Kapitel 49

MI SOG DIE Ruhe in sich auf wie Sauerstoff. Die Steinmauer, an der sie lehnte, kühlte ihren Kopf und trieb die Gedanken fort. Ihr müder Blick wanderte im Zimmer herum, ohne irgendwo hängenzubleiben. Der Raum, in dem sie saß, war nicht nur winzig, sondern auch leer. Keine Möbel, kein Staub, keine Tracer und keine Menschen waren hier. Keine Fenster und kein Licht. Nichts und niemand konnten ihre Kopfschmerzen noch weiter verstärken. Nicht mal die farblosen Wände trübten ihr Gemüt.

Ihre Finger fuhren durch die blauen Strähnen und einige Haare blieben an der Hand hängen. Das tote Material leuchtete durchdringend in der intensiven Farbe, die ihr vertraut war. Vertraut und doch so fremd. Als sie nach ihrem Erwachen in den Spiegel gesehen hatte, war sie erschrocken zusammengezuckt. Das Blau war ihre Mähne hinabgeklettert und verdrängte das Blond fast gänzlich. Ihre Kehle schnürte sich zu, als nehme ihr die Farbe die Luft zum Atmen. Sie schüttelte die abgestorbenen Haare von sich und wischte ihre Hände an der Hose ab.

Zum Glück hatten alle wortlos zugelassen, dass sie sich vorerst einige Stunden zurückzog. Es war ein widersprüchliches Ziehen, das sie dazu gedrängt hatte. Einerseits wog die Einsamkeit schwer in ihrer Brust, andererseits verweigerte ihr Kopf all die lauten Stimmen. Es waren zu viele. Zu lange war sie mit ihren Gedanken alleine eingeschlossen gewesen. Doch etwas in ihr hatte sich daran gewöhnt. Das war ein schmerzhafter Prozess gewesen, doch nun konnte sie diese Pein besser ertragen als die Außenwelt.

Gedanken. Einhundert Gedanken durchströmten ihren Kopf. Mi ließ ihre Hände in den triefend blauen Haaren versinken und zog an ihnen, damit sich die Bilder vor ihrem inneren Auge verzogen. Es half nicht. Die Erinnerungen bahnten sich ihren Weg durch die weit offen stehenden Kanäle. Wach zu sein, war anstrengend. Doch das machte den vergangenen Schlaf nicht erholsam. Lucette hatte sie in einen Albtraum befördert, der tief in ihren Knochen saß. Er war jederzeit bereit, seine Krallen auszufahren und sie in düstere Welten zu ziehen.

Lucette. Mi rieb sich übermüdet die Augen. Diesen Namen konnte sie kaum noch in Gedanken fassen. Er war so verschwommen wie alles in jener Nacht, in der die Tracerin sie überfallen hatte. Jedes Mal, wenn sie über die Gründe für ihr Verhalten nachdachte, schoss ein klarer Gedanke wie eine Glasscherbe in ihren Kopf. Sie wollte Mi tot sehen. Obwohl Tracer nicht sterben konnten, hatte sie das Unmögliche möglich gemacht und sie zum Schweigen gebracht. Keine Angst benetzte ihre Haut, als sie darüber nachdachte. Nur Wut brannte in ihr lodernd und nährte sich aus jedem Funken Furcht, der an die Oberfläche zu kriechen versuchte.

Wie Lucette es gemacht hatte? Wusste Mi nicht mehr. Je stärker sie sich auf die Geschehnisse konzentrierte desto heißer brannte das Feuer in ihrem Kopf. Keine Chance. Es gab nur eine Erinnerung, die ihr Trost spendete. Eine junge Frau mit braunen kurzen Haaren, die durch eine Tür lief. Sie drehte sich nicht um, sondern flüchtete mit zusammengezogenen Schultern aus einer Wohnung. Ihr ängstlicher Atem hallte durch den Vorraum und verschwamm in Mis Gedächtnis zu einem Brei aus gedämpften Geräuschen. Freude kribbelte in ihren Fingerspitzen, als sie die Erinnerung wie einen Film mehrmals abspielte. Das stammte aus ihrem alten Leben. Ganz sicher. Ihr Herz schlug höher, wenn sie daran dachte.

