Kapitel 3: Der ich-hab's-euch-doch-gesagt-Blick


Also, wäre jetzt jemand in der Nähe, wie April, Mom oder Dad, würde ich dieser Person jetzt gerne den ich-habs-euch-doch-gesagt-Blick zuwerfen. Das ist nämlich mein Lieblingsblick, den kann man in jedem Alter verwenden.
Genau das habe ich gemeint. Die Leute denken, ich hätte voll die Depression, dabei ärger ich mich nur darüber, dass sie denken, ich hätte voll die Depressionen. Ich meine, ist es wirklich so schwierig, nicht zu glotzen? Ja, ist es anscheinend, den Miss Underhaud aka Miss Underwear ist der lebendige Beweis.
Zum Glück ist das hier die fünfte Klasse einer Middleschool, und die Kinder hier sind nicht gerade die Hellsten, was bedeutet, dass sie nicht auf die Idee kommen, sich umzudrehen. Ich glaube, einige Mädchen sind gerade dabei Miss Underhaud und Mr Namenlos zu verkuppeln. Ich bin dagegen.
Mr Namenlos sollte eine Miss Namenlos heiraten und Miss Underhaud sollte einen Mr Underwear heiraten. Miss Underhaud wird offiziell Miss Underwear heißen, und die beiden sollen ganz viele Unterhosen und Unterhemden bekommen. Eine wirklich glückliche Liebe würde das werden.
Aber nein, anstatt dass sie ihre Balztänze aufführen, wollen Mr Namenlos und Miss Underhaud jetzt, dass wir uns vorstellen. Und das ist die nächste Sache, die ich an Veranstaltungen oder öffentlichen Dingen nicht leiden kann.
,,Ich fang an", sagt Miss Underhaud überschwänglich, was sie noch unsympathischer macht.
,,Alsoooo", beginnt sie, und zieht das O sehr in die Länge.
,,Ich heiße mit vollem Namen Teresa Laura Underhaud, habe zwei Katzen und bin seit drei Jahren verheiratet." Mit einem gewissen Mr Underwear? Ich muss mir ein Grinsen werkneifen.
,,Haben Sie Kinder?", ruft ein Junge mit, rötlichem Haar, dessen Augen irgendwie hervortreten.
,,Nein", lächelte sie. Warum lächelte sie jetzt? ,,Wollen Sie Kinder?"
Ich erwarte, dass sie ,,ja, natürlich", antwortet, stattdessen sagt sie nur ,,mal schauen."
Schön. Eine Lehrerin, die keine Kinder haben möchte. Eine wirklich Passionierte ist sie jetzt aber auch nicht, oder?
,,Ihre Katzen sind bestimmt total süß", schwärmt eine von den Glam-girls. Also, ich will nicht gemein sein, aber ihre Schleimspur zieht sich bis in die Walachei.
Miss Underhaud lächelt und gibt das Wort an Mr Namenlos weiter.
,,Ich heiße Dennis Crackfort und war, als ich so alt war wie ihr Footballspieler. Aber irgendwann merkte ich, dass ich einfach nur lehren wollte, und studierte Mathe und Pädagogik. Ja", grinst er ,,und jetzt sitze ich hier."
Tja, jetzt sitzen Sie hier und werden für den Rest des Jahres eine Klasse voller Möchtegernbadboys und super schicken Glam-girls unterrichten. Ach ja. Und mich. Eine zehnjährige Oma. Viel Spaß.

Eines der Glam-girls, wahrscheinlich die Anführerin in einem weißen, kurzen Rüschenrock, rosa Kinderpumps und rosa Felljacke setzt sich gerade hin, hebt die Hand und streckt sie so weit nach oben, als wolle sie die Decke berühren. Das aller Schärfste an der Sache ist, dass sie ein Lächeln aufsetzt, das wahrscheinlich verführen soll. Sie ist zehn Jahre alt und fühlt sich wie die Kleopatra des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
,,Mr Crackfort, können Sie mir – oder uns – vielleicht sagen, wie alt Sie sind?"
Wie gesagt, sie ist zehn Jahre alt, und mir klappt die Kinnlade herunter, weil sie: erstens nicht merkt, wie peinlich das ist, und sie sich zweitens an unseren Mathelehrer ranmacht. Sie ist zehn Jahre alt, nur so mal nebenbei, falls ich das noch nicht erwähnt haben sollte.
Ich bin nicht die einzige, die das schockiert, und wir kennen uns zwar seid höchstens zwanzig Minuten, aber die Meute dieser Klasse heult auf.
,,Wie alt schätzt ihr mich denn?", lächelt Mr Namenlos weiter, als checke er nicht, dass sie ihn anmachte. Irgendwie komme ich darauf nicht klar.
,,34!"
,,40!" (So alt sieht er nicht aus).
,,23!" (Schon besser).
,,20!"
,,56!" (Nett).

