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Das monotone Geräusch der Reifen auf dem Asphalt, wirkte sicher auf andere beruhigend. Mir aber brachte es extreme Herzschmerzen. Immer weiter entfernte ich mich von meinem Rudel - meinem Zuhause - meiner Familie. Ich spürte es, in jeder Faser meines Daseins. Mein Geruch veränderte sich, da ich körperlich so wie seelisch nicht mehr Teil des Rudels war. Meine Wölfin ordnete sich neu unter und jaulte dabei in einer Tour verzweifelt nach ihrem Gefährten.
Es war schrecklich, doch auch, wenn es mir sichtlich beschissen ging, interessierte es die zwei Typen vor mir nicht. Sie fuhren seelenruhig weiter und machten sich nichts aus mir und meiner Zerissenheit. Wahrscheinlich hatte der Alpha ihnen verboten überhaupt mit mir zu sprechen. Jeder wusste ja, wie besitzergreifend und eifersüchtig solche Männer sein konnten.
"Ich habe Durst", sprach ich trotzdem irgendwann in die Stille, woraufhin einer der beiden sich genervt zu mir herumdrehte. Seine grünen Augen schimmerten, doch ich löste mich von ihrem Anblick und starrte stattdessen die tiefe Narbe an, die quer über seine Wange lief.
"Wir sind gleich da", knurrte er und drehte sich auch augenblicklich wieder nach vorne, was mich frustriert durchatmen ließ.
"Was der Alpha wohl davon hält, wenn seine Gefährtin nicht mal einen Schluck Wasser bekommen hat ... Wer weiß, was dann passiert", murmelte ich vor mich hin und wollte ihn damit provozieren. Er lachte vor mir aber nur auf und schien sich sicher zu sein, dass Kieran sich nicht viel daraus machen würde.
Arschloch...
Statt mich weiter darüber aufzuregen, beobachtete ich die vielen Bäume und staunte darüber, wie schön friedlich es hier schien. Ich sah einige Seen und auch einen kleinen Wasserfall am Rand des Waldes, wo plötzlich auch Häuser hinter einem Hügel auftauchten.
Das musste wohl mein neues Zuhause sein...
"Sind wir da?", hakte ich nach und wunderte mich, wie klein die Häuser schienen. Keines schien mehr als eine Etage zu haben - dann fiel mir jedoch oben auf einem kleinen Hügel eine riesige Villa auf. Sie war vollkommen in schwarz gehalten und hatte riesige Fensterfronten, die genau zu dem kleinen Dorf herunter zeigten. Doch auch, wenn sie wunderschön wirkte, hatte sie jetzt schon den Anschein eines Gefängnisses. Ein Gefängnis aus Glas und schwarzen Wänden, die mich zu erdrücken drohten, obwohl ich noch keinen Fuß hinein gesetzt hatte.
"Ja, wir sind da", hörte ich einen der Männer vor mir, der gleich darauf in eine enge Straße einbog, die direkt hoch zur Villa führte.
"Ich hab alles gesehen. Jetzt können wir wieder zurück zu meiner Stadt ...", setzte ich nach und legte ein amüsiertes Grinsen auf, doch mit den Kerlen war wirklich nicht zu spaßen. Vollkommen desinteressiert sah mir der Fahrer im Rückspiegel entgegen und ich wünschte mir, ich hätte die Kraft gehabt, mich zu verwandeln. Dann hätten sie sicher nicht mehr so dämlich geguckt ...
Der Wagen parkte im nächsten Moment in einer großen Einfahrt und mein Blick fiel sofort zu der breiten Haustür, in der in dem Moment eine ältere Frau auftauchte. Sie hatte ein schwarzes, zugeknöpftes Kleid an und passte damit wirklich sehr gut zum düsteren Rest der Villa.
