König Drosselbart...Kapitel 8
Shawn, Shawn, Shawn...überall nur Shawn Ryan
Cord war nach diesem Kuss nicht mehr zurückgekommen. Trish hatte noch gewartet, war dann aber eingeschlafen und erst wieder erwacht, als ihr Wecker klingelte.
Alles war noch genauso, wie sie es am Abend zurückgelassen hatte. Es stand dieses Mal kein Becher im Abtropfgitter und es war auch kein Messer in der Spüle, welches sie noch spülen sollte. Selbst ein Blick in Cords Schlafzimmer zeigte, dass er in der Nacht nicht zurückgekommen war.
Trish machte sich seufzend einen Tee und schaute auf die Straße. Vielleicht stand wenigstens irgendwo sein Auto? Doch auch das war nicht hier. Was war nur los mit dem Mann, dass er nach einen Kuss fliehen muss, als ob sie ein Monster oder so etwas wäre?
Trish machte noch einen schnellen Blick in den Kühlschrank, aber da sie gerade einmal genug Geld hatte, um den Bus zu nehmen, würde sich Cord mit den Resten des gestrigen Essens zufriedengeben müssen. Falls er überhaupt zurück kam.
Sie duschte sich und zog sich an, als sie ein Klingeln hörte, was von einem Smartphone kam. Auf dem Küchentisch fand sie es schließlich und ging ran.
„Ähm, hier ist Cord!", hörte sie seine brummige Stimme.
Sie setzte sich hin.
„Guten Morgen."
Ihre Stimme klang besorgt, aber auch wütend. Cord schien das auch zu bemerken. Sie hörte, wie er seufzte.
„Ich bin nicht gut in sowas. Entschuldigen und so. Hab gestern wohl den Kopf verloren."
Sie lächelte leicht.
„Kein Problem. Du hast mir ja eigentlich von Anfang an gesagt, dass du mich nicht für sehr attraktiv hältst. Es tut mir leid, dass ich dich so überrumpelt habe."
Er murmelte etwas, aber sie verstand nicht, was er sagte.
Sie wollte es ihm aber einfach machen.
„Hör zu, Cord, mir ist klar, dass du mich nicht bei dir haben willst und ich bekomme es sogar fertig und vergraule dich aus deiner eigenen Wohnung. Wir machen es so. Ich gehe arbeiten und werde dort fragen, ob ich vielleicht doch in dieses Sozialprogramm von Shawn Ryan unterkommen kann. Ich bin mir sicher, dass mich auch jemand bei sich aufnimmt, bis ich die Stunden abgearbeitet habe. Oder ich frage in einen dieser Heime, ob ich eine Nacht dort bleiben kann."
„Nein!"
Sie zuckte erschrocken zusammen, als er ihr mit einem harten Klang in der Stimme antwortete. Aber gleich darauf beruhigte er sich wieder und räusperte sich. Nun war die Stimme zwar wieder brummig, aber sanfter als vorher.
„Brauchste nicht. Ich hab es beinahe vergessen. Kannst wohnen bleiben."
Sie sackte leicht in sich zusammen. Er hatte den Kuss schon vergessen? Verdrängen würde es wahrscheinlich eher treffen.
Sie atmete tief ein.
„Nun gut. Wenn du das so willst, dann bleibe ich natürlich. Nun muss ich allerdings zur Arbeit." Sie schluckte hart. „Sehe ich dich dann heute Abend?"
Er brummte erneut.
„Wahrscheinlich. Ich wohn ja da."
Trish verbiss sich eine Antwort darauf. Stattdessen blieb sie lieber neutral.
„Ich mache heute Abend dann die Reste. Es wäre schade, wenn ich es wegwerfen müsste."
Wieder hörte sie sein Brummen.
„Ist okay."
Sie verabschiedete sich, hatte aber irgendwie das Gefühl, dass er das Telefonat nicht beenden wollte. Was war nur mit dem Kerl los? Erst warf er sie weg, wie eine verfaulte Kartoffel, dann entschuldigte er sich auf seine recht typische Art und nun sprach er mit ihr. Freiwillig!
Er plauderte sogar noch eine ganze Weile und Trish musste sogar das Smartphone mitnehmen, damit sie den Bus nicht verpasste.
