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Noah ging in der Schule direkt ins Sekretariat und ließ sich seine Schulbuchliste und andere Unterlagen geben. Er bekam erklärt, wann die Pausen waren, wo er sich Essen kaufen könne und in welche Klasse er käme. Ein schüchterner Junge zeigte ihm seinen Klassenraum und verschwand rasch mit den Worten ‚Viel Glück!‘ wieder.
Nun stand er vor dem Klassenraum der 11d und versuchte sich zu sammeln. Er hasste es, im Mittelpunkt zu stehen und er wusste, dass er unbedingt sein Temperament im Zaum halten musste. Schon beim Betreten der Schule war ihm etwas aufgefallen. Es wimmelte hier nur so von Wolfs-Wandlern. Auch andere Tier-Wandler konnte er spüren, die jedoch schienen in der Unterzahl zu sein. Viele davon huschten ängstlich durch die Gänge. Das war nicht das, was er sich erhofft hatte!
Seufzend hob er die Hand und klopfte an die Tür. Nach einem laut gerufenen ‚Ja bitte?‘, öffnete er diese und betrat den Klassenraum. Mit dem Zettel für den Lehrer ging er zum Pult und drückte der dortigen Lehrerin das Schreiben in die Hand. Diese warf einen kurzen Blick darauf und wandte sich schließlich an die Schüler der Klasse, die verstummt waren, als er den Saal betrat.
„Hört mal alle her. Das hier ist ein neuer Schüler. Heißt ihn bitte in der Klasse willkommen. Und du“, sagte sie zu ihm. „Stell dich bitte vor.“
Noah trat näher und verbeugte sich höflich. Dabei war sein Blick stur in Richtung Boden gerichtet. „Hallo. Mein Name ist Noah Carter und ich bin siebzehn Jahre alt“, verkündete er, dann richtete er sich wieder auf und überflog die Gesichter seiner Klassenkameraden. Aufatmend stellte er fest, dass hier die Verteilung der Wölfe und anderer Wandler recht ausgeglichen schien. Erleichtert wandte er sich der Lehrerin zu.
„Also gut, Noah. Ich bin Miss Swan. Such dir bitte einen freien Stuhl und nimm Platz“, erklärte diese und Noah setzte sich in Bewegung. Er steuerte einen Tisch neben einem hellblonden Mädchen an, bei dem er sich sicher sein konnte, dass sie eine Omega war. Mit einem beruhigenden Lächeln setzte er sich und packte schließlich einen Block und seine Stifte aus.
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Gleich in der ersten Pause begann er mit dem Mädchen, das neben ihm saß, ein Gespräch. Sie hieß Mary-Lou, war achtzehn Jahre alt und eine Omega. Sie erzählte, dass sie ihren Mate bereits gefunden hatte und er der Bruder von Kyle sei, der sich, als er seinen Namen hörte, zu ihnen gesellte.
Kyle war ebenfalls achtzehn und hatte seine Mate bislang nicht gefunden. Er und sein Bruder waren Beta und dienten ihrem Alpha, der ebenfalls an diese Schule ging.
Noah fand die beiden sympathisch und freundete sich mit ihnen an, wobei er überlegte, was es mit der Bedeutung Mate auf sich haben könnte. Dabei blieb er zurückhaltend und wirkte dadurch ziemlich schüchtern, was seine Klassenkameraden dazu brachte anzunehmen, er wäre ein Omega. Er ließ sie in dem Glauben, denn das machte es um einiges leichter für ihn.
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Callen saß unterdessen ebenfalls im Unterricht und ließ seine Gedanken schweifen. Er musste an Noah denken, seinen kleinen Omega. Der Junge feierte Anfang nächster Woche seinen Geburtstag und müsste ihn dann eigentlich als seinen Gefährten erkennen. Aber etwas sagte ihm, dass es anders kommen würde, denn da war etwas an Noah, was er nicht benennen, aber dennoch spüren konnte. Er wusste nur, dass er immer zufriedener mit der Wahl seines Mate war. Zudem der Kleine als Omega auch Kinder von ihm bekommen könnte!
Endlich klingelte es zur zweiten Pause und er lief mit Dean, einem seiner Beta, der ebenfalls in seine Klasse ging, nach draußen in den Flur. Im Gedränge roch er auf einmal Noahs Duft und spürte wieder seinen Wolf an die Oberfläche steigen.
„Da ist er wieder, dieser Geruch nach Eis und Schnee. Es ist Noah. Er muss in der Nähe sein!“ Seki hatte mit ihm gesprochen und zwang ihn, seine Nase suchend in die Luft zu strecken. Callen bemerkte, dass der Geruch näher kam und spürte plötzlich zwei Hände an seinem Rücken, die sich zielstrebig nach vorne auf seinen Bauch schoben. Überrascht musste er grinsen, denn er wusste ganz genau, wer ihn da gerade begrabschte. „Und da ist er auch schon!“, kam der trockene Kommentar von seinem Wolf.