Das Glück verpuffte, als Mi an ein weiteres Geschehnis dachte, das aus der Zeit vor ihrem Tracerdasein stammte. Fünf Gesichter blitzten in ihrem Gedächtnis auf. Zwei davon kannte sie. Eine war Lucette, die andere Ayame. Ayame. Die letzte Person, die sie nach ihrem Erwachen hatte sehen wollen. In ihren Kopf bohrte sich das Bild aus jener Nacht hinein, in der die Tracer sie auf einer finsteren Straße überrascht hatten. Mi ballte ihre Hände zu Fäusten und starrte die Decke an, die über ihrem Kopf lauerte. Der kleine Raum engte ihre Brust nun doch ein, auch wenn es kein Vergleich zu ihrem tiefen Schlaf war.

Die Tür ging auf und Licht drang in das Zimmer hinein. Mi schirmte ihr Gesicht ab, um ein kleines bisschen Dunkelheit einzufangen. Schritte näherten sich, zusammen mit zwei Stimmen, die sie nur zu gut kannte. Die Lampe wurde angedreht, was ihr ein genervtes Seufzen entfliehen ließ. Sie vermied den Blick in deren Richtung, auch wenn die Helligkeit für ihre Augen in Wirklichkeit auf widersprüchliche Art anziehend war. Gleich nach Ayame waren Angel und Rae die letzten Tracer, die sie sehen wollte. Sie wusste nicht, wie viele Stunden vergangen waren, doch die Zeit verflog in diesem Raum eindeutig schneller als in ihrem unendlichen Traum. Wahrscheinlich hatten sie die Geduld verloren.

"Hallo", hauchte Angel schüchtern. Der blumige Klang ihrer Stimme strich Mi angenehm über die Seele, sodass ihr Blick unwillkürlich zu ihr gelenkt wurde. Sie biss sich auf die Lippe. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, war sie in gewisser Weise froh über die Anwesenheit der Tracer. Zumindest wenn sie gedanklich keinen weiteren Schritt machte, indem sie in Erinnerung rief, wie sehr sie von ihnen enttäuscht wurde.

Mi traf auf Angels Augen, die ihr unschuldig entgegenglitzerten. Erleichterung und Verzweiflung kämpften darin unerbittlich eine endlose Schlacht. Die zartrosa Strähnen in ihrer blonden Mähne umschmeichelten ihr Gesicht wie Blüten, die ihr jemand ins Haar gesteckt hatte. Egal wie traurig sie dreinsah, ihr freundlicher Ausdruck drang immer hindurch. Das löste in Mi ein Gefühl von Vertrautheit aus, das sie kaum leugnen konnte. Eine Ewigkeit lag in der Luft und streckte den Moment. So lange hatte sie ihre Zimmernachbarinnen nicht mehr gesehen.

"Wir dachten uns, du hast bestimmt Fragen. Oder so", murmelte Rae. Als sich Mis Blick auf sie richtete, verschränkte die Tracerin ihre Arme. Die braungrünen Augen musterten sie gründlich. Ein Hauch von Berechnung lag darin, als wäre sie jederzeit dazu bereit, sich oder Angel zu verteidigen. Sie hielt Mi für durchgeknallt, das sah man ihr deutlich an. Ihre skeptisch hochgezogenen Augenbrauen versteckten sich hinter dem dichten Pony. Etwas an ihr hatte sich signifikant verändert. Mi kannte sie als besonders gutgläubig und festgefroren, wenn es um ihre Meinung und die gewohnte Umgebung ging. Doch augenscheinlich befanden sie sich nicht mehr in der IUU. Die Dickköpfigkeit hatte sich zu etwas anderen gewandelt. Sie hatte sich zu einem starken Willen geformt, der mit jeder ihrer Bewegungen an Rae besser erkennbar wurde.

"Bitte sprich mit uns, Mi", bat Angel. Sie neigte ihren Kopf zur Seite und versuchte, mit ihren freundlichen Augen zu ihr durchzudringen. Ein Funken des flammenden Zorns entzündete sich in Mis Brust. Die Enttäuschung lag ihr bitter auf der Zunge.