Und die Nummer eins:
,,16!"
16? Im Ernst?
,,24", antwortet er. Wenn ihr jemals Rivderdale gesehen habt, wisst ihr, welchen Blick Cheryl Blossom draufhat, wenn sie was Böses im Sinn hat. Warum ich das weiß? April ist momentan am fangirlen, was Riverdale betrifft. Und was das jetzt mit Mr Namenlos und Glam-girl zu tun hat? Genau diesen Blick hat sie gerade drauf.
,,Aber nun gut.", er wirft einen Blick auf Glam-girl. ,,Warum machst du nicht weiter?"

Sie legt den Kopf schief, lächelt. Jaja, sehr süß.
,,Ich bin Daina Furmore, ich habe einen Welpen namens Fiffy-" Oh. Mein. Gott. Das arme Tier.
,,- ich reite, spiele Tennis und tanze Samstagabend in der Tanzhochschule Glitter. Auf meiner alten Grundschule war ich Schulsprecherin."
Kennt ihr das, wenn ihr ein Hörbuch hört, und der Verleser dieses übermenschliche Schmatzen macht, weil es irgendwie menschlich rüberkommen soll?
Genau so spricht Daina.
,,Ist dein Vater Dr. Furmore?", fragt Kevin und schiebt sich die Brille hoch.
,,Oh, du meinst der Zahnarzt Doktor Furmore? Ja, das ist er.", sagte sie beiläufig, als wäre das nun wirklich keine große Sache.
,,Sehr schön. Okay, neben Daina – ja, du, machst du weiter?"
Wahrscheinlich ihre beste Freundin, und ich schalte ab, weil es genau das gleich ist wie davor. Mit Ausnahme, dass die Mutter ein berühmtes Model ist oder so.
Erst, bis ich merke, dass die Blicke zu mir schweifen. Irgendwie ist der Junge (ich glaube er heißt Marcus) fertig geworden.
,,Machst du weiter?", fragt Mr Namenlos, der eigentlich gar nicht mehr namenlos ist.
Ich muss zugeben, ich fühle mich nicht wirklich mutig, aber ich versuche meine Stimme ruhig zu lassen. Und öffne den Mund.
,,Ich bin Bobbie und-"
Ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber ich glaube, irgendwer hustet und flüstert: ,,und nicht ganz normal."
,,-und ich lese und zeichne gerne, und unternehme gerne etwas mit Freunden."
Das ist erstunken und erlogen. Ich meine, ich habe schon Freunde, Mia, Timo, Alice und Florence, aber ich unternehme seid wahrscheinlich einem Jahr nichts mehr mit ihnen, weil sie andere Freude haben, und ich die dann womöglich verschrecken könnte. Natürlich haben sie mir das so nicht gesagt, aber es war ziemlich deutlich.
,,Okay", sagt Miss Underhaud langsam, doch dann meldet sich ein Junge, der links vor mir sitzt. Wenn jetzt etwas Verletzendes kommt, gehe ich zurück in die Grundschule. Ich bin nicht stark. Das war ich noch nie.
,,Ja, Ro?"
,,Bobbie? Ist das die Abkürzung von etwas?"

Er lächelt. Er ist klein, hat mausbraunes Haar, eine kleine, runde Brille, was ihn irgendwie verletzlich macht, und trägt eine kurze Hose und ein T-shirt auf dem Shark-rawwr steht.
Ich bin so erleichtert, dass ich unwillkürlich zurück lächle.
,,Yeah. Von Roberta. Und deiner?"
,,Willst du es wirklich wissen?"
Ich nicke. Die anderen folgen unserer Unterhaltung gespannt, weshalb auch immer.
,,Roald. Schrecklich, oder?"
Roald. Yeah, definitiv schrecklich.
Ich lache ein bisschen. ,,Ich nenn dich lieber Ro."
Er möchte gerade den Mund öffnen, als Mr Namenlos uns unterbricht.
,,Kids, klärt das bitte in der Pause, okay? Okay."
Ich würde es machen. Jetzt kommt es drauf an, ob er es auch machen würde.


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