4. Kapitel: Neue Freundschaften
Alora:
„Jetzt nochmal von vorne, welchen Stil benutzt Link genau?", fragte ich ein weiteres Mal in die Runde. Nach dem Ende des Training der Prinzessin hatten mich Mipha und Urbosa zu einem kleinen Drink eingeladen. So saßen wir drei nun zusammen in der Cantina des Schlosses und genossen jeder einen Becher Brandwein, der wohl aus auf Hyrule beheimateten Wildbeeren gemacht worden war. „Also grundlegend verwendet Link, wie er dir selbst bereit gesagt hat, das Niman. Eine Kampfform, die Elemente aus fast allen anderen Formen kombiniert, die Klingenführung vereinfacht und mit verschiedenen Machtfertigkeiten verbindet", erklärte Urbosa. „Aber ich habe im Tempel schon einmal gegen jemanden gekämpft, der Niman benutzt hat, und so stark ist die Form gar nicht. Sie bietet dem Gegner zwar keinen wirklichen Angriffspunkt, aber dem Anwender gleichzeitig auch keinen wirklichen Vorteil", warf ich ein. „Das stimmt, aber bei Link ist es auch etwas anders, er erlernt den Lichtschwertkampf nämlich bereits, seit er laufen kann. Somit hat er schon jetzt mit gerademal 17 Jahren alle Formen desselbigen gemeistert und kann sein vollständiges Wissen über dieses Gebiet jederzeit abrufen. Das Niman ist in seinen Händen praktisch ein Bindeglied zwischen all diesen unterschiedlichen Techniken und Stilen, das ihm hilft sich jeder erdenklichen Situation anzupassen. In deinem Fall hat er mit dem Shii-Cho angefangen, damit du dir deiner Sache zu sicher wirst und dich dann mit einem schnellen Wechsel zum Djem So überwältigt", erklärte Mipha, woraufhin ich sie ungläubig anstarrte. „Dann... dann ist er vermutlich der Jüngste, der jemals zum Jedi Ritter geschlagen worden ist, oder?", fragte ich verunsichert.
„Ganz genau", bestätigte Urbosa, „wir haben es nie so wirklich mit allen Details herumerzählt, weil Link befürchtet hatte, dass ihn der Orden von diesem Planeten abziehen würde. Da er seine Heimat und seine Freunde hier aber zu sehr liebt, haben wir den König dazu überredet niemals preiszugeben, welcher von uns Wächtern es genau ist." Erstaunt zog ich die Augenbrauen hoch, sie hatten Link alle gedeckt, damit er sich nicht von dem verabschieden musste, was er am Meisten liebte. „Klingt, als würdet ihr hier alle zusammenstehen. Muss schön sein, so etwas zu kennen", murmelte ich. Die einzige wirkliche Person, die in meinem Leben in der Form zu mir gehalten hatte, war mein Meister gewesen. Ansonsten hatten sich alle Mitglieder im Orden der Jedi mir gegenüber immer sehr emotionslos verhalten, genau wie es die Regeln eigentlich vorschreiben. Trotzdem fing ich jetzt, wo ich einen direkten Vergleich hatte, langsam an, diese Tradition anzuzweifeln. Auf einmal legte sich eine Hand auf meine Schulter und als ich aufsah, blickte ich in die mitfühlenden Augen von Urbosa. „Du wirst schon bald sehen, dass es auf diesem Planeten mit dem Kodex etwas lockerer aussieht", erklärte sie. „Es muss schön sein, nicht jede seiner Handlungen zweimal überdenken zu müssen, weil sie eventuell gegen irgendwelche Regeln verstoßen könnte", meinte ich traurig. „Hey, zieh nicht so ein langes Gesicht, immerhin bist du ja jetzt auch eine von uns und bestimmt können wir den König, sowie den Rat der Jedi davon überzeugen, dich dauerhaft zu einer Wächterin dieses Planeten zu machen", munterte mich Mipha auf. „Du meinst wirklich, dass...?", erkundigte ich mich ungläubig.