Mit den anderen Schülern wurden sie durch den Flur geschoben. Callen spürte dabei, wie sein Gefährte sich regelrecht an ihn klammerte. Er konnte hören, was Noah hinter ihm vor sich hin murmelte und unterdrückte ein Lachen. Sein Omega hatte tatsächlich keine Ahnung davon, was hier gerade mit ihm passierte! Callen war neugierig, woran das wohl lag. Hatte der Kleine keine Eltern oder ein Rudel, die ihm das hätten beibringen können? Während er sich dies in Gedanken fragte, lösten sich, zu seinem Bedauern, die Arme um seinen Körper und Noahs Geruch wurde schwächer.
„Schade, nun ist er wieder weg.“ Seki verkroch sich schmollend in seinem Inneren. Auch sein Wolf konnte es, genau wie er selbst, kaum erwarten, das Bindungs-Ritual zu vollziehen.
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Als es zur großen Pause klingelte, ließ Noah sich von der Menge an Schülern mit nach draußen tragen, da roch er diesen Riesen, der ihn am Morgen vor einem üblen Sturz bewahrt hatte. Durch dessen überragende Größe stach Callen aus der Menge hervor und Noah schlich sich langsam aber sicher näher an ihn heran. Er hatte das dringende Bedürfnis, diesen Kerl zu berühren, und Cian drängte ihn noch zusätzlich dazu, weshalb er schließlich nachgab.
Er lief bereits hinter dem Schwarzhaarigen und zögerte nur kurz, dann konnte er der Versuchung nicht mehr widerstehen und schob seine Hände von hinten nach vorne zu dessen Bauch. Gierig ließ er seine Finger über die unglaublich ausgeprägten Bauchmuskeln gleiten und drückte gleichzeitig seine Nase an den breiten Rücken.
„Verdammt, was mache ich denn da? Etwas stimmt anscheinend nicht mit mir. Das ist doch nicht normal“, fluchte er leise und löste schnell wieder seine Hände von der großen Statur. Langsam ließ er sich zurückfallen und lief in eine andere Richtung. Er musste erst einmal hier weg, um über alles nachzudenken.
*****
„Was ist denn mit dir?“ Dean sah seinen Alpha fragend an, der leise vor sich hin kicherte, während sie nebeneinander herliefen. Dass Callen sich so verhielt, war für den Beta neu. Normalerweise war dieser eher der ruhige, zurückhaltende Typ mit dem ernsten Blick, zumindest in der Schule. Als zukünftiger Alpha eines großen Rudels trug Callen ziemlich viel Verantwortung. Es war kaum verwunderlich, dass er nur wenig zu lachen hatte. Dass er nun wie ein kleines Mädchen vor sich hin kicherte, brachte den Beta ins Grübeln.
Callen riss sich sofort zusammen und wurde wieder ernst. „Komm mit, ich muss dir etwas erzählen“, sagte er nach einer kurzen Überlegung und zog seinen Freund mit sich. Auf dem Schulhof steuerte er ihren Lieblingsplatz unter einer großen Eiche an. Dort setzte er sich ins Gras und lehnte sich an den dicken Stamm des Baumes.
Dean ließ sich neben ihm nieder und sah seinen Freund neugierig an. „Jetzt erzähl schon“, forderte er ihn auf und beugte sich nach vorne.
„Ich weiß, wer mein Mate ist!“ Callen ließ seinen Blick über den Schulhof schweifen und blieb schließlich an einer kleinen Gestalt mit hellbraunen Haaren hängen. Erst nachdem er ihn gefunden hatte, entspannte er sich sichtlich.
„Was? Wirklich? Und wer ist es?“ Dean konnte es nicht fassen. Das war also der Grund für Callens eigenartiges Verhalten.
„Siehst du den Kleinen dort, der bei deinem Bruder und deiner Gefährtin steht?“ Seine Augen strahlten, als er den Beta auf Noah hinwies. „Er heißt Noah und er wird in ein paar Tagen achtzehn. Und wie es aussieht, kann er jetzt schon seine Finger nicht von mir lassen“, erklärte er lachend und sah endlich seinen ersten Beta an, der ihn mit offenem Mund betrachtete. „Was?“ Callen sah ihn fragend an.
Dean riss sich schnell zusammen, bevor er antwortete. „Dich mal so zu sehen! Du wirkst so zufrieden. Dir ist aber schon klar, dass er ein Junge ist?“
„Oh ja und wie mir das klar ist. Aber du glaubst gar nicht, wie niedlich der Kleine ist. Und sein Geruch bringt Seki an den Rand des Wahnsinns. Nur gibt es ein Problem. Ich habe absolut keine Ahnung, was ich beachten muss, wenn ich mit ihm schlafen möchte.“ Verlegen strich er sich über den Nacken. Sein Blick lag bereits wieder auf Noah, der sich angeregt zu unterhalten schien.
Dean folgte Callens Blick und sah, dass Mary-Lou ihn entdeckt hatte. Sie winkte ihm zu und er winkte zurück.
„Hol sie her“, kam von der Seite und er betrachtete Callen, der seinen Gefährten nicht aus den Augen ließ.
