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     Noah wusste nicht, ob er das Richtige tat, als er nach dem Gespräch mit Colton bei seinen Freunden Caleb und Reed anrief. Die beiden Alpha hatten ähnliche Schwierigkeiten am Anfang ihrer Beziehung, wie nun sein Sohn, weswegen er sie um Rat fragen wollte. Auch Caleb dachte damals über das Ritual der Trennung nach, doch Sally, die Stiefmutter von Reed, hatte einen Ausweg gewusst. Jetzt hoffte der Schneeleopard, dass auch er einen Ausweg für seinen Ältesten finden würde, ohne dass dieser seinen Wolf verlor oder das Ritual der Trennung durchführen musste. 
     Nach dem Telefonat war er auch nicht schlauer als zuvor, weshalb er sich dazu entschied, am Donnerstag zu den beiden Männern zu fahren, um mit ihnen und Sally persönlich zu reden. Morgen jedoch würde er erst einmal seine beste Freundin Maddy willkommen heißen. Er hatte sie seit vier Monaten nicht mehr gesehen und sehr vermisst. 

     Unterdessen saß Zayne mit Nika in der Schule auf einer Bank und sprach über seinen Bruder. So wie jetzt hatte er Colton noch nie gesehen und da auch er seine Gefährtin gefunden hatte, ahnte er so ungefähr, wie es seinem Bruder nun ohne seinen Mate gehen musste. Selbst die kürzeste Zeit der Trennung von Nika machte ihm zu schaffen. Gerade weil ihre Verbindung zueinander so frisch war, verlangte das Band engen Kontakt zueinander. Zayne hatte gesehen und gespürt, dass Colton sich bereits ziemlich quälte. Dies lag mitunter wohl auch daran, weil Jaron sich von seinem Bruder zurückgezogen zu haben schien. 
     „Sag mal, Honey. Dein Bruder ... ist er ein typischer Alpha? Ich meine so mit Dominanzgehabe und Kräftemessen und so?“ Er lag mit dem Kopf in ihrem Schoß und sah sie von unten her an. Nika streichelte ihm immer wieder durch die Haare, was ihn fast zum Schnurren brachte. Doch zuerst musste er mehr über den Mate seines Bruders erfahren. 
     Seine Mate schüttelte den Kopf. „Er ist zwar ein Alpha, aber er ist auch zugänglich und sanft“, begann sie nachdenklich. „Versteh das aber nicht falsch, Zayne. Wenn Jaron als Alpha kämpft, ist er trotz seiner schmalen Gestalt fast so stark wie mein Paps und Callen ist ein Berg von einem Riesen.“
     Der Puma hörte schweigend zu. „Was ist mit seiner Dominanz? Würde er darauf bestehen, immer der Dominante zu sein?“ 
     Nika sah ihn nachdenklich an. „Ich glaube nicht. Mein Bruder hat nach wie vor eine sanfte Seite, die er nicht gerne zeigt. Liegt wohl an unserem kleinen Bruder. Der Omega ist sehr empfindlich und Jaron ist immer vorsichtig mit ihm umgegangen. Nur selten hat er ihm gegenüber seinen Alpha gezeigt.“ Die Wölfin schwieg einen Augenblick. „Weißt du? So wie ich es mitbekommen habe, hat sich mein Bruder von Colton als Erstes nehmen lassen, was seine weiche Seite zeigt. Aber immer wird er das nicht mit sich machen lassen, denn dazu ist er dann doch zu dominant.“ 
     Zayne wirkte bekümmert. Warum musste sein Bruder aber auch nur an einen Alpha als Mate geraten? Wenn er einen Omega bekommen hätte, so einen wie Nikas kleiner Bruder, dann wäre alles perfekt gewesen. Aber nein. Die Mondgöttin musste ihm natürlich einen Alpha geben! Andererseits war es vielleicht genau dieser Alpha, der seinem Bruder dabei helfen konnte, die Vergangenheit zu verarbeiten. Auch wenn sein Bruder versucht hatte, ihn da herauszuhalten, bei dem, was damals passierte und ihm weiß machen wollte, er wäre nur geschlagen worden, so wusste Zayne es besser. Colton konnte, trotz der Heilkräfte seines Pumas, manchmal tagelang nicht laufen. Auch hatte er oft genug das Blut seiner Verletzungen gerochen. 
     „Ich bin froh, dass ich dich habe“, sagte er leise, während er sich aufsetzte. „Außerdem bin ich froh, dass wir beide und unsere Tiere sich so gut verstehen. Denn Katze und Wolf?“ Er ließ ein leises Lachen hören. „Ich hätte nie gedacht, dass das funktionieren würde“, gab er zu. 
