Plotholes of the Caribbean
Obwohl ich das Musterbild eines Medienstudenten bin, schreibe ich normalerweise keine Rezensionen und schon gar keine Verrisse. Weder über Filme, noch über Theaterstücke, noch über Bücher auf zweifelhaften orangefarbenen Internetplattformen. Aber zu diesem Film - Pirates of the Caribbean - Salazars Rache, falls ihr es noch nicht erraten haben solltet - habe ich so viel zu sagen, dass ich es schwarz auf weiß festhalten muss.
Vor jedem Film gibt es dolle Trailershows, und auf die freue ich mich immer so abwegig, dass ich mir wirklich selten Trailer auf YouTube ansehe. Da werden Peepshows auf Filme gegeben, bei deren Anblick man zweifelnd zurückzuckt, wie Girls Night Out, solche, die entweder eine haarsträubende Katastrophe werden oder abgöttisch gut, wie Valerian und die Stadt der tausend Planeten, und solche, bei denen man Fähnchen schwingend im Kinosaal sitzt, wie Wonder Woman, und solche, bei denen man denkt:
Was? Noch einer von denen? Jetzt ist aber mal gut. Hört auf, bitte. Das kann ja nicht allzu gut werden.
Dies ist der Fall bei Transformers dem MMCXVIII., oder welcher auch immer dieses Jahr in die Lichtspieltheater der Nation kommt.
Oder eben Pirates of the Caribbean - Salazars Rache. Dessen amerikanischer Titel Dead Men tell no Tales einfach viel mehr hermacht. Als Salazar ebenjenen Satz im Film sagt, bin ich innerlich etwas ausgerastet.
Dazu sollte man wissen, dass die Fluch der Karibik-Filme, für all jene, die meine Profilbeschreibung nicht gelesen haben, für lange, lange Zeit meine absoluten Lieblingsfilme waren. Inklusive Celebrity Crush auf Jack Sparrow. Ich bin nicht stolz drauf (aber besser als Edward oder Jacob war es schon). Den ersten Teil konnte ich auswendig mitsprechen, ich freute mich wie ein Schnitzel, als es endlich mal Poster gab, als der merkwürdige vierte Teil in die Kinos kam, und ich besitze die DVD-Box der ersten drei Filme. Von der Musik bekomme ich heute noch Gänsehaut und sie inspirierten mich zu meinem nun ach so spurlos verschwundenen Werk Der letzte Pirat (man kann aber auch wirklich extrem gut dazu schreiben).
Also marschierte ich frohen Mutes hinein, ohne große Erwartungen. Ich hatte den Trailer gesehen und er versprach: Ganz unterhaltend, aber lange nicht so gut wie die vorherigen. Schau es dir mal an, mal schauen, wie es so ist. Der vierte war für mich gewissermaßen etwas enttäuschend gewesen, warum auch immer. Ich glaube, ich mochte die Meerjungfrauen nicht. Zwar war der dritte schon nicht allzu großartig, aber angesichts der Tatsache, dass die ersten drei Filme meine drei Evangelien darstellen, lasse ich darauf nicht allzu viel kommen.
Für alle, die komplett hinterm Mond leben und keine Ahnung haben, worum es in dem Streifen geht: Will Turners Sohn Henry will den Fluch seines Vaters brechen und ihn von der Flying Dutchman erlösen. Dafür braucht er ein Artefakt namens Dreizack des Poseidon, der, nun ja, genau das ist, was es ist, der angeblich alle Flüche der Meere brechen kann. Und angeblich gibt es natürlich nur einen Weg, den zu finden: Jacks guten alten Kompass, der auf das weist, was man am meisten will. Nebenbei will aber auch ein Geist namens Salazar den Dreizack, weil er dann kein Geist mehr wäre, und ist deswegen hinter Jack und dem Kompass her. Nebenbei will er sich an Jack rächen, weil der für sein Geisterdasein verantwortlich ist. Gastauftritte von: seinem "bestesten Freund" Barbossa, dem britischen Empire und einer Astronomin namens Carina, die den Dreizack als Vermächtnis ihres Vaters finden will.