"So wie du mit mir in jener Nacht gesprochen hast, kurz bevor Lucette mich fast umgebracht hat?", zischte Mi. Die bissigen Worte ließen Angel zurückweichen.

"Also stimmt es wirklich ...", gab Rae nach einem tiefen Atemzug wider. Sie zupfte an ihrem hohen Pferdeschwanz und trat von einem Bein auf das andere. Die Wahrheit stellte die Tracerin kein bisschen zufrieden, doch sie schien sie akzeptieren zu wollen. Mi hob ihren Kopf. Das hatte sie nicht erwartet.

"So? Ich dachte, das hätte ich mir alles nur ausgedacht. Weil ich einen Vogel habe und so zum Spaß nachts in den Gängen herumirre", kam es von Mi. Als sie kalt auflachte, runzelte Rae ihre Stirn.

"Mi, es ist viel passiert inzwischen ... ich verstehe nicht, warum du so zornig bist. Weißt du, wir haben einiges durchgemacht, während du weg warst", stotterte Angel mit bittendem Blick. Mi blieb unbeeindruckt.

"Kann ich mir vorstellen. Wirklich schrecklich, was ihr durchgemacht haben müsst. Wirklich schrecklich", sprach Mi mit ungläubigem Kopfschütteln. "Ist das euer Ernst? Ist das euer voller Ernst? Was erwartet ihr von mir?" Sie warf ihre Fäuste in den Boden und sie bohrten sich einen Zentimeter hinein. Die Wut vibrierte in jeder Zelle ihres Körpers.

"Bitte hör uns zu. Wir haben das alles für dich gemacht", versuchte es Angel ein weiteres Mal mit weit aufgerissenen Augen.

"Nein, jetzt hört ihr zu", rief Mi und drückte die Hände weiter in den Boden hinein. "Ihr habt das für euch gemacht und das wisst ihr tief im Inneren ganz genau. Ich bin in euer perfektes kleines Weltbild eingedrungen, habe es gewaltig beben lassen und bin mit einem Knall von der Bildschirmfläche verschwunden. Aber ihr wart fest davon überzeugt, dass ich einen Sprung in der Schüssel hatte - das weiß ich noch ganz genau, als wäre es gestern gewesen. Und mir ist völlig egal, was eure Meinung geändert hat oder wie viele Stunden und Tage seitdem vergangen sind. Mir ist völlig egal, wie traurig ihr gewesen seid, weil eure kleine Mitschülerin ausgeknockt war. Denn ich sag euch mal was; es ging euch nie um mich. Es ging euch um das Gefühl von Freiheit. Ihr braucht mir nichts vorzumachen, denn ich kenne dieses Gefühl besser als jeder andere Tracer. Sobald einen ein kleiner Hauch infiziert, stellt sich alles auf den Kopf. Man denkt nur noch daran, wie die Tür wohl aussehen mag, wo sie sein könnte und wann man endlich aus diesem beschissenen Loch verschwinden kann. Freiheit ist wie eine Droge. Man nimmt alles in Kauf - lässt sich sogar auf gefährliche Leute ein. Und es ist niemand da, der einen aufhält. Niemand, der einen davon abhält, den größten Fehler seines Lebens zu machen. Und dann - wenn es zu spät ist -, tritt man einen Schritt aus sich heraus und begreift, was geschehen ist. Seht euch an. Seht euch für einen Moment mal an. Auch wenn ihr es heil aus der IUU geschafft habt, konntet ihr nicht darauf verzichten, euch mit Lucettes Intrigen einzulassen. Ich bin an all dem zugrunde gegangen, aber was ist mit euch? Merkt ihr denn nicht, wie nah ihr am Abgrund steht? Spürt ihr nicht den Atem des Todes, der euch stetig ins Gesicht haucht? Glaubt mir, wenn man dem Tod in die Augen sieht, wünscht man sich nichts sehnlicher als alles rückgängig machen zu können. Man wünscht sich, dass jemand da gewesen wäre, der einen von all dem abgehalten hätte. Aber man ist allein. Mutterseelenallein. Die einzigen Tracer, von denen man gedacht hatte, ihnen vertrauen zu können, haben einen im Stich gelassen. Sie hätten es ändern können. Sie hätten diese gottverdammte Scheiße verhindern können, aber sie haben es nicht getan. Sie haben verdammt noch mal nichts getan." Mi biss ihr Kiefer so heftig zusammen, dass sie mit ihren Händen reflexartig einen Brocken aus dem Boden zog.