     Nika zuckte die Achseln. „Ich kenne es gar nicht anders. Meine beiden Väter sind ebenfalls ein Wolf und eine Katze. Callen hatte von Anfang an einen Narren an Katzen gefressen und als Noah dann sein Mate wurde, war er überglücklich.“  Nika sah Zayne zärtlich an. „Obendrein ist meine beste Freundin Zoe ebenfalls das Kind eines Alpha-Wolfes und einer Katze. Sie kommt morgen von einer Weltreise zurück, die sie mit ihren Eltern für vier Monate gemacht hat. Ich freue mich so sehr, sie endlich wieder zusehen.“ Kurz beugte sich die Wölfin nach vorn und küsste ihn. „Du wirst sie bestimmt mögen. Sie ist eine Karakal. Ein wunderschönes Tier“, schwärmte sie. 
     Zayne zog Nika in seine Arme und sie kuschelten sich aneinander. Zuerst schwiegen sie eine Weile, dann unterhielten sie sich weiter. Dabei sprachen sie über ihre Vorlieben und lernten sich dadurch noch besser kennen. 

     Cayden hingegen brachte seinen kleinen Omega zu sich nach Hause. Die Reaktion seines Gefährten hatte ihn überrascht. Auch dass sich der Puma nicht gegen den Kleinen zur Wehr setzte, war für ihn völlig überraschend. Nun trug er den schlafenden Omega ins Haus, wobei er auf Lexy stieß. 
     „Hey, was ist los mit ihm?“, fragte sie und deutete auf ihren besten Freund, der mit verquollenem Gesicht in seinen Armen hing. Da sie sich Sorgen gemacht hatte, war sie ihrem Bruder gefolgt. 
     Cayden warf einen Blick auf den kleinen Kerl in seinen Armen und eine tief empfundene Liebe zu diesem Winzling durchflutete ihn. „Er hat heute etwas erfahren, was ihn völlig verstört und gleichzeitig wütend gemacht hat“, erklärte er leise.
     „Was denn?“ Lexy konnte ihre Neugier nicht bezwingen. Langsam folgte sie ihrem Bruder die Treppe nach oben und öffnete diesem die Tür zu seinem Schlafzimmer. 
     Der Alpha legte seinen Gefährten sanft auf dem Bett ab und streichelte ihm noch einmal durch die Haare. Rhys drehte sich auf die Seite und formte sich zu einer kleinen Kugel zusammen, während der Alpha ihn zudeckte. 
     „Er hat erfahren, dass sein Bruder wegen seines Mate über ein Ritual nachdenkt, wobei er seinen Wolf verlieren könnte“, begann er zu erklären. „Du hättest ihn sehen sollen, Lexy. Wie er auf diesen Puma-Wandler losgegangen ist. Er war wie ein Berserker“, erzählte Cayden stolz und verließ mit seiner Schwester das Zimmer. „Mein kleiner Omega ist so mutig gewesen. Ohne zu zögern, hat er auf ihn eingetreten. Jace hat sich schon bereit gemacht einzugreifen, falls es nötig gewesen wäre, aber Colton hat sich überhaupt nicht dagegen gewehrt“, erzählte Cayden weiter. 
     „Das hätte ich zu gerne gesehen.“ Lexy klatschte begeistert in die Hände. Seite an Seite gingen sie in die Küche, wo Cayden anfing, ein Mittagessen zu kochen und Lexy half ihm dabei. Zusammen kochten sie Spaghetti Bolognese. Dazu gab es einen frischen Salat. 
     Als das Essen fertig war, fing Lexy an, den Tisch zu decken und Cayden machte sich auf den Weg, um seinen Gefährten zu wecken. Vorsichtig setzte er sich auf die Bettkante und beugte sich nach unten. Zärtlich knabberte er an Rhys Hals und spürte lächelnd, wie sein kleiner Omega erschauerte. „Aufstehen, Kätzchen. Essen ist fertig“, flüsterte er ihm leise ins Ohr. Grinsend hörte er ein Kichern. Der Omega war zwar wach, regte sich aber nicht. „Soll ich dich tragen?“ Cayden fuhr seinem Mate ein paar mal durch die Haare und hörte ein Schnurren. Belustigt kraulte er ihn im Nacken und sofort wurde das Schnurren lauter. „Geht es dir besser?“, fragte er vorsichtig und hörte, wie Rhys etwas nuschelte. Um ihn besser verstehen zu können, beugte er sich weiter über den kleinen Körper und verlor plötzlich das Gleichgewicht. Mit einem erschrockenen ‚Uffz!‘ landete er neben Rhys auf dem Bett. Der Omega hatte sich überraschend auf ihn geworfen. Nun saß dieser auf seinen Hüften und lachte ihn an. 
