Weihnachtsdesaster

Letzten Sonntag, also gestern, zündeten wir die erste Kerze auf unserem Adventskranz an. Menschen öffneten voller Vorfreude die zweite Tür in ihrem Adventskalender, verspeisten leckere Schokolade und pendelten auf Weihnachtsmärkte, um dort Glühwein zu schlurfen.

Menschen.

Und dann gibt's mich.

Am Samstag versuchte ich mich der Weihnachtszeit gegenüber ein wenig freundlicher zu zeigen und kramte eine uralte Lichterkette aus dem Keller heraus, die ich als Kind immer benutzte, um mein Zimmer zu dekorieren und warf sie über meinen Schrank. Ich gab mir richtig Mühe mit dem Tesafilm, achtete darauf, dass sie möglichst gut verteilt war und freute mich am Abend über die bunten Lichter. Gut, ich gebe zu, eine bunte Lichterkette benutzen unzählige Leute das ganze Jahr über.

Ein neutrales Dekostück. Genug Weihnachtsstimmung für mich.

Gestern steckte ich die Lichterkette wieder in die Steckdose. Nichts passierte. Sie blieb dunkel. Kaputt. Mittlerweile habe ich sie heruntergenommen und entsorgt. Weihnachten hat noch nicht begonnen. Bei mir ist es schon wieder vorbei. Na gut, wir wollen nicht übertreiben. Immerhin weiß ich, dass bald Weihnachten ist, auch wenn mir lieber wäre, dem wäre nicht so.

Eigentlich war mir die Weihnachtszeit und vor allem Heiligabend immer sehr viel wert. Seit ich denken kann, war ich ein religiöser Mensch. Das mag komisch klingen, für jemanden, der dazu gar keinen Bezug findet, doch für mich war Weihnachten nie das Fest der Familie oder das Fest der Geschenke. Vielleicht das Fest der Liebe und noch viel eher der Tag an dem man sich an die Geburt Jesu und die Botschaft erinnert, die dieser oder zumindest die Geschichten vermitteln, die von ihm übrigblieben.

Nächstenliebe

Friede

Sündenvergebung

Der Christbaum, die Plätzchen, Geschenke und das festliche Essen sind für mich immer nur Wege gewesen, das Ganze zu feiern. Und das war mir wichtig, hatte eine Bedeutung für mich, für mein jüngeres, naiveres Ich.


In den letzten Jahren wendete ich mich immer mehr vom christlichen Glauben ab und nun ist das erste Weihnachtsfest, seit ich nicht mehr religiös bin und es fühlt sich verdammt seltsam an. Dabei kann ich noch immer etwas mit dem Glauben an Gott anfangen, aber mit Religion eben so gar nicht mehr.

Ich habe eine Art Abneigung gegenüber Religionen entwickelt, weil ich sie unglaublich gefährlich finde und mittlerweile sogar so weit gehen würde, zu sagen, dass sie keinen Zweck erfüllen, der in irgendeiner Form wichtig wäre.

Menschen suchen nach einem Sinn, in dem was der Mensch hier auf diesem blauen Planeten soll und malen sich aus, was sein könnte und das ist spannend. Aber sobald man sich für eine dieser Ideen entscheidet und beschließt in die Welt hinauszuposaunen, dass diese und nur diese die einzig wahre ist, wird's problematisch.

Nur, weil du dich dafür entscheidest und dir eine dieser Ideen am liebsten wäre, ändert sich nichts daran, dass es eine Idee bleibt und nicht die Wahrheit wird. Für dich wird es die Wahrheit, deine Wahrheit, doch nur weil du an etwas glaubst, ist es nicht DIE Wahrheit.

Diese Welt wäre ein besserer Ort, gäbe es Religionen nicht.

Vor allem glaube ich nicht, dass Gott, wenn es ihn gibt, es gut finden kann, was wir Menschen hier auf der Erde veranstalten, um seinen Namen zu loben o.ä. Will Gott wirklich, dass wir uns hinstellen und in die Welt hinausrufen, dass wir ihn lieben und würde er wollen, dass wir alle unsere Entscheidungen danach richten, was wir denken, dass in seinem Sinne das Richtige wäre, statt das zu tun, was wir für richtig halten?

Warum gibt er uns einen freien Willen, einen eigenen Kopf, wenn wir uns dann entscheiden sollen, wie wir denken, dass er es wollen würde. Ohne zu wissen, was er wirklich will, wohlgemerkt.

Mir ist natürlich klar, auch das was ich denke ist ein Glaube, aber es ist keine Religion. Ich werde keine Kirche bauen, keine Moschee, keine Synagoge und auch kein Gebäude, dem ich einen eigenen Namen gebe, an dem sich alle versammeln dürfen, die meine Meinung teilen oder dem in irgendeiner Form etwas abgewinnen können. Und ich werde keine Rituale erfinden, keine Lieder schreiben und Geld kommt damit schonmal gar nicht in Verbindung.

Mein Vergangenheits-Ich würde mich für diesen Text schlagen.

Helft mir, wie feiert man Weihnachten, wenn es einem nichts bedeutet oder bedeutet es euch etwas? Muss ich mein altes Weihnachten vielleicht komplett neu definieren? Wie soll ich mich mit diesen Gedanken unter den Weihnachtsbaum setzen? Ich finde das wirkt alles so lächerlich, wenn man keinen Sinn dahinter sieht.

Wir stellen uns Nadelbäume ins Wohnzimmer, an die wir Kugeln hängen und erzählen unseren Kindern, dass ein alter Mann mit weißem Bart in rotem Mantel, Geschenke vorbeibringt, wenn die Kinder lieb genug waren, ist das nicht geisteskrank?! Stellt euch mal vor wir würden Laubbäume fällen und sie uns in die Wohnung stellen und daran Kugeln aufhängen oder Monde, oder Vierecke. :D

Wenn es wirklich einen Gott gibt, lacht er sich sicherlich den Arsch ab, wenn er das Spektakel sieht, das wir jedes Jahr an Weihnachten veranstalten.  

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Heute empfehle ich euch eine der ersten Bands, die ich als Tennie für mich entdeckte. Billy Talent mit dem Lied "Red Flag", das ich euch oben verlinkt habe.

Viel Spaß damit. ☻

"The kids of tomorrow don't need today, when they life in the sense of yesterday"

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