Barbie sucht Ken

Jedes Mal, wenn ich meine Autoreifen wechsle, kommt mein Papa kritisch herbeigeeilt und sagt mir, dass ich dies und das lieber so und so machen soll. Und überhaupt, ob er das nicht lieber übernehmen, mir erklären oder helfen soll. Dabei besitze ich mittlerweile seit über zwei Jahren ein Auto und habe die Reifen jedesmal selbst gewechselt, ohne dass sie danach abgefallen wären oder sondergleichen.

Mein Bruder dagegen, der kann seine Reifen ruhig selbst wechseln, der kann das ja.

Sexismus, würde man auf den ersten Blick meinen. Doch ist es so einfach? Werde ich bevormundet, weil ich eine Frau bin? Oder wird mir nur deshalb Hilfe angeboten, weil ich einen Kopf kleiner und schwächer bin, als mein Bruder. Oder liegt es daran, wie wenig Ahnung ich von Autos habe? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus allen diesen Punkten.

Ist es nun etwas über das man sich beschweren sollte? Ist es ein Problem, wenn Frauen mehr Hilfe angeboten bekommen, als Männer? Denn im Grunde genommen, bleibt es eine Freundlichkeit, unabhängig des Motivs.

Schließlich beschwere ich mich auch nicht, wenn mir ein Stift hinuntergefallen ist und sich ein Mann für mich bückt, um ihn mir aufzuheben. Weil ich gar nicht erst auf die Idee käme, er würde das nur tun, weil ich eine Frau bin, sondern, weil er einfach nett ist. Würde eine andere Frau sicherlich auch für mich tun oder ich für einen Mann.

Aber würde ich jemandem die Hilfe beim Autoreifenwechseln anbieten?

Ich glaube nicht, sofern ich nicht das Gefühl habe jemand benötigt diese Hilfe wirklich.

Zu einem Problem würde es jedoch erst dann, wenn Frauen oder Männer, aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden. Also z.B. wenn Männern nie beim Autoreifenwechseln geholfen wird, obwohl sie das gerne hätten oder Männer ihre Stifte immer selbst aufheben müssen.

Eine freundliche Handlung, die mir angeboten wird, nimmt aber doch niemandem etwas weg.

Machen wir ein Beispiel. Wenn sich in einer Gruppe von 20 Frauen, eine starke und 19 schwache befinden und der einen starken Frau trotzdem angeboten wird, ihr das Gurkenglas zu öffnen, dann ist das Sexismus. Wenn aber wirklich alle 20 Frauen schwach sind, dann hat es nicht unbedingt etwas mit ihrem Geschlecht zu tun, wenn ihnen geholfen wird. Männer und Frauen sind nunmal häufig unterschiedlich stark, sprich, es besteht eine Korrelation zwischen Geschlecht und Körperkraft. Wenn man dann aber die eine starke Frau übersieht und allein aufgrund der Tatsache, dass sie weiblich ist, davon ausgeht, dass sie schwach ist, dann spricht man von Sexismus.


Problematisch finde ich es, wenn Männer denken, sie müssten bestimmte Dinge tun, weil sich das so gehört. Beispielsweise, den Klassiker, wir kennen es alle, wenn sie denken, sie müssten immer das Essen bezahlen oder die Kinotickets. In dem Fall besteht eindeutig ein Ungleichgewicht und ich komme mir seltsam vor. Wenn ein Mann die Rechnung bezahlt, weil er genug Geld hat und mir einen Gefallen tun will, finde ich es okay. Aber mal ganz ehrlich, in den meisten Fällen ist das nicht der Grund. Es kann mir kein Kerl erzählen, dass er es in Ordnung findet, jedes Mal für mich mitzubezahlen, zumal es keinen logischen Grund dafür gibt, es sei denn er ist Millionär und ich bin bettelarm.

Am Abend legt man sich nebeneinander, die Frau legt ihren Kopf auf die Schulter des Mannes. Es ist ihm unbequem, natürlich, aber er muss das ja machen, damit das Mädchen sich wie eine Prinzessin fühlt.

Männer und selbst Schwäche zeigen, auf keinen Fall. Der Mann muss alles richtig machen, ihr helfen und für sie da sein, zuhören und dafür sorgen, dass die Frau sich wohlfühlt...

Damit er sie möglichst schnell herumkriegt, um sie flachzulegen.

Dafür kann er ruhig mal ein wenig Geld und andere Nettigkeit investieren und sich selbst zurücknehmen.