Cord schien zu begreifen, dass jeder Satz, den er sprach, sie verletzte.
„Tut mir leid. Ich esse es dann heute. Was rennste denn?"
Sie lachte leise.
„Ich muss zum Bus, Cord. Du hast das Auto. Ich will nicht zu spät kommen."
Er lachte tief.
„Soll ich dich morgen fahrn?"
Sie erreichte die Haltestelle noch rechtzeitig und stieg in den Bus ein.
„Das brauchst du nicht. Ich weiß ja nicht einmal, wo du arbeitest."
Er brummte erneut.
„Hab ich dir ja nie gesagt. Dachte, es interessiert dich nicht. Ich arbeite beim Ryan Gebäude."
Sie runzelte die Stirn.
„Vor dem Gebäude der Ryan Cooperation? Was machst du denn da?"
Wieder ein Brummen. So langsam glaubte sie, dass er brummte, wenn er nicht wirklich antworten wollte.
„Dies und das!"
Sie lachte leise, um die anderen Fahrgäste nicht zu stören.
„Ich denke, es wird etwas mehr sein als nur dies und das."
Nun seufzte er.
„Ist auszuhalten."
Sie hörte, wie er den Motor des Wagens startete.
„Du rufst von einem Smartphone aus an? Du hast ein neues Smartphone?"
Sie setzte sich kerzengerade hin.
„Ist nicht meins. Von der Arbeit."
Das war eine gute Erklärung.
Himmel, sie stellte sich aber auch an.
„Dann warst du die ganze Nacht auf der Arbeit?"
Wieder ein Brummen.
„War beim Boss. Hab gesagt, dass ich einen Platz zum pennen brauch."
Sie seufzte leise.
„Es tut mir leid, Cord. Das ist meine Schuld gewesen."
Sie hörte ein Klackern, dann ein Fluchen. Es hörte sich so an, als ob er das Smartphone fallen gelassen hätte.
„Heute Abend. Wir reden heute Abend."
Sie bejahte und erwartete, dass er auflegte. Aber keiner von den beiden schien das Gespräch beenden zu wollen. Wenn man es überhaupt Gespräch nennen konnte. Im Moment schwiegen sie sich an. Trish konnte nur seien Atem und das Geräusch eines Motors hören. Das war doch doof! Er sollte einfach sagen, wenn er nichts mit ihr anfangen konnte.
„Ich kann immer noch gehen, Cord.", fing sie wieder an.
„Will nichts davon wissen. Wir reden heute Abend."
„Das hier ist Ellen Ryan. Sie wird heute auch etwas aushelfen."
Trish schluckte hart und gab der älteren Frau die Hand. Josh zwinkerte ihr zu und ließ die beiden dann alleine.
Trotz der Jeans und dem Shirt sah Ellen Ryan sehr elegant aus. Ihr graues Haar war kurz geschnitten und sie war sehr klein. Sie sah Trish neugierig an, ohne aber arrogant zu wirken.
„Sind sie mit Shawn Ryan verwandt?", fragte Trish höflich, obwohl sie es sich schon denken konnte.
Ellen lachte leise.
„Und wie ich mit ihm verwandt bin. Er ist mein Sohn."
Trish schluckte erneut.
Das war heute schon das zweite Mal, dass sie an Shawn Ryan erinnert wurde. Erst von Cord und nun von seiner Mutter.
Aber nun fielen Trish diese grauen Augen auf, die sie auch von Shawn kannte. Endlich fiel ihr ein, an wen die Augen von Cord sie erinnerten. An Shawn! Nur das Cords Augen dunkel waren, aber ansonsten glichen sie sich.
Immer wieder Shawn Ryan.
Verflucht, dieser Mann schien sie zu verfolgen.
Shawns Mutter schien ihr Zögern misszuverstehen.
„Keine Sorge, Beatrice. Ich werde sie heute nicht prüfen oder so etwas. Ich will einfach etwas Zeit mit den Kindern verbringen und mein Sohn hat es erlaubt."
Trish runzelte die Stirn.
„Ich dachte, Josh würde der Schirmherr hier sein?"
Ellen nickte.
„Natürlich. Aber Shawn hatte dieses Zentrum vorher aufgebaut und er ist selbst sehr oft hier. Da ihm aber die Zeit fehlt, überall präsent zu sein, übergab er alles Josh."
