3. Wenn Vögel reden könnten...
"Derjenige aus dem Drachenrudel wird... Isaac sein!",sprach mein Vater mit fester Stimme aus, woraufhin ich und Cedric fast synchron scharf die Luft einzogen und zu dem großen, blonden Jungen schauten, welcher jetzt mit einem perfekten Fake-Lächeln zu den beiden Alphas schritt und sich leicht verbeugte.
"Es ist mir eine Ehre",säuselte er mit einer Stimme, die mir sofort Gänsehaut verpasste.
Mit einem knappen Blick zu meinem Freund merkte ich, dass es ihm nicht wirklich anders ging, eher im Gegenteil: Ich hatte echt Sorge, dass er gleich umfiel und wegen eines Herzinfarkts ins Krankenhaus musste.
Das lag nämlich daran, dass wir beide dieses Mitglied des Drachenrudels schonmal getroffen hatten und diese Begegnung war nicht wirklich positiv gewesen.
Zwei junge Wölfe liefen fröhlich durch den Wald und hörten den singenden Vögeln zu, welche nicht weit über ihnen flogen.
Der silberne Wolf stupste den weiß-braunen spielerisch an und bellte vergnügt.
Wirkt friedlich...oder? Nope, leider hatte dieses Ereignis einen großen Hacken: Wir beide befanden uns auf dem Drachenrudel-territorium und einer dieses Rudels war uns dicht auf den Fersen. Und leider, leider überholte er uns auch ziemlich schnell und stellte sich uns knurrend in den Weg. Der hellgraue Wolf war riesig gewesen und hatte uns beiden wirklich ziemlich Angst gemacht
(und den Vögeln wohl auch, die immer noch zwitscherten, ich bin mir inzwischen aber ziemlich sicher, dass sie eher so etwas sagen wollten wie: 'Oh shit, nehmt die Beine in die Pfoten und rennt!!' Schade nur, dass ich damals noch keine Vogelsprache verstehen konnte...), als er knurrte: "Was habt ihr hier zu suchen?! Verschwindet, oder ich ziehe euch das Fell über die Ohren, ihr gottverdammten Dreckswelpen!!"
Naja, ich knurrte zurück, aber Cedric drängte mich dazu, wegzulaufen, aber als ich schließlich wieder an der Grenze angekommen war, war er nicht mehr bei mir und tauchte erst am nächsten Morgen wieder im Anwesen auf.
Keine Ahnung, was er bei Isaac erlebt hatte, aber er wollte noch nie darüber reden und kippte immer schon fast um, wenn man nur den Namen "Isaac" erwähnte.
Und nun stand da dieses Arschloch und ich konnte nur zusehen, wie er dem Phönixrudel beitrat und Cedric das Leben schwer machen würde, welchem ich noch nicht mal helfen konnte.
Dementsprechend gelaunt schaute ich wieder zu meinem Vater, während ich ungeduldig darauf wartete, dass er die Ansage endlich beenden würde, damit ich Cedric noch schnell Mut zureden konnte. "Findet eure Gefährten und verbindet das Phönixrudel und das Drachenrudel nach so vielen Jahren voller Feindschaft wieder, damit auch eure Welpen in Zukunft ein friedliches Leben leben können!" Mit diesen Worten schloss er endlich die Versammlung und scheuchte uns wieder von der Tribüne. Eigentlich wollte ich jetzt schnell zu Cedric, aber der war spurlos verschwunden und ich konnte zwischen den vielen Gerüchen auch nicht mehr seine Spur ausmachen, aber im Moment hatte ich sowieso andere Sorgen, denn der Junge mit dem gruseligen Blick bahnte sich wieder einen Weg zu mir. (Jep, meine Welpen würden wohl das beschissenste Leben der Welt haben, wenn der bleiben würde...)
Doch ehe er mich erreichen konnte, wurde ich sanft am Handgelenk gegriffen und aus dem Gedränge nach draußen in den Vorgarten gezogen.
Mein verwirrter Blick huschte kurz über die vielen blühenden Lavendelbüsche und die bunten Girlanden zu einem jungen Mann mit etwas längeren, schwarzen Haaren, welche von einer roten Schleife zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden waren.
"Entschuldige die plötzliche Entführung, aber ich wollte mich vorstellen. William, richtig?"
Ich nickte nur wortlos und zog ratlos eine Augenbraue in die Höhe.