Eine ebenbürtige Gesprächspartnerin ist sie nicht und das ist doch voll schade. Ich will doch keinen perfekten Gentleman, der von oben auf mich herabblickt, mich darauf reduziert, dass ich eine Frau bin und ständig denkt, dass er nichts falsch machen darf und alle diese merkwürdigen Regeln einhalten muss.

Tür aufhalten, auch so eine Sache. Das fand ich schon immer seltsam. Ich habe wohl genug Kraft, eine Tür zu öffnen. Auch wenn es nett ist, wenn jemand das für mich übernimmt, manchmal fühlt es sich komisch an. Wenn ich mit einer Freundin unterwegs bin, die größer und stärker ist, als ich, öffnet sie mir schließlich auch nicht ständig die Tür und lässt mir den Vortritt.

Können wir einander nicht auf Augenhöhe begegnen?

Darf ein Mann sich nicht auch fallen lassen. Darf ein Mann keine anderen Ansprüche haben, außer Sex und warum denken Männer, dass sie Frauen so am ehesten herumkriegen.

Oder ist das wirklich so?

Stecken wir Frauen zu sehr in dieser Prinzessinnen-Wunschvorstellung, die uns erzählt, dass wir einen Barbie-Ken brauchen, statt einem netten Typen, der einfach nur ein nettes Mädchen will?

Und bin ich vielleicht auch zu sehr Frau, um verstehen zu können, dass es in der Natur des Mannes liegt, dass Sex ganz oben auf ihrer Prioritätenliste steht. Suchen Männer in Frauen vielleicht wirklich nichts anderes?

Eine, die ihnen den Rücken freihält und, die sie ficken können.

Dabei geht nichts verloren, wenn Männer und Frauen sich auf einer Ebene begegnen. Es ist nicht so, dass sie keinen Sex haben könnten, wenn sie nicht über Frauen herrschen. Es ist eben nur etwas anstrengender und benötigt mehr Zeit, eine Frau als Individuum, mit Charakter wahrzunehmen, als sie darauf zu beschränken, dass sie weiblich ist. Aber selbst das nicht unbedingt. Ein One-Night-Stand kann auch frei von Sexismus sein und der Mann muss der Frau vorher nicht unbedingt einen Drink ausgegeben haben.

Und es wäre viel menschlicher.

Ich habe ganz oft das Gefühl, Männer wollen diese Versorgerrolle, dieses der starke Mann sein gar nicht, haben das aber so sehr in ihrem Kopf verankert, dass sie nicht auf die Idee kommen etwas daran zu verändern.

Genauso wie viele Frauen, die denken Männer müssten so sein, weil es ihnen Filme und Bücher erzählen.

Jedenfalls sind weder Männer noch Frauen, Schuld daran, dass es Sexismus gibt. In uns allen, steckt ein fetter Batzen Sexismus und oft ist es gar nicht möglich, das auseinanderzuzwirbeln und zu erkennen, warum jemand so handelt, wie er es tut. Ist es reiner Sexismus oder spielen viele verschiedene Faktoren mit hinein.

Und müssen wir nicht zugeben, wie viele Unterschiede es in der Natur zwischen Männern und Frauen gibt, die man nicht verhindern könnte, weil sie nun mal so sind, wie sie sind.

Generell geht es meiner Meinung nach nicht um Schuld. Wenn man sagt, alle Männer sind scheiße, ist das sexistischer, als wenn ein Mann eine Frau beim einparken einweist, ohne dass sie ihn darum gebeten hat.

Denn, alle Männer sind scheiße bedingt, dass man alle Männer in einen Topf wirft, sprich sie auf ihr Geschlecht reduziert.

Ein Mann, der einer Frau hilft, wollte möglicherweise einfach freundlich sein.

Außerdem liegt es zumindest teilweise in unserer Hand, liebe Ladys, wie wir uns behandeln lassen. Man kann ja auch mal sagen, dass man bei dieser oder jener Sache keine Hilfe braucht oder den Datingpartner oder Freund fragen, wie es ihm geht, ihn beim Essen einladen, ihm sagen, dass er sich nicht an diesen Gentleman-Quatsch halten muss, wenn er es nicht möchte und, dass es einem hauptsächlich darum geht respektvoll behandelt zu werden.



PS: Ja ich weiß, es gibt nicht nur Mann und Frau

--

Musikempfehlung: Lina Maly

Danke fürs Lesen und bis zum nächsten Mal ☻

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top