„Natürlich", stimmte Urbosa zu, „da du ja genauso von dieser Welt stammst, wie wir es tun, dürften wir schon einmal einen guten Ausgangspunkt für unsere Argumentation haben. Dazu kommt noch die Tatsache, dass du mit Sicherheit gerne bleiben möchtest und natürlich, dass du hier eine gute Möglichkeit hättest, deine Fertigkeiten zu verfeinern. Irgendwann wird sich dann bei dir bestimmt eine Art Routine eingespielt haben, weshalb der Rat dich dann einfach nicht mehr von Hyrule abziehen kann." Völlig verblüfft starrte ich die Beiden an, eigentlich hatte ich fest damit gerechnet, dass ich nur so lange hierbleiben könnte, wie es nötig ist. Doch anscheinend wollten meine Jedi Kameraden hier, obwohl sie mich gerademal einen Tag lang kannten, alles in ihrer Macht Stehende dafür geben, dass ich dauerhaft bleiben könnte. „Danke...", entgegnete ich leise und lächelte schmal. Gerne hätte ich etwas Umfangreicheres gesagt, aber dazu war ich im Moment nicht imstande. Für den Rest des Abends herrschte eine etwas freudigere Stimmung zwischen uns, was mir ehrlich gesagt ganz guttat. Als es schließlich bereits dunkel war, zeigte mir Mipha noch mein Zimmer, dass sich deutlich von dem im Jedi Tempel unterschied. Zugegebenermaßen war es an sich auch recht schlicht eingerichtet, aber anders als meine bisherige Unterkunft wirkte diese hier trotzdem noch so gut es ging gemütlich.
Der darauffolgende Tag gestaltete sich recht entspannt, obwohl ich genau wie die anderen Jedi Wächter natürlich einige Pflichten zu erfüllen hatte, allen voran Zeldas Training. Trotzdem blieb es noch relativ ruhig und besonders Urbosa hatte eine druckvermindernde Wirkung auf so ziemlich alle Anwesenden, insbesondere die Prinzessin. Sie schien sich von allen am meisten unter Druck zu setzen, ihren Umgang mit dem Lichtschwert zu verbessern. Zugegebenermaßen hatte sie es von uns allen auch am Meisten nötig, aber trotzdem half es natürlich nichts, wenn sie zu schnell, zu viel erreichen wollte. Während Zelda Pause machte, verfeinerte ich mit Mipha meine eigene Technik, was ausgesprochen gut klappte. Denn, wie sich herausstellte, bevorzugte sie ebenfalls das Soresu und war in dessen Umgang deutlich weiter. So kam es, dass ich gemeinsam mit ihr viele Basisfiguren der Form noch einmal durchging, wobei sich herausstellte, dass sich bei einigen noch ein paar Fehler eingeschlichen hatten. An sich nichts Gravierendes, aber im Gesamten stand es mir doch ziemlich im Weg. Mithilfe von Mipha jedoch konnte ich bereits an meinem ersten, richtigen Tag hier dies weitgehend zu korrigieren. Außerdem stellte ich mich auch Daruk in einigen Übungskämpfen, wobei mir Mipha und ihr Bruder Sidon zusahen und von Zeit zu Zeit einige Tipps gaben. „Nicht so verbissen Alora!", meinte Mipha plötzlich und gab Daruk einen Wink aufzuhören. „Was meinst du denn damit?", fragte ich verwirrt. „Ganz einfach, du bist viel zu verbissen und angespannt. Bis zu dem Moment, wo du zum Konter ansetzt, musst du ruhig und entspannt bleiben, aber wenn du deine Gelegenheit für den Angriff siehst, musst du deine Stärke dann in so wenig Schlägen wie möglich konzentrieren", erklärte Mipha ruhig. „Sollte das ein Witz sein? Wie um alles auf Coruscant soll es mir im Kampf helfen, wenn ich mich entspanne?", erkundigte ich mich verwirrt.
