer auf seinen Oberarm presste und es bis zu seinem Ellenbogen nach unten zog, schrie er bitterlich und weinte nur noch mehr.
"Wie hat es sich angefühlt dieses kleine, unschuldige Mädchen zu vergewaltigen Stan hm. Wie war das?
Hast du dich irgendwo versteckt und ihr aufgelauert? War es geplant, oder ganz spontan?" Das Messer bohrte sich tiefer in sein blutendes Fleisch und zog die nächste Linie bis zu seinem Handrücken.
Er rüttelte wie wild an seinen Fesseln.
"Es tut mir so leid...bitte ich...ich.." er stoppte in seinem Satz als ich ihm das Messer in die Hand rammte und er laut aufschrie.
"Du was? Du wolltest sie nicht entjungfern, wie ein Stück Dreck auf dem Gehweg zurück lassen und gemütlich nach Hause zu deiner Familie gehen?"
Wut bahnte sich den Weg durch meine Adern und ich suchte mir das nächste Werkzeug.
"Wollen wir doch mal sehen wie sich richtige Schmerzen anfühlen, was hältst du davon?"
Sie war elf.
Elf Jahre alt, auf dem Heimweg von ihrer Freundin, es war nichtmal sonderlich spät.
Sie war zur falschen Zeit am falschen Ort und traf ihn.
Sie überlebte, im Krankenhaus hat man jedoch Wunden festgestellt, die nicht einzig und allein von der Vergewaltigung stammen konnten.
Er hatte sie geschlagen, bewegungsunfähig gemacht.
Ich presste meine Zähne aufeinander und schloss meine Augen.
"Bitte...bitte.." Ich ignoriere ihn.
"Hast du jemals gesehen wie ein Hund kastriert wird, damit er nicht andauernd so räudig ist Stan?" Ich lächelte ihn an und zückte ein größeres Messer.
~*~
Ich sah die Dunkelheit durch geschlossene Augen, spürte die weiche Matratze unter meinem Gewicht einsinken und das Blut, wie es aus meinem Arm rann und wie sich die Kruste meiner Wunde unter meinen Nägeln löste.
Der Drang es immer und immer wieder aufzukratzen, war einfach jedes Mal zu groß.
Eine wohlige Gänsehaut bedeckte meinen Körper.
Meine Arme fühlten sich schwer an, nein, als wären sie gar nicht da.
Als ich meine Augen öffnete sah ich bloß die völlige Finsternis und den leichten Schein, der von dem Licht im Flur unterbrochen wurde.
Jemand war hier.
Jedes Mal wenn ich spürte, dass Harvey nicht allein war befürchtete ich Avery jeden Augenblick zu sehen und mir wurde jedes Mal aufs neue schlecht.
Aber sie war es nie.
Sie war zu Hause, in Sicherheit.
Ich lächelte zufrieden.
Der Gestank von Eisen und Desinfektionsmittel drang mir in die Nase.
Ein Doctor.
Meine Tür öffnete sich und mit ihr wurde die Hälfte meines Raumes von dem künstlichen Licht bestrahlt.
"Guten Abend Aiden, ich habe gehört sie sind krank?" Augenverdrehend legte ich mich auf die Seite und ignorierte den Typen.
"Ich konnte Ärzte auch nie leiden." Lachte er verständlich.
Ich stellte fest, dass Harvey nicht da war, nur der Doctor.
Plötzlich legte sich eine Hand auf mein rechtes Schulterblatt, die ich binnen weniger Sekunden packte und umdrehte.
Der Doc schrie schmerzerfüllt auf, woraufhin ich ihn losließ.
"Himmel junge! Ich will doch nur helfen!"
Ich drehte mich um, setzte mich aufrecht hin und sah ihm starr in seine Augen.
Er war deutlich älter als ich, auch älter als Harvey. Vielleicht um die sechzig.
Sofort erkannte ich, dass er leicht verängstigt war.
Wenn er für Harvey arbeitete, müsste er doch wissen was hier unten los war, warum aber fürchtet er sich dann?
"Ich brauche ihre Hilfe nicht." Meine Brust brannte leicht und ich versuchte mich zu beruhigen.
Ich hielt das nicht ein zweites Mal aus, nicht am selben Tag.
"Doch, die brauchst du." Er näherte sich meinem Gesicht und begann leiser zu sprechen.
"Ich habe ein Mittel gegen deinen Schmerz, du weißt schon, der, der von dem Chip ausgestrahlt wird."
Jetzt hatte er meine volle Aufmerksamkeit.
Ich nickte um ihn zu zeigen, dass er fortfahren sollte.
"Es gibt ein Medikament aus dem Jahre 1934 welches diese Schmerzen dämpft, wenn nicht sogar vollkommen verschwinden lässt."
Ich kniff die Augen zusammen.
Ich traute ihm nicht ganz.
"Wo ist der Haken?" Er sah zu Boden und sofort wurde mir klar, dass ich voll ins Schwarze getroffen hatte. Es gab einen Haken.
"Naja...genauer gesagt ist es eher eine Art...Betäubungsmittel." Ich verstand, konnte aber nicht glauben, dass er sowas von mir verlangte.
"Ich werde sie sicher nicht an mir rumoperieren lassen. Bei allem Respekt, aber nur über meine Leiche." Sofort schüttelte er den Kopf.
"Nein nein, du verstehst nicht.
Nicht ich werde dich operieren, sondern du dich selbst!"
Er sprach weiter als er merkte, dass ich zu geschockt war um irgendwas zu sagen.
"Das Mittel hält höchstens dreißig Minuten an, also musst du dich beeilen.
Nimm am besten ein kleines Messer...hier". Er drückte mir eine kleine Schachtel in die Hand und ging Richtung Tür.
"Warten Sie!" Zögernd drehte er sich um, sah mich bemitleidend an.
"Warum tun sie das?" Er lächelte ehrlich, winkte jedoch ab. "Irgendwann wirst du es verstehen."
"Und...woher weiß ich wo sich der Chip befindet?"
Er zuckte mit den Schultern als ich ihn bereits nur noch zur Hälfte sah.
"Das weißt du nicht.
Konzentrier dich, fokussier dich auf die schmerzende Stelle und fang an zu schneiden sobald du dir sicher bist.
Viel Glück mein Junge".
Damit verließ er den Raum.
@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@@
Hello my Hesslons:D
I hoffing euch geht es great & das Kapitel gefällt euch🌚
Bis dann, eure Ayoka ❤️🌾🌙
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top