"Mein Name ist Alexander Lowth, derzeitiger Beta des Drachenrudels und zukünftiger Alpha, sehr erfreut, William." Er hielt mir mit einem einladenden Lächeln die Hand hin, wobei ich derweil überlegte, ob sich vielleicht irgendein Gift an seiner Hand befand (was schon einmal der Fall gewesen war, wenn nicht just in diesem Moment eine Taube auf diese Hand geschissen hätte, wer weiß, was passiert wäre... Gracias, Taube!).
Stimmt, warum war mir das nicht früher aufgefallen? Er besaß die Königsfarben; schwarze Haare und rote Augen, was vermutlich auch sein Aussehen als Wolf war.
Die Königsfarben. Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben und kennzeichnen den jeweiligen Alpha oder den Zukünftigen. Bei jedem Rudel sind diese Farben unterschiedlich: beim Phönixrudel ist es ein silberner Pelz und weiße/rote Augen, beim Drachenrudel ein schwarzer Pelz und rote/bernsteinfarbene Augen und beim Feenrudel ein hellbrauner Pelz und hellgrüne/rote Augen.
Und wenn ihr jetzt sagt: Aber William, diese Farbkombi gibt es doch ganz oft!
Dann sage ich: Nein!
Denn das entscheidende ist, dass die Felle rein sind, also keinerlei andere Farben beinhalten, wie es bei den allermeisten Wölfen der Fall ist. Das Aussehen, insbesondere die Haar- und Augenfarbe, richtet sich meistens nach dem Aussehen als Wolf, wie es auch bei mir und Alexander ist (und bei allen anderen Werwölfen und bla bla bla.... ich bin nicht so Typ für Geschichte...).
"Freut mich ebenfalls",murmelte ich und schüttelte seine ausgestreckte Hand kurz. Wenigstens einer hier, der einigermaßen in Ordnung zu sein schien (also schon mal einer mehr als in meinen eigentlichen Rudel, Cedric und Mother mal ausgelassen, die waren für mich mehr Familie als Werwolfrudel). "Shitori war ein wenig unhöflich zu dir, nicht wahr? Bitte verzeih ihm, er ist von Natur aus etwas misstrauischer und grimmiger als der Rest unseres Rudels und manchmal übertreibt er es..." (was du nicht sagst...)
"Der mit den zweifarbigen Haaren und den bernsteinfarbenden Augen?",hakte ich nach, um mir vollkommen sicher zu sein, dass wir über den selben unheimlichen Typen redeten. "Genau. Er ist der Sohn des Alphas, hat aber leider nur eine Königsfarbe geerbt... Deshalb wird er eher etwas, wie sagt man, speziell behandelt." (Oh, das kenn ich und dafür musste ich noch nicht mal nur eine Königsfarbe zu erben) "Sag doch gleich, dass ich für diesen alten Sack eine scheiß Enttäuschung bin und dass ihn nur noch Mutter daran hindert, mich einfach aus dem Fenster zu schmeißen!!",knurrte eine bekannte Stimme hinter Alexander und ließ mich umgehend zwei große Schritte zurück machen, bis ich mit der Hüfte gegen einen rostfarbend angestrichenden Zaun stieß und leise fluchte (hab ich schon mal erwähnt, dass mich irgendwie sämtliche Gegenstände und Lebewesen immer daran hindern wollen, mich aus dem Staub zu machen, wenn es brenzlig wird? Die Welt muss mich echt hassen...).
"Ach Shitori, sag sowas ni-"
"Halt die Fresse Alex, du weißt ganz genau, dass das die Wahrheit ist. Für den ach so großartigen Alpha bin ich nur ein unnötiger Klotz am Bein."
Shitori schnaubte und bedachte mich mit einem abfälligen Blick (warte mal, was hatten die Alphas nochmal über glückliche Jungen erzählt?...), ehe er sich abwandte, um wieder im Saal zu verschwinden und uns beide wieder allein zu lassen.
"Wie gesagt, er ist sehr gereizt, am besten gehst du ihm in deinen ersten Tagen im Drachenrudel aus dem Weg, damit er sich an dich gewöhnen kann"
(würde er höchstwahrscheinlich eh nicht, aber joa...), riet er mir mit ernster Miene und folgte Shitori dann ebenfalls in den Saal.
Ich lehnte mich an den Zaun und warf kurz einen sehnsüchtigen Blick in Richtung Wald, der sich sofort hinter einigen Absperrungen ausdehnte, schlenderte dann aber auch wieder zum Eingang, um meine Suche nach Cedric fortzusetzen.