Angel starrte betreten die Wand an und Rae kaute auf ihrer Wange, den Blick auf den Boden gerichtet. Sie hingen Mis Worten nach, die durch den Raum waberten und die stehende Luft aufwühlten. Die Stille spülte jegliche Einwände hinfort, die den beiden Tracerinnen auf der Zunge lag. Die Ruhe nahm Mi die Lasten von den Schultern und ließ sie in sich zusammensacken. Die Erschöpfung nahm überhand, während all die heißen Emotionen verblassten.

"Ich war zu feige. Ich weiß das. Es tut mir leid. Glaub nicht, dass es mich nicht tagtäglich verfolgt", murmelte Angel und spielte mit ihren Händen. Rae schloss die Augen, als Mi ihren Blick erneut auf die beiden richtete. Er brannte weniger als zuvor, doch ein kleiner Vorwurf schwang noch immer mit. Für mehr hatte sie keine Energie.

"Können wir bitte aufhören uns anzuschweigen? Mi, du hast jetzt deines gesagt, jetzt gib auch uns eine Chance", bat Rae. Der Grad an Verzweiflung in ihrer Stimme verwirrte Mi. Etwas in ihr wachte auf, als die glitzernden Augen sie verloren streiften.

"Gut", kam es von Mi. Angels Kopf hob sich überrascht an, als die blauhaarige Tracerin sie erwartungsvoll ansah. Sie hob ihre Fäuste, die links und rechts von ihr Krater hinterlassen hatten und entspannte ihre Hände. Bröckel wirbelten auf und schlichen sich in ihre Atemwege. Die Luft wog in ihrer Brust schwer.

"Weißt du, nachdem du damals aus dem Zimmer gestürzt bist", begann Angel brüchig, "habe ich mich nicht ins Bett gelegt, nein. Ich habe Rae geweckt und davon überzeugt, dass wir dich suchen müssen. Wir hatten uns Sorgen gemacht, dass etwas Schreckliches passiert und sind hinausgegangen, doch als wir dich in der Bibliothek gefunden haben, waren wir bereits zu spät ... ."

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Mis Ohren klingelten immer mehr, je länger Angels Stimme den kleinen Raum durchflutete, da es noch ungewohnt und anstrengend war jemandem zuzuhören. Rae löste sie an einigen Stellen ihrer Schilderungen ab und erklärte mit ausschweifenden Gesten ihre eigene Sichtweise der Geschehnisse. Die stille Tracerin folgte den Worten ihrer Zimmernachbarinnen geduldig. Die Zeit verging und das Loch in ihrem Kopf, das sich wie ein Filmriss anfühlte, wurde stetig voller. Während sie geschlafen hatte, war viel passiert. Die Erzählungen sättigten das Gefühl der inneren Leere und bliesen die Verzweiflung hinfort.

Als Angel der Jetztzeit näher kam, verflogen die Worte immer mehr in der Luft. Die Aufregung verflüchtigte sich und eine bedrückende Schwere legte sich über die Worte der blonden Tracerin. Rae vervollständigte unbeirrt ihre Sätze, wenn sie nicht mehr weiterwusste. Mi griff nicht ein. Sie unterbrach keinen von ihnen. Ihre Hände spielten mit einem achteckigen Schmuckstück, von dem Rae aufgeregt erzählt hatte. Mit einem Ohr lauschte sie und mit dem anderen nahm sie ein dumpfes Sirren wahr, das wie ein Kraftfeld den Ring umgab.

In Mis Schoss lag ein dünnes Büchlein mit grünem Einband. Angel erklärte, dass es sich dabei um Julias Tagebuch handelte - die Wissenschaftlerin, der sie ihr Leben zu verdanken hatte. Die Blondine schilderte den Inhalt knapp, doch Mi wollte sich um jeden Preis ein eigenes Bild machen, indem sie die Zeilen selbst las und wertete. Trotzdem war ihr klar, dass wohl viel Gewalt und Leid die Geschichte prägten.

