Warum hat mir das niemand vor ein paar Jahren gesagt?

[wilde Erkenntnisse über Zukunftsängste]

Stehst du gerade kurz vor dem Schulabschluss, bist gestresst und panisch, weil du keinen Schimmer hast, wo dein Weg hingehen soll, wenn die Schulzeit endet? Alles was nach der Abschlussfeier kommt, erscheint dir wie eine endlose Wüstenlandschaft, auf der man sich nur verirren kann und alle Möglichkeiten die du hast wie stachelige Kakteen?

Alle um dich herum fragen dich ständig was du später mal werden willst. Sie erzählen davon, dass man seine Stärken und Schwächen kennen muss, Praktika machen soll und es unfassbar wichtig sei, sich gut zu überlegen, welchen beruflichen Weg man einschlagen möchte, denn es gibt schließlich nichts Schlimmeres als jeden Tag für einen Job aufstehen zu müssen, den man nicht ausstehen kann.

Aber du weißt es nicht. Dein Kopf ist kurz vor dem Explodieren und du würdest am liebsten Jedem der dich auf deine beruflichen Ziele anspricht ein Glas Wasser ins Gesicht kippen?

Alle reden auf dich ein, plappern dich voll, geben dir gut gemeinte Tipps, die dich am Ende nur noch mehr verwirren und du fühlst dich, wie die einzige Person, die keine Perspektive hat. Alle planen ihre Zukunft. Nur du hast noch immer keinen Schimmer wo es hin gehen soll.

Dann lass dir ein paar Dinge sagen.

Als erstes musst du wissen, die meisten Leute reden Schwachsinn.

So hart das klingen mag, meine Erfahrung sagt mir, dass es nicht für Jeden einen erfüllenden Beruf gibt. Leider ist das in unserer Welt so und dessen sollte man sich bewusst sein, denn sonst setzt man sich nur unnötig unter Druck, weil man meint es müsste noch etwas Besseres geben. Etwas, das einen noch mehr erfüllt und noch glücklicher macht.

So funktioniert unser System jedoch nicht. Sonst würde niemand von uns Jobs wie den der Putzfrauen machen und mancherlei Arbeit bliebe liegen.

Dein Berufswunsch fällt nicht einfach so vom Himmel. Du musst Erfahrungen sammeln, dann treibt es dich automatisch in die richtige Richtung. Und diese Erfahrungen kommen mit der Zeit. Nicht mit 14 Jahren, wenn Lehrer und Eltern einem erzählen, dass man nun langsam Entscheidungen treffen muss.

So ein Studium dauert mindestens drei Jahre und die Wenigsten leben in dieser Zeit vom Taschengeld ihrer Eltern. Selbst wenn du als Pizzabote arbeitest, erweitert sich dadurch dein Horizont. Du siehst, wie es ist zu arbeiten, lernst Leute kennen, die dir erzählen, wie sie zu diesem Job gekommen sind und du verdienst dein eigenes Geld. Vielleicht knüpfst du Kontakte, die dir später helfen oder du lernst einfach nur Neues über dich selbst.

Aber wenn du noch zur Schule gehst und nie länger gearbeitet hast, als ein-zwei Wochen Praktikum, bei dem du kein Geld bekommen hast, ist es keine Schande noch nicht zu wissen welchen Berufswunsch du nach der Schule anstreben möchtest.

Das Problem bei der Berufswahl ist auch, dass man sich bereits dann entscheiden soll, wenn man noch viel zu wenig darüber weiß, wie bestimmte Berufe aussehen. Wenn du dich im Supermarkt zwischen Chips und Gummibärchen entscheidest, da weißt du genau worauf du dich einlässt. Jeder von uns hat bereits unzählige Male sowohl Chips, als auch Gummibärchen gegessen. Doch kein Schüler hat irgendeinen der Berufe, die er zur Auswahl hat schon einmal ausgeübt.

Praktikum ist immer schön und gut, aber ich muss sagen, oft bin ich nach Praktika auch nicht schlauer gewesen als vorher. Nach einer Woche am Kopierer soll ich nun wissen, ob ich Bürokauffrau werden möchte?