„Indem du dich so leichter der Macht hingeben und sie deine Klinge genau dahin führen lassen kannst, wo sie sein muss, um zu parieren. So kannst du eine nahezu perfekte Abwehr erschaffen, zwar niemals wirklich schnell, aber immer gerade schnell genug, was deine eigene Energie so weit wie möglich schont", führte meine neue Freundin ihre Erklärung weiter aus. Stirnrunzelnd dachte ich darüber nach und kam zu dem Ergebnis, dass es ziemlich genau zu der Philosophie des Soresu passte, nur jetzt musste ich erstmal von der Theorie in die Praxis kommen. „Gut, hast du vielleicht irgendeinen Tipp, der mir hilft mich mitten in einer Schlacht zu entspannen?", fragte ich schließlich. „Nun ja", meinte Mipha und sah verlegen zur Seite, „mir hilft es immer, mich besser auf die Macht zu konzentrieren, wenn ich mir ein ganz klares Bild vor Augen führe. Etwas das mich... glücklich macht." Bei den letzten Worten war ihr Blick noch etwas mehr zur Seite ausgewichen, bis sie vermutlich Link aus den Augenwinkeln sehen konnte. Augenblicklich fiel mir wieder ein, was Urbosa gestern zu mir gesagt hatte. Du wirst schon bald sehen, dass es auf diesem Planeten mit dem Kodex etwas lockerer aussieht. Bezog sie sich dabei etwa auch mit auf Mipha? Immerhin waren die Beiden ja sowas wie beste Freundinnen, also wäre es gut möglich, dass Urbosa sich darauf bezogen hatte, zumindest wenn meine kleine Vermutung stimmte. „Verstehe... dann versuche ich es auch mal", gab ich zurück und atmete anschließend tief ein und wieder aus. Dabei versuchte ich mir ein Bild ins Gedächtnis zu rufen, dass mich irgendwie entspannen konnte, nur leider fiel mir auf die Schnelle nichts ein. Krampfhaft durchwühlte ich meine Erinnerungen, bis Mipha mir auf einmal ihre Hand auf die Schulter legte. Sie sagte zwar nichts weiter dazu, aber die Botschaft war trotzdem offensichtlich. Nämlich machte ich gerade wieder denselben Fehler, den ich auch schon in den Übungskämpfen gemacht hatte, dass ich zu verbissen versuchte, es um jeden Preis zu erreichen.
Also ließ ich mich stattdessen einfach fallen und überließ es der Macht, meinen Geist zu leiten. Schließlich kam mir dann ein Gedanke in den Sinn, eine schlichte Erinnerung an einen Abend, an dem ich mir gemeinsam mit meinem Meister auf Coruscant den Sonnenuntergang angesehen hatte. Im Verlauf des Tages hatte er mir vorher ein paar Stunden Lichtschwerttraining gegeben und ich hatte ihn dabei zum ersten Mal besiegt. Natürlich musste man dazu sagen, dass Teba sich aus recht offensichtlichen Gründen zurückgehalten hatte, aber dennoch hatte ich meinen Meister in gewisser Weise geschlagen. Am Abend danach hatten wir uns etwas Verpflegung besorgt und uns von einem Balkon des Tempels aus den Sonnenuntergang angesehen. Wir hatten eigentlich keine wirklich relevanten Worte miteinander gewechselt, aber trotzdem hatte ich gewusst, dass Teba unglaublich stolz auf mich war. Nur beiläufig bemerkte ich, dass sich mein Puls bei diesem Gedanken tatsächlich senkte und sich mein Körper entspannte. „Ja, genauso Alora", meinte Mipha, „bereit es nochmal zu versuchen?" Nickend akzeptierte ich ihren Vorschlag, öffnete die Augen wieder und sah meinen Gegner an. Kurze Zeit später führte Daruk auch schon seinen ersten Angriff aus, den ich mit einer Leichtigkeit abwehrte, die mich selbst wohl am meisten überraschte. Dasselbe geschah mit dem zweiten und auch mit jedem darauffolgenden Schlag meines Gegenübers. Ich blockte sie einfach ab, jedoch ohne meine Klinge dabei zu viel zu bewegen, ich bewegte sie nur gerade schnell genug in Position, um den Angriff abzuwehren. Sollte dies einmal nicht mehr möglich sein, verbog ich stattdessen einfach meinen Körper, damit mich das Lichtschwert knapp verfehlte. Damit ging es einfach immer weiter, mein Leben bestand für diesen Moment aus nichts weiter, als der Aktion und Reaktion im Kampf. Langsam bemerkte ich, dass Daruk müde zu werden schien, seine Hiebe wurden träger und Schweißperlen liefen ihm von der Stirn.