Trish hatte das Gefühl, dass ein Lastwagen sie überfahren hätte.
„Er kommt oft hierher?"
Ellen lächelte sie an.
„Ja, aber im Moment hat er ein anderes Projekt, dass er betreut. Kennst du meinen Sohn etwa?"
Trish wäre am liebsten im Erdboden versunken. Sie konnte Ellen doch nicht sagen, dass sie Shawn zutiefst beleidigt hatte.
„Ich habe ihn einmal kurz gesehen.", wich sie aus.
Ellen tätschelte ihr die Hand.
„Oh je, Kind, du bist ja ganz blass. Hast du nichts gefrühstückt? Oder ist es mein Sohn, der dich so erschreckt?"
Sie zwang Trish sich zu setzen und holte ihr rasch eine Tasse Kaffee.
„Hier, trinke das. Ich kann dir versichern, dass egal, was mein Sohn getan hat, ich ihn anders erzogen habe."
Trish lachte freudlos.
„Ich glaube, ich war es, die ihrem Sohn gezeigt hat, dass ich wohl verzogen wurde."
Ellen tätschelte ihre Hand.
„Ach, Mädchen. Jeder hat einen schlechten Tag, oder?"
Trish seufzte.
„Wenn ich ehrlich sein soll, dann habe ich mich erst hier verändert. Damals war es eine normale Trotzreaktion von mir gewesen. Aber nun..."
Sie dachte daran, dass es nur einem Mann zu verdanken war, dass sie sich so verändert hatte. Ein Lächeln erschien auf einmal auf ihren Lippen, ohne dass sie es merkte.
Ellen klatschte freudig in die Hände.
„Oh, dieses Lächeln kenne ich. Da steckt ein Mann dahinter, habe ich Recht?"
Trish nickte und senkte dann den Kopf.
„Den Unmöglichsten, den ich je hätte finden können. Er passt eigentlich gar nicht zu mir. Und doch..."
Ellen tätschelte ihr die Hand.
„Erzähle es mir."
„Sie ist in dich verliebt!"
Shawn starrte zuerst auf den Hörer, bevor er ihn wieder ans Ohr hielt.
„Mum?"
Seine Mutter lachte.
„Ja, ich bin es. Und ich habe dir gerade gesagt, dass Trish in dich verliebt ist. Nun ja, nicht direkt in dich, weil vor Shawn Ryan hat sie Angst. Allerdings mag sie Cord Walsh unheimlich gerne."
Shawn schnappte nach Luft.
„Sie hat vor mir Angst?"
Ellen gab einen zögerlichen Laut von sich.
„Nun, nicht gerade Angst. Aber sie hat dich wohl etwas beleidigt und deswegen will sie dir nicht unbedingt begegnen. Aber sie mag Cord!"
Shawn schnaubte.
„Cord existiert aber nicht! Verflucht, das hatte ich nicht kommen sehen!"
Seine Mutter lachte leise.
„Aha!"
Er runzelte die Stirn.
„Was Aha?"
Sie lachte lauter.
„Du magst sie eigentlich auch, aber jetzt merkst du gerade, dass sie sich in deine Kunstfigur verliebt und nicht in Shawn Ryan."
Er schnaubte.
„Ich mag sie, das gebe ich ja zu. Aber erst, seit sie sich zusammenreißt und keine solche Zicke mehr ist."
Nun war es Ellen, die schnaubte.
„Und wer hat das hinbekommen? Cord!"
Shawn schnaubte ebenfalls.
„Also ich."
Nun hörte er seine Mutter wieder lachen, aber es war eher sarkastisch.
„Nein, Shawn. Wenn ich ehrlich sein soll, dann hat sie so jemand wie Cord gebraucht. Sie hat mir erzählt, wie du mit ihr als Cord umgesprungen bist. Ich bin mir sicher, dass du es als Shawn nicht so reagiert hättest. Ich wusste gar nicht, dass du so fies sein kannst."
Shawn lehnte sich zurück.
"ich war nicht fies. Ich habe ihr nur ab und zu die Meinung gesagt. Wahrscheinlich hast du aber Recht. Als Cord konnte ich das sagen, aber als Shawn hätte ich mich zurück gehalten."