Du weißt vorher nie, ob dir ein Beruf gefallen wird, wenn du ihn noch nicht ausgeübt hast. Du kannst es nicht wissen. Ich kenne Leute, die nach einem Praktikum begeistert beschlossen haben eine Ausbildung in eben diesem Beruf und demselben Unternehmen zu beginnen und dann nach sechs Monaten abgebrochen haben, weil es doch nicht so war, wie sie es sich vorgestellt haben. Die Zukunft kann man nicht kontrollieren und deine Vorstellung entspricht niemals der Realität. Wenn du Lust auf einen Beruf hast, dann probiere es einfach aus, schlag den Weg ein, der dich anspricht und wenn es dir am Ende nicht gefällt, dann brichst du eben ab oder machst danach doch wieder etwas Anderes.

Mir hat es beispielsweise auch sehr geholfen, zu wissen, selbst wenn alles schief gehen sollte ich immer noch die Möglichkeit hätte in einem der Jobs, den ich in den Semesterferien oft machte, mein Geld zu verdienen, weil ich weiß, dort würde ich jederzeit eingestellt. Vielleicht wäre das nicht mein absoluter Traumjob. Aber wie gesagt, den gibt es ohnehin nicht und irgendwie hilft es mir die Sicherheit zu haben immerhin nie unter der Brücke schlafen müssen, selbst wenn ich das mit dem Studium nicht hinkriege und alles vermassele, was ich vermasseln kann.

Wenn du sehr große Angst vor der Zukunft hast, solltest du dich fragen, woher diese rührt. Ist es, weil du meinst, du wirst versagen und dein Leben niemals auf die Reihe kriegen oder, weil alles neu für dich ist? Meistens hat man vor den Dingen die größte Angst, die man nicht kennt. Du hast dein Leben lang nichts anderes getan, als zur Schule zu gehen und jetzt sollst du plötzlich Bewerbungen schreiben und dich in wildfremden Unternehmen vorstellen und so tun als wärst du super überzeugt davon, dass nur du für diese eine Stelle geeignet bist. Dabei hast du in Wahrheit gar keine Ahnung was du dort tust und weißt nicht, ob das das Richtige für dich ist. Doch meistens sind Ängste ziemlich irrational und in diesem Fall muss man wohl den inneren Schweinehund besiegen und einfach mal machen.

Vielleicht musst du dir auch antrainieren entscheidungsfreudiger zu werden, wenn du zu der Sorte Mensch gehörst, die sich nicht einmal entscheiden können welches Gericht sie im Restaurant von der Speisekarte bestellen sollen. So war ich früher auch. Aber das kann man sich abtrainieren. Zwing dich einfach mal eine Zeit lang schneller zu entscheiden bei so kleinen Dingen wie im Restaurant die Bestellung. Sag dir es macht am Ende ohnehin keinen Unterschied, ob du nun Burger oder Pizza isst, weil du beides gerne magst, niemand stirbt, niemand wird verletzt, nichts passiert außer, dass du dir ein paar unangenehmer Minuten Grübelei ersparst. Fang bei so kleinen Dingen an und traue dich dann an immer größere, wie die Planung fürs nächste Wochenende oder den nächsten Urlaub. Und wenn du das eine Weile machst, wird es immer leichter für dich Entscheidungen zu treffen. Das verspreche ich dir. Du triffst dauernd Entscheidungen vor denen du keine Angst hast, einfach weil du weißt, dass nichts Schlimmes passiert, wenn du eine Tüte Chips kaufst, statt einer Tüte Gummibärchen. Und wenn du erst mal ein paar Berufserfahrungen hast, wird auch das leichter.

Als nächstes müsst ihr wissen, dass es mit dem Alter wesentlich einfacher wird freie Entscheidungen zu treffen. Wenn du gerade noch in die Schule gehst, bei deinen Eltern wohnst und komplett von ihnen abhängig bist, ist es schwierig völlig unbeeinflusst zu entscheiden, so wie nur du es willst. Denn man will sein Umfeld schließlich nicht enttäuschen mit dem was man tut. Umso älter man wird, desto mehr löst man sich von seiner Familie, wird selbstständiger, verdient sein eigenes Geld, zieht aus und somit trägt man selbst die Verantwortung für das was man tut. Wenn man noch aus dem Kühlschrank der Eltern lebt ist es schwierig sich komplett gegen deren Erwartungen durchzusetzen.

Also lasst euch Zeit, geht einen Schritt nach dem anderen und erwartet nicht, dass gleich alles auf einmal geschehen muss und ihr plötzlich das Leben eines Erwachsenen lebt, wenn ihr die Schule verlasst. Da ist es kein Wunder, dass ihr Angst habt, wenn ihr so denkt.

