Severus Snape

Er ließ das Abendessen ausfallen. Er hatte einfach nicht die Kraft, sich aufzuraffen und sich in der großen Halle allen Blicken auszusetzen. So zu tun als wäre alles in Ordnung. Er konnte das nicht. Das einzige was er gerade noch so konnte, war die Tür zu zu zaubern und einen Muffliato drüber zu legen, dann brach er auf dem Boden zusammen. Tränen flossen auch wenn er nicht mehr wusste wo die ganzen Tränen herkamen, er hatte schon zu viele geweint. Und egal wie viele Tränen er weinte, die Trauer wurde nicht weniger. Nur alle anderen Gefühle schienen mit den Tränen aus ihm heraus zu fließen, bis er nichts anderes mehr spüren konnte, nichts außer Trauer und dieser entsetzlichen Leere. Sie zerfraß ihn von innen heraus.
Manchmal wünschte er sich wieder ein kleiner Junge zu sein. Auch wenn seine Eltern ihn nie gesehen hatten. Da hatte es immerhin noch Lily gegeben, die Liebe zu ihr, die Aufregung bevor er sie ansprach, die Wut auf James.
Inzwischen konnte er James verstehen: Natürlich konnte nicht leiden. Wer konnte das schon? Er war ja schließlich ein totaler Versager! Er hatte alles falsch gemacht. Er hatte Lily beleidigt, hatte voller Verblendung nicht erkannt wie seine Freunde wirklich waren. Oder er hatte es sogar erkannt, aber darüber hinweg gesehen, weil sie nun mal seine einzigen Freunde waren. Die einzigen Leute, die es mit ihm aushielten bis auf Lily bevor er alles kaputt gemacht hatte. Bevor er in seine Verblendung sie an den Dunkeln Lord verraten hatte. Ihm diese unglückselige Prophezeiung überbracht hatte und dann diesen herzlosen Mann nicht davon überzeugen konnte, sie am Leben zu lassen. Dann einen unfähigen alten Mann gebeten hatte sie zu beschützen. Snape hatte sie nicht gerettet. Nicht retten können. Er hatte immer schon nur Fehler gemacht. Sein ganzes Leben war ein einziger gigantischer Fehler, dass hatte er schon oft genug zu spüren bekommen. Er hatte schon oft mit dem Gedanken gespielt, seine Existenz zu beenden, zu Lily zu gehen. Er wollte einfach nur noch, dass es aufhörte. Aber das konnte er nicht. Er musste Lilys Sohn schützen. Auch wenn das hieß, weiter leiden zu müssen. Auch wenn das hieß, James Sohn, der seinem Vater immer ähnlicher wurde, zu schützen. Auch wenn das hieß, dem Zauberer, der sein Versprechen seine Lily zu schützen gebrochen hatte, zu gehorchen. Auch wenn das hieß, dem Mörder seiner Lily viel zu oft viel zu nah zu sein, von dem Verräter Wurmschwanz ganz zu schweigen. Für Lily. Bis zu Voldemorts Tod. Danach würde auch er endlich Ruhe finden. Mit einem geübten Handgriff zog er das Messer, mit dem er es tun würde aus seinem Umhang. Er würde es tun wie ein elender Muggel. Wie Petunia und sein Vater es getan hätten. Das hatte er verdient. Auch seine Mutter hatte es so getan, nachdem das Baby, von dem er noch nicht einmal gewusst hätte, noch im Bauch gestorben war, als sein Vater sie mal wieder betrunken verprügelt hatte. Er krempelte seine Ärmel hoch und hielt sich das Messer ans Handgelenk. Es war kalt, genau wie die Maske, die er immer aufsetzte, wenn er sein kleines Zimmer verließ. Er hielt die Klinge genau auf die kleine weiße Narbe und drückte gerade so fest zu, dass ein Blutstropfen auf seiner bleichen Haut zu sehen war. Wie seltsam, dass zwei einfache Schnitte, die schon ein Kleinkind ausführen konnte, das selbe bewirken könnten, wie ein schwieriger verbotener Zauberspruch. Manchmal bewunderte er