-26-
So elegant es mir möglich war, lief ich mit den Highheels die Treppen herunter und machte noch einmal vor dem Spiegel im Flur halt. Meine braunen, glatten Haare umrahmten perfekt mein Gesicht und ich musste mir wohl eingestehen, dass dieses wunderschöne Kleid mich bezaubernd aussehen ließ. Wie gerne würde ich mich auf diesen Abend freuen - darauf, auszugehen und Spaß zu haben - jedoch war mir bewusst, dass es nicht so sein würde.
"Kommst du endlich?"
Ohne zu meiner Seite zu sehen, holte ich tief Luft und fixierte dabei meine grünen Augen im Spiegel. Am liebsten wäre ich Damien an die Gurgel gesprungen oder hätte ihm einen Spruch gedrückt. Doch ich tat es nicht. Ich legte einfach nur ein gespieltes Lächeln auf und machte gute Mine zum bösen Spiel.
"Entschuldige, dass du warten musstest. Immerhin musste ich die Spuren an meinem Hals überschminken", erklärte ich selbstbewusst und lief erhobenen Hauptes an ihm vorbei, wobei ich bemerkte, wie verdutzt er mich musterte. Ich ignorierte seine Blicke auf mir und öffnete anschließend die Haustür, wo mir sofort der kalte Wind durch die Haare rauschte. Es tat so gut, tief durchatmen zu können und nachdem ich noch einen flüchtigen Blick hinauf in den sternenbedeckten Himmel warf, lief ich Damien voraus die Einfahrt entlang.
Seine Schritte hinter mir hörend, hielt ich erst wieder inne, als ich an einem edlen Mercedes ankam und er die Türen entriegelte.
Da ich wirklich keine Nerven hatte, ihm nah zu sein, machte ich mir die hintere Tür des Wagens auf und ließ mich langsam auf das dunkle Leder gleiten.
"Wir fahren eine halbe Stunde. Du kannst dir schon mal überlegen, wie du es am besten anstellst."
"Mach dir keine Sorgen", gab ich ihm mit gefasster Stimme zurück, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Meine Aufmerksamkeit galt der Nacht draußen, während Damien den Wagen startete und los fuhr.
Mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Angefangen damit, was ich nun tun sollte... Es machte mich zunehmend nervöser - das Gefühl, gleich meinen eigenen Gefährten zu hintergehen und auch, wenn er es meiner Meinung nach verdient hatte, tat es mir trotzdem irgendwie leid. Mit dieser inneren Unruhe kam es dann auch, dass ich mein Fenster herunter lassen musste, um überhaupt noch Luft zu bekommen. Dieses Mal waren es nicht Damiens Hände, die mir die Luft abschnürten... es war die Gewissheit darüber, was ich vorhatte.
"Was ist los mit dir?", kam es von Damien, der kurz zu mir nach hinten sah. Ich lehnte jedoch nur schweigend meinen Kopf an sie Seite des Fensters und genoss die kühle Luft auf meiner heißen Stirn. "Du wirst doch keine kalten Füße kriegen?! Du weißt, was denn mit-"
"Spar dir deine Drohungen", unterbrach ich ihn. "Ich habe es verstanden."
Als ich flüchtig zu ihm sah, nickte er und bog anschließend in eine engere Straße ein, an deren Ende ich helle Lichter hier mitten im Wald erkannte. Neugierig lehnte ich mich etwas vor und starrte aus der Windschutzscheibe.
Es war eine riesige Villa, mitten im nirgendwo, vor der sich ein großer Platz befand, auf dem schon einige Autos parkten.
"Das kommt mir etwas übertrieben vor, für ein einfaches Rats-Treffen", sprach ich meine Gedanken laut aus, denn ich kannte nur die Rats-Treffen von meinem früheren Rudel. Da trafen sich vielleicht zehn der engsten Mitglieder in unserem Rudelhaus und besprachen einige der wichtigen Angelegenheiten. Nie wäre mir in den Sinn gekommen, solch eine Villa für solch ein Treffen zu nutzen.
"Es kommt nicht nur unser Rudel", erklärte Damien und parkte den Wagen, um sich gleich darauf zu mir herumzudrehen. "Aber das hat dich nicht zu interessieren."
Ohne Ausdruck nahm ich ins Visier und fixierte ihn einige Sekunden, ehe ich ohne noch ein Wort mit ihm zu wechseln aus dem Auto stieg. Mit dem Blick auf die Treppen am Eingang der Villa gerichtet, lief ich etwas unbeholfen los über den unebenen Asphalt und hob an den Stufen angekommen mein Kleid an. Schritt für Schritt trat ich vorsichtig hinauf und bemerkte dabei die zwei Männer, die neben der breiten, offenen Haustür standen und mich lächelnd begrüßten.
"Hallo", murmelte ich und hörte dann schon von innen Gelächter und sanfte Klänge von klassischer Musik.
"Geh schon", flüsterte mir plötzlich Damien von hinten ins Ohr und ich bekam eine unangenehme Gänsehaut, die sich bis über meinen Nacken zog. Wie ich diesen Mistkerl hasste, denn er konnte es einfach nicht lassen, mir so nah zu kommen.