Es ist wichtig sich die Zeit zu nehmen, die man braucht. Generell hat man so viel mehr Zeit als man immer denkt. Wenn du noch zur Schule gehst, dann probiere dich erst mal aus. Man sollte sich nicht auf Knopfdruck entscheiden, nur weil alle sagen, dass es jetzt mit 16 Jahren nun wirklich mal an der Zeit ist, zu wissen, was man für den Rest seines Lebens tun soll. Das ist es nicht. Es geht nicht darum sein ganzes Leben von vorne bis hinten durchzuplanen, sondern darum sein Leben zu leben und wirklich das zu tun, was man von sich selbst aus will. Nicht das, was einem alle einreden.

Schule, Studium und dann arbeiten bis zur Rente ist nicht der einzige Weg, den es gibt. Wenn man gerade erst sein Abitur gemacht hat, weiß man nichts über das Leben. Wenn ich heute darüber nachdenke, was für eine eingeschränkte Vorstellung ich von der Welt hatte, als ich noch zur Schule ging, muss ich lachen.

Ich war ein Kind, ein kleines Kind, mit einem Horizont der keine zwei Meter gereicht hat.

Du musst auch nicht für immer bei einem Beruf bleiben. Das ist völliger Quatsch. Du kannst alle paar Jahre wechseln, wenn dich das glücklicher macht oder dein Leben lang von Minijobs leben.

Irgendwomit muss man in dieser Welt seine Brötchen verdienen. Ja. Aber es liegt immer noch in deiner Hand, ob du sieben Kinder zeugen und ein dreistöckiges Haus bauen möchtest, für das du 70 Stunden pro Woche schuften und jahrelang deinen Kredit abstottern musst oder doch lieber in einer kleinen Dreizimmerwohnung lebst und dafür weniger arbeitest.

Luxus oder Freizeit? Was ist dir wichtiger?

Ich denke, auch das ist etwas, was man erst nach der Schulzeit lernt. Wenn du dein eigenes Geld verdienst, vielleicht auch mal knapp bei Kasse bist und spürst, wie es ist am Limit zu leben.

Was mir auch geholfen hat, ist mich in meiner Freizeit etwas mehr auszuprobieren. Es gab Zeiten da habe ich mich für nichts interessiert. Mein Leben bestand aus Schule und Freunde treffen. Mehr gab es nicht. Mehr habe ich nicht gemacht. Doch um herauszufinden wer du bist und wer du sein möchtest ist es wichtig eigene Interessen zu entwickeln und sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die dich interessieren und über Serien oder Youtube Videos gucken hinausgehen.

Die Schule schläfert häufig jegliche Interessen ein und das ist schade. Bei mir war es z.B. die Musik, für die ich mich begeistern konnte. Musik mochte ich schon immer, aber ich habe mir nie die Zeit genommen mich wirklich damit auseinanderzusetzen, mich so richtig darauf einzulassen und Freude daran zu finden immer wieder neue Künstler und Genres zu entdecken. Und schaut mich heute an mit meinen himmellangen Listen an Musiktipps, die ich irgendwo aufgeschnappt habe. Es gibt nichts Cooleres als das für mich. Nur man muss sich eben auf solche Dinge einlassen und nicht immer nur das Gleiche machen.

Vielleicht hast du verborgene Interessen, die dein Leben bunter machen würden und möglicherweise ist es in deinem Fall sogar etwas womit du Geld verdienen kannst. Zwing dich mal ein paar Tage zuhause zu bleiben, am Wochenende, in den Ferien oder im Urlaub. Verbringe alleine Zeit mit dir selbst und lass dich nicht von Instagram oder ähnlichem ablenken.

Worauf hast du dann Lust?

Vielleicht fängst du an zu zeichnen, holst eine Nähmaschine heraus, machst Sport, schreibst, singst, spielst ein Instrument, kochst oder was auch immer. Egal was es ist, genau das ist höchstwahrscheinlich deine Berufung.

Kannst du damit Geld verdienen? Wenn ja, dann hast du Glück gehabt. Wenn nicht, dann musst du dich eben damit arrangieren und einen Weg finden, mit diesem Wissen trotzdem zufrieden zu werden.

