Prolog

"Bist du jetzt endlich soweit?"

Meine beste Freundin Liriel stand bereits ungeduldig an meiner Zimmertür. Mit einem Lächeln, welches ihre Vorfreude nur zu gut zeigte, musterte sie mich, doch ich ließ mir durch ihre nervige Art sogar nur noch mehr Zeit.

Ganz gemütlich malte ich noch mal meinen roten Lippenstift nach und sah ihr dabei in meinem Spiegel entgegen, was sie nur fassunglos ihre Augen verdrehen ließ.

"Willst du mich wirklich reizen, Marcelina?", entkam es ihr zischend und so schnell, wie sie plötzlich neben mir stand und mir den Lippenstift aus der Hand riss, konnte ich überhaupt nicht reagieren.

"Reg dich ab. Ich bin doch schon fertig!", erwiderte ich ihr und sah dabei grinsend in den Spiegel vor uns. "Wir sehen fantastisch aus!"

Ich musterte mein rotes Kleid, dass einen tiefen Ausschnitt hatte und wirbelte mir dabei durch meine braunen Locken. Mein Blick fiel auch zu Liriel herüber, die trotz ihrer kurzen, schwarzen Haare verdammt sexy aussah.

Wieso sie nur noch ganz kurze Haare hatte? Tja, sie hatte ihren großen Bruder verärgert, der es sich nicht nehmen ließ, ihre lange Mähne im Schlaf abzuschneiden. Finn war wirklich ein vollkommener Idiot - doch er war  auch einer der Wölfe aus unserem Rudel, der mehr als einfach nur heiß aussah... Ganz wie seine Schwester, die in diesem Moment ihr schwarzes Kleid neben mir richtete und hektisch nach meinem Arm griff.

"Komm jetzt! Wir verpassen alles!"

"Was willst du da verpassen? Es ist nur ein kleines Lagerfeuer", hauchte ich theatralisch und folgte ihr dann trotzdem in schnellen Schritten durch mein großes Zimmer. Ich hatte alles in rosa und braunen Tönen gehalten und war ein wirklich ordentlicher Mensch, weswegen mir ihre vielen anprobierten Kleider auf dem Boden auch sofort ins Auge stachen.

"Und trotzdem hast du dich so zurecht gemacht", lachte sie noch dämlich vor sich hin und hielt mir dabei die Tür zum Flur auf, den wir ebenfalls schnell durchquerten, um aus der Haustür hinaus in die Dunkelheit zu treten.

Die leeren dunklen Straßen zeigten mir an diesem Abend nur zu gut, dass die Ältesten den Rudels bei ihrer Versammlung waren. Da meine Eltern, wie auch Liriels, zum engsten Kreis des Alphas gehörten, waren diese Abende unsere Chance, uns wenigstens bei Vollmond vollkommen frei zu fühlen. Sonst durften wir bei Dunkelheit nicht raus. Erst Recht nicht in den Wald, da meine Eltern immer der Meinung waren, wir könnten Ausgestoßenen begegen.

"Da vorne ist Malachy!"

Ich lief über den Asphalt Liriel hinterher und sah dabei flüchtig zum Vollmond auf, ehe ich genau neben uns aus dem Wald heraus plötzlich ein Knarren hörte und für einen Moment irrtiert stehenblieb. Meine Nase in die kühle Luft haltend, versuchte ich wenigstens die Brise eines Geruchs auszumachen, jedoch roch ich nur nasse Erde und Wald, was mich schnell dazu brachte, mich wieder nach vorne zur Straße zu wenden.

"Uhhh, er hat Charlie mitgebracht."

Genervt und gleichzeitig auch überfordert, sah ich zu dem roten Cabrio am Rand der düsteren Straße und erkannte dann wirklich Charlie, der mir jetzt schon starke Magenschmerzen auslöste. Das letzte Mal, als ich dieses Arschloch gesehen hatte, drückte er mich gegen die Wand in der Schulaula und presste mir seine schleimigen Lippen auf meine. Er dachte wohl, ich würde auf seinen nicht existenten Charme anspringen - da hatte er sich aber getäuscht.

"Wow!"

Kaum am Auto stehend, ließ Charlie seine dunklen Augen auch gleich über mein gewagtes Kleid schweifen und als ich plötzlich bemerkte, wie er mir viel zu lange in den Ausschnitt starrte, schlug ich ihm genervt auf seinen Hinterkopf und sah dabei herüber zu Malachy. Er war definitiv der Coolere der beiden und Liriel hatte wirklich Glück, dass er auf sie stand.

"Hey", begrüßte ich ihn lächelnd und wollte gerade hinten ins Cabrio einsteigen, da spürte ich aber schlagartig etwas, dass ich noch nie zuvor gespürt hatte.

Das laute Dröhnen eines Wimmerns in meinem Kopf schmerzte unglaublich und da es für mich das erste Mal war, dass meine innere Wölfin sich meldete, war es für mich ein riesiger Schock. Ich redete mir ein, dass es bestimmt normal war, da ich vor einigen Tagen das 18. Lebensjahr erreicht hatte. Das sie jedoch so laut jaulte, war für mich unfassbar erschreckend.

"Was ist mit ihr?", hörte ich Malachys besorgte Stimme, doch ich ignorierte ihn und fasste mir stattdessen an meinen schmerzenden Kopf, um mich mit meiner anderen Hand am Rahmen des Autos festzuhalten. Es war für einen Moment kaum auszuhalten, welch Emotionen mich durchfluteten.

"Sie erliegt wohl meinem natürlichen Charme", erwiderte Charlie ihm grinsend und stieg dabei aus dem Wagen, um seine Hand stützend an meine Seite zu legen. "Komm, ich helfe dir", erklärte er weiter und sofort stieß ich ihn den Blondschopf von mir und sah wütend zu ihm auf.

"Denkst du ernsthaft, ich bräuchte Hilfe in ein scheiß Auto einzusteigen?!", blaffte ich ihn vollkommen überfordert an und hörte dabei unentwegt meine innere Wölfin weiter durchdrehen.

"Du bist wohl erst still, wenn ich endlich meinen Schwanz in deinem vorlauten-"

Weiter kam Charlie nicht, da Liriel bereits ums Auto herum gelaufen kam und ihn fassungslos ins Visier nahm.

"Beeindruckend, wie schön etwas von außen sein kann, dass innerlich so hässlich ist. Komm, Marcelina. Wir gehen lieber zu Fuß!"

"Stop!", mischte sich Malachy ein, der dabei seine dunkle Kappe zurechtrückte und auf zu Liriel neben mir sah. "Steigt ein. Der Hund kann selbst laufen."

Grinsend öffnete Liriel mir die Tür und obwohl ich Charlie hinter mir bedrohlich knurren hörte, legte auch ich ein triumphierendes Lächeln auf und ließ mich anschließend auf das weiße Leder fallen.

"Ich würde es mir auf dem Weg vielleicht selbst besorgen. Dein Testosteron ist nicht auszuhalten", gab Liriel noch von sich und stieg dann vor mir auf dem Beifahrersitz ein.

Ich wusste zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass wir Montag in der Schule darüber informiert werden würden, dass Charlie spurlos verschwunden wäre und auch nicht, dass ich schon seit meinem Geburtstag beobachtet wurde.

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Diese Story ist nur eine Idee, da viele sich wieder eine Fantasy Geschichte gewünscht haben ❤️

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