Als die zwei Typen dann ausstiegen, holte ich tief Luft und hätte am liebsten angefangen zu heulen. Ich biss meine Zähne jedoch zusammen und unterdrückte all diese mich runter ziehenden Gefühle, um mich einzig nur noch auf meine Wut zu konzentrieren.
"Denk nicht mal dran, Faxen zu machen."
Der Fahrer tauchte an meiner Seite auf und nachdem er die Tür geöffnet und mich fixiert hatte, öffnete er zögerlich meine Fesseln. Ich erfreute mich an meiner neu gewonnenen Freiheit und rubbelte mir mit den Fingern über meine schmerzenden Handgelenke.
"Rein da!"
Er machte einen Schritt von der Tür zurück und zeigte zur Villa am ende der Einfahrt, wodurch ich ihn nur herausfordernd betrachtete.
"Und wenn nicht?", wollte ich wissen, da sah er zu dem Typ an seiner Seite und fing dreckig an zu grinsen.
"Dann wird dein Leben hier sehr unangenehm."
"Das wird es sowieso schon", gab ich ihm unbeeindruckt zurück und stieg dabei aus dem Wagen, um erst einmal meine Nase etwas anzuheben. Es roch herrlich nach Wald und Natur - jedoch lagen auch mehrere Gerüche in der Luft, die mich irrtiert zur Villa neben uns starren ließen.
"Warum rieche ich so viele weibliche Gerüche?", fragte ich in die Stille und nahm dabei die ältere Frau wieder ins Visier. Sie sah nicht aus, als wäre sie die Mutter eines Alphas. Eher wie eine Bedienstete. Das war aber auch sicher nicht ihr Geruch, denn der Duft von den Frauen ließ mich sofort wissen, dass es sich um paarungswillige Wölfinnen handelte.
"Denkst du, du bist die einzige Frau an seiner Seite?"
Die beiden Typen neben mir fingen an zu lachen und amüsierten sich anscheinend köstlich über meine Unwissenheit. Mir erschloss sich aber nicht, wieso Kieran hier Frauen halten sollte. Er konnte sich leider nur mit mir fortpflanzen, was bedeuten musste, dass er wohl Frauen nur zu seiner eigenen Befriedigung bei sich leben ließ.
Ich hätte mich auf diese Tatsache hin am liebsten übergeben, doch mir blieb keine Zeit um überhaupt eine Reaktion von mir zu geben.
Viel zu grob umfasste der Kerl mit den grünen Augen und der dicken Narbe meinen Arm und zog mich mit sich die Einfahrt entlang, während mein Blick hinauf in den Himmel fiel.
Dunkle Wolken zogen auf und vertrieben die Sonne, als würde selbst die Natur mir mitteilen wollen, dass nun mein Ende gekommen war.
"Petra, das ist Marcelina. Bereite sie auf Kierans Rückkehr vor."
Ich wurde schlagartig nach vorne geschubst und taumelte einige Schritte, bis ich genau vor Petra zum Stehen kam und sie entschuldigend ansah. Sie nickte und ich bemerkte sofort, wie angsterfüllt sie wirkte. Das gab mir die Bestätigung, dass mit den Typen und sicher auch mit Kieran nicht zu spaßen war.
"Wird's bald!", pöbelte der eine und es tat mir fast schon leid, als Petra anfing zu zittern und hektisch nach meiner Hand griff. Sie zog mich mit sich ins Innere und als ich dabei wahrnahm, wie eiskalt ihre Hand wirkte, sah ich irrtiert zu ihr herüber.
"Du bist ein Mensch", schlussfolgerte ich und zuckte zusammen, als die Haustür hinter uns laut ins Schloss fiel. Ich drehte mich herum und war erleichtert, dass diese zwei Vollidioten draußen geblieben waren. Mein Blick fiel daraufhin wieder zu Petra, die ihre grauen, kurzen Haare kurz richtete, um mich dann weiter ins Innere zu ziehen.