Dean deutete seinem Mädchen an, dass sie zu ihnen kommen solle und sah dabei zu, wie sie etwas zu seinem Bruder sagte, der sofort nickte. Dann nahm sie den Kleinen am Ärmel und zog diesen mit sich.
„Der ist ja noch kleiner als mein Mädchen“, meinte Dean amüsiert und beobachtete nun seinerseits die kleine Gruppe, die auf sie zukam. Auf halbem Weg blieb Callens Mate plötzlich stehen und starrte zu ihnen herüber. Er löste seinen Arm aus Mary-Lous Griff und schüttelte den Kopf. Die Omega gestikulierte wild und schien auf Noah einzureden. Endlich nickte der Kleine und ließ sich mit sich ziehen.
Bei ihnen angekommen, setzte sich Mary-Lou sofort zwischen die Beine ihres Gefährten und lehnte sich an ihn. Dieser legte sogleich seine Arme um sie und drückte seine Nase an ihren Nacken. Tief sog Dean ihren Duft ein und spürte, wie ihn eine innere Ruhe erfasste. Dies war seine zweite Hälfte und er war froh, dass jetzt auch sein Alpha diese Hälfte für sich gefunden hatte.
Kyle begrüßte zuerst seinen Alpha, dann seinen Bruder und setzte sich ebenfalls. Nur Noah blieb unsicher stehen. Seine Wangen waren gerötet, denn er wusste nicht, wie er sich Callen gegenüber verhalten sollte. Hatte der Alpha etwas bemerkt? Wenn dieser wüsste, was er vorhin getan hatte, würde er ihn sicherlich nicht so ansehen, wie er es jetzt gerade tat, oder doch?
„Hallo, Noah“, begann Callen freundlich mit einer weichen Stimme. „Wie ist dein erster Tag hier an der neuen Schule?“ Der Alpha schlug an seiner Seite auf den Boden und forderte ihn damit auf, sich zu ihnen zu setzen.
Noah zögerte. Sollte er der Aufforderung Folge leisten? Er musste, denn diese kam schließlich von einem Alpha. Also nahm er im Gras neben Callen Platz, bevor er antwortete. „Bis jetzt relativ gut. Mary-Lou und Kyle haben mir geholfen und ich bin froh, dass sie in meiner Klasse sind.“ Nachdenklich starrte er vor sich hin. Cian nervte ihn und er unterdrückte ihn erfolgreich. Er wollte nicht, dass eine andere Person sein Tier spürte.
„Das ist schön zu hören und freut mich für dich. Möchtest du mich nicht ansehen, wenn du mit mir sprichst?“ Callens tiefe Stimme ließ Noah erschauern. Warum reagierte er bloß so komisch auf diesen Kerl? Er hatte das Bedürfnis, sich an ihn zu lehnen und die Augen zu schließen.
Seufzend hob er den Blick und sah den riesigen Alpha an. Seine Augen scannten das hübsche Gesicht regelrecht ab. Die hellgrauen Augen, die durch den Kontrast zu den schwarzen Haaren noch geheimnisvoller wirkten. Der wundervolle Mund, der ihn dazu aufforderte, ihn zu küssen. „... dich küssen!“
„Was hast du gesagt?“ Eine von Callens schwarzen Augenbrauen schoss in die Höhe und der Alpha wartete auf eine Antwort.
Erschrocken riss Noah die Augen auf. Hatte er seine Gedanken etwa laut ausgesprochen? Ein Blick in die Runde bestätigte ihm seine Vermutung. Alle vier starrten ihn wortlos an. Verlegen senkte er den Blick. „Da fällt mir ein ... ich habe noch etwas Wichtiges zu erledigen“, murmelte er verlegen, sprang auf und rannte mit roten Wangen davon.
Die kleine Gruppe sah dem davon Eilenden sprachlos hinterher. Nur Callen gluckste leise vor sich hin. Der Kleine war so unglaublich niedlich! Er hatte sich so sehr beherrschen müssen, ihn nicht gleich in seine Arme zu ziehen. Als er dann hörte, wie Noah sagte, er wolle ihn küssen, war es fast um ihn geschehen. Nur mit Mühe hatte er sich zurückgehalten. Dass sein Wolf ihn noch zusätzlich dazu drängte, machte es ihm nicht gerade leichter.
„Was war denn das?“, fragte Kyle neugierig und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
„Tja, Brüderchen. Das ist der Mate unseres Alpha“, lachte nun auch Dean.
Mary-Lou richtete sich auf und sah Callen überrascht an. „Wirklich?“ Der Alpha nickte. „Eine gute Wahl. Ich mag ihn nämlich“, sagte sie leise und lehnte sich wieder an ihren Seelengefährten.
„Ich mag ihn auch“, stimmte Kyle zu, dann klingelte es auch schon zur nächsten Stunde.
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Armer Noah... so verwirrt. Er weiß gar nicht, wie ihm geschieht. 😜
Und Callen...? Macht sich auch noch einen Spaß daraus. 😂
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