Aber als ich ihn endlich in der Nähe des kleinen Ausgangs gefunden hatte, verkündete mein Vater, dass die Feier beendet sei und das Phönixrudel zog sich mitsamt Cedric zurück, welcher ängstlich strampelnd weg getragen wurde. Unsicher drehte ich mich zu meinem "neuen Rudel" und musterte die vielen Mitglieder gründlich, um jemanden einigermaßen harmlos aussehenden heraus zu picken, welcher mir die Zimmer zeigen könnte. "Guten Tag, Herr William, ich bin jetzt für dich zuständig",wisperte ein kleiner Junge mit dunkelbraunen Haaren und traurigen, hellblauen Augen, auf den ich jetzt verwundert hinab schaute (er roch stark nach einem Omega, war ja klar. Die anderen waren sich für diese Aufgabe wohl zu fein, eingebildete Arschlöcher!). "Hier entlang bitte",meinte er kleinlaut und deutete in eine Richtung, doch ich bewegte mich kein Stück, da ich zufällig Shitori in dieser Ecke des Raums bemerkte und einen weiteren Streit dringend verhindern wollte. "Gibt es ein Problem, Mr. Sylen?",fragte der Alpha des Drachenrudels alias falscher Hecht mit einem übertrieben freundlichen Grinsen und ließ sowohl mich, als auch den kleinen Omega zusammen zucken, wobei der Omega wohl mehr Grund dazu hatte als ich. Da ich nicht schuld daran sein wollte, dass er vielleicht geschlagen wollte beschwichtigte ich ihn schnell: "Nein nein, alles gut, er wollte mir gerade die Zimmer zeigen, sehr löblich, wirklich! Einen tollen Omega haben sie hier, einzigartig! Also nicht, dass sein Rang eine Rolle spielen würde, ich meine... Äh, wie heißen sie noch gleich?" Okay William, du hast gerade ganz offiziell verkackt und darfst dir nun als Lob für die größte Dummheit dieser Welt auf die Schulter klopfen, Glückwunsch!
"Sain Lowth, William. Schön, dass dir unser Mitglied so sehr gefällt, wie du das beschreibst..."
Da mir dies alles einfach zu viel wurde, legte ich die Hände auf die Schultern des Omegas und drehte uns mit den Worten "Ups, so spät schon! Zeigst du mir bitte mal mein Schlafzimmer? Ja? Oh, vielen Dank!" um, um mich dann eilig mit dem Jungen im Schlepptau davon zu machen. Irgendwann übernahm er dann glücklicherweise wieder die Führung, nachdem er sich wieder von der Verwirrung erholt hatte und lief leicht torkelnd durch den Gang, bis eine laute Stimme mir fast einen einen Herzinfakt verpasste (und dem Omega wohl auch, denn er lief im nächsten Augenblick gegen eine Säule und stieß sich kräftig den Kopf an).
"Silaaas!! Ich brauche Hilfe bei der Küche, bei Fuß!"
"J-jawohl!",rief er zurück und zeigte mit zitterndem Finger auf mehrere dunkelbraune Holztüren mit kleinen Messingschildern, auf denen jeweils eine Nummer stand.
"Ihr Zimmer, Sir. Wenn sie mich jetzt entschuldigen würden..."
Eilig hastete er davon und lies mich bei den vielen Türen zurück, die in meinen Augen irgendwie alle gleich aussahen.
Okay, welches war jetzt mein Zimmer und welches nicht? Ich überlegte eine Weile, aber als es mir irgendwann zu blöd wurde zählte ich aus und betrat die 677. Der Raum war sehr geräumig und roch sehr intensiv nach Lavendel, welcher sich hier überall platziert worden war. Er war recht ordentlich eingeräumt und auch das Bett schien neu bezogen, also schlussfolgerte ich, dass das hier das richtige Zimmer war. Um mich nochmal zu vergewissern rief ich einige Male "Hallo, ist da wer?",aber als niemand antwortete schmiss ich mich einfach aufs Bett und schlummerte ein. Schliiiimmer Fehler.
Als ich etwas später aufwachte war es draußen schon dunkel und allein das Mondlicht erhellte den düsteren Raum, weshalb ich schnell die Lampe neben mir auf dem Nachttisch anknipste.
Plötzlich ging die Tür auf und jemand betrat das Zimmer, um wenige Augenblicke entsetzt stehen zu bleiben und mich anzusehen, als wäre ich eine Riesenmotte in seiner Suppenschüssel. Ich brauchte erst einige Augenblicke, um zu kapieren, wer da vor mir stand.
"Was machst du denn hier?",fauchte Shitori mich an.
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Es geht voran! Und schon so viele Reads und Votes, Vielen Dank!!
Teil 4 kommt sicher ich bald, bis dann! ;))
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