Neugierig sah ich mich in der Eingangshalle um, doch alles wirkte so düster und kalt, dass ich meine Aufmerksamkeit wieder auf Petra richtete.
"Warum bist du hier? Warum sollte ein Alpha einen Menschen bei sich arbeiten lassen?"
Sie ignorierte mich und genau das machte mich dann so sauer, dass ich ihr meine Hand entzog und sie eindringlich musterte.
"Rede bitte mit mir!", wurde ich lauter und nahm plötzlich einen viel zu süßlichen Geruch nach Lavendel wahr, der mich dazu brachte, mich zu meiner Seite zu wenden.
Ich erkannte das große Wohnzimmer und sah flüchtig die Fensterfront hinaus, um anschließend noch die dunkle Wohnlandschaft und das Klavier in der Ecke zu begutachten.
"Sie wird dir keine Antworten geben."
Ruckartig schoss mein Kopf zur anderen Seite, wo gerade eine bildschöne Frau eine Wendeltreppe herunter gelaufen kam. Sie trug ein helles Kleid, dass ihre schönen Rundungen betonte und ich betrachtete noch kurz ihre blonden Haare, ehe ich ihr fragend ins Gesicht starrte.
"Und warum nicht?"
"Weil es ihr verboten ist mit uns zu sprechen. Sie ist nur eine Haushaltshilfe, die für Kieran zuständig ist."
"Nur eine Haushaltshilfe ...", wiederholte ich sie ironisch und bemerkte dabei, wie sie mich mit ihren blauen Augen von oben bis unten inspizierte. "Und Kieran ist nur ein Alpha."
"Er sollte nicht hören, dass du so über ihn sprichst."
"Lass das meine Sorge sein", gab ich ihr zurück und entdeckte plötzlich neben ihr einen kleinen Beistelltisch, auf dem eine Flasche Schnaps stand und mehrere Gläser. "Ein Alkoholproblem hat er anscheinend auch."
Ich erschrak beinahe zu Tode, als dieses blonde Miststück plötzlich rasend schnell auf mich zukam und meinen Hals packte. Sie fletschte mit ihren Zähnen und knurrte wütend auf, während Petra sich einige Schritte von uns entfernte.
"Pass auf, wie du über ihn redest! Ich habe keine Ahnung, wieso er jetzt wohl eine Neigung für hässliche Mauerblümchen hat, aber du solltest dankbar sein, hier sein zu dürfen!"
Sie drückte meinen Hals noch etwas fester und hatte mich damit endlich so weit, dass auch ich mich nicht mehr zurückhalten konnte. Ich spürte die Eifersucht meiner Wölfin, den Hass meinerselbst und schubste dieses Miststück mit solch einer Wucht von mir, dass sie rückwärts zu Boden fiel und schmerzverzerrt aufstöhnte.
"Ich bin ganz sicher nicht dankbar dafür, dass dieser Tyrann mich hierher gebracht hat! Außerdem würde ich dir raten, mich nicht noch ein einziges Mal zu beleidigen! Ich bin nicht wie du ein notgeiles Weibchen, dass sich an den nächstbesten Alpha schmeißt! Ich bin seine Gefährtin und damit stehe ich vom Gesetz her über dir! Lege also noch ein einziges Mal deine Hand um meinen Hals und ich werde dir beide Hände brechen!"
Sie schien vollkommen geschockt von meiner Aussage und ich konnte mich kaum noch beruhigen, so wütend war ich auf alles. Erst, als nach und nach noch weitere freizügige Frauen die Treppe herunterkamen, wurde mir erst das Ausmaß dessen bewusst, in was ich hier reingeraten war.
Er war ein Alpha in der Blüte seiner Paarungszeit und ich stieß völlig frustriert darüber meine gesamte Luft aus, um mir an meinen dröhnenden Kopf zu fassen.
"Das darf alles nicht wahr sein."
-
Ob sie da je wieder rauskommt 😳
Was wohl passiert, wenn Kieran zurückkommt ?
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