Seine Mutter lachte.
"Shawn, du bist ein sehr wohl erzogener Mann mit guten Manieren. Vielleicht ist es aber ab und zu nötig, dass du auch etwas Cord bist. Zumindest hat sie sich in Cord verliebt und das finde ich schon toll, denn Cord hat ja nun keinen Reichtum."
Shawn lachte zynisch.
„Nun, wir werden sehen, ob es wahr ist, dass sie sich nur des Mannes wegen verliebt hat. Ich werde sie vielleicht auf die Probe stellen."
Seine Mutter schwieg einen Moment.
„Was hast du vor?", fragte sie dann vorsichtig.
Er lachte leise.
„Ich werde Cord für eine Weile verschwinden lassen. Mal schauen, ob sie es sich nicht anders überlegt und den armen Schlucker sausen lässt..."
Bevor seine Mutter was sagen konnte, hatte er schon aufgelegt.
Trish sah zu, wie Cord eine kleine Reisetasche packte.
„Du willst mich wirklich alleine lassen? Wie lange?"
Er zuckte mit den Schultern.
„Weiß nicht. Hab's mir nicht ausgesucht. Muss nehmen, was ich bekomme. Und du bist doch schon erwachsen. Du brauchst mich nicht."
Trish seufzte und schlang ihre Arme um ihren Oberkörper.
„Das weiß ich doch. Wenn ich noch einen Job annehme, dann könntest du..."
Er sah sie ernst an.
„Wie willste das machen, hm? Du arbeitest doch schon!"
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich könnte weniger Stunden für das Gericht arbeiten, dafür länger hierbleiben und mir einen Job..."
Er schüttelte entschieden den Kopf.
„Ne, machste nicht. Ich lass mich nicht von dir aushalten!"
Sie verdrehte genervt die Augen.
„Ich werde dich doch nicht aushalten. Ich will nur verhindern, dass du weg von Atlanta musst. Schon wieder."
Er zuckte mit den Schultern.
„Ist mein Job, Prinzessin."
Er schloss die Tasche und sah sie dann lange an.
„Wollte es auch anders. Kannste mir glauben. Aber ich lass dir etwas Kohle da. Und mein Smartphone. Wenn was ist, ruf mich an."
Sie senkte leicht den Kopf.
„Du haust aber nicht wegen dem Kuss ab, oder?"
Sie hörte, wie er näher kam, hob den Kopf aber nicht an. Stattdessen schaute sie auf die Schuhspitzen seiner alten Turnschuhe.
Sie spürte, wie er mit dem Finger über ihre Wange strich.
„Ne, mach ich nicht. Aber du kannst jetzt machen, was du willst, Prinzessin. Kein Aufpasser mehr. Ich glaube, dass bekommst du gut hin."
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich bin noch nicht soweit, Cord.", murmelte sie.
Sanft hob er ihr Kinn mit dem Finger an.
„Doch. Ich glaube fest daran."
Er senkte den Kopf und küsste sie leicht, doch als sie die Arme um ihn legen wollte, ging er einen Schritt zurück.
„Noch nicht, Prinzessin. Vielleicht überlegst du es dir noch, wenn ich weg bin."
Sie seufzte.
„Du nimmst immer noch das Schlimmste von mir an."
Er grinste.
„Ah, nicht mehr ganz das Schlimmste. Und jetzt gehe ich mal. Ich melde mich morgen bei dir."
Sie nickte und begleitete ihn noch bis zum Auto. Kurz bevor er einstieg, küsste er sie auf die Wange.
„Bis dann, Prinzessin."
„Du hast deinen Aufpasser los? Oh, da habe ich dann eine Idee."
Andrea war unerwartet in der Kindertagesstätte aufgetaucht und hatte sich gleich zu Trish gesetzt.
„Wenn er nicht mehr da ist, dann könnten wir heute doch etwas unternehmen, oder? So ein Mädelsabend."
Trish zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß nicht."
Eigentlich hatte sie keine Lust dazu. Cord war nun seit drei Tagen weg, aber er rief sie jeden Abend an. Es waren gute Gespräche, auch wenn sie ihn danach noch mehr vermisste. Irgendwie hatte Cord es geschafft, dass Trish ihr altes Leben nicht mehr vermisste. Sie war nicht mehr scharf darauf, jeden Abend Party zu machen. Stattdessen blieb sie lieber zu Hause und wartete auf Cords Anruf. Selbst das Geld rührte sie so gut wie nie an. Sie kaufte nun besonnen ein und achtete auf jeden Cent.