Alle wollen Jack, alle wollen den Kompass, alle wollen den Dreizack, und niemand weiß, in welche Scheiße sie sich damit reiten.
Ab hier werde ich mit meiner absolut wahren, unanfechtbaren, subjektiven Meinung fortfahren. Das bedeutet vor allem, für alle, die den Film noch sehen wollen:
STAHP READING NOW
Nun denn, los geht's.
Ich will nicht behaupten, der Film wäre nicht unterhaltsam gewesen. Es gab Momente, in denen musste ich wirklich laut loslachen. Wunderbare, bisweilen großartige schmerzhaft schlechte Witze, unter anderem:
"Ein Skelett kommt in eine Bar und bestellt ein Bier und einen Mop."
*Pause*
*Pause*
*Aus der Ferne* "HAHAHAHAHAHAHAHAHAAAAAA!!!!"
Aua. Ja, der tut weh, ich fand ihn allerdings wirklich lustig. Und ja, ich bin leicht zu beeindrucken. Ebenso viele andere unterhaltsame Momente, über die ich wirklich kichern musste. Allerdings aber auch nur kichern oder der gute alte Nose Exhale. Kein lautes, schallendes Gelächter wie zum Beispiel die tolle Szene mit den Kapuzen bei Django Unchained, bei der ich mich fast bepisst hätte vor Lachen.
Seht ihr, jetzt sitze ich hier vorm Computer und lache schon wieder wie ein Irrer.
Naja, zurück zum Text. Unterhaltsam, aber nicht so unglaublich wie beispielsweise diese glorreiche Szene:
Kommt schon, ihr müsst zugeben, die Sache mit der Bank am Anfang war zwar witzig, aber reichlich an den Haaren herbeigezogen.
Und damit begann die Party der Plotholes, mit der meine Lieblingskreatur auf dieser Website seine wahre Freude gehabt hätte.
Die Bank. Ich meine, PotC ist albern, und total bekloppt, und die Hälfte davon funktioniert einfach nicht. Aber das, um Gottes Willen, das ging nicht. Das war zu viel.
Dann diese Szene mit den Hinrichtungen. Guillotine hin oder her, es war wie diese eine Szene mit dem Wasserrad im zweiten Teil, nur übertriebener. Und wie Henry sich in die Szene hineinschwingt wie Tarzan! Wo macht der das Seil überhaupt fest? Am Kirchturm? Dann funktioniert das so garantiert nicht. Do you even physics bruh?
Und es hört nicht auf! Salazars Schiff hat eine tolle Fähigkeit: es verschlingt Schiffe. Sieht fancy aus, ist ziemlich badass, und niemand kann etwas dagegen tun. So schön, so gut. Kann ich mit umgehen.
Aber. Warum zur Hölle explodieren die Schiffe dann, als wären sie in einem Michael Bay-Film?
Schiffe sind aus Holz. Zwar haben sie Pulver an Bord, aber nur an einer bestimmten Stelle im Schiff. Auch bei Angriffen sorgt das nie dafür, dass die Dinger einfach in die Luft fliegen, es sei denn, das Pulvermagazin wird getroffen. Aber es gibt keine fünf Explosionen, nur weil sich ein Schiff in dein Schiff frisst (laut Wikia war es aber genau deswegen... meh!!!).
Das ist eigentlich ziemliche Haarspalterei, aber gestört hat es mich trotzdem.