Mi gab Rae wortlos den ungewöhnlichen Ring zurück und bekam als nächsten Gegenstand ein goldenes Konstrukt in die Hände gedrückt. Angels Erklärungen zu dem achteckigen Ding hatten sie bereits neugierig gemacht, aber was sie vor sich sah, erstaunte sie noch mehr. Der Schlüssel der IUU bestand aus einem dünnen Stiel, an dessen Ende sich zwei filigrane Plättchen befanden. Die eine Scheibe steckte in der anderen, sodass sie gemeinsam das Muster eines Kreuzes bildeten. Als Mi dieses Ding drehte, fielen ihr Verzierungen ins Auge, die magisch aufblitzten. Der Anblick ließ sie sprachlos zurück.

Rae demonstrierte an der kleinen braunen Tür, wie der Schlüssel funktionierte. Interessiert beobachtete sie den Mechanismus. Wie von Zauberhand war einmal ein Raum da, aus dem gleißend helles Licht strahlte und im nächsten Moment verschwand er. Als wäre das nicht unglaublich genug, zeigten sie ihr noch einen Koffer, der innen größer war als außen. Wenn Mi es nicht besser gewusst hätte, würde sie denken, dass sie träumte. Sie hatte bei Weitem nicht mit all dem gerechnet. Die beiden hatten vieles auf das Spiel gesetzt, um aus der IUU rauszukommen und Julia zu finden.

"... dann sind die Lichter ausgegangen und wir stürmten hinaus. Du warst unsichtbar, aber im nächsten Moment bist du aufgewacht. So lange warst du weg, dass es mir fast unwirklich vorkam, wie du dich auf Ayame gestürzt hast. Es war kaum greifbar", erklärte Angel und räusperte sich. "Ich kann es noch immer nicht glauben. Ich kann noch immer nicht glauben, dass du wieder zurück bist. Es ist, als würden wir uns nicht mehr kennen." Die blonde Tracerin seufzte schwer und das Ende der Erzählung verfloss in der Stille.

"Vielleicht hast du mich einfach nie gekannt", erwiderte Mi neutral. "Wir sind Tracer, wir kennen nicht mal unsere eigene Vergangenheit. Wir kennen uns nicht mal selbst." Sie drehte den goldenen Schlüssel in ihren Händen und ließ das Glitzern der Verschnörkelungen auf sich wirken.

"Hm", murmelte Rae. Sie stand auf und ging im Raum auf und ab. Die stehende Luft wurde aufgewirbelt, sodass eine blaue Strähne sich in Mis Sichtfeld begab und sie blendete. Sie strich ihr Haar zurück.

"Ich weiß, dass ihr wissen wollt, wie das ist", gab Mi mit klarer Stimme wieder. "Wie es sich anfühlt, wenn man eine lange Zeit in seinem Kopf gefangen ist. Aber jetzt nicht. Es ist zu früh, um es euch zu erklären. Außerdem habe ich noch Schwierigkeiten dabei, mich an gewisse Dinge zu erinnern." Angel und Rae hoben gleichzeitig ihre Köpfe, als hätte man sie bei etwas ertappt. Es war, als konnte Mi deren vor Neugierde überkochenden Gedanken hören.

"Das wird mit der Zeit besser", sprach auf einmal Julia. "Bereits morgen wird es dir keine Schwierigkeiten mehr bereiten, deine Erinnerungen abzurufen. Übermorgen wirst du wieder alle Details im Kopf haben." Alle Blicke legten sich auf die Wissenschaftlerin, die plötzlich an der Tür lehnte. Niemandem war aufgefallen, dass sie ihnen zugehört hatte. Mi hob eine Augenbraue und versuchte den leeren Blick der Frau zu deuten. Ihre linke Hand umklammerte das Buch mit dem grünen Einband und schob es unauffällig hinter den Rücken. Dort würde sie später nachlesen, wie sie Julias kaltes durchfurchtes Gesicht einzuschätzen hatte. Erst danach konnte sie sich um die restlichen Probleme Sorgen machen. Erst danach.

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