"Schon gut!", zischte ich überfordert und trat durch die Haustür hindurch in ein großes, offenes Foyer. Einige ältere Personen standen hier in schönen Anzügen und Kleidern, die sich ausgelassen unterhielten und Gläser mit Wein in ihren Händen hielten. Ich kam mir mehr als fehl am Platz vor und spürte erneut diese Nervosität in mir aufsteigen. Schnell versuchte ich aber all meine Emotionen zu verdrängen und sah zu meiner Seite, wo ein breiter Türbogen in einen weiteren Raum führte.
"Ach, Damien. Da bist du ja", hörte ich eine ältere Dame und als ich endlich bemerkte, dass dieses Arschloch abgelenkt war, lief ich entschlossen auf den Türbogen zu und sah mich zuerst in Ruhe um.
Es war ein riesiger Raum, der durch mehrere Kronleuchter erhellt wurde. Ganz hinten befanden sich einige Paare auf der runden Tanzfläche, während andere dich dumherum an edlen gedeckten Tischen befanden.
"Ich bin hier vollkommen falsch", hauchte ich und dachte darüber nach, dass nichts hier mit einem Rats-Treffen zu tun hatte. Es kam mir vor wie ein Ball, der nur dazu da war, sich ausgelassen zu amüsieren. Dann aber, hörte ich einige dunkle Stimmen hinter mir und drehte mich noch einmal zum Foyer herum.
Zwei Männer in Anzügen kamen gerade die Treppe herunter und begrüßten Damien. Sie schüttelten seine Hand und schienen erfreut ihn zu sehen, um anschließend mit ihm gemeinsam wieder nach oben zu verschwinden. Irrtiert sah ich ihnen nach, bis eine ältere Frau lächelnd auf mich zu kam.
"Wir sollten uns amüsieren dürfen, während unsere Männer dort oben alles unter Kontrolle halten", zwinkerte sie und musterte mich daraufhin von oben bis unten. "Gehören sie zu Damien?"
"Oh - Gott. Nein", platzte es viel zu hysterisch aus mir heraus, sodass sie große Augen machte und verwirrt schien. Es war mir so unangenehm, dass ich nur ein schräges Grinsen auflegte und mich schnell wieder herumdrehte, um einige Schritte in den Saal hinein zu machen.
Mein Augen schloss ich für einen kurzen Augenblick, um der Musik zu lauschen und mich irgendwie selbst zu beruhigen. Natürlich funktionierte das aber nicht und ich spürte mein Herz mir weiterhin bis zum Hals schlagen.
Einen tiefen Atemzug nehmend, öffnete ich meine Augen wieder und beobachtete einige Paare beim Tanzen, bis ich förmlich spürte, wie ich selbst auch beobachtet wurde. Ich biss mir überfordert auf meine Unterlippe und neigte mein Gesicht nur leicht zur Seite, wo ich an der Bar plötzlich Kieran stehen sah.
Seine dunklen Augen musterten mich mit einer Intensität, dass ich für einen Moment sie erstarrt wirkte und obwohl ich am liebsten abgehauen wäre, blieb ich an Ort und Stelle stehen und ließ meine Augen über seine Erscheinung schweifen.
Seine schwarzen Haare lagen perfekt, während der dunkle Anzug ihn so elegant wirken ließ. Gleichzeitig erkannte man aber die Tattoos an seinem Hals und Händen, was ihn wie einen Draufgänger wirken ließ.
Als meine Augen dann wieder genau auf seine trafen, kam er auch schon auf mich zu und brachte allein mit seinen Blicken mein ganzes Vorhaben wieder ins Wanken.
Immerhin war ich genauso arrogant und kalt zu ihm, wie er zu mir. Unser kaputtes Verhältnis beruhte auf Gegenseitigkeit und was Damien da von mir verlangte, würde mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Konsequenzen für ihn haben. Doch was wären meine Konsequenzen, wenn ich es nicht tun würde?
Immer hektischer glitt meine Atmung über meine Lippen und gerade, als ich von meinen eigenen Gedanken überfordert abhauen wollte, griff Kieran nach meiner Hand und zwang mich somit, genau vor ihm stehen zu bleiben.
"Du siehst bezaubernd aus, kleine Tyrannin", sprach er mit einer Ehrlichkeit, die mich sprachlos zu ihm aufsehen ließ. Da war sie wieder - diese beschissene Verbindung die selbst ohne meine Wölfin so stark wirkte.
"Ich-", wollte ich gerade eine Ausrede finden, auf Toilette zu müssen, da fiel er mir jedoch ins Wort, während er mich weiterhin mit seinen dunklem Augen gefangen hielt.
"Ich weiß, dass sehr viel zwischen uns steht", fing er an und ich spürte dabei, sie er mit seinem Daumen über meinen Handrücken streichelte. Ich wehrte mich dagegen, es gut zu finden, was mir aber nur teilweise gelang. "Aber wir können ja für einen kurzen Augenblick so tun, als würdest du mich nicht hassen und zusammen tanzen."
"Es tut mir leid, aber ich kann nicht tanzen, selbst wenn dich nicht hassen würde", gab ich ihm zurück, woraufhin er mir aber auch noch seine zweite Hand reichte, die ich nur ungläubig anstarrte.
"Musst du nicht. Ich kann es."
Wie groß konnte das schlechte Gewissen eines Menschen werden, der gerade dabei war, dem Mann nachzugehen, dem er bei nächster Gelegenheit ein Messer in den Rücken rammen würde?
-
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top