Außerdem, unnötiges Zeugs: klar, unsere Freunde vom Empire mussten wieder dabei sein, ohne sie wäre es langweilig. Aber dann gebt ihnen doch bitte eine große Rolle oder eine ganz kleine, und nicht so ein dämliches Zwischending, bei dem man nie weiß, ob man sie noch mal braucht oder nicht. Und ihr Untergang... man darf den Briten trotz Brexit einräumen, dass sie doch sicherlich genug Schneid gehabt hätten, sich wenigstens einmal anständig gegen Salazar zu wehren. Platt gemacht hätte er sie trotzdem, aber sie wären wenigstens mit Pauken und Trompeten untergegangen statt mit übertriebenen CGI-Explosionen.
Ebenso die echte Hexe. Ich mochte sie, sie war wirklich verdammt cool, aber 1., sie war zu sehr wie Tia Dalma aus den ersten drei Teilen, und 2., sie hatte bis auf ein paar Infos keine Funktion. Also, so gar keine. Und diese Infos kann man den Charas auch anders unterjubeln, da braucht man keine Extra-Figur für.
Oder Salazars Körperschlüpfer-Fähigkeit. Die hätte auch mehr Stil gehabt, wenn man sie schon einmal gesehen hätte. So machte sie ihn nur ein wenig unglaubwürdig - warum hat er den Trick nie zuvor abgezogen? Ich meine, so ein Geisterkörper kann nicht bequem sein, vor allem dann nicht, wenn einem der halbe Kopf fehlt. Ich kann schon verstehen, warum er sich lieber in Henry Turners Alabasterkörper aufhält.
Das für mich massivste Plothole war jedoch folgendes. Ihr erinnert euch doch sicher noch an Blackbeards Schwert, das sein Schiff kontrollieren konnte? Oh nein, es konnte nicht nur das Schiff, sondern auch die Meere kontrollieren. Ein mächtiger magischer Gegenstand, für den ich beim RPG sicher lange würfeln müsste. Barbossa hat Blackbeard niedergemacht und das Schwert abgestaubt. Er hatte es immer noch.
Hat er es bei seiner spektakulären Flucht vor Salazar eingesetzt? Das schnellste Schiff, die Black Pearl, unterstützt von dem magischen Schwert, hätte Salazar Gischt fressen lassen. Und wenn es nur die Queen Anne's Revenge kontrolliert (was es nicht tut, schließlich hat es die Pearl gegen seine Crew aufgehetzt), hätte man eben die Revenge benutzt, um Salazar zu entkommen.
Aber nein. Es war, als hätte das Schwert plötzlich keine Fähigkeiten. Er hat es nicht benutzt, nicht ein einziges Mal, und das, das sind Dinge, die mich wirklich, wirklich gestört haben.
Nur zu Befreiung von der Black Pearl aus der Flasche. Zuerst braucht man eine ellenlange Liste von Dingen, und dann, plötzlich, ein einfaches Stibbity Stab, und alles ist gut. Langweilig, langweilig, langweilig. Ich hatte mehr erwartet.
Aber man! Waruuuum nicht als richtiges magisches Schwert... da baut man extra so einen Gegenstand ein und nutzt ihn nicht. Like what.
Ich könnte nun noch sehr lange Zeit über das Schwert schwadronieren, aber lassen wir das. Wisset nur: ich bin enttäuscht von der Nichtnutzung des Schwerts. So.
Aber... ach ja, das Schwert. Es hatte einen Dreizack als Verzierung an der Klinge. Und was denkt mein medienerfahrenes Hirn? Das ist doch bestimmt der Dreizack. Kein echter Dreizack, sondern, was weiß ich, eine Zacke, die jetzt ein Schwert ist, oder ein Dreizack im übertragenen Sinne! Alle suchen wie bekloppt nach dem Teil, und dabei ruht es nett und bequem an Barbossas uralten Hüften! Ich wurde aufgeregt. Sehr aufgeregt. Überlegt mal, wie cool das gewesen wäre! Man hätte fast nichts an der Handlung ändern müssen, und es machte Sinn - Macht des Meeres, Poseidons Kräfte. Und Barbossa hätte sich noch nett querstellen können, weil er sein Schwert nicht hergeben wollte, als es dann an die Zerstörung des Dreizacks ging, um die Flüche zu lösen.