die Muggel regelrecht für ihre Einfälle. Aber dann brauchte er sich nur seinen Vater und an Petunia zu erinnern und es hörte auf. Er drückte das Messer noch ein wenig fester auf seine Haut. Der Schmerz beruhigte ihn auf eine seltsame Weise. Er füllte diese entsetzlichere Leere und verschaffte ihm eine Auszeit von den ganzen Vorwürfen in seinem Kopf. ,Du könntest es jetzt tun.' ,schoss es ihm durch den Kopf, ,Einfach noch etwas stärker drücken und es ist vorbei. Du könntest Voldemort Voldemort seien lassen und Harry Harry und einfach deinen Frieden finden.' Doch er wusste, dass er das nicht tuen konnte. Er musste seine Strafe hier absitzen. Seine Pflicht erfüllen. Ansonsten würde er Lily nie mehr in die Augen schauen können. Also nahm er das Messer weg. Sein Arm schmerzte immer noch und für ein paar Sekunden genoss er die völlige Klarheit seiner Gedanken. Er hatte alles unter Kontrolle. Er würde sich nicht seinen irrationalen Wünschen hingeben. Es würde alles nach Plan laufen. Er würde seine Pflicht erfüllen und dann seinen Frieden finden. Aber sobald der Schmerz etwas abebbte, stürzten die ganzen
Gedanken auf ihn ein. Tausende Stimmen, die ihn verspotteten. Sein Vater, der ihn unmenschlich nannte und tausend andere Schimpfwörter die er damals noch gar nicht verstanden hatte. Die Stimme seiner Mutter, die leise Flüsterte, dass es, -dass er- ein Fehler war. Petunia, die sagte: „Ich weiß, was du bist. Du bist dieser Junge von den Snapes. Du wohnst am Fluss unten in Spinner's End. Und überhaupt, was hast du da überhaupt an, die Bluse von deiner Mum? Spinner!" Dumbledores „Sie widern mich an." voller Verachtung, James, der ihm mal wieder zeigte, wo sein Platz war: „Alles klar, Schniefelus? Wasch dir mal den Mund. Warum existierst du überhaupt? Halt dich gefälligst von Lils fern. Du hast sie nicht verdient! Bald wird sie erkennen, was für ein Versager du bist! Und hey Schniefelus, Putz dir mal die Nase!", Sirius: „Ich hab ihn beobachtet, er war mit der Nase auf dem Pergament. Werden richtige Fettflecken drauf sein, man wird kein Wort lesen können. Was willst du machen, Schniefelus, deine Nase an uns abwischen?" , Lily: „An deiner Stelle, Schniefelus, würde ich mir mal die Unterhose waschen! Du bist in diesen Tunnel bei der peitschenden Weide runtergeschlichen und James Potter hat dich gerettet! Seit Jahren entschuldige ich mich für dich. Keiner von meinen Freunden kann verstehen warum ich überhaupt mit dir rede. Du und deine netten kleinen Todesserfreunde ihr könnt es doch kaum erwarten bei Du-weißt-schon-wem mitzumachen!" Und dann seine Stimme, die schlimmste von allen. Nur ein einziges Wort. „Schlammblut!" Das Wort mit dem er mein Leben ruinierte. Mit dem er endgültig bewies, was für ein schlechter Mensch er war. Er hatte Lily beleidigt. Die Person, die ihm am wichtigsten auf der Welt war. Und die einzige Person, die ihn eine Zeit lang wirklich gemocht zu haben schien. Bevor er alles kaputt gemacht hatte. Wie immer. Von ihm hätte man ja auch nichts anderes erwartet. Er war ein Versager. Er hatte Lily sterben lassen. Er war schuld an ihrem Tod. Warum lebte er überhaupt noch? Um Potters Sohn zu schützen? Er würde doch eh wieder versagen. Er war ein Fehler. Er hätte einfach nicht existieren sollen. Ohne ihn wäre die Welt besser dran. Er hielt es nicht mehr aus. Das Messer hatte er immer noch in der Hand. Der Griff passte perfekt in seine Hand. Er hatte