Bald darauf führte er dann einen etwas zu riskanten Schlag gegen mein rechtes Bein, der mir eine perfekte Gelegenheit bot, die ich ohne Zögern ausnutzte. Wie bei den vielen bisherigen Malen setzte ich meine Klinge zur Parade an, allerdings veränderte ich in letzter Sekunde den Winkel ein Wenig, sodass ich nun nicht nur die Waffe, sondern auch das Handgelenk meines Gegners traf. Sofort war Daruk gezwungen sein braun, silbernes Lichtschwert fallenzulassen, wobei sich die gelbe Klinge augenblicklich deaktivierte und er mich ungläubig anstarrte. Ich auf der anderen Seite starrte mindestens genauso ungläubig zurück, immerhin hatte ich, eine fast noch Padawan Schülerin, gerade einen der wohl besten Kämpfer der Jedi geschlagen. „Unglaublich", staunte Mipha und als ich zu ihr hinübersah, erkannte ich, dass ihrem Bruder sogar der Mund offenstand. „In der Tat, ich kenne nur wenige Leute, die mich besiegen können, besonders auf diese Weise, und sie sitzen fast alle in diesem Raum", meinte Daruk anerkennend. „Danke", gab ich zurück und spürte genau, wie sich meine Wangen vor Stolz rot färbten. Ansonsten trainierte in der Hauptsache natürlich Zelda, meistens mit Urbosa und manchmal auch mir, nur leider machte sie bestenfalls langsam Fortschritte. Gegen Mittag verließen wir dann das Dojo und gingen in den Garten des Schlossen, wo Zelda einige Übungen für die Macht ausführte. Auch ich versuchte mich aufgrund meiner noch eher bescheideneren Erfahrung auf diesem Gebiet an den Aufgaben und schnitt dabei gar nicht mal so schlecht ab. Die Prinzessin wiederrum... freundlich ausgedrückt hatte sie einige Schwierigkeiten und fies ausgedrückt würde man sagen, dass sie kaum zu mehr in der Lage war, einen kleinen Stein mit der Macht zu bewegen.
Gegen Abend traf ich mich dann wieder mit Mipha und Urbosa in Cantina und trank etwas Erfrischendes. „Und Alora, wie fandest du deinen ersten, richtigen Tag hier so?", fragte Mipha und sah mich freundlich an. „An sich hat er mir ganz gut gefallen. Ein Wenig streng durchgeplant vielleicht, aber es lässt sich aushalten, zumindest mehr als damals im Jedi Tempel", antwortete ich. „Das freut mich", meinte Urbosa, „im Moment ist auch nicht so viel los mit den Yiga oder anderem, was gefährlich werden könnte. Somit kannst du dich in Ruhe an dein neues Umfeld gewöhnen und..." Leider sollte ich niemals erfahren, was sie noch sagen wollte, denn ehe es dazu kam, wurde plötzlich die Tür aufgerissen und eine Frau, ganz ähnlich gekleidet wie Urbosa selbst, stürmte hinein. „Bylla, was machst du denn hier?", fragte die rothaarige Frau neben mir erstaunt. „Urbosa, es geht um Gerudo und Riju", antwortete diese Bylla und sofort blickte ihre Gegenüber erschrocken drein. „Wieso, was ist mit der Stadt und... meiner Tochter?", fragte Urbosa mit besorgter Stimme. „Moment, Tochter?", schoss es mir durch den Kopf. Bisher war ich immer davon ausgegangen, dass Jedi eine solche Art von Bindung nicht eingehen durften, weshalb gerade eine halbe Welt für mich zusammenbrach. „Sieht aus als wären die Regeln des Jedi Kodex hier wirklich SEHR viel lockerer", murmelte ich leise. „Die Yiga, sie haben einen Überraschungsangriff auf die Stadt ausgeführt und unsere Stellungen einfach überrannt. Ich habe alles getan, um sie auszuhalten und Eure Tochter zu beschützen aber, unsere Gegner waren viel zu zahlreich. Es tut mir schrecklich leid, aber sie ist noch dort... und eine Gefangene", erklärte Bylla und senkte den Blick. Im selben Moment entgleisten Urbosas Gesichtszüge und sie starrte die andere Frau nur mit einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit an.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top