Und die Insel der Sterne hätte die Isla de Muerte sein können - ihr wisst schon, die Schatzinsel aus dem ersten Teil, von der man im zweiten Teil erfährt, dass sie von einem Hurrican zerstört wurde. Es hätte perfekt gepasst! Auch, dass Barbossa sie gebaut hatte! Es wäre genial gewesen! Aber nun. Dann halt nicht. Man reiche mir das Drehbuch und 1 Mio. Euro, und ich mache es nochmal anständig.
Dabei würde ich Jack Sparrow auch wieder seinen Biss zurückgeben. Klar war er schon immer ein Trunkenbold, doch in diesem Film haben sie es dezent übertrieben. Er ist schwach geworden, ein Trinker, verweichlicht! Es passte wunderbar zur Story und zu der Tatsache, dass auch Johnny Depp ein wenig in die Jahre gekommen ist, aber... man hat sich ein wenig mehr erwartet. Natürlich, er kann gerne betrunken bleiben. Aber nicht nur reden, sondern vielleicht auch kämpfen. Am besten alles zusammen. Betrunken kämpfen und sich dabei um Kopf und Kragen reden.
Einen massiven Pluspunkt hat dieser Film. Salazar. Dieser Mann ist großartig.
"Jedes mal, wenn ich mit dem Schwert auftippe, stirbt einer deiner Männer." *tock* [...] *tock* "Ich würde dir raten, schneller zu sprechen."
Und dann, am Ende, dieses herrliche Stakkato. Ich hab echt Gänsehaut bekommen. Wunderbar. Und diese Vorgeschichte dazu! Er ist mir wirklich sympathisch.
Leider klatscht der Film mit dem Flashback Jack Sparrows Vorgeschichte ziemlich in den Eimer, was in der Tat eine himmelschreiende Schande ist. Wer sie nicht kennt, möge dem externen Link folgen.
Was ich ihm jedoch nicht verzeihen kann, ist, dass Salazar der Grund ist, warum Barbossa sterben muss. Klar, natürlich ist Barbossa nicht wirklich tot, so ein Gerücht, das mich über die Szene nach den Credits, die ich nicht gesehen habe, aber das hat mich doch schwer getroffen. Barbossa war einer meiner Lieblingscharas seit dem ersten Film, und dass er gleich zweimal sterben musste, hat mich schwer getroffen.
Allerdings war das sowas von klar, nachdem er Carina gesagt hatte, dass er ihr Vater ist (ohne Witz - Ich konnte im Hintergrund die Filmemacher hören, wie sie Darth Vader zitierten). Plot Devices und so. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass Jack Sparrows Lieblingsfeind stirbt!
Der Film trug allerdings auch dazu bei, dass wir Will und Elizabeth wiedergesehen haben, und dass sie wieder vereint wurden, nachdem der Fluch gebrochen war (sie wiederholen sich - der Sohn rettet den Vater unter Einsatz seines Lebens vor der Flying Dutchman), war eines der schönsten Bilder ever. Ich hatte fast etwas Pipi in den Augen. Wenn auch nicht so viel wie bei Barbossas Tod.
Es hatte in der Tat etwas von einem Neuaufguss von allem. Sohn rettet Vater. Geisterpiraten. Liebe. Bah.
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WER VORHIN AUSGESTIEGEN IST, DARF HIER WIEDER EINSTEIGEN
Es mag erscheinen, als hätte ich den Film ganz, ganz furchtbar gefunden. Dem ist nicht so! Er war nett und unterhaltsam und bisweilen richtig witzig. Ich bereue es nicht, rein gegangen zu sein. Aber lange nicht so gut wie die ersten drei Filme. Sie hätten es danach einfach lassen sollen.
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