Andrea lächelte.
„Ach du lieber Himmel. Er kontrolliert dich immer noch, obwohl er nicht einmal hier ist."
Trish schüttelte den Kopf.
„Nein, so etwas tut Cord nicht. Aber..."
Andrea schnaubte.
„Na gut, dann beweise es mir. Ruf ihn an und frage, ob du heute mit uns Mädels ausgehen darfst."
Trish hob fragend eine Augenbraue.
„Was?"
Andrea nickte.
„Ja. Denn sonst glaube ich, dass du dich insgeheim von ihm vorschreiben lässt, was du zu tun und zu lassen hast. Also, ruf ihn an."
Trish nahm Cords altes Smartphone in die Hand und betrachtete es.
„Ich will ihn nicht stören. Er arbeitet bestimmt gerade."
Andrea schnaubte erneut.
„Und wenn er es nicht tut? Wenn er einfach die Schnauze voll hatte und sich gerade irgendwo an einem Strand die Sonne auf den Bauch scheinen lässt?"
Trish grinste. Das konnte sie sich nun wirklich nicht vorstellen, aber sie wollte Andrea den Gefallen tun.
Sie wählte Cords Nummer und musste nicht lange warten, bis sie seine brummige Stimme hörte.
„Trish, was los?"
Sie schloss einen Moment die Augen, als sie seine Stimme hörte. Sie vermisste ihn. Jetzt schon.
„Nichts Schlimmes, Cord. Du weißt doch noch, wer Andrea ist?"
Er brummte erneut.
„Die Frau von der Kleiderkammer?"
Sie lachte.
„Genau. Sie wollte mich heute zu einem Mädelsabend einladen."
Einen Moment herrschte Stille, bevor er sich wieder meldete.
„Und warum rufst du mich an? Hör mal, ich kann dir doch nicht sagen, was du tun und lassen sollst?"
Trish horchte auf.
„Also willst du es nicht?"
Er seufzte.
„Hab ich nicht gesagt, Prinzessin. Warum willste alleine bleiben? Geh mit den Mädels auf Tour."
Trish seufzte leise.
„Na ja, etwas habe ich das schon vermisst.", gab sie zu.
Wie sollte sie es auch nicht vermissen? Vor etwas mehr als einer Woche war sie noch beinahe jeden Abend auf einer Party gewesen. Es war schon irgendwie seltsam, dass sie sich auf einmal so geändert hatte.
Sie hörte ein leises Klappern. Beinahe könnte man meinen, dass jemand etwas auf einer Tastatur tippte. Einen Moment war Trish irritiert. Cord war kein Büromensch, sich so etwas schon vorzustellen, war lachhaft. Wahrscheinlich stand er nur neben einer Sekretärin.
„Du hast doch jetzt eine Weile schwer geschuftet. Gönn dir das doch mal."
Sie lächelte.
„Nun, dann sollte ich wirklich ausgehen."
Er brummte und sie verabschiedeten sich auch bald.
Andrea strahlte und hob beide Arme in die Luft.
„Frauenabend!"
Shawn schaute nervös zum Eingang des Clubs, in den Andrea bald mit Trish und den anderen Frauen auftauchen sollte. Natürlich hatte er alles mit seiner Sekretärin abgesprochen. Andrea war zuerst nicht begeistert gewesen, dass er Trish schon wieder testen wollte, aber die Aussicht, dass ihr Chef den ganzen Abend finanzierte, beruhigte sie dann doch etwas.
Er strich sich immer wieder über sein glattes Gesicht, was mittlerweile sehr ungewohnt war. Shawn hatte sich tatsächlich an den Bart gewöhnt, doch wenn er Trish wieder begegnete, musste es als Shawn sein und nicht als Cord.
Er seufzte leise.
Sie telefonierten jeden Abend miteinander und ihm gefielen die Gespräche. Es störte ihn nur, dass sie eben nicht wusste, dass er Shawn war und nicht Cord.
Mittlerweile war er selbst manchmal verwirrt.