es schon seit der ersten Klasse. Anfangs nur für Zaubertränke, aber nun war die Klinge blutverschmiert. Er konnte nicht mehr ohne dieses Messer. Die kurze Erleichterung, die es ihm verschaffte. Auch wenn er es hasste so schwach zu sein. Er schnitt sich in den Arm. Genoss den kontrollierten Schmerz. Das warme Blut, das außer der frischen Wunde floss. Noch ein Schnitt. Tief durchatmen. Die blutverschmierte Klinge in seiner Hand. Sein Herzschlag beruhigte sich etwas. Er setzte noch einen Schnitt auf seine Haut, zwischen all die Narben. Genoss das Gefühl, seine Schmerzen kontrollieren zu können. Er zeichnete ein rotes Muster auf seine bleiche Haut. Tat das einzige, was ihm eine Weile Ruhe schenkte. Sein Arm war schon fast taub vor Schmerz. Die Schnitte waren immer tiefer geworden und immer mehr. Jetzt saß er an die Wand gelehnt da. Fast schon zu schwach um das Messer zu halten und doch fühlte er wieder so etwas wie Stärke. Er hatte das im Griff. Sein Kopf wurde komplett von Schmerzen ausgefüllt und das war sehr angenehm. Er schloss die Augen und atmete einfach nur tief ein und aus. Als der Schmerz langsam nachließ, setzte er schnell einen neuen Schnitt. Und noch einen. Und noch einen. Plötzlich klopfte es an der Tür. „Professor?" ,fragte Harry Potter zögerlich. Verdammt! Sie hatten ja heute eine Okklumentikstunde. Schnell stand er auf, wobei schwarze Flecken vor seinen Augen tanzten. Er steckte das Messer wieder in die Tasche seines Umhangs und zog stattdessen seinen Zauberstab. Die Wunden auf seinem Arm ließ er zu kleinen Narben verheilen. Er hätte sie auch ganz verschwinden lassen können, aber das wollte er nicht. Diese kleinen weißen Linien auf seinem Arm waren sein Versprechen an sich selbst. Das Versprechen, dass das Ganze bald vorbei seien würde. Mit den Wunden verschwanden auch seine Schmerzen. Und ohne die Schmerzen hatte er auch keine große Kontrolle mehr über seine Gedanken. Er hörte schon wieder die ganzen Stimmen, die ihn fertigmachten. Dazu kamen noch die ganzen Selbstvorwürfe. Er hatte sich doch vorgenommen mit dem Schneiden aufzuhören. Was war er nur für ein Versager. Einfach nur ein Schwächling. Mit den Wunden verschwanden auch seine Schmerzen. Und ohne die Schmerzen hatte er auch keine große Kontrolle mehr über seine Gedanken. Er hörte schon wieder die ganzen Stimmen, die ihn fertigmachten. Dazu kamen noch die ganzen Selbstvorwürfe. Er hatte sich doch vorgenommen mit dem Schneiden aufzuhören. Was war er nur für ein Versager. Einfach nur ein Schwächling. Er biss die Zähme zusammen. Er wusste, dass er ein Versager war, aber erstmal musste er diesem Jungen Okklumentik beibringen. Er bedeckte seine Arme mit den Ärmeln des Umhangs, säuberte kurz sein Gesicht, atmete noch einmal tief durch und setzte seine Maske auf. Versager! Sein Gesichtsausdruck wandelte sich von verzweifelt zu ernst. Versager! Ab jetzt war er einfach nur ein fieser Lehrer. Versager! Niemand durfte hinter seine Fassade schauen. Versager! Er entfernte den Muffliato und zauberte die Tür auf. Versager! Er trat dem Jungen entgegen und zieht die Tür sofort wieder zu. Versager! Seine Privaträume gingen James Potter 2.0 nichts an. Versager! „So Potter, wie ich sehe, kannst du deine Okklumentikstunde kaum erwarten. Ich hoffe, du hast geübt. Bisher waren deine Leistungen schließlich einfach nur erbärmlich." Versager!

Meinung?

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