Stumpfsinn, Chaos und Meditation

Nachdenken ist eine gute Sache, sehr gut sogar. Den meisten Menschen würde es nicht schaden ihren Kopf häufiger einzuschalten, als immerzu in den Tag zu leben ohne nach links und rechts zu blicken. Doch wenn die Gedanken Überhand nehmen und lauter werden als sie es sein sollten. Du mehr in deinem Kopf lebst, als in der Realität. Du dich nicht länger als ein paar Minuten konzentrieren kannst, bevor dein Hirn sich in die Pampa verabschiedet und deine Mitmenschen dich dauernd mit einem Fingerschnipsen und einem „Erde an..." zurückzuholen versuchen, ist es vielleicht zu viel. Dann ist dein Rick zu laut.

Um ehrlich zu sein, war das bei mir in den letzten Jahren zu 90% der Zeit der Fall. Mal mehr, mal weniger. Aber innerlich ruhig, war ich so gut wie nie, obwohl mir das immer nachgesagt wird. Wenn die Leute wüssten, wie es in mir drin aussieht...

Puuh. Mein Kopf ist ein Chaos. Eine Mischung aus Gedanken- und Gefühlsexplosionen. Ein Hurricane aus Liebe, Melancholie, Hass, Wut, Trauer, Rebellion und einer riesen Portion alles hinterfragender Gedanken. Rick und Emilia. Emilia und Rick.

Widersprüche über Widersprüche und ein überbeanspruchtes Gehirn.

Nicht alles, was die Meisten tun ist logisch. Manches ist furchtbar, der Horror. Manchmal ist es besser nicht alles zu verstehen. Aber diese Fähigkeit, die Dinge, so anzunehmen wie sie sind und sie nicht verstehen zu wollen, besitze ich nicht. Mit offenen Fragen gibt sich mein Kopf niemals zufrieden. Da macht mein kleiner Rickie, die Haare schnöselig nach hinten gegelt, einen Rollkragenpullover tragend, so lange Rabatz auf meiner Schulter, bis ich mich ihm beuge, mich hinsetze und nachdenke. Und wenn Emilia den Schmerz der Wahrheit nicht ertragen kann, sie weint und schluchzt, vor Sorge den Kopf hängen lässt, ihre Wimperntusche verschmiert und sie sich die Ohren zuhält, weil sie der Wahrheit müde ist. Rickie ist gnadenlos. Empathie ist nicht seine Stärke. Produktivität ist das, was er will. Ergebnisse und Lösungsansätze. Gefühlsausbrüche kann kein Mensch gebrauchen. Eine Heulsuse wie Emilia soll sich besser zusammenreißen.

Doch sie existiert und manchmal muss ich aufpassen, dass sie sich nicht von Rick einschüchtern, in einen Käfig sperren und raus ins Meer werfen lässt.

Und es gibt Möglichkeiten Rick klein zu halten. Nichts feuert ihn mehr an, als medialer Input. Gedanken kommen nicht aus dem nichts. Nachdem ich Digital Detox betrieb, langweilte sich Rickie und Emilia war glücklicher denn je. Sie strotzte vor Selbstbewusstsein und sprühte ihre Liebe in die Welt hinaus.

Was auch einen großen Unterschied machte, waren die täglichen Meditationseinheiten. Ich dachte immer das wäre spiritueller Schwachsinn, der nicht mehr bewirkt, als ein kurzer Spaziergang oder verträumt aus dem Fenster zu blicken, bis ich in einem Buch gelesen habe, dass man durch Meditation sogar in Rauschzustände gelangen kann. Nicht, dass das mein Ansporn wäre, aber es ließ mich realisieren, dass Meditation mehr ist, als ich immer dachte oder auch weniger auf den spirituellen Teil bezogen. Im Prinzip ist es logisch, dass es einem besser geht, wenn man sich regelmäßig die Zeit nimmt in sich zu gehen und trainiert die Ruhe zu bewahren. Meditation ist kein Hokuspokus, nichts Übernatürliches, einfach nur die Fähigkeit den eigenen Geist unter Kontrolle zu kriegen, Gedankenchaose, wie ich sie dauernd habe einzudämpfen und was soll ich sagen, es funktioniert.

Ich bin innerlich total ruhig, kann mich deutlich länger konzentrieren, bin positiver/zufriedener, nachts träume ich nicht mehr so wirres Zeug, bin weniger schreckhaft und weniger ängstlich.

Meditation scheint ein Wundermittel zu sein.

Das einzige Problem ist, dass ich noch nicht herausgefunden habe, wie viel Meditation und wie viel Nachdenklichkeit ich brauche. Wie viel Freiraum darf Rick haben ohne dass Emilia zwangsläufig gequält wird? Im Meditationszustand geht es mir super, aber wie gesagt, Rick langweilt sich. Mein Gehirn langweilt sich. Ich brauche einfach irgendetwas über das ich nachdenken kann. Aber sobald ich soziale Medien nutze und mich auf Filme und Serien einlasse, starten wieder Wirbelstürme in meinem Kopf und ich kann mir nicht mehr helfen.

Um ehrlich zu sein ertrage ich momentan gar nichts außer Dokumentationen, Reportagen und Nachrichten. Serien langweilen mich, Filme gehen teilweise klar, aber so richtig Lust habe ich darauf auch nicht.

Was ist nur aus mir geworden?

Oft sitze ich da und höre einfach nur Musik, wenn ich sonst Serien geschaut habe. Oder ich lese Bücher. Und da ist mir aufgefallen, dass solche hochwertigen Medien, mit viel Input, weniger für Chaos in mir sorgen, solange es nicht zu viel ist. Das was mir nicht gut tut, ist all dieser oberflächliche Quatsch der nahezu immer im Fernsehen läuft. Alles mit dem man von überallher überflutet wird.

Doch wie findet man das richtige Gleichgewicht. Ich will nicht hinterm Mond leben und mich geistig unterfordern, aber ich will mich auch nicht dauernd scheiße fühle, weil meine eigenen Gedanken mich überfordern. Aber ich habe das eben auch nicht unter Kontrolle. Es ist schließlich nicht so, dass ich sage, eine Stunde Medieneinfluss am Tag funktioniert immer. Manchmal sitze ich allein eine Stunde im Auto und höre stumpfsinnige Radiosender und es ist mir genug. An anderen Tagen schaue ich mir einen 220-minütigen Film im Kino an und es stört mich nicht ansatzweise.

Manchmal meditiere ich fünf Minuten und fühle mich danach wie Buddha und an anderen Tagen nehme ich mir dafür 15 Minuten und bin anschließend noch immer innerlich unruhig.

Rick und Emilia, könnt ihr euch mal auf Augenhöhe begegnen? Könnt ihr endlich mal aufhören, euch gegenseitig bekämpfen zu wollen? Ihr seid keine Feinde, ihr seid Partner. Tut euch zusammen, passt aufeinander auf, sorgt dafür, dass niemals einer von euch untergeht und denkt dabei bitte auch ein wenig an mich und meine Kopfschmerzen. Ich liebe euch, aber ihr müsst euch nicht beweisen. 

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Mein heutiger Musiktipp ist Lary. Sie ist cool, schön, kreativ und so gar nicht oberflächlich. Zudem hat sie eine unglaubliche Stimme, sodass es selbst wenn sie "Alle meine Entchen" singen würde, vermutlich noch gut klingen würde.

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