Er lehnte sich gegen den Tresen und beobachtete weiter die Leute, die in den Club kamen. Eigentlich würde er einen ruhigen Abend vor seinem Kamin bevorzugen, aber heute musste er mal den Partyhengst geben, auch wenn er absolut keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte.
Endlich sah er Andrea und die Frauen. Beinahe hätte er sich an seinem Whiskey verschluckt, als er Trish sah.
Er hatte sich ja in den schlimmsten Farben ausgemalt, wie sie aussehen würde, doch er musste zugeben, dass sie sich wirklich sehr schick gekleidet hatte. Sie trug ein schwarzes Etuikleid. Der Saum des Kleides endete etwas über ihren Knien und gab den Blick auf ihre schlanken Waden frei. Der Kragen bestand aus Spitze und bedeckte ihren Hals.
Das hätte er sich nun nicht als Kleidung eines Partygirls vorgestellt. Damit könnte er sie sogar zu den Geschäftsessen mitnehmen. Sie sah um Klassen besser aus, als die viel zu jungen Frauen, welche schon von ihren reichen Männern aufgetunt worden waren.
Trish hatte Klasse, doch leider bemerkte das nicht nur Shawn.
Ein junger Kerl näherte sich den Frauen und quatsche Trish an, die allerdings lächelnd den Kopf schüttelte und auf die Frauen zeigte.
Offensichtlich gab sie ihm zu verstehen, dass sie mit diesen Frauen hier war und dies auch nicht ändern würde.
Beinahe wäre Shawn aufgesprungen, als der Kerl sie betatschte, doch Trish schlug mit ihrer flachen Abendtasche gegen seine Hand. Dass sie dabei lächelte, milderte den Schlag allerdings etwas ab.
Er wartete eine Weile ab. Die Frauen setzten sich auf den Platz, den er ihnen reservierte. Gleich darauf kam der Kellner und brachte eine große Flasche Champagner und noch andere Getränke. Die Stimmung war ausgelassen. Trish lachte auch, aber sie wollte wohl nicht auffallen. Das war nicht die Frau, von der man in den Boulevard-Blättern las. Sie hatte Geschmack, hielt sich zurück und zog dennoch alle Blicke auf sich. Dabei war sie sich dass dieses Mal nicht einmal bewusst.
Er stellte sein Glas ab und drängte sich durch die Massen der Menschen, um zu dem Podest zu kommen, auf dem die Frauen Platz genommen hatten.
Er legte Andrea eine Hand auf die Schulter. Sie drehte sich um.
„Shawn! Das ist ja eine Überraschung!"
Sie küsste ihn auf die glatten Wangen, bevor sie in sein Ohr knurrte: „Lass sie in Ruhe, Boss. Sie ist wirklich unheimlich nett!"
Er lachte, als ob Andrea ein Witz gemacht hätte.
„Natürlich!"
Andrea hakte sich bei ihm ein.
„Das ist mein Boss, Mädels. Ich glaube, wir lassen ihn eine Weile unsere Gesellschaft genießen, damit er zeigen kann, wie spendabel er wirklich ist."
Sie stellte ihm die Frauen vor, bis sie zum Schluss auf Trish zeigte.
„Das ist Trish. Sie kommt eigentlich aus New York, aber wir mögen sie dennoch."
Den anderen hatte er nur zugenickt, doch nun reichte er Trish die Hand. Sie ergriff sie, aber er spürte ihr Zittern.
Einen Moment spürte er eine unheimliche Macht in sich, die er aber nicht sonderlich gut leiden konnte. Die verwöhnte Zicke war also verschwunden und nun stand eine Frau vor ihm, die tatsächlich Angst vor ihm hatte.
Er lächelte sie so liebenswürdig an, wie er konnte.
„Hallo, Trish!"
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Falls ihr heute ein paar Buchstaben findet, die nicht so dahin gehören...meine Katze meinte, sie muss mitschreiben. 😒😒😒Sie latschte ein paar mal über meine Tastatur und ich habe keine Ahnung, ob sie euch etwas mitgeteilt hat. Wahrscheinlich tut sie gerade ihren Unmut kund, dass ich ihr nicht ein anderes Futter gebe, weil sie das andere nicht mag. (Gestern hat sie es gemocht.)
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