     Rhys sah von oben herab auf Cayden, der ihn liebevoll betrachtete. Langsam beugte er sich nach vorn und verharrte kurz vor dessen Lippen. Tief sahen sie sich in die Augen, bevor der Omega das letzte Stück überbrückte und seine Lippen auf die seines Alphas legte. 
     Cayden hielt absolut still. Obwohl sein Gefährte ihm gegenüber nicht mehr ganz so schüchtern war, übernahm er fast nie die Initiative. Umso mehr genoss er den sanften Kuss seines Mate, der vorsichtig seine Lippen mit der Zunge antippte. Mit einem leisen Stöhnen öffnete er den Mund und hieß den Omega willkommen. Rhys erkundete neugierig seine Mundhöhle und Cayden erwiderte hingebungsvoll den Kuss. Nach kurzer Zeit lösten sie sich wieder voneinander.
     „Jetzt geht es mir besser“, lächelte Rhys und lehnte seine Stirn gegen die seines Gefährten. „Ich bin froh, dass ich dich habe“, seufzte er. 
     „Geht mir genauso“, bestätigte der Alpha und küsste den kichernden Omega auf die Nase. „Aber jetzt sollten wir nach unten gehen und etwas essen, sonst wird es noch kalt. Lexy wartet und möchte hören, wie du den Puma verprügelt hast.“
     Rhys errötete beschämt. „So bin ich normalerweise nicht“, gab er zu. 
     „Das weiß ich doch, Kätzchen. Trotzdem hat es mir gefallen, wie du mutig auf ihn losgegangen bist. Nur mach so etwas nie, wenn ich nicht da bin. Ich weiß nicht, was ich tun werde, sollte dir etwas passieren.“ Cayden zog den Omega noch einmal zu sich hinunter und küsste ihn ein weiteres Mal. „Versprich mir das bitte.“
     Rhys nickte. „Versprochen! Ich war nur so wütend und weil du und Dad da waren, hatte ich auch keine Angst. Ich wusste, dass du mich beschützen würdest, sollte Colton mich angehen. Dass ich überhaupt den Mut dazu hatte, lag an Rikku. Meine Katze ist manchmal recht eigensinnig und handelt unüberlegt. Zudem war er so wütend auf Colton.“ 
     Noch einmal küssten sie sich, dann hörten sie Lexy nach ihnen rufen. „Hey, ihr zwei. Kommt endlich essen!“ Zusammen standen sie auf und Rhys sprang auf den breiten Rücken seines Gefährten. Lachend ließ er sich nach unten tragen. 
     Cayden war froh, dass sein Gefährte sich wieder gefangen hatte und zurück zu seinem eigentlichen Ich fand. Er hatte sich bereits Sorgen gemacht, der Kleine könnte in Trübsinn verfallen, weil er sich Vorwürfe wegen seines Bruders machte, doch dem war glücklicherweise nicht so. Sein kleiner Omega war stärker, als ihm selbst bewusst war. Unten angekommen, setzte der Alpha seinen Gefährten auf einem Stuhl ab und wuschelte ihm noch einmal durch die Haare, was Rhys mit einem empörten Schnauben kommentierte. Lachend gab Cayden ihm einen weiteren Kuss auf die Nase und setzte sich ebenfalls. 
     Lexy ging auf ihren besten Freund zu und ließ es sich nicht nehmen, ihre Arme um ihn zu legen, sodass Cayden ein leises Knurren hören ließ. Sie ignorierte es lachend und wuschelte nun ihrerseits dem Omega durch die Haare. „Geht es dir gut?“ Fragend legte sie ihren Kopf zur Seite und sah ihn prüfend an. 
     Rhys nickte. „Jetzt ja“, versicherte er und sprach dann weiter. „Lexy, du hättest mich sehen sollen. Ich habe es diesem Arschloch echt gezeigt“, schwärmte er begeistert, wobei er mit den Händen gestikulierte. 
     Lexy strahlte ihn an. „Ich weiß, Sweety. Cayden hat es mir bereits voller Stolz erzählt.“ 
     Während sie sich miteinander unterhielten, füllten sie ihre Teller und begannen zu essen. Dabei informierte Cayden seinen Gefährten darüber, dass dieser, laut Noah, die nächsten Tage bei ihm schlafen sollte. Rhys bestätigte dies mit einem leisen ‚Okay‘. So kam es, dass der Omega von den Problemen zwischen seinem Bruder und dessen Gefährten mehr oder weniger ferngehalten wurde. Auch wenn es nicht danach aussah, machte er sich große Sorgen um seinen Bruder, denn schließlich waren sie Drillinge und spürten es, wenn es einem von ihnen nicht gut ging, auch wenn sie es recht oft ignorierten. 

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