Es gehört auch Mut dazu sich einzugestehen, dass man nicht weiß, welchen Beruf man machen möchte oder, dass es keinen Beruf gibt, der einen glücklich machen wird, statt einfach irgendwas zu tun und sich einzureden, dass es einen erfüllt.

Bei der Einführungsveranstaltung einer Schule auf die ich mit 16 Jahren wechselte, hielt der Direktor eine Rede in der er sagte:

„Wer kein Ziel hat für den ist kein Weg der richtige."

In dem Moment brach für mich eine Welt zusammen. Ich dachte, dann bin ich hier wohl falsch. Doch das war völliger Blödsinn. Auf diese Schule zu wechseln war eine der besten Entscheidungen meines Lebens.

Woher soll ich mir die Ziele denn nehmen, wenn ich keine habe? Soll ich sie mir aus dem Ärmel schütteln? Soll ich mir vornehmen Arzt zu werden, obwohl ich das gar nicht will?

Für mich ist der Weg das Ziel. Denn nur so macht das Leben Sinn. Nur wenn du jetzt glücklich bist, wirst du am Ende deines Lebens sagen können, ich war glücklich. Wenn du alles was du tust immer nur für die Zukunft tust, dann lebst du nicht.

Wenn du nur zur Schule gehst, weil du denkst danach wird alles prima, dann täuscht du dich.

Wenn du nur studierst, weil du denkst, danach wird alles besser, belügst du dich.

Wenn du nur arbeitest, damit du irgendwann mal in Rente gehen kannst, dann ist dein Leben irgendwann vorbei und du hast immer nur auf eine bessere Zukunft gehofft, die niemals kam, statt dich einfach mal damit zu arrangieren, dass das Leben nicht perfekt ist, aber Momente perfekt sein können.

Wozu auf die Rente warten, wenn du auch jetzt schon leben kannst wie du willst. Was ist, wenn du stirbst, bevor du in Rente gehst? Dann hättest du dein ganzes Leben verschwendet. Willst du das?

Für mich geht es im Leben nicht nur darum Ziele zu erreichen, sondern vor allem darum im Jetzt glücklich zu sein. Das Leben ist wie es ist, mit seinen Höhen und Tiefen. Egal wie viel Geld ich habe oder wie viele Dinge ich erreicht habe. Es wird immer gute und schlechte Tage geben, gute und schlechte Phasen und gute und schlechte Momente. Was habe ich schon von einer hohen beruflichen Position? Wenn mich meine Arbeit an sich nicht zufrieden stellt dann ist mir das nichts wert.

All die Strapazen, die man häufig auf sich nimmt um etwas zu erreichen, sind sie das wirklich wert? Wenn du dadurch die Welt verbesserst, ist es das sicherlich, aber wenn du dadurch nur ein paar mehr Euro verdienst ohne die du genauso gut auskommen könntest, ist es das nicht.

Ich lebe nicht für die Zukunft, sondern für die Gegenwart. Klar will ich nicht für immer auf der Stelle treten, aber das tut man ohnehin nicht, wenn man sich in welcher Weise auch immer fortbewegt.

Mach dein Leben im Jetzt lebenswerter, lerne in der Realität zufrieden zu sein, nehme nicht in Kauf dich in der Gegenwart zu quälen und lüg dir nicht vor, dass später mal alles perfekt wird, denn das wird es nie.

Und damit ihr euch jetzt nicht so alleine fühlt, ich weiß auch nicht was mir die Zukunft bringen wird.

Mein Leben ist ein Chaos, aber ich habe mich damit arrangiert ziellos zu sein und Platz in meinem Alltag geschaffen für Dinge, die ich liebe, wie das Schreiben und das reicht mir.

Und wenn selbst ich hoffnungsloser Fall irgendwie meinen Weg finde, dann bin ich sicher werdet ihr das auch schaffen.

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Wenn du jetzt immer noch nicht genug von meinem Gedanken über die Zukunft hast, kannst du dir gerne meine Geschichte „Jakes Diary" durchlesen. Da geht es um zwei orientierungslose Jugendliche, die versuchen ihren Platz in der Welt zu finden.

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Heute empfehle ich euch MONTREAL, die in ihrem Lied "Was ich will" behaupten, es wäre

"Luxus nicht zu wissen was man will"

und lasse euch mit der Frage darüber zurück, was es damit auf sich hat. 

Punker haben eben verstanden worum es im Leben geht.  ;D

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